Kein Platz für Götter ODER Die Welt als Ware und Normierung. Das Arbeitsjournal des Freitags, dem 16. Dezember 2011. Kleine Theorie des Literarischen Bloggens 136, darin der Verfasser sich outet. Und abends dann: Das kleine Mädchen und der Daumen.
5.55 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Sitze schon seit einer Viertelstunde vorm Laptop und schaue ein wenig durch die Sites herum: abständig könnte ich das nennen, wäre das „b“ in dem Wort nicht zu hart gesprochen; das „g“ spricht sich sowieso wie ein weiches „ch“ aus: das also paßt. Auch „paßt“ ist ein zu hartes Wort. Erster Latte macchiato, Morgenpfeife. Ich muß an den Jungenroman II; fast will ich‘s auch schon, aber die Begeisterung für die I sprang gestern, als ich die Fahnen zuendekorrigierte, nicht mehr über, vor allem nicht mehr der Witz daran. „Begeisterung“ ist sowieso aber zur Zeit kein mich fassendes Wort. Wobei ich das innere Auf und Ab doch gut kenne, das war nie anders, immer gab es scharfe Täler, dafür innenbejubelte, sonnen-, die männlich ist,-bejubelte Gipfel und jederlei Gelenkschmerz beim Aufstieg, sowie einen ziemlichen Dreck, wenn ich wieder runterrutschte, oft auf dem Hosenboden: alles das, aber ziemlich wenig Gleichlauf und Gleich-Gültig-Läufe, kaum mal, auf längere Strecken, Moderates. Daß ich mir das aber so sage, jetzt, heute morgen, will ein Moderates sein. Ist indes Selbsttäuschung. Dazu kommt eine abermalige Rüge des WDRs wegen ungenauer GEMA-Angaben; rein zum Verrücktwerden, daß Quellennennung nicht mehr reicht, sondern jetzt so detailliert ausgewiesen werden muß, daß das ein ganz eigener und rein administrativer Arbeitsgang wird, den man teils auch gar nicht gehen kann, wenn man aus dem Netz, etwa, gearbeitet hat oder auf Radiomitschnitte zurückgreift; das ist geradezu verboten: obwohl das doch in der Welt ist. Man darf in der Welt nur noch verwenden, was auch katalogisiert ist, nämlich als Ware, und selbst da reicht die Katalognummer nicht, sondern die Ware soll in all ihren Eigenschaften erfaßt sein. Dabei wird das Eigentliche, das ihr alleine Eigene - das, was sie eben n i c h t Ware sein läßt, - weggesperrt. Das Urheberrecht, einmal für die Künstler gedacht, um sie zu schützen, subtrahiert von ihnen die Kunst. Die Werke, vor allem deren Wirkung, sollen berechenbar werden: Freiheit, wenn auch eh nur vorgestellt (ihr ὄν ist poetisch), kommt ins Gitter: Illusionen im Geschirr, im Pferdebiß, bis nichts mehr schäumt. Leistung als Kategorie, und modular, nicht als Leidenschaft. Und dennoch ist da Rettung, nämlich im Netz, das noch nicht im allgemeinen Verwaltungszugriff ist und auch noch lange Fluchtwege wissen wird, es sei denn, man „schaltet es ab“ wie im Iran oder observiert die Netzbürgerschaften, generell, per Programm. Heute morgen, als ich mir die Arbeitsklamotten überzog, dachte ich dran, wie nah wir längst am Robocop sind, am elektronischen, emotions„freien“ Polizisten und Kapo, und daß ich da mit Der Dschungel mitten hineinstoße, indem ich mich, statt mich in vorgeblichen Privatheitsräumen zu verschanzen, hinter ihnen zu verstecken, provokativ so öffentlich mache. >>>> Diadorims Vorwurf greift zu, auch wenn sie ihn lächelnd aussprach, kurz. So lange sich versteckt wird und das einigermaßen auch geht, wird nicht öffentlich gemerkt und gefühlt, wie eng diese Räume geworden sind und daß sie zunehmend enger werden. Hier paradox zu reagieren, indem man seine eigene Privatheit veröffentlicht, zeigt das Private und ringt es der Einengung damit ab, allein weil es als Sichtbares auf sich beharrt. Dann liegt es in der Strömung wie ein Felsen, um den die Strömung herummuß und der die Strömung wenigstens hemmt. Das ist wie mein-Leben-ohne-eigenes-Konto: was die Buchhaltungen, Kassen, Finanzämter, je offener ich damit umgehe, um so mehr wurmt, weil es Stöcke in die Speichen des gewohnten Vollzugs steckt. Führt immer wieder zu Ärger, kann ich Ihnen sagen, zu meinem, zu deren, wobei deren einer der Angestellten ist, die ihn ausführen sollen, dererseits Menschen ohne böse Absicht, doch von der bösen Absicht instruiert, die nicht eine böse, sondern die kalte Absicht, nämlich des Instrumentierens, ist, die „rein“-rechnende eben, pragmatische, normierende und – schon nahezu totale wie dann totalitäre. Der wird, wer sich nicht einfügt, zum >>>> Paria, auch den „Guten“ selbstverständlich, den Aufgeklärten und Progressiven, die sich aber arrangieren; allein die Einfügung macht sie zu Mitläufern, so verständlich, lebenspraktisch, ihre Einfügung immer auch sein mag. Wir haben kaum noch Raum mehr für Götter, geschweige für Halbgötter. Was das Bedürfnis nach „Fantasy“ höchst begreifbar macht und den Erfolg der Vampire ganz ebenso, fast marxistisch, erklärt wie die Begeisterung auch Intellektueller für Harry Potter.
