stabigabi5 meinte am 2008/09/08 21:43:
hochmut liegt mir fern, zumal ich, wie viele andere auch, jährlich nämlichen antrag zu stellen habe, und ich könnte wetten, meine restschuld übertrifft die eines anh, aber wir sind hier ja nicht beim künstlerarmtusquartett. mutig finde ich ehrlich gesagt was anderes. die klagen der künstler übers fehlende geld sind mittlerweile zum eigenen genre geworden (artmann brauchte einen neuen wintermantel, kafka fragte, ob bei einer veranstaltung straßenanzug genüge, und setzte gleich hinterher, ach, was frage ich eigentlich, ich habe keinen anderen etc) die bitternis, die jeder kennt, der keinen vermessenen welterfolg vorweisen kann, denke ich, ist vielfach festgehalten worden. es ist in gewisserweise poetologisch sehr konsequent, diesen bettel hier einzustellen, aber mutig? konsequent, weil es dem kosmos herbst entstammt, und weil sich bei herbst eben alles um herbst dreht. ich stelle mir nur die sachbearbeiterin vor, ist sie vielleicht belustigt, ist es ihr egal, wollte sie das wissen, muss sie überhaupt dahingehend aufgeklärt werden, was es oft bedeutet, als künstler zu arbeiten? hätte es nicht eben auch eine leere lohnsteuerkarte (lässt sich beantragen und bekommt man jährlich zugeschickt) und der schlichte hinweis auf das fehlen von ausreichenden einkünften getan? muss man sich aus allem einen, wie ich finde, narzisstischen kranz winden? aber gut, es ist eine frage des stils, sicher, mir kommt er eben manchmal operettenhaft und ausgeplüscht vor, aber, warum nicht, ja. dagegen erscheint mir das arbeitsjournal viel näher an einem kruden eingeständnis der erfolglosigkeit, was für mich, in seinem resignativen ton, genialischer klingt, weil es sich sein versagen nicht mehr in einen persönlichen gewinn umschreibt. mir scheint, dies ist um ein vielfaches moderner, als das genie herauszustreichen, so kommt es mir zumindest vor. aber, ich sehe, die räume sind hier in vielen stilen ausgestattet. das hat methode, aber mir ist ein messerscharf analysierter wahnsinn manchmal lieber. mit preisen bespuckte kollegen, denen man pauschal begabung abspricht, halte ich für danebengegriffen. gleichwohl verstehe ich den groll, der wenig nützt.
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/5176635/#5177936
albannikolaiherbst antwortete am 2008/09/09 05:40:
@stabigabi5. "denen man pauschal begabung abspricht".
Wo hab ich das pauschal je getan? Weil ich bekanntlich keine Verrisse schreibe oder das doch nur sehr sehr selten getan habe in meinem Leben, vielleicht waren es zwei, vielleicht drei - - sind eher Loblieder bekannt, die ich auf Kollegen singe, und es ist mir dabei wurscht, ob sie bepriesen sind oder nicht. Was n i c h t geht, allerdings, sind nach Döblin benannte Preise für Zweisiebteltalente wie Kumpfmüller, weil er SPD-Wahlkampf mitgeführt hat und dafür entlohnt werden soll. Auch nach Kleist benannte Preise für Dirk von Petersdorffs und Hölderlin-Preise für Robert Gernhardts halte ich für Kulturkatastrophen. Umgekehrt, ich schrieb das bereits, würde ich für mich selbst, und darbte ich noch so sehr, aus Gründen meiner ästhetischen Haltung keinen Heinrich-Böll-Preis annehmen und hätte bei einem Friedenspreis, des Preis-Namens wegen, zumindest schwere Bedenken.
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/5176635/#5178399