A u f r u f! (Quasi un manifesto ODER Wieder „Neger“ schreiben müssen). Das Arbeitsjournal des Donnerstags, dem 17. Januar 2013. Mit aber milde einleitenden Sätzen zu, wieder einmal, Allan Pettersson. Dagegen abends bord na mona: - mit Marcus Braun im Dunckerclub.
5.15 Uhr:
[Arbeitswohnung. Pettersson, >>>> Erste.]
Schon gestern wieder der starke Impuls, zu >>>> Allan Pettersson zu greifen. Ihr auch nachgegeben und, wie abermals jetzt, die lebenslang von ihm zurückgehaltene erste seiner Sinfonien gehört, die unvollendet geblieben ist; vor anderthalb Jahren hat Christian Lindberg sie nach den Fragmenten aufgeführt und eingespielt - für Schweden ein Ereignis, aber bei uns unter - allenfalls - Fernerliefen verbucht. Ich habe auf die Einspielung über dem Coverbild verlinkt. Was ihn, den queren Komponisten, bewogen haben mag, dieses Stück zurückzuhalten, ist nicht ganz zu hören; vielleicht hat er „einfach“ nicht weitergewußt, wofür die bis wenigstens 1954/55 fortgeführten Wiederaufnahmen und Revisionen ganzer Syntaxen sprechen. Michael Kube, der für die CD den Einführungstext geschrieben hat, findet ein sehr bildliches Wort: „Petterssons Revision geriet allerdings zusehends ins Stocken - wie schon der eigentliche Kompositionsprozeß: Am Ende laufen die Linien mehr und mehr aus.“ - Aus dieser Ersten gleichsam heraus, eben das macht das sehr Organische dieser Platte aus, wird die nun schon vollendete Zweite aufgeführt, meine, übrigens, erste Berührung mit diesem Komponisten, der da leider schon gestorben war, in den frühen Achtzigern. Für meine Hörbildung wuchs Allan Pettersson direkt aus Gustav Mahler heraus.
Latte machiato, erste Morgenpfeife und -
QUASI UN MANIFESTO
Um Viertel nach fünf nach wüstem Träumen, das aber, erinner ich mich, alleine aus Bildern bestand, hochgekommen. Eiseskalt das Zimmer. Schnell, noch nackt, das weit klaffende Oberlicht geschlossen, dann, die Muskulatur hart anspannend, eben die Computer eingeschaltet und zum Bett zurück und in die Klamotten, die überm Stuhl bereit; darauf in die Küche, die Pavoni sich anheizen lassen, mich umdrehn und zurück und zum Ofen, die glühenden Restkohlen von vorn nach hinten schieben, neue Kohlen auflegen, die Klappe schließen und ins Bad. Schließlich die Espressobohnen malen, denn nun ist die Pavoni heiß; ihr Silber leuchtet vor Verlangen.