Ja, ich habe über den Begriff nachgedacht, den des „literaturbetrieblichen Paria-Status“. Es ist schon bizarr, daß der Literaturbetrieb mir meinen Widerstand viel weniger verzeiht als die Gerichtsvollzieher:innen und Finanzamtsmenschen. Für die, kann sein, ist ein Leben wie meines eine vielleicht nicht bequeme, aber immerhin Hoffnung: alleine deshalb, weil es möglich ist, daß jemand ohne Vorsorge lebt und doch nicht aussieht wie einer, den es vom Tisch der Gesellschaft gefegt hat, sondern hat nicht mal Zipperlein mit beginnendem Alter, in dem sie selbst schon nach Rente schauen – und schauen müssen, wenn sie einen Beruf gehabt haben, mit dem sie nicht wirklich einig sind, so daß es zu der, mir immer absurden, Trennung von Arbeits- und Freizeit kam, einzig der Ergebung halber ins Fremdbestimmtsein, gegen das selbst ich in meiner relativen, doch vergleichsweisen Freiheit nach wie vor mich stemme. Ein wenig, auch wenn das nicht mein Focus ist, stemm ich mich für sie mit – und jeder andere tut‘s, der sich nicht beugt, ohne wiederum zur Wohlfahrt zu gehen, um zu betteln. Aber selbst die, allein als Erscheinung und solange es noch Caritas gibt, hemmen. Die Löwin, in ihrer Kuratorenfunktion, spricht bisweilen von Künstlern, höchst bekannten, die Manager seien, längst, geschmeidigste Verkäufer ihrer Kunst. Die laufen mit und treiben's oft noch an. Oder sie sind, wie sehr wahrscheinlich Beuys war, Eulenspiegel, von denen es aber so wenige gibt wie echte Scharlatane. Ertappt man jene, wird geschwiegen, weil man ja selbst die neuen Kaiserskleider beklatscht hat; indes, ertappt man diese, die Scharlatane, gehen die Wellen so hoch wie bei Hitlers Tagebüchern, und man sperrt sie, wenn möglich, ein. Die Ulen aber und Apen hat man im zugeschlossenen, gesicherten Safe und handelt sie an den Börsen -
[Arbeitswohnung.]
