ferromonte meinte am 2007/05/15 22:26:
das hätten sie sich sparen können, werter herbst. das haben sie nicht nötig; dachte ich jedenfalls.
ich habe mir ihren vortrag (mp3) angehört, finde ihn herausragend: sie lesen großartig musikalisch, jede betonung sitzt, es ist mitreißend. allein dafür müssten sie schon einen preis erhalten. bei literaturpreisen spielt geschmack, beziehung, politik und gleitmittel eine grössere rolle als das werk selbst. das wissen sie, und wir auch, und mit diesem wissen sind sie angetreten. also nehmen sie's jetzt wie ein mann (sage ich nur, weil ihnen die männlichkeit so wichtig ist) und hören sie doch auf rumzumosern. lassen sie doch die toten ihre toten begraben - wen kümmert's.
(wenn ich auch die enttäuschung und kränkung sehr gut verstehe ...)
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/3730931/#3733291
albannikolaiherbst antwortete am 2007/05/15 22:42:
@Georg Keuschnig & ferromonte.
Es mag naiv klingen, aber ich dachte - und denke weiter - bei einem D ö b l i n-Preis an Döblin. Diese Haltung werde ich mir nicht nehmen lassen, indem ich mich in einen Usus beuge. Ich tendiere nicht zur Resignation, sondern entschieden zum Kampf. Daß es so ist, wie Sie beide meinen, mag sein; das heißt aber nicht, daß man es, aus welchen Gründen einer vermeintlichen Lebensklugheit auch immer, widerspruchslos hinnehmen muß. Mit Larmoyanz hat das, Herr Keuschnig, bezeichnend wenig zu tun, nicht einmal mit Bitternis - aber sehr wohl mit aggressiver Erbitterung. Wer hinnimmt, was er als Unrecht empfindet, begeht das Unrecht mit.Es wird Zeit, daß man Grass "seinen" Döblin wegnimmt, da er das Erbe, das zu verwalten er mit so viel Ehre und Leidenschaft angetreten ist, nunmehr verkommen läßt. H i e r u m geht es und nicht darum, daß ich einen Preis nicht bekam.
P.S.: Meine prinzipielle Haltung dazu habe ich h i e r bereits zum Ausdruck gebracht. Ich weigere mich, zu Betriebsusancen eine ironische, uneigentliche Haltung einzunehmen, sondern nehme, was gesagt und getan wird, ernst. Alles andere wäre das ewige Als-ob, das nur zu bereit ist, sich korrumpieren zu lassen. Der Satz " es war immer so und wird immer so bleiben" sorgt dafür, daß es so bleibt.
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/3730931/#3733354
ferromonte antwortete am 2007/05/15 23:59:
und wer ist der "man", der herrn grass den döblin wegnehmen wird? der grimmige schnitter? oder ihr grimm und ihre wut, die sich in einem sonnett wie oben ausdrücken?
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/3730931/#3733663
albannikolaiherbst antwortete am 2007/05/16 00:03:
Weshalb nicht der grimmige Schnitter?
Das wäre dann halt der Naturlauf. Aber weshalb nicht auch ich? Aus Wut stammt nicht die schwächste Lebenskraft, . wenn sich auch Leistung und Liebe zu etwas dazuaddieren, das nicht Kalkül ist. Und das Sonett bezieht seinen Geist aus Heinrich Heine.
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/3730931/#3733675
ferromonte antwortete am 2007/05/16 07:47:
ich bin einverstanden: nehmen sie ihm den döblin weg! (der grimmige schnitter arbeitet ohnehin unabhängig und autonom)
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/3730931/#3734018
Gregor Keuschnig antwortete am 2007/05/16 13:05:
@ANH
Ich denke beim Bachmann-Preis auch an Bachmann oder beim Büchner-Preis auch an Büchner - alleine es hat oft genug nichts damit zu tun. Noch einmal: Ich verstehe diese aggressive Erbitterung sehr gut. Das Problem ist, dass man im Moment der Teilnahme die Betriebsusancen - mögen sie auch noch so pervers (oder gar nicht erkennbar sein) - akzeptiert. Man ist ihnen ausgeliefert und wird dann u. U. wegen fachfremder Kriterien ausgebootet.
Es ist übrigens in der Tat befremdlich, dass der Preis "Döblin-Preis" heisst und von Grass usurpiert wird. Er sollte ihn der Einfachheit halber gleich "Grass-Preis" nennen.
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/3730931/#3735242