Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop

e   Marlboro. Prosastücke, Postskriptum Hannover 1981   Die Verwirrung des Gemüts. Roman, List München 1983    Die blutige Trauer des Buchhalters Michael Dolfinger. Lamento/Roman, Herodot Göttingen 1986; Ausgabe Zweiter Hand: Dielmann 2000   Die Orgelpfeifen von Flandern, Novelle, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2001   Wolpertinger oder Das Blau. Roman, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2000   Eine Sizilische Reise, Fantastischer Bericht, Diemann Frankfurtmain 1995, dtv München 1997   Der Arndt-Komplex. Novellen, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1997   Thetis. Anderswelt. Fantastischer Roman, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1998 (Erster Band der Anderswelt-Trilogie)   In New York. Manhattan Roman, Schöffling Frankfurtmain 2000   Buenos Aires. Anderswelt. Kybernetischer Roman, Berlin Verlag Berlin 2001 (Zweiter Band der Anderswelt-Trilogie)   Inzest oder Die Entstehung der Welt. Der Anfang eines Romanes in Briefen, zus. mit Barbara Bongartz, Schreibheft Essen 2002   Meere. Roman, Marebuch Hamburg 2003 (Bis Okt. 2017 verboten)   Die Illusion ist das Fleisch auf den Dingen. Poetische Features, Elfenbein Berlin 2004   Die Niedertracht der Musik. Dreizehn Erzählungen, tisch7 Köln 2005   Dem Nahsten Orient/Très Proche Orient. Liebesgedichte, deutsch und französisch, Dielmann Frankfurtmain 2007    Meere. Roman, Letzte Fassung. Gesamtabdruck bei Volltext, Wien 2007.

Meere. Roman, „Persische Fassung“, Dielmann Frankfurtmain 2007    Aeolia.Gesang. Gedichtzyklus, mit den Stromboli-Bildern von Harald R. Gratz. Limitierte Auflage ohne ISBN, Galerie Jesse Bielefeld 2008   Kybernetischer Realismus. Heidelberger Vorlesungen, Manutius Heidelberg 2008   Der Engel Ordnungen. Gedichte. Dielmann Frankfurtmain 2009   Selzers Singen. Phantastische Geschichten, Kulturmaschinen Berlin 2010   Azreds Buch. Geschichten und Fiktionen, Kulturmaschinen Berlin 2010   Das bleibende Thier. Bamberger Elegien, Elfenbein Verlag Berlin 2011   Die Fenster von Sainte Chapelle. Reiseerzählung, Kulturmaschinen Berlin 2011   Kleine Theorie des Literarischen Bloggens. ETKBooks Bern 2011   Schöne Literatur muß grausam sein. Aufsätze und Reden I, Kulturmaschinen Berlin 2012   Isabella Maria Vergana. Erzählung. Verlag Die Dschungel in der Kindle-Edition Berlin 2013   Der Gräfenberg-Club. Sonderausgabe. Literaturquickie Hamburg 2013   Argo.Anderswelt. Epischer Roman, Elfenbein Berlin 2013 (Dritter Band der Anderswelt-Trilogie)   James Joyce: Giacomo Joyce. Mit den Übertragungen von Helmut Schulze und Alban Nikolai Herbst, etkBooks Bern 2013    Alban Nikolai Herbst: Traumschiff. Roman. mare 2015.   Meere. Roman, Marebuch Hamburg 2003 (Seit Okt. 2017 wieder frei)
________________________________


 

SAMHAIN. (Fünfter Versuch vom 5. November 2006).

nachts:

Besäße ich Glauben, eine Kerze
stellte ich in die Terrassentür.
Sie leuchtete euch durch die Schwärze
und durch die Scheibe mir.
Der-Engel-Ordnungen-2
frühmorgens:


Nun habt ihr eine leere Nacht
in meinem Horchen zugebracht.