Sitze schon seit einer Viertelstunde vorm Laptop und schaue ein wenig durch die Sites herum: abständig könnte ich das nennen, wäre das „b“ in dem Wort nicht zu hart gesprochen; das „g“ spricht sich sowieso wie ein weiches „ch“ aus: das also paßt. Auch „paßt“ ist ein zu hartes Wort. Erster Latte macchiato, Morgenpfeife. Ich muß an den Jungenroman II; fast will ich‘s auch schon, aber die Begeisterung für die I sprang gestern, als ich die Fahnen zuendekorrigierte, nicht mehr über, vor allem nicht mehr der Witz daran. „Begeisterung“ ist sowieso aber zur Zeit kein mich fassendes Wort. Wobei ich das innere Auf und Ab doch gut kenne, das war nie anders, immer gab es scharfe Täler, dafür innenbejubelte, sonnen-, die männlich ist,-bejubelte Gipfel und jederlei Gelenkschmerz beim Aufstieg, sowie einen ziemlichen Dreck, wenn ich wieder runterrutschte, oft auf dem Hosenboden: alles das, aber ziemlich wenig Gleichlauf und Gleich-Gültig-Läufe, kaum mal, auf längere Strecken, Moderates. Daß ich mir das aber so sage, jetzt, heute morgen, will ein Moderates sein. Ist indes Selbsttäuschung. Dazu kommt eine abermalige Rüge des WDRs wegen ungenauer GEMA-Angaben; rein zum Verrücktwerden, daß Quellennennung nicht mehr reicht, sondern jetzt so detailliert ausgewiesen werden muß, daß das ein ganz eigener und rein administrativer Arbeitsgang wird, den man teils auch gar nicht gehen kann, wenn man aus dem Netz, etwa, gearbeitet hat oder auf Radiomitschnitte zurückgreift; das ist geradezu verboten: obwohl das doch in der Welt ist. Man darf in der Welt nur noch verwenden, was auch katalogisiert ist, nämlich als Ware, und selbst da reicht die Katalognummer nicht, sondern die Ware soll in all ihren Eigenschaften erfaßt sein. Dabei wird das Eigentliche, das ihr alleine Eigene - das, was sie eben n i c h t Ware sein läßt, - weggesperrt. Das Urheberrecht, einmal für die Künstler gedacht, um sie zu schützen, subtrahiert von ihnen die Kunst. Die Werke, vor allem deren Wirkung, sollen berechenbar werden: Freiheit, wenn auch eh nur vorgestellt (ihr ὄν ist poetisch), kommt ins Gitter: Illusionen im Geschirr, im Pferdebiß, bis nichts mehr schäumt. Leistung als Kategorie, und modular, nicht als Leidenschaft. Und dennoch ist da Rettung, nämlich im Netz, das noch nicht im allgemeinen Verwaltungszugriff ist und auch noch lange Fluchtwege wissen wird, es sei denn, man „schaltet es ab“ wie im Iran oder observiert die Netzbürgerschaften, generell, per Programm. Heute morgen, als ich mir die Arbeitsklamotten überzog, dachte ich dran, wie nah wir längst am Robocop sind, am elektronischen, emotions„freien“ Polizisten und Kapo, und daß ich da mit Der Dschungel mitten hineinstoße, indem ich mich, statt mich in vorgeblichen Privatheitsräumen zu verschanzen, hinter ihnen zu verstecken, provokativ so öffentlich mache. >>>> Diadorims Vorwurf greift zu, auch wenn sie ihn lächelnd aussprach, kurz. So lange sich versteckt wird und das einigermaßen auch geht, wird nicht öffentlich gemerkt und gefühlt, wie eng diese Räume geworden sind und daß sie zunehmend enger werden. Hier paradox zu reagieren, indem man seine eigene Privatheit veröffentlicht, zeigt das Private und ringt es der Einengung damit ab, allein weil es als Sichtbares auf sich beharrt. Dann liegt es in der Strömung wie ein Felsen, um den die Strömung herummuß und der die Strömung wenigstens hemmt. Das ist wie mein-Leben-ohne-eigenes-Konto: was die Buchhaltungen, Kassen, Finanzämter, je offener ich damit umgehe, um so mehr wurmt, weil es Stöcke in die Speichen des gewohnten Vollzugs steckt. Führt immer wieder zu Ärger, kann ich Ihnen sagen, zu meinem, zu deren, wobei deren einer der Angestellten ist, die ihn ausführen sollen, dererseits Menschen ohne böse Absicht, doch von der bösen Absicht instruiert, die nicht eine böse, sondern die kalte Absicht, nämlich des Instrumentierens, ist, die „rein“-rechnende eben, pragmatische, normierende und – schon nahezu totale wie dann totalitäre. Der wird, wer sich nicht einfügt, zum >>>> Paria, auch den „Guten“ selbstverständlich, den Aufgeklärten und Progressiven, die sich aber arrangieren; allein die Einfügung macht sie zu Mitläufern, so verständlich, lebenspraktisch, ihre Einfügung immer auch sein mag. Wir haben kaum noch Raum mehr für Götter, geschweige für Halbgötter. Was das Bedürfnis nach „Fantasy“ höchst begreifbar macht und den Erfolg der Vampire ganz ebenso, fast marxistisch, erklärt wie die Begeisterung auch Intellektueller für Harry Potter.
