Argo. Anderswelt. (60).
Herbst hatte den Eindruck, durch seine rechte Hand gucken zu können, sie bekam etwas erschreckend Transparentes. Immer wieder sah er diese Hand an. Dann - oder deshalb - ging es auch mit der linken los, was besonders irritierte, weil er die Hände zum Tippen so brauchte. Wobei Cordes, der endlich heil in der Schönhauser Wohnung angekommen war und schlaflos im Bett lag, nicht umhin kam, sich zu fragen (mußte), weshalb ich ü b e r h a u p t tippe. Ich meine, ich bin... gut: war Programmierer, also in Beelitz. Was ich hier war, davon hat Cordes ja noch kein Wort erzählt. Auch ich muß mir mein Leben verdienen, ob nun in Garrafff, Anderswelt oder Welt, das ist wurscht. Autoren machen es sich in dieser Hinsicht immer etwas einfach. Seit der bürgerliche Roman zerbrochen ist, kann man nicht mehr von Erbschaften schreiben, die sich aufzehren lassen, aristokratische Modelle greifen insgesamt nicht, aber die Alternative, sagen wir VERKÄUFER SCHREIBEN ÜBER VERKÄUFER (jaja, „Literatur der Arbeitswelt“, das hat’s mal gegeben... wie schreibt so präzis Hella Streicher?: „Bà!“)... nein, das k a n n es einfach nicht sein.
Ich komm jetzt richtig ins Grübeln. Was kann einer wie ich in Buenos Aires schaffen? Ich bin ja insgesamt ein parasitäres Modell. Deters selbst war, wurde gesagt, Börsenmakler. War er denn noch tätig? Wundern wir uns also nicht, daß Cordes einfach nicht einschlafen kann. Nein, es liegt nicht am Alkohol. Nein, er kriegt es mit seiner Schriftstellerehre zu tun. Nachts. Ganz furchtbar. Mir war nicht zuzutrauen, daß ich nach meiner Ankunft zum Abeitsamt ging. Übrigens hätten die mein Anliegen auch gar nicht verstanden. „Woher sind Sie?“ „Aus Garraff.“ „Äh?“ „Das ist... passen Sie auf!“ Ein Papier vom HolzIkea genommen. „HamSe mal nen Stift?“ Und mit paar Strichen den kybernetischen Regelkreis skizziert. „SehnSe? Das hier ist Ihre Welt, das da meine. Hier lebte Deters, da ich. Und weil Sie von mir programmiert worden sind...“ „Wie was?“ „HörnSe doch zu! Sie sind Teil eines simulierten Prozesses... wir testen unter anderem Medikamente... wir testen ökologische Settings...“ „Was wollnSe von mir!?“ „Ich erkläre es gerade. Wenn Sie nicht aufpassen, dann k ö n n e n Sie es nicht verstehen.“ „Aufpassen? Äh? Bei was?“ Ich zerknülle das Papier, werf es in den hübschen, mit OraCal-Dekofolie beklebten Pappeimer, setze neu an. „Okay. Bei Ihnen hat einer gelebt, der Hans Deters heißt. Der Mann ist Börsenmakler gewesen.“ Also s o weit m u ß der Ätmler den Mund nicht öffnen. Egal. „Ich hab ihn in einer Archivdatei festgesetzt und mich an seiner Stelle in Ihre Welt projeziert.“ Tatsächlich geht der Mund n o c h weiter auf. „Ich habe aber keine Ahnung von der Börse. Und deshalb, um es kurz zu machen: Ich such einen Job.“ Wenn ich Glück habe, fragt man mich jetzt, was ich mir so vorstell, was ich so kann, ob ich Abschlüsse hab. Dann kann ich mit der Programmiererei kommen, aber da gibt’s ja kaum noch freie Stellen. Versuchen S i e das mal heutzutage mit IT. Hab ich allerdings Pech, dann ruft der Ämtler um Hilfe. Dann muß ich abhauen. Nein, Cordes hat allen Grund, nicht schlafen zu können. Darauf hab ich, so gesehen, ein Recht.
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Ich komm jetzt richtig ins Grübeln. Was kann einer wie ich in Buenos Aires schaffen? Ich bin ja insgesamt ein parasitäres Modell. Deters selbst war, wurde gesagt, Börsenmakler. War er denn noch tätig? Wundern wir uns also nicht, daß Cordes einfach nicht einschlafen kann. Nein, es liegt nicht am Alkohol. Nein, er kriegt es mit seiner Schriftstellerehre zu tun. Nachts. Ganz furchtbar. Mir war nicht zuzutrauen, daß ich nach meiner Ankunft zum Abeitsamt ging. Übrigens hätten die mein Anliegen auch gar nicht verstanden. „Woher sind Sie?“ „Aus Garraff.“ „Äh?“ „Das ist... passen Sie auf!“ Ein Papier vom HolzIkea genommen. „HamSe mal nen Stift?“ Und mit paar Strichen den kybernetischen Regelkreis skizziert. „SehnSe? Das hier ist Ihre Welt, das da meine. Hier lebte Deters, da ich. Und weil Sie von mir programmiert worden sind...“ „Wie was?“ „HörnSe doch zu! Sie sind Teil eines simulierten Prozesses... wir testen unter anderem Medikamente... wir testen ökologische Settings...“ „Was wollnSe von mir!?“ „Ich erkläre es gerade. Wenn Sie nicht aufpassen, dann k ö n n e n Sie es nicht verstehen.“ „Aufpassen? Äh? Bei was?“ Ich zerknülle das Papier, werf es in den hübschen, mit OraCal-Dekofolie beklebten Pappeimer, setze neu an. „Okay. Bei Ihnen hat einer gelebt, der Hans Deters heißt. Der Mann ist Börsenmakler gewesen.“ Also s o weit m u ß der Ätmler den Mund nicht öffnen. Egal. „Ich hab ihn in einer Archivdatei festgesetzt und mich an seiner Stelle in Ihre Welt projeziert.“ Tatsächlich geht der Mund n o c h weiter auf. „Ich habe aber keine Ahnung von der Börse. Und deshalb, um es kurz zu machen: Ich such einen Job.“ Wenn ich Glück habe, fragt man mich jetzt, was ich mir so vorstell, was ich so kann, ob ich Abschlüsse hab. Dann kann ich mit der Programmiererei kommen, aber da gibt’s ja kaum noch freie Stellen. Versuchen S i e das mal heutzutage mit IT. Hab ich allerdings Pech, dann ruft der Ämtler um Hilfe. Dann muß ich abhauen. Nein, Cordes hat allen Grund, nicht schlafen zu können. Darauf hab ich, so gesehen, ein Recht.
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albannikolaiherbst - Donnerstag, 2. Dezember 2004, 09:28- Rubrik: ARGO-ANDERSWELT
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