walhalladada meinte am 2007/02/16 15:41:
Wunderbar! Wäre es für Sie ein innerer Widerspruch,
das Gedicht im Genre 'Bevölkerungslied' anzusiedeln?
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/3327867/#3329325
albannikolaiherbst antwortete am 2007/02/16 16:08:
Ich fürchte, walhalladada, daß man es dort ansiedeln m u ß.
Es steht ja nicht grundlos "V o l k s lied" darüber, und das in der ganzen furchtbaren deutschen Ambivalenz von Schubert über Brentano zu Horst Wessel. Übrigens hat mich dieses Gedicht geradezu schockiert, und ich bin bis jetzt noch nicht damit fertig. Etwas Entsetzlicheres habe ich, glaub ich, noch niemals geschrieben. Es ist irgendwie mit dem >>>> Engelgedicht verwandt, aber kennt überhaupt keine Versöhnung mehr, gerade w e i l der Grundrhythmus so innig ist, aber der sich immer anbietende Reim, der schließen und wirklich Heimat finden lassen würde, auf das böseste versagt bleibt. Ich denke seit über sechs Stunden unentwegt über dieses Gedicht nach. Welch Ungeheuer mir das eingab, weiß ich nicht.
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/3327867/#3329414
walhalladada antwortete am 2007/02/16 16:29:
Reimverzicht im Volkslied
Wenn man den Reim als eine Form betrachtet, in der 'Erinnerung' - und sei es nur als Klangfigur - gelingt, dann bedeutet das Fehlen des Reimes zunächst doch, dass Erinnerung so einfach nicht mehr zu haben ist - folgerichtig ist das Gedicht ganz außen...selbst die tröstende Mutter ist ein Automat.Die Erinnerung will sich nicht einstellen und was viel schwerer wiegt:
ihr Fehlen macht die Erfahrungslosigkeit mit Händen greifbar!
Das ist der 'Schock', unter dem ich 'stehe'...
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/3327867/#3329473
albannikolaiherbst antwortete am 2007/02/16 16:39:
Dann ist vielleicht "Ich fasse meinen Schläger".
Bereits zu dick aufgetragen. Möglicherweise muß dahin eine ebenso ins Irr-Normale verschobene Zeile gesetzt werden, wie die anderen alle sind. Das ginge zwar gegens direkt-Politische, wäre dann aber näher am Eigentlichen. Weil noch die letzte Intention fehlte.Darüber werde ich nachdenken.
Danke.
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/3327867/#3329498
walhalladada antwortete am 2007/02/16 19:24:
Verkehrte Welt...
Das Vorrecht zu danken, besteht allein auf meiner Seite!Es dürfte aber in der Tat schwierig sein KEIN Reimwort zu finden, das heißt eines, welches dem Gedanken Èrinnerung' nicht Vorschub leistet...
Auch das eine s.o. !
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/3327867/#3330056
montgelas antwortete am 2007/02/16 19:29:
Des Knaben Wunderhorn
ist ein Baseballschläger. Ich finde den Vers "Ich fasse meinen Schläger" nicht zu dick aufgetragen.Nachtrag: Das romantische wollüstige Erstaunen über die Verse wird zum Schrecken zum Erschrecken vor dem Bösen in dieser Zeile, zumal sie für mich, abgesehen von der Ort-und Heimatlosigkeit dieses Rumpen, mit dem Gitarre spielenden Krüppel korrespondiert.
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/3327867/#3330076
montgelas antwortete am 2007/02/16 23:14:
Ich konnte mich dem Vergleich "Wunderhorn" und Baseballschläger nicht entziehen. Stellen sie sich ein Drama vor. Und nehmen wir mal an, die einzelnen Bilder im "Volkslied" seien Rollen, die ihre Dialogpartner suchen. Sie sind , Intention hin oder her, zur Korrespondenz verdammt. Zum Dialog gehört auch das Schweigen, die Pausen, nicht nur das Sprechen. Der gesamte Text, das Gesamtbild ist, wie ich es lese, ein Monolog. Die Mitte zwischen Reden und Schweigen. Er wendet sich an das Publikum, an die Leser. Monologe sind Fluchtversuche, die den "Helden" des Stückes noch mehr verstricken. Der Vorsatz der Tat, der ihn am Schluss des Textes gefangen nimmt, lässt den monologisierenden "Helden" seine Freiheit zum Denken verlieren. Und das ist das Erschreckende, ob bei Tell oder bei diesem Rumpen hier.
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/3327867/#3330909
walhalladada antwortete am 2007/02/17 00:11:
Zur Korrespondenz verdammt...
Genau das ist es, wie denn gelänge es, sich ihr zu entziehen? Da sehe ich keine dauerhafte Strategie. Sie wäre ja auch gar nicht wünschenswert, aber trotzdem ist es Intention, die wohlfeilen wie die exklusiven Korrespondenzen eben nicht zu evozieren...Die Versuchung ist groß, sich dieses autistische Nebeneinander nicht gleich in einer Zusammenschau ertragbarer zu machen...
Das ist weniger die 'Schwäche ' des Interpreten, vielmehr aber die Stärke des 'Volkslieds'...
Eine monologische Struktur im Sinne eines registrierenden 'Bewusstseinsstromes' glaube ich auch zu erkennen, diese bleibt aber ganz bei sich und ist - wie ich es sehe - ohne jegliche Hinwendung...
und ohne Tat ...
(Mir ist der Begriff 'Rumpen' völlig fremd:)
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/3327867/#3331003