Im Kopf bereits die Diskussion, die mit >>>> Broßmann n i c h t zu führen, weil die Zeit zu kurz war, uns beiden kaum gelang. Er hatte zum Lammbraten gerufen, der bei ihm seit fünfzehn Stunden bei anfangs 80, dies nur kurz, dann 60 Grad gegart; ich brachte die Ratatouille mit, die ich hier bereitet. Die Diskussion war >>>> dort bei Facebook begonnen worden, ich hatte ärgerlich reagiert und werde ärgerlich noch immer, ja immer mehr, je länger ich über die Ungeheuerlichkeit nachdenke, die jetzt als, sowieso furchtbar, political correctness durch die Gegenwart läuft. Nicht wirklich vorausgegangen - da wirken ältere Bewegungen, die, heißt es, aus dem Feminismus stammen -, vorausgegangen aber unmittelbar war die Ankündigung des Kinderbuchverlages Thienemann, Bücher von Ottfried Preußler von ihrer rassistischen Sprache zu befreien - für einen Eingriff in ein Werk seinerseits ein Begriff, ich meine „Befreiung“, dessen Mßbrauch wir politisch sehr gut, was „entsetzlich“ heißt, kennen. Mit „rassistischer Sprache“ sind Wörter wie „Neger“ gemeint - ähnliche Reinheits-Unternehmen sind derzeit in den USA mit Mark Twain im Gang. Auch die Bibel steht auf dem Prüfstand solch selbsternannter Moraler, die sich zugleich, selbstverständlich, scheuen, etwa die Thora von rassistischer Sprache „zu befreien“ - d a s gäb ein Aufschrein! uneindenklich, daß sie, die Thora, eben die fünf ersten Bücher des Alten Testamentes umfaßt und also ganz ebenfalls, aber als anders benannte, „bereinigt“ werden soll. Hinter solcher Bereinigunsideologie - die abgeschlagenen Nasen antiker Statuen >>>> zeugen von der Zähigkeit der, in Heinrich Heines Sinn, Philister - steht letzten Endes der Glaube, was man anders nenne, sei deshalb auch anders, vor allem, es sei dann auch anders gewesen. Auf gleicher Linie liegt in Deutschland die Umbenennung von Straßen nach Fall der Mauer, der Abriß des Palasts der Republik und der Neubau eines architektonisch geschmacklosen Schlosses, kurz: Klitterung und Verleugnung von Geschichte. Ästhetisch gesprochen, soll schöngefärbt werden, weil daraus Harmonisierung werde; ich halte entschieden dagegen, daß es sich um einen Verdrängungsprozeß handelt und verdrängte Traumata an anderer, oft nicht mehr oder nur schwer analysierbarer Stelle in Form von Fehlhandlungen wi(e)derkehren, die in der politischen Dimension furchtbar werden können. Nicht, daß man heute noch von „Neger“n schreiben sollte, bewahre! - aber es i s t so geschrieben worden, auch von des Rassismus ganz unverdächtigen, ja für Menschenrechte nicht selten mit ihrem nackten Leben einstehenden Autor:innen, ganz ebenso, wie, ob die Philister das wollen oder nicht, Jean-Paul Satre selbstverständlich geraucht hat, ebenso wie Ernst Bloch und Gustav Mahler; es mag den Krankenkassen nicht passen, weil das Vorbild doch so schlecht ist; von Sartre las ich sogar, daß man anläßlich einer Ausstellung die Zigarette vom Plakat retuschierte, die der große Mann drauf hielt, dafür seinerzeit noch undiskriminiert. Alles, selbstverständlich, pädagogische Schritte, alles ehrenwerter Leute. Wenn Jonathan Swifts - eines galligen, um Fortschritt schreibenden Satirikers - großer Gulliver dann nicht nur n o c h mehr zum Kinderbuch verstümmelt, sondern auch um „gefährliche“ Begriffe, weil sie heutige Leser kränken könnten, hygienisiert sein wird, wird seine Dichtung endgültig genau die Harmlosigkeit haben, von der die Philister so träumen. Ah, und welch eine Schnüffelei dann losgehen wird quer durch die Literaturen! - erstmal die für Kinder, dann aber bald schon auch die für Erwachsene, und schließlich wird man Bücher insgesamt verbrennen oder Adäquates mit ihnen tun, weil doch irgendwo noch subversiv ein Begriff stecken könnte, der dem Gebot der Nächstenliebe, und daß wir alle gleich seien (was wir de facto nicht sind), Stöcke in die Speichen steckt. Wobei selbstverständlich andere kulturelle Codierungen in anderen Völkern gar nicht mitbedacht werden, sondern man geht ganz offenbar davon aus, den hiesigen „Standard“ qua Überstülpung denen schon noch beizubringen, was zugleich mit einer Kritik am Kolonialismus verbunden wird, von dem man ja so frei ist, wie man - eben: s a g t. „Ich sage, also bin ich“ - so der populäre, auf den Mainstream des Guten Meinens heruntergebrochene Descartes unserer Zeit. Wie schlimm dies Gute Meinen wirken kann, spielt dabei keine Rolle.
