Mit Dank an Dr. No. Das Arbeitsjournal des Freitags, dem 22. Februar 2013. Gerichtsvollzieher, Nr. 14. Mit Nikolaus Lenau.
6.05 Uhr:
[Arbeitswohnung. Schoeck, Elegie op.36. (Im Kopfhörer.)
(Die >>>> CD von jpc ist angekommen.
Bei jpc 5,99, aber bei amazon 27,99. Interessant.)]
[Arbeitswohnung. Schoeck, Elegie op.36. (Im Kopfhörer.)
(Die >>>> CD von jpc ist angekommen.
Bei jpc 5,99, aber bei amazon 27,99. Interessant.)]
Um halb sechs Uhr auf, nachdem ich erst nach eins im Bett lag. Die körperliche Bewegung der nächtlichen Radfahrt durch u.a. den Tiergarten, der ganz schneehell war und jeder Weg quasi durchgezogene Eisdecke, hat mir offenbar gutgetan, in Schweiß zu kommen nach Essen und einigen Drinks im Einstein, wo ich mit >>>> Dr. No zusammentraf und schließlich lange, lange nicht nur über Literatur sprach, sondern vor allem auch über Literatursendungen teils heftig diskutierte, oben dann in der Bar. Wir rauchten beide Zigarren zu ziemlich gutem Rum und ziemlich teurem Rum. Wie verschieden wir manches enschätzen, wie unterschiedlich auch die Perspektiven dort eines leidenschaftlichen Lesers hie des Autors, die aber beide das Ende der Buchkultur vor Augen haben, jedenfalls einer, die noch repräsentativ für das kulturelle Leben einer Gesellschaft ist. Wo er froh ist, daß es in den Massenmedien überhaupt noch, zum Beispiel, Sendungen über Bücher gibt, halte ich unerbittlich an moralischen Kriterien der Kritik fest usw. Wo er Orientierung fordert und daß es Leute gibt, die für sie sorgen, fordere ich Argumente jenseits allen Suggestiven; ansonsten, meine ich, sollten solche Sendungen eingestellt werden. Besser kein Wein als ein schlechter. Usw. Darüber wurde es tatsächlich halb eins.
Den Tag über hatte ich weiter an meiner Montage gesesessen, morgens zwar schon >>>> das DTs geschrieben und auch ein Arbeitsjournal beginnen wollen, aber da fand es sich, daß Die Dschungel abgestellt worden war. Ich reagierte erstaunlich unhysterisch, blieb völlig ruhig. Tage vorher hatte ich bei Twoday, das dieses Literarische Weblog seit seinem Entstehen fördert, um Verlängerung gebeten, indessen keine Antwort erhalten, und nun war halt, auch wohl, weil ich wohl nicht mehr nachgefragt hatte, passiert, wovon ich noch vor zwei Jahren in Panik geraten wäre. Man konnte Die Dschungel zwar aufrufen, nichts aber mehr einstellen. Also, und wiederum nur wie im Nebenbei, noch einmal an Twoday geschrieben wonach sich dann herausstellte, daß meine Kontaktperson eine neue Email-Adresse hatte. Danach war alles leicht; abends ging alles wieder; aber da hatte ich schlichtweg keine Lust mehr, heute noch, also gestern, etwas zu schreiben; außerdem war ich zeitlich eng, weil auf jeden Fall eine viertelstündige Hörprobe meiner Neumontage meiner Redakteurin in die Dropbox zu legen war. Die muste erst einmal gemischt, formatiert und dann hochgeladen werden. Dann stürmte ich die Treppen hinab und schwang mich aufs Rad.
Bin jetzt überzeugt von dem Weg. Plötzlich spielt - wie schon in der ersten Montage durchgeführt, wo das aber nicht funktionierte - die „richtige“ Reihenfolge der Sprechclips gar keine Rolle mehr, ebenso wenig, wie daß man klarstellt, wer jeweils eigentlich spricht. Mit einbezogen habe ich nun auch >>>> meinen Kirchen-Mitschnitt aus Amelia: vereinigtsein im Gesang, der vom Markt durch den Konsum ersetzt ist. Säkularisierung der Heilversprechen. Darunter die Seele, der späte Mahler. Davon blühen die bislang immer nur, jedenfalls auf Dauer, profan-öden Einlassungen, und hinter ihnen wir das Verlorene spürbar. Vor allem: niemand, weder die Gerichtsvollzieher noch die Schuldner werden in auch nur entfernter Weise diskriminiert, jeder bleibt mitten in seinem/ihrem Schicksal festgesteckt, verloren. Diese eigentliche Verlorenheit und etwas Mögliches dahinter, darunter möchte ich in den Blick bekommen, also in das Ohr. Etwas, das, weil es an ein Eigentliches noch glaubt, utopisch ist, menschenutopisch jenseits des dünnen, unweiten Pragmatismus: daß es nämlich noch etwas über Bedürfnisse und ihre Befriedigung hinaus gibt, das in uns wirkt, etwas so märchenhaftes wie Hoffnung - Hoffnung als ein aus der Ferne weiterlockendes Licht, erleuchtete Fenster in zerregneter Gegend. Jetzt bin ich gespannt, was meine Redakteurin mir nachher sagen wird. Sie will die Probe heute morgen anhören.
>>>> Gerichtsvollzieher 15
Gerichtsvollzieher 13 <<<<
Die Berliner Präsentation von Argo wird jetzt, am 4. Oktober im >>>> Literaturhaus Fasanenstraße, direkt vor der Frankfurter Buchmesse, >>>> Christoph Jürgensen begleiten, die Präsentation im >>>> Stuttgarter Literaturhaus >>>> Uwe Schütte. Es ist nicht ohne Witz, und ich weiß ihn sehr zu genießen, daß beide sehr ausgewiesene Pop-Theoretiker sind. Meine Selbstironie kann sich dieser Form paradoxer Gerechtigkeit nicht entziehen; sie will das auch gar nicht, im Gegenteil; ich will mich dem offenen Auges aussetzen.