[Geschrieben in der Villa Concordia Bamberg.
Erster Versuch <<<<.
Die letzte Fassung erschien 2008 >>>> d a rin.]


ursel (Gast) meinte am 2011/11/01 00:03:
Auch das lyrische Ich kann zu sehr leuchten.
 © by Hot11049
 
teressa (Gast) antwortete am 2011/11/01 01:04:
die tür baby 
die türnenden (Gast) antwortete am 2011/11/01 01:09:
leuchte ich durch deine tür dir durch dann
dann ich bin immer bdeine törn lady
die dir den törn ausgibt du kleine lady 
Gast (Gast) meinte am 2011/11/05 16:55:
Wunderschön! 
lobster (Gast) antwortete am 2011/11/05 22:40:
ya danke das hinsichtlich autonomie und emanzipieren.

von genietum oder so.

( was denn sonst eye ? 
Gast (Gast) antwortete am 2011/11/06 15:23:
Sorry, mir gefällt's halt. 
Friedrich G. Paff (Gast) meinte am 2012/11/26 15:08:
Nacht ohne Engel, ihr Gedicht mir gefallen
Wäre ich eine Schwinge im Glauben
den niemand zu besitzen vermag
ein Innen und Außen
die Terrassentür nur ein Glas

Schwärze sie leuchtet
durch alle Scheiben
fremd funkelt ein Stern

die Leere der Nacht
hohlt die Tiefe

im Warten zu sein
im Horchen

welch eine Nähe 
albannikolaiherbst antwortete am 2012/11/26 15:53:
Lieber Herr Pfaff,
leider lag >>>> das dort nicht mit auf dem Büchertisch. Es könnte Ihnen etwas geben, vielleicht.
 
Friedrich G. Paff antwortete am 2012/11/26 19:09:
Danke für Hinweis und Tip
Dionysius der Areopagite, Dante, Hugo Ball...in der Ordnung der Engel zu sein welch himmliche Kybernetik widerspiegelnd rotierend Ordnung der Höllen auch

Ein Haar in den
Klauen einer Löwin
die sich rächt
und wen spreizt
spannt sich ein
Unsagbares
in feinste Häute
in Worte hinein
tanzen aufgeschreckt Silben
schreien Vokale
aus einem Gully heraus
quiekt es
skandiert Hölderlin
zwischen den Gittern
arkadische Helle
fällt der Mond
aus der Nacht
in ein ortloses Netz
nichts fügt sich
unverschattet
Gras, Seele und Fleisch
der schwarze Strahl einer Sonne
aus Hirn, Trieb und Haar
bündelt frühes Erschrecken
zur flammenden Kehre
da schwimmt er neben dem Boot
im Naß der Worte
ohne unterzugehen
er ist die Stirn
gegen die Flut
wenn die Schatten getilgt
ankert die Sonne
nackt unter Haut
blinkt ein Messer
Präzision ist die Schärfe
der Schnitt tief
in die Kehle geätzt

Gruß Friedrich G. P aff 
Friedrich G. Paff (Gast) meinte am 2012/11/26 20:10:
lyrik
Sie regen mich hier zum Schreiben an Herr Herbst, und da ich jenseits von Befürworter und Gegner bin, weiß ich gar nicht, ob das hier in ihr Textgefilde paßt und erwünscht ?

Lyrik ist Atem
sonst nichts
durch tausend Masken hindurch
nicht zu ersticken
drosselt sich alles
auszumerzen
den Stachel der zückt
gegen die Glätte
die alles verschlingt
Lyrik ist Atem
wo weder aus noch ein
anzuhalten verharren
selbst noch im Schweigen
bricht aus der Enge
flammend die Spitze
kalt glühend
Dorn der du bist 
albannikolaiherbst antwortete am 2012/11/26 20:17:
@Friedrich G.Pfaff.
Sie reagieren; das tut eine/r jede/r auf ihre/seine Weise. Längere Texte als Kommentare sind allenfalls dann problematisch, wenn Diskussionen geführt werden, etwa >>>> dort. Da muß ein wenig auf Stringenz geachtet werden. Löschen aber tu ich eigentlich nur dann, wenn gegen Personen Häme und dergleichen ins Spiel kommt. Wenn Sie sich hier weiter umtun sollten, werden Sie viele solche Auseinandersetzungen finden, bei denen sich ein Durchgreifen leider nicht verhindern läßt. Früher habe ich alles stehen lassen, prinzipiell, habe auch darüber geschrieben, aber mir mit meiner Haltung einige mir wichtige Leser:innen verscherzt. Außerdem setzen auch mir solche Attacken durchaus zu. Ansonsten aber lasse ich den Spiel- und Gedankenraum so weit offen, für alle, wie nur möglich. 
Friedrich G. Paff (Gast) antwortete am 2012/11/26 21:58:
Reaktionen
Auf jeden Fall ihr Wagnis in und mit diesem Blog bereichert, macht neu-gierig. 
Reaktionär (Gast) antwortete am 2012/11/26 22:11:
Auch alt-backern.