Was also tun? Fast müßte ich „Neger“ wieder schreiben, auch das Wort „Wilder“ wieder verwenden oder gar „Eingeborener“, allein, um die Wörter in der Existenz zu lassen, wenn sie denn bald aus den Büchern der Vorderen verschwunden gemacht sein werden. Um Geschichte zu halten - damit es etwas gibt, wovon wir uns tatsächlich befreien können. Späteren wird es so sein, als wären solche Wörter nie geschrieben, nie gedacht und auch nie gefühlt worden, sie kennen ihre Existenz nicht mehr, und begreifen darum Geschichte und also auch die Gegenwart nicht mehr, denn niemand wird noch verstehen, weshalb Angehörige bestimmter Gruppen überhaupt Traumata haben. Wobei man sie den einen, aus politischen Gründen, vorerst nicht bestreiten wird, anderen aber sehr wohl, die grad nicht auf dem Tablett der Begünstigungen und weltpolitischen oder sozialen Opportunitäten gereicht sind. Und auch das Spiel der Ironie wird verlorengehen, zumal der Selbstironie, mit der ein - jetzt tu ich‘s! - Neger dem anderen auf der Straße „Nigger!“ nachruft, und beide brechen in befreiendes Gelächter aus.
„„Es ist niemals ein Dokument der Kultur, ohne zugleich ein solches der Barbarei zu sein“, heißt es zurecht in Walter Benjamins Geschichtsphilosophischen Thesen. Die Philister:innen, ja, auch die „des“ Feminismus, wollen das verschleiern. Damit stehen sie Schulter an Schulter mit dem siegreichen Armee-Unternehmen des Kapitalismus, die Dinge, Zustände und Prozesse der Welt so gleichzumachen, daß sie sich allesamt zur Ware eigen und ins Kaufhaus legen lassen: die Äquivalenzform hat Marx das genannt. Indem sie vermeinen, der Befreiung zu dienen, dienen sie dem exponentiell, und zwar allein nach westlichem Vorbild, sich globalisierenden Markt zu seinem besten Gewissen. Daß sie das nicht merken, ist tragisch. Kolonialismuskritik wird Kolonialismus, verbrämt über „gesäuberte“ Spache. „Säuberung“ ist ein Wort, vor dem ich mich in der Tat fürchte; dennoch würde ich es nicht verbieten, weil mir sonst der Begriff von dem verlorengeht, vor dem ich mich fürchte und wogegen ich anstehen will. Wir Dichter:innen haben schon, anstatt uns massiv gegen sie zu wehren, die Rechtschreib„reform“ verschlafen und schließlich, infertil und impotent jammernd, rein über uns ergehen lassen; es darf nicht angehn, daß wir das für noch viel Schlimmeres wiederholen. Wir mögen wenige und zusammen nicht größer sein als David. Doch es gibt >>>> das Tal von Elah.
ANH
17. Januar 2013.
Zurück.
15.59 Uhr:
[Pettersson, Vierte.]
In >>>> den neuen InEar-Phones, über die ich noch gesondert, sie besprechend, schreiben will (schauen Sie sich allein den Frequenzgang an!), - in denen
[Arbeitswohnung. Pettersson, >>>> Erste.]