Dazu, in Schoecks schöner Elegie-Vertonung, Nikolaus Lenau:
Den Tag über hatte ich weiter an meiner Montage gesesessen, morgens zwar schon >>>> das DTs geschrieben und auch ein Arbeitsjournal beginnen wollen, aber da fand es sich, daß Die Dschungel abgestellt worden war. Ich reagierte erstaunlich unhysterisch, blieb völlig ruhig. Tage vorher hatte ich bei Twoday, das dieses Literarische Weblog seit seinem Entstehen fördert, um Verlängerung gebeten, indessen keine Antwort erhalten, und nun war halt, auch wohl, weil ich wohl nicht mehr nachgefragt hatte, passiert, wovon ich noch vor zwei Jahren in Panik geraten wäre. Man konnte Die Dschungel zwar aufrufen, nichts aber mehr einstellen. Also, und wiederum nur wie im Nebenbei, noch einmal an Twoday geschrieben wonach sich dann herausstellte, daß meine Kontaktperson eine neue Email-Adresse hatte. Danach war alles leicht; abends ging alles wieder; aber da hatte ich schlichtweg keine Lust mehr, heute noch, also gestern, etwas zu schreiben; außerdem war ich zeitlich eng, weil auf jeden Fall eine viertelstündige Hörprobe meiner Neumontage meiner Redakteurin in die Dropbox zu legen war. Die muste erst einmal gemischt, formatiert und dann hochgeladen werden. Dann stürmte ich die Treppen hinab und schwang mich aufs Rad.
Bin jetzt überzeugt von dem Weg. Plötzlich spielt - wie schon in der ersten Montage durchgeführt, wo das aber nicht funktionierte - die „richtige“ Reihenfolge der Sprechclips gar keine Rolle mehr, ebenso wenig, wie daß man klarstellt, wer jeweils eigentlich spricht. Mit einbezogen habe ich nun auch >>>> meinen Kirchen-Mitschnitt aus Amelia: vereinigtsein im Gesang, der vom Markt durch den Konsum ersetzt ist. Säkularisierung der Heilversprechen. Darunter die Seele, der späte Mahler. Davon blühen die bislang immer nur, jedenfalls auf Dauer, profan-öden Einlassungen, und hinter ihnen wir das Verlorene spürbar. Vor allem: niemand, weder die Gerichtsvollzieher noch die Schuldner werden in auch nur entfernter Weise diskriminiert, jeder bleibt mitten in seinem/ihrem Schicksal festgesteckt, verloren. Diese eigentliche Verlorenheit und etwas Mögliches dahinter, darunter möchte ich in den Blick bekommen, also in das Ohr. Etwas, das, weil es an ein Eigentliches noch glaubt, utopisch ist, menschenutopisch jenseits des dünnen, unweiten Pragmatismus: daß es nämlich noch etwas über Bedürfnisse und ihre Befriedigung hinaus gibt, das in uns wirkt, etwas so märchenhaftes wie Hoffnung - Hoffnung als ein aus der Ferne weiterlockendes Licht, erleuchtete Fenster in zerregneter Gegend. Jetzt bin ich gespannt, was meine Redakteurin mir nachher sagen wird. Sie will die Probe heute morgen anhören.
>>>> Gerichtsvollzieher 15
Gerichtsvollzieher 13 <<<<
Die Berliner Präsentation von Argo wird jetzt, am 4. Oktober im >>>> Literaturhaus Fasanenstraße, direkt vor der Frankfurter Buchmesse, >>>> Christoph Jürgensen begleiten, die Präsentation im >>>> Stuttgarter Literaturhaus >>>> Uwe Schütte. Es ist nicht ohne Witz, und ich weiß ihn sehr zu genießen, daß beide sehr ausgewiesene Pop-Theoretiker sind. Meine Selbstironie kann sich dieser Form paradoxer Gerechtigkeit nicht entziehen; sie will das auch gar nicht, im Gegenteil; ich will mich dem offenen Auges aussetzen.
Dazu, in Schoecks schöner Elegie-Vertonung, Nikolaus Lenau:
Herz, du hast dir selber oft
wehgetan, und hast es andern,
weil du hast geliebt, gehofft;
nun ist‘s aus, wir müssen wandern!
Auf die Reise will ich fest
ein dich schließen und verwahren,
draußen mag ein linder West
oder Sturm vorüberfahren.
Daß wir unsern letzten Gang
schweigsam wandeln und alleine,
daß auf unsern Grabeshang
niemand als der Regen weine.
[>>>> Herbstentschluß.]
wehgetan, und hast es andern,
weil du hast geliebt, gehofft;
nun ist‘s aus, wir müssen wandern!
Auf die Reise will ich fest
ein dich schließen und verwahren,
draußen mag ein linder West
oder Sturm vorüberfahren.
Daß wir unsern letzten Gang
schweigsam wandeln und alleine,
daß auf unsern Grabeshang
niemand als der Regen weine.
[>>>> Herbstentschluß.]
Wie seltsam das mit dem Sterbebuch zusammengeht, von dem ich Dr. No. gestern nacht erzählte. Daß ich immer noch - wütend sei, sagte er mit leichtem Erstaunen, in freilich anderem Zusammenhang. „Wenn ich das nicht mehr bin“, antwortete ich, „dann werde ich alt geworden sein.“
Guten Morgen.

Guten Morgen.
albannikolaiherbst - Freitag, 22. Februar 2013, 07:05- Rubrik: Arbeitsjournal
Trackback URL:
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/275677223/modTrackback