TheSource meinte am 2005/09/01 17:21:
Intensität.
Feuer muss sein, um Rauch zu erzeugen. Ich stimme zu, dass es der Intensität bedarf - auch und vor allem im E r l e b e n -, will mensch Kunst authentisch belassen.
Zu Privatem und Literatur habe ich jedoch einen vollkommen anderen Standpunkt. Es ist nämlich sehr wohl möglich, Erfahrungen, Erlebnisse und Dimensionen ins literarische Werk einzubringen, ohne dass man Intima Dritter preisgibt. Tatsächlich ist dies ungebrochen zu beherrschen, eine Form der Kunst und Ästhetik, welche Kreativität mehr fordert als das bloße Wiedergeben und Beschreiben. "Ulmenjahr" bspw. muß nicht preisgeben, w e r die Erlebnisgrundlage in die Erfahrung einbrachte, da s s es geschah, ist wesentlich.
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/943401/#944121
Anobella antwortete am 2005/09/01 17:43:
ich sehe das auch genau umgekehrt.
nicht korrumpierbar oder nicht korrupt zu sein, heißt, k e i n e namen zu nennen. egal, was passiert. mit andern worten: haltung. *steckt das verbotene buch für prag ein
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/943401/#944177
hweblog antwortete am 2005/09/01 20:04:
@ TheSource:
Das "bloße Wiedergeben und Beschreiben" gibt es nicht, weil es immer jemanden geben muß, der wiedergibt und beschreibt. Ist dieser Jemand ein Künstler, so ist das Wiedergegebene & Beschriebene Literatur. Vgl. Über allen Gipfeln ist Ruh mit Über allen Bergen herrscht totale Stille.
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/943401/#944491
albannikolaiherbst antwortete am 2005/09/01 20:14:
Es war nicht von Intima Dritter der Rede.
Wenngleich sich ein Text, der etwa Intimes behandelt, selbstverständlich auch auf Intima Dritter bezieht. Das geht gar nicht anders, sofern nicht Onanie der Gegenstand dieses Intimen ist. Wir berichten aus Erfahrungen, die wir machten. Dabei entstehen bisweilen auch - allerdings immer verfremdete - Portraits. Ihr dogmatisches "Tatsächlich ist dies ungebrochen zu beherrschen" ist insofern problematisch, als es einen ganze Strang abendländischer Dichtung in den Orkus wirft: Montauk etwa, das Gesamtwerk Henry Millers, übrigens auch Nabokovs Spätwerk. Nabokov hat sehr deutlich einmal gesagt, er habe diese Fiktionsscheiße satt.Interessant bei dieser Diskussion scheint mir aber vor allem zu sein, daß vor allem F r a u e n auf dem Privaten beharren, viel weniger dagegen Männer. Dies mag aus der jeweiligen Geschlechtersozialisation stammen. Insgesamt frage ich mich allerdings, was denn dieses vorgeblich Private (von dem ich viel eher glaube, daß es ein Allgemeines ist) derart heikel macht, daß man es verbergen muß.
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/943401/#944509
albannikolaiherbst antwortete am 2005/09/01 20:17:
@ anobella.
Wer sprach davon, Namen zu nennen? Das stand und steht nirgendwo in meinem Text- W e n n - etwa in Den Dschungeln - Namen g e n a n n t werden, so handelt es sich entweder um Abgesprochenes oder aber um eine Kampfhandlung, die meist auf ein korruptes oder hämisches Verfahren reagiert, also um eine Polemik im Öffentlichen Raum.Im übrigen bedeutet Korruptsein, daß man wider eigenes Gewissen etwas tut, weil man sich einen Vorteil davon verspricht. "Namen zu nennen" ist in diesem Zusammenhang, vor allem einem poetischen, gar nicht anwendbar. Davon habe ich in dem Beitrag, auf den sich Ihr Kommentar bezieht, auch nicht gesprochen. "Privates" meint mitnichten unbedingt Namen, sondern Inhalte.
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/943401/#944514
TheSource antwortete am 2005/09/01 21:38:
@hweblog
Das bloße Widergeben und Beschreiben gibt es schon - von mir hier zudem ganz spezifisch gemeint: Wenn mich die Begegnung mit A. in Venedig zu etwas inspiriert und eine Erfahrung mit dieser Person, ist es nicht zwingend notwendig, sie in einem Roman dann auch "Begegnung mit A in Venedig" zu nennen - ich kann, ohne inhaltliche Minderung, durchaus eine Begegnung mit B in San Fran daraus machen oder eine mit C in Prag. Zur Definition, was Kunst sei und was nicht: müßig.
