„Sie glauben nicht was Psyche alles machen kann.“
„Schauen Sie nicht im Internet nach was auf den Überweisungsträgern steht, wenn dann sage ich Ihnen was Sie haben!“ Dieser Rat, meiner Neurologin kam zu spät. Ich hatte längst nachgeschaut, nachdem beim HNO-Arzt durch einen Ohrenspültest ausgeschlossen wurde, dass mein, seit nunmehr über acht Wochen anhaltenden Gleichgewichtsstörungen von einer Entzündung am Ohr kommen. Zwei Überweisungen folgten, eine zum Neurologen und eine zum Radiologen. Verdacht: demyelinisierender Prozess. Shit. Das kann einem Angst machen! Als erstes ein EEG. Dann zwei Wochen warten bis zum Schädelkernspin: Alles gut, keine Auffälligkeiten. Nächster Termin: Kernspin Wirbelsäule. Und wieder Warten, fast zwei Wochen bis zum Termin. Das schlug mir derart auf den Magen, dass ich kaum noch etwas essen konnte und das was ich aß leider nicht bei mir behielt, so dass ich vor zwei Wochen im Krankenhaus auf der Station für innere Medizin landete.
Ich wurde am ersten Abend gewogen. Fünf Kilo verloren. Definitiv zu viel! Immerhin hatte ich zwei nette Bettnachbarinnen, Frau B., der das Krankenhaus aufgrund ihrer Krankheit zur Zweitwohnung geworden ist und Frau W., eine zarte, mädchenhaft gealterte Frau, die an einem Abend nach ihrer Chemotherapie Schüttelfrost, Übelkeit und Fieber bekam, so dass wir den Notfallknopf drücken mussten. Nach zwei Tagen kam dann auch irgendwann mal eine Ärztin aus der Neurologie vorbei und machte ein paar Bewegungs- und Empfindungstests mit mir. Sehen Sie Doppelbilder? Nein, Gott sei Dank nicht! Folgen Sie meinem Finger. Welche Hand halte ich hoch? Spüren Sie das? Usw. Die Tests waren gut sagte Sie, nur ein leicht unsicherer Gang, den sie vermerkte. Es folgten zwei Reizstromleitertests, ein Ultraschall, sowie der Wirbelsäulenkernspin. One Man Minimal, die Discoröhre, so nenne ich sie. Ach ja, Bekanntschaft mit dem Rollstuhl habe ich auch gemacht, nachdem ich auf nüchternen Magen, nach dem Kernspin, meinte unbedingt eine rauchen zu müssen. Nix war's. Schlaftabletten und Antidepressiva wurden verordnet, wogegen ich protestierte. Die Schlaftabletten habe ich nach einer Woche wieder abgesetzt, obwohl ich dann doch dankbar war die ersten Tage einmal überhaupt wieder schlafen zu können. Ich habe keine Lust auch noch einen Schlaftablettenentzug machen zu müssen. Die Nebenwirkungen bei mir waren: verlangsamte Fernsehbilder und Desorientierung am Morgen. Darauf kann ich gut und gerne verzichten.
Es geht bergauf. Die Antidepressiva schlagen gut an: neben einem absoluten Tatendrang habe ich einen Bärenhunger und kann auch Nachts wieder schlafen. Das ist gut. Mein Bäcker um die Ecke freut sich bestimmt. Was ich seitdem an Unmengen von Kuchen verdrücke, das ist unglaublich. Mein Normalgewicht habe ich schon fast wieder erreicht und sollten ein paar Kilo mehr hängen bleiben, yes, dat wär jut! Nicht dass ich nicht schon vorher süchtig nach Serotonin und Sonnenstrahlen war aber wieso nicht auch auf Rezept. Noch stehen ein paar Ergebnisse vom Krankenhaus aus. Es bestünde auch die Möglichkeit eines Triggers, was heißt es könnte eine Erkrankung vorliegen, die sich in den Symptomen einer anderen äußert. Das Äußerste, aber davon sieht meine Neurologin bisher ab, wäre Nervenwasser zu ziehen. Solange heißt es zweigleisig fahren. Weiterhin in Behandlung sowie die Empfehlung eine ambulante Therapie aufzunehmen, um das zu verarbeiten.
„Sie glauben nicht was Psyche alles machen kann.“ Schwierig, wenn es einen selbst betrifft! Sie habe schon eine Menge gesehen. Eine andere Ärztin im Krankenhaus erzählte mir, es gäbe sogar Menschen die aufhören zu laufen, ohne dass es dafür organische Ursachen gibt. Ich weiß nicht was mich mehr erschreckt hat, meine Symptome: Gleichgewichtsstörungen, leichte Ataxie und permanentes Muskelzittern an Armen, Beinen und Rücken (die beiden letzten können Nebenwirkungen von den Tabletten sein), die ich mittlerweile annehme ohne darüber andauernd geschockt zu sein, oder was Psyche alles machen kann. Vor zwei Monaten hätte ich selbst noch gesagt: Klar kann Sie!