Ja, ich habe über den Begriff nachgedacht, den des „literaturbetrieblichen Paria-Status“. Es ist schon bizarr, daß der Literaturbetrieb mir meinen Widerstand viel weniger verzeiht als die Gerichtsvollzieher:innen und Finanzamtsmenschen. Für die, kann sein, ist ein Leben wie meines eine vielleicht nicht bequeme, aber immerhin Hoffnung: alleine deshalb, weil es möglich ist, daß jemand ohne Vorsorge lebt und doch nicht aussieht wie einer, den es vom Tisch der Gesellschaft gefegt hat, sondern hat nicht mal Zipperlein mit beginnendem Alter, in dem sie selbst schon nach Rente schauen – und schauen müssen, wenn sie einen Beruf gehabt haben, mit dem sie nicht wirklich einig sind, so daß es zu der, mir immer absurden, Trennung von Arbeits- und Freizeit kam, einzig der Ergebung halber ins Fremdbestimmtsein, gegen das selbst ich in meiner relativen, doch vergleichsweisen Freiheit nach wie vor mich stemme. Ein wenig, auch wenn das nicht mein Focus ist, stemm ich mich für sie mit – und jeder andere tut‘s, der sich nicht beugt, ohne wiederum zur Wohlfahrt zu gehen, um zu betteln. Aber selbst die, allein als Erscheinung und solange es noch Caritas gibt, hemmen. Die Löwin, in ihrer Kuratorenfunktion, spricht bisweilen von Künstlern, höchst bekannten, die Manager seien, längst, geschmeidigste Verkäufer ihrer Kunst. Die laufen mit und treiben's oft noch an. Oder sie sind, wie sehr wahrscheinlich Beuys war, Eulenspiegel, von denen es aber so wenige gibt wie echte Scharlatane. Ertappt man jene, wird geschwiegen, weil man ja selbst die neuen Kaiserskleider beklatscht hat; indes, ertappt man diese, die Scharlatane, gehen die Wellen so hoch wie bei Hitlers Tagebüchern, und man sperrt sie, wenn möglich, ein. Die Ulen aber und Apen hat man im zugeschlossenen, gesicherten Safe und handelt sie an den Börsen -
6.55 Uhr:
Es wird Zeit für die andere Arbeit. Zweiter Latte macchiato. Wie ich bis zum kommenden Herbst, also zur nächsten Frankfurter Buchmesse, mit >>>> ARGO fertigwerden kann, ist mir rein finanziell ein Rätsel. Ich werde wieder anfangen müssen, neue Schulden zu machen, die ich niemals zurückzahlen kann, nehme das gerade ins Auge. Bei meiner Schufa-Auskunft wird das ein Kunststück werden für sich – ein Stückchen Lebenskunst. Auch das mag >>>> Krausser gemeint haben, als er >>>> Kurthes sagen ließ, Scharlatanerie gehöre zum Genie.
Nach wie vor bin ich >>>> darauf stolz.
„Frauen“, hat लक्ष्मी gesagt, >>>> daß meine Schwäche seien; auch darüber denke ich unentwegt, doch schweifend nach: ein ungefähres Nachdenken: wie wenn man meditiert.
Heute nachmittag Weihnachtsfeier in Barenboims Kita der Zwillingskindlein. Da geh ich, und will es, hin. Hätte man mir, als ich jung war, gesagt, welchen Stellenwert eines Tages „Familie“ für mich einnehmen würde, ich hätt den ausgelacht. Interessant auch, was ich der Löwin gestand; das war wie ein Outing: Ich wolle dem beschmutzten Namen der Ribbentrops etwas entgegensetzen, wolle ihn, sozusagen, heilen - die Schande aus der Welt bekommen. „Für meinen Jungen“, sagte ich, aber bin mir gar nicht mehr sicher, ob das nicht von allem schreibenden Anfang an Intention war, wenn auch damals noch unbewußt; auch als ein solcher, als Ribbentrop, bin ich immer Paria gewesen. Bereits als ein Kind. In einer Zeit, die Straßen umbenennt, damit Geschichte weg ist, und die Schlösser wiederaufbaut, damit ein falscher Vorschein sei, stör ich deshalb zusätzlich. Das ist mir sehr bewußt.
12.04 Uhr:
Drei Seiten des Jungenromans, den ganzen Anfang, neu geschrieben – und alles andere, was schon vorliegt, zwar nicht verworfen, aber unbeachtet gelassen. Keine Verwurschtelungen, sondern den Jungen klar und gezielt erzählen lassen. So, wie das jetzt anfängt, kann es weitergehen, denke ich.
Mittagsschlaf. Nötig. Dann mich zivilisieren, rasieren usw., duschen, kleiden. Gegen drei werd ich zur Kita losziehen. Wie später der Tag dann weiterläuft, das weiß ich schlicht noch nicht.