Schon gestern wieder der starke Impuls, zu >>>> Allan Pettersson zu greifen. Ihr auch nachgegeben und, wie abermals jetzt, die lebenslang von ihm zurückgehaltene erste seiner Sinfonien gehört, die unvollendet geblieben ist; vor anderthalb Jahren hat Christian Lindberg sie nach den Fragmenten aufgeführt und eingespielt - für Schweden ein Ereignis, aber bei uns unter - allenfalls - Fernerliefen verbucht. Ich habe auf die Einspielung über dem Coverbild verlinkt. Was ihn, den queren Komponisten, bewogen haben mag, dieses Stück zurückzuhalten, ist nicht ganz zu hören; vielleicht hat er „einfach“ nicht weitergewußt, wofür die bis wenigstens 1954/55 fortgeführten Wiederaufnahmen und Revisionen ganzer Syntaxen sprechen. Michael Kube, der für die CD den Einführungstext geschrieben hat, findet ein sehr bildliches Wort: „Petterssons Revision geriet allerdings zusehends ins Stocken - wie schon der eigentliche Kompositionsprozeß: Am Ende laufen die Linien mehr und mehr aus.“ - Aus dieser Ersten gleichsam heraus, eben das macht das sehr Organische dieser Platte aus, wird die nun schon vollendete Zweite aufgeführt, meine, übrigens, erste Berührung mit diesem Komponisten, der da leider schon gestorben war, in den frühen Achtzigern. Für meine Hörbildung wuchs Allan Pettersson direkt aus Gustav Mahler heraus.
Latte machiato, erste Morgenpfeife und -
Um Viertel nach fünf nach wüstem Träumen, das aber, erinner ich mich, alleine aus Bildern bestand, hochgekommen. Eiseskalt das Zimmer. Schnell, noch nackt, das weit klaffende Oberlicht geschlossen, dann, die Muskulatur hart anspannend, eben die Computer eingeschaltet und zum Bett zurück und in die Klamotten, die überm Stuhl bereit; darauf in die Küche, die Pavoni sich anheizen lassen, mich umdrehn und zurück und zum Ofen, die glühenden Restkohlen von vorn nach hinten schieben, neue Kohlen auflegen, die Klappe schließen und ins Bad. Schließlich die Espressobohnen malen, denn nun ist die Pavoni heiß; ihr Silber leuchtet vor Verlangen.
Im Kopf bereits die Diskussion, die mit >>>> Broßmann n i c h t zu führen, weil die Zeit zu kurz war, uns beiden kaum gelang. Er hatte zum Lammbraten gerufen, der bei ihm seit fünfzehn Stunden bei anfangs 80, dies nur kurz, dann 60 Grad gegart; ich brachte die Ratatouille mit, die ich hier bereitet. Die Diskussion war >>>> dort bei Facebook begonnen worden, ich hatte ärgerlich reagiert und werde ärgerlich noch immer, ja immer mehr, je länger ich über die Ungeheuerlichkeit nachdenke, die jetzt als, sowieso furchtbar, political correctness durch die Gegenwart läuft. Nicht wirklich vorausgegangen - da wirken ältere Bewegungen, die, heißt es, aus dem Feminismus stammen -, vorausgegangen aber unmittelbar war die Ankündigung des Kinderbuchverlages Thienemann, Bücher von Ottfried Preußler von ihrer rassistischen Sprache zu befreien - für einen Eingriff in ein Werk seinerseits ein Begriff, ich meine „Befreiung“, dessen Mßbrauch wir politisch sehr gut, was „entsetzlich“ heißt, kennen. Mit „rassistischer Sprache“ sind Wörter wie „Neger“ gemeint - ähnliche Reinheits-Unternehmen sind derzeit in den USA mit Mark Twain im Gang. Auch die Bibel steht auf dem Prüfstand solch selbsternannter Moraler, die sich zugleich, selbstverständlich, scheuen, etwa die Thora von rassistischer Sprache „zu befreien“ - d a s gäb ein Aufschrein! uneindenklich, daß sie, die Thora, eben die fünf ersten Bücher des Alten Testamentes umfaßt und also ganz ebenfalls, aber als anders benannte, „bereinigt“ werden soll. Hinter solcher Bereinigunsideologie - die abgeschlagenen Nasen antiker Statuen >>>> zeugen von der Zähigkeit der, in Heinrich Heines Sinn, Philister - steht letzten Endes der Glaube, was man anders nenne, sei deshalb auch