Ich habe in letzter Zeit auch viel über den verloren gegangenen Paul Reichenbach nachgedacht, und ob es ihm ähnlich erging. Es wäre schön von ihm zu hören. Vielleicht kommt er zur Buchmesse. Ich hoffe ich schaffe es! Ich kann es mir momentan vorstellen. Vor einer Woche sah das noch anders aus. So etwas katapultiert einen ziemlich schnell aus dem Alltag. Ich konnte meine Wohnung kaum noch selbstständig verlassen. Das hätte ich niemals für möglich gehalten. Dagegen gehe ich an oder zum Bäcker!!! Außerdem habe ich meinen Chauffeur für gehbehinderte Wasserfrauen, der mich zur Buchmesse begleitet:
Also, schauen Sie mir bis dahin nicht auf die Füße!
Ich wurde am ersten Abend gewogen. Fünf Kilo verloren. Definitiv zu viel! Immerhin hatte ich zwei nette Bettnachbarinnen, Frau B., der das Krankenhaus aufgrund ihrer Krankheit zur Zweitwohnung geworden ist und Frau W., eine zarte, mädchenhaft gealterte Frau, die an einem Abend nach ihrer Chemotherapie Schüttelfrost, Übelkeit und Fieber bekam, so dass wir den Notfallknopf drücken mussten. Nach zwei Tagen kam dann auch irgendwann mal eine Ärztin aus der Neurologie vorbei und machte ein paar Bewegungs- und Empfindungstests mit mir. Sehen Sie Doppelbilder? Nein, Gott sei Dank nicht! Folgen Sie meinem Finger. Welche Hand halte ich hoch? Spüren Sie das? Usw. Die Tests waren gut sagte Sie, nur ein leicht unsicherer Gang, den sie vermerkte. Es folgten zwei Reizstromleitertests, ein Ultraschall, sowie der Wirbelsäulenkernspin. One Man Minimal, die Discoröhre, so nenne ich sie. Ach ja, Bekanntschaft mit dem Rollstuhl habe ich auch gemacht, nachdem ich auf nüchternen Magen, nach dem Kernspin, meinte unbedingt eine rauchen zu müssen. Nix war's. Schlaftabletten und Antidepressiva wurden verordnet, wogegen ich protestierte. Die Schlaftabletten habe ich nach einer Woche wieder abgesetzt, obwohl ich dann doch dankbar war die ersten Tage einmal überhaupt wieder schlafen zu können. Ich habe keine Lust auch noch einen Schlaftablettenentzug machen zu müssen. Die Nebenwirkungen bei mir waren: verlangsamte Fernsehbilder und Desorientierung am Morgen. Darauf kann ich gut und gerne verzichten.
Es geht bergauf. Die Antidepressiva schlagen gut an: neben einem absoluten Tatendrang habe ich einen Bärenhunger und kann auch Nachts wieder schlafen. Das ist gut. Mein Bäcker um die Ecke freut sich bestimmt. Was ich seitdem an Unmengen von Kuchen verdrücke, das ist unglaublich. Mein Normalgewicht habe ich schon fast wieder erreicht und sollten ein paar Kilo mehr hängen bleiben, yes, dat wär jut! Nicht dass ich nicht schon vorher süchtig nach Serotonin und Sonnenstrahlen war aber wieso nicht auch auf Rezept. Noch stehen ein paar Ergebnisse vom Krankenhaus aus. Es bestünde auch die Möglichkeit eines Triggers, was heißt es könnte eine Erkrankung vorliegen, die sich in den Symptomen einer anderen äußert. Das Äußerste, aber davon sieht meine Neurologin bisher ab, wäre Nervenwasser zu ziehen. Solange heißt es zweigleisig fahren. Weiterhin in Behandlung sowie die Empfehlung eine ambulante Therapie aufzunehmen, um das zu verarbeiten.
„Sie glauben nicht was Psyche alles machen kann.“ Schwierig, wenn es einen selbst betrifft! Sie habe schon eine Menge gesehen. Eine andere Ärztin im Krankenhaus erzählte mir, es gäbe sogar Menschen die aufhören zu laufen, ohne dass es dafür organische Ursachen gibt. Ich weiß nicht was mich mehr erschreckt hat, meine Symptome: Gleichgewichtsstörungen, leichte Ataxie und permanentes Muskelzittern an Armen, Beinen und Rücken (die beiden letzten können Nebenwirkungen von den Tabletten sein), die ich mittlerweile annehme ohne darüber andauernd geschockt zu sein, oder was Psyche alles machen kann. Vor zwei Monaten hätte ich selbst noch gesagt: Klar kann Sie!
Ich habe in letzter Zeit auch viel über den verloren gegangenen Paul Reichenbach nachgedacht, und ob es ihm ähnlich erging. Es wäre schön von ihm zu hören. Vielleicht kommt er zur Buchmesse. Ich hoffe ich schaffe es! Ich kann es mir momentan vorstellen. Vor einer Woche sah das noch anders aus. So etwas katapultiert einen ziemlich schnell aus dem Alltag. Ich konnte meine Wohnung kaum noch selbstständig verlassen. Das hätte ich niemals für möglich gehalten. Dagegen gehe ich an oder zum Bäcker!!! Außerdem habe ich meinen Chauffeur für gehbehinderte Wasserfrauen, der mich zur Buchmesse begleitet:
Also, schauen Sie mir bis dahin nicht auf die Füße!
read An - Dienstag, 13. September 2011, 12:48- Rubrik: Tagebuch
Trackback URL:
http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/sie-glauben-nicht-was-psyche-alles-machen-kann/modTrackback