Mal normal: Meinen Sie das ernst? 
Friedrich G. Paff antwortete am 2012/11/27 20:59:
o weia nein
„Mal normal.“ Was heißt normal ? Bezog sich das auf meine Antwort von eben ? Ich kenn mich nicht aus. Ich bin ein alter Mann.

Herr Herbst kann das hier löschen, weil ich jetzt viel antworten will. Zuviel. Und das Löschen wäre ok. Es ist sein Block. Er der Wächter und Weber. Und die Fäden hat sowieso keiner in der Hand. Und sie auszurupfen lohnt sich auch nicht. O doch das ist ein schönes Spiel. Stundenlang in der Nähstube als Kind das gemacht im sogenannten Waisenhaus. Und die Läppchen und Fetzen bügeln, aber das ist ja schon Theorie.

Ja die Nähmaschine verfolgt mich. Pfaff. Ich heiße aber Paff. Großes P kleines aff.

Ein alter Mann stellt sich dem was Herbst schreibt. Ja Herbst paßt zu einem alten Mann. Die Jahreszeit, in der man sich fragt, war denn alles umsonst was du gelebt und erahnt ?

Es war es nicht. Oder war es doch.

Es war es. Ja, so ist es. So ist das es.

Aber muß man es sagen, daß es so ist. Oder nicht ist.

Ich mache Deutsch für Ausländer und liebe die Fehler mehr als die Korrektheiten. „Weil ein berumpter deutscher Staatsanwalt gemordet worden hatte “ Er istete...statt er war, und doch wie logisch.

Altbacken ist Herbst nicht. Er beißt statt zu jammern. Aber auch das ist anstrengend.

Er riecht schon den Moloch, aber verfällt er ihm ?

durch die ichs zu gehen
wie eine fremde Haut die Sprache
in der nackt du doch bist
zu gelangen an das
was Schmerz nicht mehr kennt

Seine Heidelberger Vorlesungen enden...tatsächlich....mit dem Wort „Seele “Punkt Schluß. u u e e e e . Und unsere Seele.

Daß die Milch im All vereist ist und nicht fließt. Das ist Präsens der Perversion. Herrlich !

Er hat viel gelesen. ich auch. Aber ich bin ein alter Mann. Ich habe viel vergessen. Nein. Noch nicht. Aber ein Schriftsteller muß viel lesen und viel vergessen können.

Ich habe Angst vor den Zitatmaschinen. Strömungen statt Gegenströmung so auch der Name eines Mitveranstalters der Marburger virtuellen Orte. Man will immer am Ball sein, modern, am Puls der Zeit. Ja nun, Sog ist das in tausenderlei Strudeln. Die Worte gehen dann nicht unter, nicht auf den Grund.

Ich komme vom Rhein. Eine alte Schiffersfamilie. Das Untergehen kenn ich gut.

Das Auftauchen aber auch.

Mein stummer Begleiter ist Charon. Der geizig um jeden Pfennig feilscht. Seine Ruderblätter im leeren Kahn sind mir Gedicht.

Ich schreibe Zyklen über Steinzeit. Obwohl das Wort mich erschreckt, weil es den Zyklop in mir erwacht, dein einäugigen.
Mond einsames Auge meines Vaters, blind weiß, Granatsplitter welcher Kriege ...