anders, vor allem, es sei dann auch anders gewesen. Auf gleicher Linie liegt in Deutschland die Umbenennung von Straßen nach Fall der Mauer, der Abriß des Palasts der Republik und der Neubau eines architektonisch geschmacklosen Schlosses, kurz: Klitterung und Verleugnung von Geschichte. Ästhetisch gesprochen, soll schöngefärbt werden, weil daraus Harmonisierung werde; ich halte entschieden dagegen, daß es sich um einen Verdrängungsprozeß handelt und verdrängte Traumata an anderer, oft nicht mehr oder nur schwer analysierbarer Stelle in Form von Fehlhandlungen wi(e)derkehren, die in der politischen Dimension furchtbar werden können. Nicht, daß man heute noch von „Neger“n schreiben sollte, bewahre! - aber es i s t so geschrieben worden, auch von des Rassismus ganz unverdächtigen, ja für Menschenrechte nicht selten mit ihrem nackten Leben einstehenden Autor:innen, ganz ebenso, wie, ob die Philister das wollen oder nicht, Jean-Paul Satre selbstverständlich geraucht hat, ebenso wie Ernst Bloch und Gustav Mahler; es mag den Krankenkassen nicht passen, weil das Vorbild doch so schlecht ist; von Sartre las ich sogar, daß man anläßlich einer Ausstellung die Zigarette vom Plakat retuschierte, die der große Mann drauf hielt, dafür seinerzeit noch undiskriminiert. Alles, selbstverständlich, pädagogische Schritte, alles ehrenwerter Leute. Wenn Jonathan Swifts - eines galligen, um Fortschritt schreibenden Satirikers - großer Gulliver dann nicht nur n o c h mehr zum Kinderbuch verstümmelt, sondern auch um „gefährliche“ Begriffe, weil sie heutige Leser kränken könnten, hygienisiert sein wird, wird seine Dichtung endgültig genau die Harmlosigkeit haben, von der die Philister so träumen. Ah, und welch eine Schnüffelei dann losgehen wird quer durch die Literaturen! - erstmal die für Kinder, dann aber bald schon auch die für Erwachsene, und schließlich wird man Bücher insgesamt verbrennen oder Adäquates mit ihnen tun, weil doch irgendwo noch subversiv ein Begriff stecken könnte, der dem Gebot der Nächstenliebe, und daß wir alle gleich seien (was wir de facto nicht sind), Stöcke in die Speichen steckt. Wobei selbstverständlich andere kulturelle Codierungen in anderen Völkern gar nicht mitbedacht werden, sondern man geht ganz offenbar davon aus, den hiesigen „Standard“ qua Überstülpung denen schon noch beizubringen, was zugleich mit einer Kritik am Kolonialismus verbunden wird, von dem man ja so frei ist, wie man - eben: s a g t. „Ich sage, also bin ich“ - so der populäre, auf den Mainstream des Guten Meinens heruntergebrochene Descartes unserer Zeit. Wie schlimm dies Gute Meinen wirken kann, spielt dabei keine Rolle.
Was also tun? Fast müßte ich „Neger“ wieder schreiben, auch das Wort „Wilder“ wieder verwenden oder gar „Eingeborener“, allein, um die Wörter in der Existenz zu lassen, wenn sie denn bald aus den Büchern der Vorderen verschwunden gemacht sein werden. Um Geschichte zu halten - damit es etwas gibt, wovon wir uns tatsächlich befreien können. Späteren wird es so sein, als wären solche Wörter nie geschrieben, nie gedacht und auch nie gefühlt worden, sie kennen ihre Existenz nicht mehr, und begreifen darum Geschichte und also auch die Gegenwart nicht mehr, denn niemand wird noch verstehen, weshalb Angehörige bestimmter Gruppen überhaupt Traumata haben. Wobei man sie den einen, aus politischen Gründen, vorerst nicht bestreiten wird, anderen aber sehr wohl, die grad nicht auf dem Tablett der Begünstigungen und weltpolitischen oder sozialen Opportunitäten gereicht sind. Und auch das Spiel der Ironie wird verlorengehen, zumal der Selbstironie, mit der ein - jetzt tu ich‘s! - Neger dem anderen auf der Straße „Nigger!“ nachruft, und beide brechen in befreiendes Gelächter aus.
