Arbeitsjournal. Montag, der 22. Oktober 2007.
5.30 Uhr:
[Arbeitswohnung. Martinủ, Julietta.]
Pünktlich hoch, mein Zeug zusammengesucht und durch die Kälte hergeradelt. Ich will erst noch mal an die Zehnte Scelsi-Variation, bevor ich die Kritik zur Kinderoper schreibe. Fremd, immer wieder fremd, sich selbst im Fernsehen zu sehen...
...zumal das Team zwar das endgültige Cover der MEERE-Lizenzausgabe bei >>>> dielmann zu sehen bekam, die ab dem 9. November ausgeliefert wird, für die Sendung aber dennoch das von mir gekippte, gar nicht mehr gültige Entwurfscover ins Bild genommen hat. No jo, würde >>>> Buschheuer sagen. Danach noch (nein, nicht nachdem sie das gesagt hat, sondern nach der Sendung) Telefonate mit dem Profi, mit U. und mit UF, der folgendes dazukommentierte: „Mein Chef sagt auch immer: die Recherche macht einem die schönste Story kaputt“, was bedeutet, daß mein bedenklicher Einwand, nun ja, es hätten immerhin zwei Grundrechte einander gegenübergestanden, dem Schnitt zum Opfer fiel; ich denke mir, auch die Kollegen werden nicht so eindeutig reagiert haben, wie das in dem Filmchen herüberkam; daß meine Einlassung, existentielle Bedrohung könne durchaus auch eine Grundbedingung künstlerischen Schaffens sein - um es anzuheizen, um ihm den Wert zu geben usw. -, fand dann logischerweise g a r keinen Raum mehr. Egal. Wenn für den Beitrag auch zu den anderen Autoren immer eigens gereist worden ist, haben die 7 Minuten wahrscheinlich mehr als 10.000 Euro gekostet; U. allerdings wandte ein, sie habe den Beitrag insofern okay gefunden, als er auf sehr einfache Weise für eine Problemlage sensibilisiere, die im allgemeinen Bewußtsein noch gar nicht angekommen sei. Das stimmt möglicherweise, könnte aber auch übersehen, daß ohnedies nur Sensibilisierte das Publikum für ttt sind; d a n n wäre der Beitrag entschieden zu simpel.
Ich kann hier nur wiederholen, daß es sich n i c h t um eine simple Problemlage handelt, sondern daß hier prinzipielle Rechte antinom gegeneinanderstehen, das heißt: unüberbrückbar.
Um 9.30 Uhr wird mein >>>> tisch7-Verleger zu einem Gespräch mit mir hiersein; am Donnerstag früh kommt die Verlegerin; es geht mal wieder um meinen Essayband SCHÖNE LITERATUR MUSS GRAUSAM SEIN; vielleicht will man ein weiteres Mal verschieben. Ich seh dem gelassen entgegen, da ich mich sowieso zunehmend aus dem normalen Literaturbetrieb entferne und immer stärker das Netz favorisiere. Wenn noch Bücher erscheinen, ist das prima; eine conditio sine qua non ist das für ein Dichterleben aber nicht mehr.
Um 16 Uhr sitz ich mit Lothar Zagrosek beisammen, um über sein >>>> Gluck-Projekt im Konzerthaus zu sprechen. Selbstverständlich treibt mich da nicht nur ein Interesse, das berichten will. Ich will vorher unbedingt ein paar Fragen formulieren, als Gedächtnisstütze, und ein paar eigene Ideen.
18.18 Uhr:
Das war ein, glaube ich, gutes Gespräch mit >>>> Zagrosek. Ich hoff nur, er sieht es ebenso. Immerhin, wir haben uns für bald einmal zum Kaffee verabredet; er wohnt sozusagen gleich um die Ecke. Näheres erzähle ich aber erst, wenn ich die Aufnahme unseres Gespräches abgetippt und ausgewertet haben werde. Ich gäbe ihm gerne einen erzählerischen Ton.