Steinzeit daraus :

Steppentiere wir
gebückt in der Jagd
in Fellen fremder Tiere

werde ganz was du jagst

durch Verstellungen hindurch
fängst du dich selbst

dein Du das da ist
nur der Blick des Moments
ungetrennt

Bogen und Pfeil
Sehne und Tier
alles du selbst

im Felsloch
ein Kratzer

spricht Gott
durch uns durch


*

Über die Schädel
leckt die Zunge des Wilds

wie Federn der Vögel
Leben so leicht und dahin

über Felsen schweben Geier
Schreie der Elstern

tief verborgen im Stein
pocht uns der Atem

des Unfaßbaren


*

Menschen der Spätzeit
die sich verloren
in Netzen aus Draht

in Labyrinthen aus Maschen
in sich steigernder Flut
die alles einebnet

in unserer Frühzeit
spüren sie

das Erwachen

*

In der Spitze des Grashalms
tanzen die Wolken

im Schädel des Esels
bleicht die Dürre

Seele was ist das

das legt sich auf Nacht
wie ein Mond


*

Der Mensch der Spätzeit
ist nur die Wand
die ihn umgibt

die er sich gebaut
tausendfach in seinem Hirn

wir gehen durch die
Wände hindurch

traumtief durch Fels und Nacht
die Sonne auf den Lippen

sind wir der Strahl
der sich uns schenkt


*

Wir waren nie
der Tropfen
der das Meer sein will

und waren
Ankunft doch
und Welle

*

Die Menschen
die sich
der Dämonen entledigt

blinder tanzen sie
in ihren Fesseln

*


Das Wagnis
ist

das Heilige
nicht zu verorten

nicht zu verworten

unfaßbar bleibt

was da war Anfang

Atem, Fleisch und Wort zugleich

*

In den künstlichen Paradiesen
die sie sich geschaffen
im Atom

Sklaven der Dingwelt

haucht das
Feuer des Geistes

nicht mehr das Leben
zum Funken

der in Freiheit geheiligt
nur glüht

*

Nun ich bin ein alter Mann. Ein Dichter der Steinzeit. Und warte auf die nächste Steinzeit, daß ich gelesen werde. Die Postmoderne mir so fern.

Wer kennt schon die Sexualität eines Steinzeitmenschen oder einer Löwin ? Herbst beschreibt sie in einer Bamberger Reiterelegie.

Oder meint sie zu kennen. Doch ist das unsere Zeit. Pornographie unverklemmt stört nicht.

Aber faßt sie, was Liebe ist, Geburt, wo du Vater und Mutter zugleich warst.

Herbst ein Autor, viril Pan, Mai . . ., nein ist, wie schön sagt er, gelebt.

Ich neige dem Winter zu. Weiß und grau. Habe Angst, auszurutschen in der Glätte auf dem Eis. Das ist real und meine Angst gegenüber der Postmodernen.


Wie soll ein Gedicht aussehen ? Nackt. Schutzlos ist es eh.

Mein Gedicht, das jeder ästhetischen Kritik stand hält, früh hab ich es gefunden :

Bacharach
wo sind deine Juden
wo


Mehr war nicht zu sagen 1983. Das war das Phantasma. Das Verdrängte.

Mein Schreiben ist und bleibt für immer das Trauma Hadamar

Hadamar
der andern Nacht
andernach abtransportierter Bruder
vergast Verrückter
normal Vergaster
Nachtmaar
Totenmaar

oh ihr Normalen wißt
Verrückte und Kinder
vergessen nicht
ohnmächtig schwach
speien sie euch aus
verschmähen eure Sprache

Nestbeschmutzer war ich, Brunnenvergifter, doch jetzt nicht mehr, Zeiten wandeln sich, gegen die Leugner und Verdränger, doch die Bewältiger grauen mir auch. Unbewältigt bleibt es. Wie sollte es auch ?

Literat. Nein. Nie wieder Hadamar. Das hat nichts mit Moral, oder gar Mitleid, das hat mit Wahrnehmung zu tun. Wahrnehmungen.