"Wir kennen keine Kunst, wir machen alles so gut, wie wir es können. Sagen die auf Bali". Denn dem Einen ist dann "Über allen Gipfeln herrscht Stille" mehr "Kunst" als dem Anderen, alles schon vorgekommen, vor allem in eben vermischter Form.
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/943401/#944666
hweblog antwortete am 2005/09/02 01:38:
Zu Abs. 1: Eine Begegnung mit A muß nicht zu einer einer Begegnung mit A werden. Aber was wäre geworden, hätte Thomas Mann seine Urlaubsbegegnung mit dem polnischen Knaben von Venedig nach Florenz verlegt? Was wäre aus dem Ulysses oder Berlin Alexanderplatz geworden, hätten Joyce und Döblin sich selbst zensieren und für eine andere Stadt entscheiden müssen?Zu Abs. 2: Heute ist es die allerhöchste Mode, Über allen Gipfern herrscht Stille kunstvoller zu finden als Goethes Vers. Isses aber nich. Und warum nicht? Das ist ein Geheimnis den meisten ... und wird ihnen ewig eines bleiben.
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/943401/#945048
albannikolaiherbst antwortete am 2005/09/02 06:36:
Eine Begegnung in Venedig.
K a n n nicht eine Begegnung in San Francisko werden, weil man sonst die Würde des Ortes verletzt, der die Begegnung möglicherweise erst zustandekommen ließ. Es gibt auch eine Aura der Dinge, zu denen Städte z ä h l e n. Sehr wahrscheinlich gilt das auch für Personen-Umtände. Das verbotene Buch könnte nirgendwo anders spielen als in Berlin, in Polen und auf Sizilien. D a ß es dort spielt,ist aber Erfindung, insbesondere bei den beiden nichtdeutschen Ländern. Aber es war nötig, um das zu gestalten, dort hinzufahren und eine Zeit lang dort zu verbringen, ja dort direkt vor Ort zu schreiben. Die Kraft der Darstellung wäre anderenfalls eine mindere, ja k e i n e gewesen. Ich tendiere zur Auffassung, daß es jede Buche, die in einem Roman vorkommt, g e b e n oder gegeben h a b e n muß; es ist dann allerdings egal, in welchen Zusammenhang, auch räumlich, man sie umpflanzt - vorausgesetzt, der Ort selber - und nicht die einzelne Buche - ist nicht der Träger des seelischen Geschehens.
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/943401/#945154
parallalie antwortete am 2005/09/02 07:24:
"Ist ein Roman so gebaut, daß wir am Ende der Lektüre nicht wissen müssen, wo er spielt, dann geht die Unbestimmtheit in Ordnung. Ist der Roman jedoch so angelegt, daß wir seine Spielorte gerne wissen möchten, und der Roman teilt sie uns auch mit, dann ist auch gegen diese Lösung nichts einzuwenden. [...] Deswegen ist der Ort der Handlung eine doppelte Notwendigkeit und eine doppelte Illusion: Der Autor braucht den Ort, um seinen Text zu organisieren, der Leser sucht den Ort des Textes, um seine Unrast zu bannen."Wilhelm Genazino, Der gedehnte Blick
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/943401/#945171
TheSource antwortete am 2005/09/07 18:23:
@hweblog.
Süss. Aber mit Unterstellungen wem was verborgen bleibt ist das Thema nicht getan. Man kann zu Allem und Jedem eine konträre These aufstellen und behaupten. M i r ging es jedoch um das T h e m a. Und dies war n i c h t: Erfahrungen in Venetien, sondern: Privates aus dem Leben Dritter, das (mehr oder weniger automatisch) in ein schriftstellerisches Werk einfließt. Und: Wie man es in eben dieses integrieren kann, ohne zwingend die Identität der betreffenden Person(en) öffentlich zu machen. Und eben d a s ist sehr wohl möglich - weil es in dem Falle um den Inhalt geht und der Ort in diesem Zusammenhang zweitrangig ist.
[Unsachlichkeit mit Postulaten, welche dieAuffassungsgabe des Gegenüber in Überhebung herabsetzt, ist generell nicht nur kontraproduktiv sondern vor allem schwach]
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/943401/#957695
malta (Gast) antwortete am 2005/09/07 21:07:
ja wissen sie thesource, das können sie ja auch nicht machen. als frau hier so mitreden und eine kontroverse meinung vertreten. was bilden sie sich da eigentlich ein. wenigstens der logbetreiber weiss mit wem er es hier zu tun hat. wir sollten nicht den höheren sphären folgen. das verstehen wir frauen sowieso nicht ;o)
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/943401/#958044