Danach kurz zur Familie auf den Spielplatz, dann eben gleich hierher, für ein kurzes, ich brauche dringendst eine Dusche. Was mich vorhin etwas doch unwohl fühlen ließ, war, daß ich meinte, leicht vor mich hinzumüffeln: Ich sitz hier ja, weil ständig weit das Oberfenster offen ist und ich mal wieder nicht heize, in drei bis vier Pullovern herum, und wenn ich dann so auch noch Fahrrad fahre... - ach, wie lange her sind die Zeiten, die meinen Dandy-Ruf begründeten: immer im Anzug mit Hemd und Krawatte, gepflegt bis in die Augenbrauen. Das hat alles derart an Bedeutung verloren.
Später am Abend treff ich den Profi. Davor abendliches Beisammensein mit der Familie.
22.59 Uhr:
[Am Terrarium.]
Mochte doch nicht mehr weggehen und hab dem Profi abgesagt. Hier ist die halbe Familie krank, nur die Babies und mich scheint weder der Magen-Darm- noch der andere Grippevirus anzugreifen, momentan. Jedenfalls blieb ich lieber hier, um im Notfall zur Stelle zu sein. Und werde gleich schlafen gehen, das wird den Körper freuen und ihn morgen früh um halb fünf gestärkter aufstehen lassen, als tät ich jetzt noch was. Ich schlaf ja eh immer zu wenig. Morgen früh muß ich aber dann dringend die Kinderopern-Kritik schreiben.
Gute Nacht, Leser.
[Arbeitswohnung. Martinủ, Julietta.]
Pünktlich hoch, mein Zeug zusammengesucht und durch die Kälte hergeradelt. Ich will erst noch mal an die Zehnte Scelsi-Variation, bevor ich die Kritik zur Kinderoper schreibe. Fremd, immer wieder fremd, sich selbst im Fernsehen zu sehen...

Ich kann hier nur wiederholen, daß es sich n i c h t um eine simple Problemlage handelt, sondern daß hier prinzipielle Rechte antinom gegeneinanderstehen, das heißt: unüberbrückbar.

Um 16 Uhr sitz ich mit Lothar Zagrosek beisammen, um über sein >>>> Gluck-Projekt im Konzerthaus zu sprechen. Selbstverständlich treibt mich da nicht nur ein Interesse, das berichten will. Ich will vorher unbedingt ein paar Fragen formulieren, als Gedächtnisstütze, und ein paar eigene Ideen.
18.18 Uhr:
Das war ein, glaube ich, gutes Gespräch mit >>>> Zagrosek. Ich hoff nur, er sieht es ebenso. Immerhin, wir haben uns für bald einmal zum Kaffee verabredet; er wohnt sozusagen gleich um die Ecke. Näheres erzähle ich aber erst, wenn ich die Aufnahme unseres Gespräches abgetippt und ausgewertet haben werde. Ich gäbe ihm gerne einen erzählerischen Ton.
Danach kurz zur Familie auf den Spielplatz, dann eben gleich hierher, für ein kurzes, ich brauche dringendst eine Dusche. Was mich vorhin etwas doch unwohl fühlen ließ, war, daß ich meinte, leicht vor mich hinzumüffeln: Ich sitz hier ja, weil ständig weit das Oberfenster offen ist und ich mal wieder nicht heize, in drei bis vier Pullovern herum, und wenn ich dann so auch noch Fahrrad fahre... - ach, wie lange her sind die Zeiten, die meinen Dandy-Ruf begründeten: immer im Anzug mit Hemd und Krawatte, gepflegt bis in die Augenbrauen. Das hat alles derart an Bedeutung verloren.
Später am Abend treff ich den Profi. Davor abendliches Beisammensein mit der Familie.
22.59 Uhr:
[Am Terrarium.]
Mochte doch nicht mehr weggehen und hab dem Profi abgesagt. Hier ist die halbe Familie krank, nur die Babies und mich scheint weder der Magen-Darm- noch der andere Grippevirus anzugreifen, momentan. Jedenfalls blieb ich lieber hier, um im Notfall zur Stelle zu sein. Und werde gleich schlafen gehen, das wird den Körper freuen und ihn morgen früh um halb fünf gestärkter aufstehen lassen, als tät ich jetzt noch was. Ich schlaf ja eh immer zu wenig. Morgen früh muß ich aber dann dringend die Kinderopern-Kritik schreiben.
Gute Nacht, Leser.
albannikolaiherbst - Montag, 22. Oktober 2007, 06:00- Rubrik: Arbeitsjournal
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