Nur solch eine Kultur. Die nicht Opfer gegen Opfer ausspielt. Die in einer Katharsis sich transformiert. Ich habe sie nicht gefunden.

Das Humane ist unverzichtbar, ein Wandlungsprozeß, keine Käseglocke.

Tausende konnten sie vergasen, aber nicht die richtige Unterhose des dürftigen Nachlasses zurückschicken.

Die Familie hätte ihn retten können. Auch das. Später erfahren.


Ich wollte eine autonome Position am Rand. Aber das funktioniert nicht, man wird weggetreten oder ja...man tat auch das seine dazu.


Soziale Arbeit schützt einen, menschlich und real zu bleiben. Für Romane keine Zeit. Gedicht im Zug ja.

Ohne Verlag die besten Schriftsteller Osteuropas kennengelernt.

Litauen. Poetischer Frühling. Dann der Westen, Goetheinstitut, Großverlage usw.

Herbst hier könnte mich verleiten, mein Leben in Masken zu schreiben. In dieser Mißbrauchsgesellschaft scheue ich die Schlammschlacht. Und doch hat das Konkrete mehr Sprengkraft, ist gemeiner als alle Phantasie.

Aber es geht nicht um Eitelkeiten und Namen. Die Popanze sind es nicht wert.

Diese Marburger Veranstaltung. Drei Generationen Germanisten. Wie die Studenten, so auch jetzt die Autoren. Man zitiert sich gegenseitig. Faßt mit feinen Handschuhen sich an. Jeder kennt jeden. Ruf- und Marktwert. Ist unter sich. Avantgarde.

Und die Freiheit des Worts ? Was erleben Bachelorstudentinnen ?

Wo Räume propagiert werden, sind die erstickten und ausgegrenzten mir nah.

Der Abgrund der Automaten, wie Celan es sah, keiner kann dem entfliehen. Aber das Unheimliche im Phantastischen ist nicht der Flipperautomat, die Beliebigkeit, die weder Tradition noch Moderne ist und die dem Zufall nichts ins Auge blickt, wenn die Kugel einen überrollt.

Daß Herbst den Sterbeprozeß der Dichtung und Literatur wahrnimmt, ehrt ihn und reiht ihn ein in die Totengräber und Mumienwächter, die wir alle sind.

Die Aufklärung droht zu scheitern. Das sind soziale Prozesse auch. Was ist noch glaubwürdig ? Und doch will jeder das Beste und leben doch viele gut gerade von, aus und in diesem Zustand. Das Nichtbeste bietet durchaus Bequemlichkeit, Sattheit und Vorteile.

Konsum ist das Paradies der Mumien.

Was sollen die Dichter streiten ? Sind nicht alle Marionetten des Marktes ? Sich das einzugestehen, wahrzunehmen

und doch jedes gelungene Gedicht
ist ein Durchschneiden des Fadens

jedenfalls der Versuch.....und das ist schon viel

Nicht in Reflexionen untergehen. Kristalle finden.

Herbst ist eine Welt so fremd mir wie der eine Tag in Berlin.

Das Gedicht...aus ganz anderen Gründen....lektoriert schon...erschien nie.

Mit dem möcht ich schließen die erfundene Person hier, die sich auch noch Andreas Thorn nennt, um ja nicht gehänselt den Namen zu hören, im Ohr noch, langezogen...nicht korrekt sprechen zu können.....spricht es sich später wie ?...ach ach ach.....Sprache ist Rache....tief in die Kehle hinein...brich sie aus, kotze, kotze...sprich sie aus...spauze...