21.50 Uhr:
Vorm Mittagsschlafen wollte ich etwas übers Schlafheile der Onanie – oder des, wenn man nicht alleine liegt, Liebesaktes – schreiben, aber jetzt verschieb ich das auf morgen. Es klappte nämlich nicht, sondern ich schlief tatsächlich so ein, schlicht und schnell. Dann zivilisierte ich mich und brachte noch alle nachgeforderten GEMA- und VG-Wort-Angaben zu ihrem Ende: GESCHAFFT mailte mir die nach einem offenen Telefonat wieder freundliche Dame vom WDR, die unter meinen ästhetischen Capricen immer leiden muß, administrativ. Danach ging‘s schon zur Kita, und wiederum danach Ans Terrarium, wo ich bis vor kurzem blieb.
Das Zwillingsmädlein hat eine neue... tja, „Macke“ kann man das nicht nennen: sie nimmt meinen Daumen, steckt ihn sich in den Mund und saugt daran; nicht nebenhin, sondern mit Nachdruck und fordernd, geht auch mit dem Köpfchen vor dabei und zurück. Das ist rührend, das ist voller Liebe, und es ist deutlich pikant. Vor allem ist es nicht ohne Provokation, was immer die Natur hier ausprobieren will. Die Fünfjährige genießt es sichtlich, wenn man sie darüber ermahnt. Der Akt ist sicher nicht sexuell, wohl aber auf kindliche Weise erotisch. Ein enger Freund hat von seiner Tochter bisweilen Ähnliches erzählt und in welche Situationen einen so etwas bringt, wenn es öffentlich passiert. Ich hielte es aber für falsch, der Kleinen diese Lust zu verbieten, und zwar auch dann, wenn der Daumen etwas deutlich Symbolisches hat – was sie irgendwie spürt, weil wir Erwachsenen es spiegeln, nicht mal in Worten, sondern gestisch oder dadurch, daß wir Irritationen zeigen. Ich bin jedenfalls sehr dankbar dafür, daß mir pädophile Neigungen fehlen. Die sehr jungen Frauen, die sich mir gaben, mir schenkten oder mich verführten, wirkten alle stets sehr viel älter als sie waren: d a r a u f springe ich an, auf solche Unverhältnismäßigkeiten, aber nicht auf Lolitas, die mein Geschlecht völlig kalt lassen, und auf Kinder sowieso nicht. Dennoch beschäftigt mich das Geschehen.
Broßmann rief eben an; er wird gleich noch auf einen Absacker herüberkommen. Fein. Ich werde mit ihm drüber sprechen. Er hat ein Töchterlein. Vielleicht wird so etwas auch auf ihn zukommen. Da ist es sinnvoll, vorbereitet zu sein.
Ein gemeinsamer Urlaub ist geplant, alle Kinder, die Mama und ich. Ich habe gesagt, was ich fühle: Was immer geschieht, für diese Familie bin ich, unverbrüchlich, da, für die Kinder wie für die Frau. Was immer geschieht. Es ist genug geschehen, um das mit solcher Sicherheit sagen zu können.

Es wird Zeit für die andere Arbeit. Zweiter Latte macchiato. Wie ich bis zum kommenden Herbst, also zur nächsten Frankfurter Buchmesse, mit >>>> ARGO fertigwerden kann, ist mir rein finanziell ein Rätsel. Ich werde wieder anfangen müssen, neue Schulden zu machen, die ich niemals zurückzahlen kann, nehme das gerade ins Auge. Bei meiner Schufa-Auskunft wird das ein Kunststück werden für sich – ein Stückchen Lebenskunst. Auch das mag >>>> Krausser gemeint haben, als er >>>> Kurthes sagen ließ, Scharlatanerie gehöre zum Genie.
Nach wie vor bin ich >>>> darauf stolz.
„Frauen“, hat लक्ष्मी gesagt, >>>> daß meine Schwäche seien; auch darüber denke ich unentwegt, doch schweifend nach: ein ungefähres Nachdenken: wie wenn man meditiert.
