Bunker. Einführung eines neuen Themas, im Nebenbei: Kehls Bunker. Argo. Anderswelt. (109).
(Mit Dank an AbeißtZ.)
„Ich bin nicht gut heute“, sagte Jason Hertzfeld, riß das Blatt aus dem Heft, zerknüllte es, vermied aber, der jungen Frau zurück in die Augen zu blicken. Die Fingerspitzen wie vereist. Sie schienen sogar blau anzulaufen und kribbelten schließlich.
„Du hast keine Ahnung, wer ich bin, nicht wahr?“ fragte die junge Ungefugger.
„Es ist mir egal, wer du bist. Aber schön bist du.“
„Schönheit... ba! Ich werde Macht haben eines Tages!“
Nun sah er sie d o c h wieder an. Welch ein perfektes Geschöpf, dachte er. Wie geschaffen, dachte er, um daran zugrunde zu gehen. Sie erinnerte ihn an die holomorfen Illusionen materialisierter Idealkörper, doch war sich zugleich sicher, daß sie echt war, geboren, heißt das, in Schmerzen, in Wollust, in Blut. Das war aber alles von ihr abgestreift; daß sie scheißen mußte, zum Beispiel, davon war bei ihr nichts mehr sichtbar.
„Macht?“ fragte er.
„Sieh dich um“, sagte sie. „Ich will das mitgestalten, nicht bloß so...daherleben.“
„Wir gestalten a l l e... sowieso.“
„Unbewußt. Das ist eklig.“
„Du hast Leidenschaft.“
„Bitte?“ Ihre Augen spritzten Hagel, dachte er.
„Ich sagte, du hast Leidenschaft.“
„Was fällt dir ein? Ich bin k l a r.“
„Du hast was gegen Leidenschaften?“
„Ich bin kein Tier.“
„Das verstehe ich nicht. Tiere h a b e n keine Leidenschaften, sondern Instinkt... wie ein Holomorfer.“
„Holomorfe sind wenigstens sauber.“
„Sauber?“
„Gerichtet, unsentimental, hygienisch.“
„Ich kenne da, wo ich wohne, einen freistehenden Bunker“, sagte Jason, „gesprengt vor Ewigkeiten, aber oben noch, wenn auch schief, die Kuppel... den zeigte ich dir gern.”
“Wie furchtbar”, sagte sie.
Er lächelte und erzählte: “Am Himmel, in ihm, sehr klein, gleiten oft Bussarde, wenn ich auf dem Rücken liege und hochsehe. Denn manchmal, da oben… Zeppeline… man muß nur die Augen schließen, um sie zu sehen.”
“Ich schließe n i e die Augen”, sagte Gabriela Anna Ungefugger.
“Nie? Und wenn du schläfst?”
“Das ist etwas anderes. Aber ich träume nicht gern. Weshalb sollte ich tagsüber feiwillig wollen, wozu mich mein blöder Körper nachts zwingt?”
“Du hast, glaube ich, einen sehr schönen Körper.”
“Schönheit setze ich voraus. Aber sie interessiert mich nicht. Ich will nichts von ihr. Und nichts f ü r sie. Sie hat dazusein, das ist alles, wie die Luft, die ich dummerweise atmen muß.”
Die junge Ungefugger war vielleicht fünfzehn, der junge Hertzfeld sechzehn; es war ein Gespräch Pubertierender und d e s h a l b ungewöhnlich, nicht wegen der Themen an sich.
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„Ich bin nicht gut heute“, sagte Jason Hertzfeld, riß das Blatt aus dem Heft, zerknüllte es, vermied aber, der jungen Frau zurück in die Augen zu blicken. Die Fingerspitzen wie vereist. Sie schienen sogar blau anzulaufen und kribbelten schließlich.
„Du hast keine Ahnung, wer ich bin, nicht wahr?“ fragte die junge Ungefugger.
„Es ist mir egal, wer du bist. Aber schön bist du.“
„Schönheit... ba! Ich werde Macht haben eines Tages!“
Nun sah er sie d o c h wieder an. Welch ein perfektes Geschöpf, dachte er. Wie geschaffen, dachte er, um daran zugrunde zu gehen. Sie erinnerte ihn an die holomorfen Illusionen materialisierter Idealkörper, doch war sich zugleich sicher, daß sie echt war, geboren, heißt das, in Schmerzen, in Wollust, in Blut. Das war aber alles von ihr abgestreift; daß sie scheißen mußte, zum Beispiel, davon war bei ihr nichts mehr sichtbar.
„Macht?“ fragte er.
„Sieh dich um“, sagte sie. „Ich will das mitgestalten, nicht bloß so...daherleben.“
„Wir gestalten a l l e... sowieso.“
„Unbewußt. Das ist eklig.“
„Du hast Leidenschaft.“
„Bitte?“ Ihre Augen spritzten Hagel, dachte er.
„Ich sagte, du hast Leidenschaft.“
„Was fällt dir ein? Ich bin k l a r.“
„Du hast was gegen Leidenschaften?“
„Ich bin kein Tier.“
„Das verstehe ich nicht. Tiere h a b e n keine Leidenschaften, sondern Instinkt... wie ein Holomorfer.“
„Holomorfe sind wenigstens sauber.“
„Sauber?“
„Gerichtet, unsentimental, hygienisch.“
„Ich kenne da, wo ich wohne, einen freistehenden Bunker“, sagte Jason, „gesprengt vor Ewigkeiten, aber oben noch, wenn auch schief, die Kuppel... den zeigte ich dir gern.”
“Wie furchtbar”, sagte sie.
Er lächelte und erzählte: “Am Himmel, in ihm, sehr klein, gleiten oft Bussarde, wenn ich auf dem Rücken liege und hochsehe. Denn manchmal, da oben… Zeppeline… man muß nur die Augen schließen, um sie zu sehen.”
“Ich schließe n i e die Augen”, sagte Gabriela Anna Ungefugger.
“Nie? Und wenn du schläfst?”
“Das ist etwas anderes. Aber ich träume nicht gern. Weshalb sollte ich tagsüber feiwillig wollen, wozu mich mein blöder Körper nachts zwingt?”
“Du hast, glaube ich, einen sehr schönen Körper.”
“Schönheit setze ich voraus. Aber sie interessiert mich nicht. Ich will nichts von ihr. Und nichts f ü r sie. Sie hat dazusein, das ist alles, wie die Luft, die ich dummerweise atmen muß.”
Die junge Ungefugger war vielleicht fünfzehn, der junge Hertzfeld sechzehn; es war ein Gespräch Pubertierender und d e s h a l b ungewöhnlich, nicht wegen der Themen an sich.
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albannikolaiherbst - Freitag, 4. März 2005, 13:16- Rubrik: ARGO-ANDERSWELT
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