Berlin
23.6.2001





In dieser umsandeten Stadt
die Grasmücke
auf dem diamantenen Zepter
der Flügelhaut des Adlers
Thronreste aus Bernstein geschnitzt

Bilder des verlorenen Schloßes

das Kurfürstenkäppi
schwimmt auf der Spree

Pflastersteine markieren
den Mauerverlauf

und der Tiergarten saugt auf
all die Heinecken- und Caipirinhapisse

des morgens schon
spielen sie Schach oder noch

diskutieren über die Texte von Qumran

in dieser Stadt
wo die Freiheitsglocke hängt
im KDW
aus lauter Schokolade
Toleranz

in Hugendubel fließt die Ohm
über den Büchertisch

im dark-Raum
feiert multikulti sich

am Ku-Damm die alten Berliner Damen
sie sehen die Paraden
trinken Sekt bei Kempinski
und stoßen an auf jeden Nacktarsch
nein, nein, nein

zwei reiche Italienerinnen, Mutter und Tochter
sammeln die Kondome von der Straße
ihr vorpubertärer Junge ist behängt davon

Christopher Street Day
CDS marschiert mit offenem Schritt
die Transvestiten schmücken sich
mit den bunten Federbüschen des Schwarzadlerordens

der Wagen der Kirche bescheiden dagegen
hier hätte Thierse noch Platz

diese Stadt ist ein Sockel
steinern, bronzen, gläsern
auf dem die Standbilder wechseln

die PDS verteilt Kondome
aus Gummi die Mauer der Lust

Eisbein gibt es im Nikolaiviertel

die Marburger Straße ist nuttig verrufen

in der Landsberger Allee
ein Chinese
zwei Löwen am Fenster
beäugen das Bestattungsinstitut

am Bahnhof Zoo schneiden sie Handtaschen auf

im Hotel Astron spukt das Gepäck
verschwindet, kommt wieder
je nach Polizeianruf

die Politiker beschwören noch
die neuen Freiheiten auf den
Ketten von vorgestern

Wahlkampf wird alles
Goebels erscheint im
Nudistenlook

zwei Türken-gays
bewundern die Pferdeärsche
der berittenen Polizei
und das ist gut so

die langen Kerls voller Stolz
mulattische Transvestiten
küssen sich sans soussi

die Paraden werden sexistischer
Fleisch nur zählt, Jugend, Masse
bestimmte cm Länge auch
im betäubenden Techno-Gehacke Extasy
fallen sie um wie die Fliegen
die nur sich selber getanzt
Schwanz, Eier, body und string
sie sind weder hetero noch schwul
Glassplitter nur des Konsums
Gefangene im Spiegel des Ichs

Narziß war schon immer ein Berliner Fatzke

wie Schiffe zogen sie dahin
mit der Regenbogenfahne als Segel
über das graue Meer der Städte
umrifft von den Fassaden des Potsdamer Platzes
5 DM das Bier 15 DM der Sekt
um Ufer zu finden in sich
und Anker zu werfen in einem
aus der Masse noch wachsendem Du

Tagesabschnittspartner ach er hat den
Sonnenuntergang schon in der Hand

ach wie die Männer so affig
in den Gesichtern der Lesben mehr Sorge,
Reife und Blick



doch auch hier jene Lesbe
lederriemendurchstreift ihr nacktes Geschlecht
rasiert zog durch die Stadt
so zeigten sie früher die Beute
die Sklavinnen gesättigten Friedens
letzen nach Demütigung
der Freiheit erniedrigt zu werden

aber abseits
Träne und Scham
den Opfern der Nazis gedacht
am Nollendorfplatz
eine Inschrift
ein Blumenstrauß davor

ja man sieht Paare sich küssen,
zärtlich umarmen, liebende Blicke
Lesben wie Schwule
die nie auf der Straße
sonst sich geküßt

im Karneval der Kulturen
nur dürfen sie wagen
einmal normal sich zu sein

ach wie schön und vertraut ist
die Zärtlichkeit langweiliger Paare

in den Büschen da huschen die Hasen
kanickeln einander que(e)r vorbei

die kleine Kamikazekämpferin
mit dem Kampftuch um den Schädel
sie gefiel mir auch uniformiert
sie war vorsexuell Energie nur

eingehüllt wie bunte Frühlingsrollen
die Thaimännermädchen ihr steifes Lächeln

Tarzan mit bespanntem Netz
flügelweit aus Tigerfellköpfen

King Kong als Sado-Mascho an der Kette

der Berliner Bär nackt
nur die Bullletten verhüllt

nach weißen Engelsflügeln gieren die Teufel

den Teer der Straße zu ficken
in dieser Stadt
was gibt es mehr

why don’t we do it in the road

plötzlich tanzen sie Samba und Tango
ja Hölle wie Engel kann sein
kämpfen eng an den Himmel gepreßt

