Traum (Bericht). (Briefe nach Triest, 33).
(Arbeitswohnung,
7.18 Uhr.
Schnee.)
7.18 Uhr.
Schnee.)
Eigentlich wollte ich den Briefautor mit den >>> Triestbriefen pausieren lassen, hätte ich lassen müssen, denn das Kreuzfahrt.Hörstück d r ä n g t; zu wenig bin ich der >>>> Festtage und des >>>> Kindergeburtags wegen vorangekommen. Ich brauche schlichtweg mal einen ganzen Tag am Stück, um wenigstens die Sprecheraufnahmen für die erste Montage befriedigend vorzubereiten. Außerdem war mit der >>>> Entsorgung des längst vertrockneten Blumenstraußes ein Schnitt getan. Ich dachte mir und denke immer noch, jetzt steht erst einmal diese Funkarbeit an; erst nach ihrer Abgabe dürfe ich den Briefroman wieder aufnehmen, auch wenn das nun eine insgesamt Distanzierung bedeute: doch könne ich mich auf meine Imaginationskraft verlassen, die mit demselben rasenden Fieber weiterarbeiten würde, käme ich erst einmal in die Textfolgen wieder hinein; zumal sind anderthalb neue Briefe ja bereits als Datei gespeichert.
Dann aber, heute nacht, träumte ich einen nächsten Brief, einen zwar nur kurzen, aber mit der vollen Intensität aller anderen nach Triest gerichteten Rufe. Ich sah den Text im Traum vor mir, unterstrich Passagen, setzte andere Passagen kursiv; einige waren sogar in Kapitälchen gesetzt. Dies alles seit fünf Uhr in der Früh hineingeschoben in die sich wiederholenden Weckerlaute. Noch zehn Minuten, dachte ich, schlief wieder ein, schreib weiter, und noch zehn Minuten und weitere zehn Minuten – so bis Viertel vor sieben. In dem wirklich ein bißchen irren Fehlglauben, der geträumte Brief sei im Iphönchen gespeichert, stellte ich den Wecker schließlich auf sieben Uhr um und begriff erst, als ich da dann wirklich aufstand, daß der Brief verloren war. Um etwas von ihm, irgend etwas, zu halten, notiere ich nun doch, anstatt gleich ans Hörstück zu gehen, erst einmal in die Briefedatei.
Der Brief beginnt mit einer kleinen Reflektion über die Unterbrechung, Festtage usw., dann drückt er neuerlich Vermissung aus, Leere, und füllt sie mit Erinnerung, körper-, nein besser: leiblicher, auch an den Duft der Sìdhe. Und mir fällt gerade ein, daß der Briefautor ihr von den Festtagen schreiben wollte, etwa so:
Liebe Sìdhe,
ich habe unterbrechen müssen, familienhalber. Aber auch Du wirst gar nicht in Triest sein, sondern, wie ich mich erinnere, im Skiurlaub in den, glaube ich, Dolomiten.
Dann aber, heute nacht, träumte ich einen nächsten Brief, einen zwar nur kurzen, aber mit der vollen Intensität aller anderen nach Triest gerichteten Rufe. Ich sah den Text im Traum vor mir, unterstrich Passagen, setzte andere Passagen kursiv; einige waren sogar in Kapitälchen gesetzt. Dies alles seit fünf Uhr in der Früh hineingeschoben in die sich wiederholenden Weckerlaute. Noch zehn Minuten, dachte ich, schlief wieder ein, schreib weiter, und noch zehn Minuten und weitere zehn Minuten – so bis Viertel vor sieben. In dem wirklich ein bißchen irren Fehlglauben, der geträumte Brief sei im Iphönchen gespeichert, stellte ich den Wecker schließlich auf sieben Uhr um und begriff erst, als ich da dann wirklich aufstand, daß der Brief verloren war. Um etwas von ihm, irgend etwas, zu halten, notiere ich nun doch, anstatt gleich ans Hörstück zu gehen, erst einmal in die Briefedatei.
