Zur antiquierten Sprache.
Eine gute Diskussion hat sich erst h i e r , dann h i e r entwickelt. Sie dreht sich um Sprache und Klang und um sound, um Nüchternheit und Metaphern... imgrunde läßt sich eine ganze Ästhetik daran diskutieren, wenn nicht sogar entwickeln. Deshalb reagierte ich persönlich darauf. Denn die Idee der „Schnörkellosigkeit“, der Nichtmädchen akademisch so anhängt, setzt eine Realität voraus, die schnörkellos i s t, also die Volte nicht kennt, nicht die Verstellung... und sie ist zudem ahistorisch wie die Neue Deutsche Rechtschreibung, die das Wort vom Ursprung, aber auch von seiner Beugung durch Gepflogenheiten löst - im weitesten Sinne „Sitten“. Nabokov war einer der ersten, der sensibel auf diesen Irrtum reagierte, und also ließ er Postkutschen zur Zeit von Flugzeugen fahren; in „Thetis“ wiederum ist ein Polizeichef mit Sackmesser und Laserpistole ausgestattet: Auf diese Weise stellen sich eben diejenigen Gleichzeitigkeiten wieder her, die der Realismus, ohne es zu wissen oder zu wollen, unter der nüchternen Formulierung versteckt. Die Frage des „alten Klangs“, der „sound“ werden soll, findet genau hierin Grund und Antwort. Manch scheinbar altertümliche Formulierung erlaubt eine Genauigkeit, die nicht in der Fantasie des Lesers, sondern bereits im Text selbst hergestellt wird, so daß die Leserfantasie dem Widerspruch ausgesetzt ist und ihn nun, möchte man ein Buch genießen, interpretieren, das heißt: auflösen oder aushalten muß. Auch dies geht allein durch N ä h e; die distanzierte Analyse, die von außen betrachten kann, versagt daran: sie selbst nämlich ist zu einem Objekt der sprachlichen Gestaltung geworden. Die sie unterläuft.
Wahr ist, daß die altertümliche Sprache den Fluß der story hemmt; sie hat ein retardierendes Moment, das dem „Voran! Voran!“ in den Speichen steckt und auf Einzelnes abstellt: eine Lichtbahn, eine Tasche, ein sich drehendes Rad der Métro. Zudem wirkt sie immer fremd, wie von außen. Und sie steht für das, was man abstreifen wollte, wenn sie behauptet: „Ick bin allhier.“ So gesehen verstehe ich schon, daß man damit nichts zu tun haben möchte. Aber man hat es.
Wahr ist, daß die altertümliche Sprache den Fluß der story hemmt; sie hat ein retardierendes Moment, das dem „Voran! Voran!“ in den Speichen steckt und auf Einzelnes abstellt: eine Lichtbahn, eine Tasche, ein sich drehendes Rad der Métro. Zudem wirkt sie immer fremd, wie von außen. Und sie steht für das, was man abstreifen wollte, wenn sie behauptet: „Ick bin allhier.“ So gesehen verstehe ich schon, daß man damit nichts zu tun haben möchte. Aber man hat es.
albannikolaiherbst - Dienstag, 12. Oktober 2004, 13:47- Rubrik: Arbeitsjournal
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