alle Sexualität ist zugelassen, aber
es gibt nur ein Bier zu trinken : Heinecken

die Kultur schreitet total
auf die Sponsoren zu

die Hintermänner der Macht
finanzieren die neuen Lüste
kondomisieren sie auch

Verantwortung zu tragen
ist ein Kondom das uns schützt

Extasen, Orgien und Rausch
Luft durchschwängert von Nebelbomben
es ist die Erde die uns braucht

es ist dasselbe Gras
das die Toten bedeckt
und die Kinder spielen läßt


es ist die Parade der Kinder
die noch kämpfen mit Väter und Mütter

doch manche haben abgeschabt sich
Tanten, Onkel und Normen


eintätowiert sich
die Brandzeichen der Freiheit

auf ihrer Haut eingeritzt
die neuen Kultbilde und Götter

doch inmitten Masken und Schleier
gehen alle

freieren Schritts
in den Tiergarten hinein
in das Paradies offener Nähe

die Schwanzparade
umzingelt die Siegessäule
zwei Laubfrösche küssen sich

bei Moltke wird gepißt

schwul ist eine Sache des Körpers
schwul gegen Rechts
und der Gesinnung nicht oder doch
in diesem Widerspruch marschiert
rosa SA

Keine Toleranz
der Intoleranz

und der Intolerante
bist immer du
der andere

ausgestoßen aus dem goldenen Käfig des Füllhorns
die Schatten, abseitig bleichen, unzeitigen

Geld durchfließt die Stadt, streaming die Köpfe
hochgepolt wird jeder zur neuen Mitte

Zirkus ist alles, Tiergarten und Multiplexshow
Berlin rollt der Globalisierung zu

durchs Brandenburger-Tor schießen die Athleten der Zukunft
die gläsernen Glückskugeln anabolischer Stärke

farbenfroh der Konsum
beliefert die Zungen mit Konfetti und Eis
wirft Nebel und Technogehämmer

eine Museumsinsel ist alles geworden
die rockt und tanzt

verschleiert Kreuzberg

Sony die neue Mitte

der Prenzlauer Berg brütet aus
von Amerika beäugt
im Treibhauslicht
die neue Avantgarde

ein Literaturfestival findet statt
international versteht sich

Gedichte sind eigentlich
akademisiert mehr noch
ohne Fleisch und Blut
ausgespuckte Kirschkerne nur

am Roten Rathaus hängen
die Käfige der Wiedertäufer
Gysi hüllt sich nackt
in Regenbogenhaut

am Roten Rathaus stehen
die Wahlkampfzeiten bevor
von der Regenbogenfahne
die dort weht
schleckt der Berliner Bär
den Honig der Lust

Checkpoint-Charlie Nostalgie oder noch immer
ein Stich im Nadelkissen der Stadt

unter gläserner Kuppel
reichstagt sich alles



der Bundespräsident residiert hier wieder
Hauptstadt die schluckt Millionen von Toten

und mahnt sie wieder ein
Weltkriege, Kze

die Lobbyisten des Erinnerns haben Konjunktur

doch unwert, verstoßen, erniedrigt
unscheinbar bei Seite getreten
noch immer atmet und schlägt solch ein Puls

und das Regierungsviertel dutzend hohe Kräne
baggern sich zur Glashauptstadt

die Berliner sie hüllen den Reichstag ein
und lassen die Folien fallen

der Berliner Bär steht schwanzüber Kopf
Goldelse reitet auf ihm


am Ende vom Christopher Street Day
betrachtet der junge Koreaner
sein Geschlecht
wie eine Siegessäule im Tiergarten
die daniederhängt


Berlin aus dieser grauen Masse
wächst nun ein Gesicht
mit Führernase, Regenbogenohren
Hakenzähnen