Der Brief beginnt mit einer kleinen Reflektion über die Unterbrechung, Festtage usw., dann drückt er neuerlich Vermissung aus, Leere, und füllt sie mit Erinnerung, körper-, nein besser: leiblicher, auch an den Duft der Sìdhe. Und mir fällt gerade ein, daß der Briefautor ihr von den Festtagen schreiben wollte, etwa so:
ich habe unterbrechen müssen, familienhalber. Aber auch Du wirst gar nicht in Triest sein, sondern, wie ich mich erinnere, im Skiurlaub in den, glaube ich, Dolomiten.
Woraufhin der Briefautor beschreibt, was er vor seinem inneren Auge sieht: sie und ihren Mann in einem Luxushotel, roter Wangen nach den Abfahrten, lachend, ganz vergessen aber er, die Briefautor, aber vielleicht doch nicht vergessen, sondern eben nur verdrängt. Und er beschreibt, wie er ganz ebenfalls verdrängte, im Kreis seiner Familie, schon der Kinder wegen usw. Er hat, während er schreibt, das Schlafhemdchen der Geliebten an seinem Hals liegen, zwischen Schulter und Kiefer; hin und wieder gibt er einen Kuß auf den Zipfel, der auf der Brust liegt: Übergangsobjekt. Abermals wird das Thema des Altwerdens angeschnitten, im d e m Sinne, daß Lebenstüren zugeschlagen sind: nicht noch einmal Vater werden können usw. Auslöser dafür ist sicherlich gewesen, daß gestern auf dem Zwillingsgeburtstag ein Vater war, der in dem Alter des Briefautors, sogar noch etwas älter als er ist, und der tatsächlich noch einmal neu Vater wurde; das Kind ist jetzt ein Jahr alt. Als er‘s mir erzählte, fing ich fast zu weinen an, hatte mich allerdings umgehend im Griff. Der Mann hat die neue Mutter über ein Partnerforum im Netz kennengelernt. - Diese Information spiele ich nun, innenseelisch, dem Briefautor zu und sie führt ihn in die Trauerarbeit zurück. Das Perfide daran ist, daß diese Art eines männlichen Klimakteriums eben nicht körperlich, sondern ein pures Ergebnis von Lebensalter, also eines „einfachen“ Zahlenwertes, ist, egal, in welcher körperlichen Verfassung man(n) sich befindet. Es wird ihn, den Briefautor, (oder hat ihn geführt, ob, das weiß ich nicht mehr) zu dem bizarren Gedanken führen, es sei gar nicht so gut, wenn jemand, der auf die Sechzig zugeht, sich körperlich in der Verfassung eines Vierzigjährigen befindet, weil das die Akzeptanz, daß etwas definitiv vorbei sei, ausgesprochen erschwert. Dieses und jenes nicht mehr zu können, auch, nicht mehr erleben zu können, ist leichter anzunehmen, wenn man‘s auch objektiv nicht könnte. Mit fällt dabei der Satz meiner mütterlichen Freundin L. ein, die, nachdem ich sie länger nicht gesehen hatte, bei unserer Wiederbegegnung zwar spöttisch, aber nicht ohne Vorwurf ausrief: „Wer nicht altert, ist ein Verräter!“ Dieser Verrat wird nun, so wird dem Briefautor klar, bestraft.
Ich sehe den im Traum geschriebenen Triestbrief vor mir, werde ihn auch „nachholen“; heute aber nicht, auch nicht morgen oder übermorgen. Denn ich muß mich nun tatsächlich auf das Hörstück konzentrieren. Aber ich will seine Spur hier protokolliert wissen, um bei Wiederaufnahme der Triestbriefe gleich mit ihm zu beginnen. Das wird den Übergang zurück in den Schreibfluß erleichtern.
ANH, Berlin.
29. Dezember 2014
Ich sehe den im Traum geschriebenen Triestbrief vor mir, werde ihn auch „nachholen“; heute aber nicht, auch nicht morgen oder übermorgen. Denn ich muß mich nun tatsächlich auf das Hörstück konzentrieren. Aber ich will seine Spur hier protokolliert wissen, um bei Wiederaufnahme der Triestbriefe gleich mit ihm zu beginnen. Das wird den Übergang zurück in den Schreibfluß erleichtern.
29. Dezember 2014
albannikolaiherbst - Montag, 29. Dezember 2014, 08:20- Rubrik: Arbeitsjournal
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