„„Es ist niemals ein Dokument der Kultur, ohne zugleich ein solches der Barbarei zu sein“, heißt es zurecht in Walter Benjamins Geschichtsphilosophischen Thesen. Die Philister:innen, ja, auch die „des“ Feminismus, wollen das verschleiern. Damit stehen sie Schulter an Schulter mit dem siegreichen Armee-Unternehmen des Kapitalismus, die Dinge, Zustände und Prozesse der Welt so gleichzumachen, daß sie sich allesamt zur Ware eigen und ins Kaufhaus legen lassen: die Äquivalenzform hat Marx das genannt. Indem sie vermeinen, der Befreiung zu dienen, dienen sie dem exponentiell, und zwar allein nach westlichem Vorbild, sich globalisierenden Markt zu seinem besten Gewissen. Daß sie das nicht merken, ist tragisch. Kolonialismuskritik wird Kolonialismus, verbrämt über „gesäuberte“ Spache. „Säuberung“ ist ein Wort, vor dem ich mich in der Tat fürchte; dennoch würde ich es nicht verbieten, weil mir sonst der Begriff von dem verlorengeht, vor dem ich mich fürchte und wogegen ich anstehen will. Wir Dichter:innen haben schon, anstatt uns massiv gegen sie zu wehren, die Rechtschreib„reform“ verschlafen und schließlich, infertil und impotent jammernd, rein über uns ergehen lassen; es darf nicht angehn, daß wir das für noch viel Schlimmeres wiederholen. Wir mögen wenige und zusammen nicht größer sein als David. Doch es gibt >>>> das Tal von Elah.
ANH
17. Januar 2013.
Zurück.
15.59 Uhr:
[Pettersson, Vierte.]
In >>>> den neuen InEar-Phones, über die ich noch gesondert, sie besprechend, schreiben will (schauen Sie sich allein den Frequenzgang an!), - in denen
also Bachs Geigensoli, so radelte ich denn zum Fototermin für eine Serie, bei der mitzuwirken mich >>>> Gerald Zoerner gebeten hatte, danach zum ersten Interview des Gerichtsvollzieher-Hörstücks, hin und zurück an die, insgesamt, 30 Kilometer mit, schon bei der Abfahrt, gerissenem Baudenzug im höchsten Gang hin und her, was, ich kann Ihnen sagen, doch ziemlich auf die Beine ging. Sie sind ja nicht mehr wirklich hart trainiert. Es wird aber, spürte ich, Zeit, als ich mich, gegen 14.45 UhR wieder hier, zum Schlafen legte, erst unruhig war, mich schließlich aber doch verlor -
Jetzt werden die dreißig Minuten Aufnahme auf den Computer überspielt und schon mal durchgehört; morgen folgen die nächsten beiden Interviews, eines davon am Telefon, für das ich jetzt eine Vorrichtung habe, die den Klang direkt in den Laptop leitet. Daran werde ich dann, des geringen Tonumfangs halber, ein bißchen basteln müssen.
Verspäteter Mittags-Espresso, Cigarillo.
Abends noch einmal Broßmann, der mich zu >>>> Marcus Brauns,
Jetzt werden die dreißig Minuten Aufnahme auf den Computer überspielt und schon mal durchgehört; morgen folgen die nächsten beiden Interviews, eines davon am Telefon, für das ich jetzt eine Vorrichtung habe, die den Klang direkt in den Laptop leitet. Daran werde ich dann, des geringen Tonumfangs halber, ein bißchen basteln müssen.