Delius spanischer Christus
friert in den Bombennächten
zuckt bei den Hinrichtungen

über Pickelhauben, Garde du Corps,
Akademien wälzt sich die Stadt
aus braunem und aus rotem Schutt
zur farbgesättigten Mitte Europas


die Weltzeituhr am Alexanderplatz
rostet ein
morgens der Funkturm im Nebel

und in der Gedächtniskirche
puzzelt Wilhelm eins oder zwei
aus lauter Mosaiksteinchen sich
seinen goldenen Paradehimmel

während die frühen Kurfürsten
tief bronzen schlafen
im Kellergewölbe des Doms

einer nur hat hier kein Grab gefunden
der hier die Stadt zum Grab gemacht

im Mausoleum schlägt nachts
Königin Auguste die Bibel auf

und Königin Louise betrachtet
ihre eigene marmorne Schönheit

jeder soll nach seiner
eigenen Facon glücklich werden

aber wer hat da noch
eine eigene Facon

stolziert jener Alte
einsam zwischen seinen Windhunden
deren Winseln noch religiös
mehr als sein französischer Esprit

doch in seinem Garten fängt Apollon nackt
des abends mit bloßen Händen die Sonne noch auf

in den U-Bahnschächten schleust die Mafia Ost und West
das Tor zu Asien ist wieder weit und zur sibirischen Steppe

Marlene Dietrich ist heimgekehrt, ein Platz
nach ihr benamt, Kennedy erschossen
flüstert noch immer, ich bin ein Berliner

im netmeeting bekommt Zille seine Motive geliefert

Milieu, ja was ist das, wo es
doch keine Orginale mehr gibt

nivelliert ist alles, reibungslos
die Stadt ist mauerlos offen

in Stalingrad gemalt die Madonna

über dem Trümmermeer
erhebt sich das Vergessen

durch das Charlottenburger Tor fliegen die Raben

die schwarzen Adler flogen lang schon weg

nur im Zoo noch brüllen die Affen

der Orang-Utan hält die Stadt
in seiner Klaue
wie eine Blutorangenapfelsine 
albannikolaiherbst antwortete am 2012/11/27 21:50:
Lieber Herr Pfaff,
das ist ein ganz toller Beitrag, vor allem dort, wo Sie "einfach" erzählend reflektieren. Auch mit den Gedichten, aber Sie tun zu viele auf einmal in Ihren Beitrag, S et z e n Sie sie, nach und nach, je eines allein für einen Tag, sonst fallen wir Leser Ihnen weg. Da ist so viel poetischer Druck, ich möchte das nicht löschen, weiß aber, daß viele aussteigen werden. Ich lasse sie hier stehen, selbstverständlich, ich lösche so etwas nicht, aber möchte Sie bitten... nein, bitte Sie, jedes davon noch einmal getrennt einzustellen, alleine für sich, damit nicht ihre Massierung sie erschlägt. Seien Sie, wenn ich das so sagen darf, fair zu Ihren Gedichten. Sie möchten atmen, jedes einzeln, unabhängig davon, ob ein jedes gelang.
Wenn Sie das möchten, gebe ich Ihnen einen Contributor-Status, was bedeutet, daß Sie selbst Beiträge schreiben können, die nicht nur als Kommentar, sondern eigenständig erscheinen. Mailen Sie mir, ich erkläre dann das Procedere: fiktionaere at gmx de. Das soll Sie nicht nötigen, sondern nur ein Vorschlag sein. 
Friedrich G. Paff antwortete am 2012/11/27 22:10:
antwort
ja interessiert...mailen Sie mir das procedere....ich orientier mich dann wie das ist mit eigenen Beiträgen.....morgen erst...jetzt noch vorbereiten....schön, daß Sie es nicht löschen...

Nachtgruß F.G.P. 
Leser (Gast) antwortete am 2012/11/27 22:30:
......... ............., Pfaff.
.................. ...... ............. ............. ............. ...... ....... ............ .
...... ...... ......... ............ ................ ................ .............. ...........
............. ............. ............. ............... ..............

Respekt! 

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