Heute nachmittag Weihnachtsfeier in Barenboims Kita der Zwillingskindlein. Da geh ich, und will es, hin. Hätte man mir, als ich jung war, gesagt, welchen Stellenwert eines Tages „Familie“ für mich einnehmen würde, ich hätt den ausgelacht. Interessant auch, was ich der Löwin gestand; das war wie ein Outing: Ich wolle dem beschmutzten Namen der Ribbentrops etwas entgegensetzen, wolle ihn, sozusagen, heilen - die Schande aus der Welt bekommen. „Für meinen Jungen“, sagte ich, aber bin mir gar nicht mehr sicher, ob das nicht von allem schreibenden Anfang an Intention war, wenn auch damals noch unbewußt; auch als ein solcher, als Ribbentrop, bin ich immer Paria gewesen. Bereits als ein Kind. In einer Zeit, die Straßen umbenennt, damit Geschichte weg ist, und die Schlösser wiederaufbaut, damit ein falscher Vorschein sei, stör ich deshalb zusätzlich. Das ist mir sehr bewußt.
12.04 Uhr:
Drei Seiten des Jungenromans, den ganzen Anfang, neu geschrieben – und alles andere, was schon vorliegt, zwar nicht verworfen, aber unbeachtet gelassen. Keine Verwurschtelungen, sondern den Jungen klar und gezielt erzählen lassen. So, wie das jetzt anfängt, kann es weitergehen, denke ich.
Mittagsschlaf. Nötig. Dann mich zivilisieren, rasieren usw., duschen, kleiden. Gegen drei werd ich zur Kita losziehen. Wie später der Tag dann weiterläuft, das weiß ich schlicht noch nicht.
21.50 Uhr:
Vorm Mittagsschlafen wollte ich etwas übers Schlafheile der Onanie – oder des, wenn man nicht alleine liegt, Liebesaktes – schreiben, aber jetzt verschieb ich das auf morgen. Es klappte nämlich nicht, sondern ich schlief tatsächlich so ein, schlicht und schnell. Dann zivilisierte ich mich und brachte noch alle nachgeforderten GEMA- und VG-Wort-Angaben zu ihrem Ende: GESCHAFFT mailte mir die nach einem offenen Telefonat wieder freundliche Dame vom WDR, die unter meinen ästhetischen Capricen immer leiden muß, administrativ. Danach ging‘s schon zur Kita, und wiederum danach Ans Terrarium, wo ich bis vor kurzem blieb.
Das Zwillingsmädlein hat eine neue... tja, „Macke“ kann man das nicht nennen: sie nimmt meinen Daumen, steckt ihn sich in den Mund und saugt daran; nicht nebenhin, sondern mit Nachdruck und fordernd, geht auch mit dem Köpfchen vor dabei und zurück. Das ist rührend, das ist voller Liebe, und es ist deutlich pikant. Vor allem ist es nicht ohne Provokation, was immer die Natur hier ausprobieren will. Die Fünfjährige genießt es sichtlich, wenn man sie darüber ermahnt. Der Akt ist sicher nicht sexuell, wohl aber auf kindliche Weise erotisch. Ein enger Freund hat von seiner Tochter bisweilen Ähnliches erzählt und in welche Situationen einen so etwas bringt, wenn es öffentlich passiert. Ich hielte es aber für falsch, der Kleinen diese Lust zu verbieten, und zwar auch dann, wenn der Daumen etwas deutlich Symbolisches hat – was sie irgendwie spürt, weil wir Erwachsenen es spiegeln, nicht mal in Worten, sondern gestisch oder dadurch, daß wir Irritationen zeigen. Ich bin jedenfalls sehr dankbar dafür, daß mir pädophile Neigungen fehlen. Die sehr jungen Frauen, die sich mir gaben, mir schenkten oder mich verführten, wirkten alle stets sehr viel älter als sie waren: d a r a u f springe ich an, auf solche Unverhältnismäßigkeiten, aber nicht auf Lolitas, die mein Geschlecht völlig kalt lassen, und auf Kinder sowieso nicht. Dennoch beschäftigt mich das Geschehen.
Broßmann rief eben an; er wird gleich noch auf einen Absacker herüberkommen. Fein. Ich werde mit ihm drüber sprechen. Er hat ein Töchterlein. Vielleicht wird so etwas auch auf ihn zukommen. Da ist es sinnvoll, vorbereitet zu sein.
Ein gemeinsamer Urlaub ist geplant, alle Kinder, die Mama und ich. Ich habe gesagt, was ich fühle: Was immer geschieht, für diese Familie bin ich, unverbrüchlich, da, für die Kinder wie für die Frau. Was immer geschieht. Es ist genug geschehen, um das mit solcher Sicherheit sagen zu können.
albannikolaiherbst - Freitag, 16. Dezember 2011, 22:10- Rubrik: Arbeitsjournal
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