Verspäteter Mittags-Espresso, Cigarillo.
Abends noch einmal Broßmann, der mich zu >>>> Marcus Brauns,
des Schriftstellers, auf dessen Romane ich - zum Beispiel >>>> hier - schon mehrmals hingewiesen habe - Konzert begleiten wird; schaun Sie einmal >>>> dort. Ich habe Braun wirklich lange nicht mehr gesehen, und das Konzert findet, zumal, gleich ums Haus.statt. Mit etwas Glück aber komme ich heute auch noch an eines der beiden gestern und vorgestern angefangenen Gedichte, und ein drittes, abermals während des Radelns, fiel mir ein: ein Spottgedicht auf die neuen Philister:innen.
Ich wünschte mir, daß unter >>>> diesen Kommentaren auch mal ein Frau ist, sonst wird es - wetten wir? - heißen, hier verteidigten doch bloß die Männer ihre patriarchalen Positionen der Unterdrückung Benachteiligter; so vorsichtig wie präventiv möchte ich dazu einwenden, daß auch unter Ne..., - nein, Schwarzen, was aber auch nicht stimmt: also unter Menschen, deren Haut anders als die unsere, ich meine uns Westler, pigmentiert ist, sich bisweilen Männer finden, die ihre frauenunterdrückenden Haltungen vielleicht noch sehr vel mehr verteidigen möchten, als ich vielleicht geziehen bin, eben dieses hiermit zu tun. Immerhin hat Phyllis Kiehl >>>> bei TT Bedenkliches geschrieben - womit ich etwas meine, das sich bedenkt.
21.04 Uhr:
[Pettersson, Sechste.]
Das Spottgedicht ist „in der Mache“: Lukas‘ Klage oder Die Philisterinnen. Das kriegen Sie Morgen um die Ohren. Vorher aber, eben, fiel mir noch >>>> das da ein, aus einem höchst berufenen Frauenmunde.
(Muß mich umziehen, gleich holt der Freund mich ab. Aber die Sinfonie, bitte, möchte ich noch zuendehören, zum zweiten Mal heute, diese Sechste. Unfaßbar schön.

[Pettersson, Fünfte.]
Ich wünschte mir, daß unter >>>> diesen Kommentaren auch mal ein Frau ist, sonst wird es - wetten wir? - heißen, hier verteidigten doch bloß die Männer ihre patriarchalen Positionen der Unterdrückung Benachteiligter; so vorsichtig wie präventiv möchte ich dazu einwenden, daß auch unter Ne..., - nein, Schwarzen, was aber auch nicht stimmt: also unter Menschen, deren Haut anders als die unsere, ich meine uns Westler, pigmentiert ist, sich bisweilen Männer finden, die ihre frauenunterdrückenden Haltungen vielleicht noch sehr vel mehr verteidigen möchten, als ich vielleicht geziehen bin, eben dieses hiermit zu tun. Immerhin hat Phyllis Kiehl >>>> bei TT Bedenkliches geschrieben - womit ich etwas meine, das sich bedenkt.
21.04 Uhr:
[Pettersson, Sechste.]
Das Spottgedicht ist „in der Mache“: Lukas‘ Klage oder Die Philisterinnen. Das kriegen Sie Morgen um die Ohren. Vorher aber, eben, fiel mir noch >>>> das da ein, aus einem höchst berufenen Frauenmunde.
(Muß mich umziehen, gleich holt der Freund mich ab. Aber die Sinfonie, bitte, möchte ich noch zuendehören, zum zweiten Mal heute, diese Sechste. Unfaßbar schön.
albannikolaiherbst - Donnerstag, 17. Januar 2013, 21:07- Rubrik: Arbeitsjournal
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