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Die Menge, Béart!
seit du dich erstmals entblößtest zum Ansehn von Menge...
Welche Skandale! billig wie Aarons kraftvolles Kalb gegen Moses dürren Jehova
(ein weibliches Kalb, so verschwiegen) -
Götzin, zum Verwechseln gleich in immergleicher Wohnungstatt,
Hundert Stätten, geshapten, der Wellness
meines Massengeschmackes entstiegen, die Muschel
zu unberührbarer Süße designt:
drauf aus dem Meer bunt Illustrierter
gehoben, so in das unermeßliche Heer
begehrlicher Männer getaucht, die nur das Bild sehn und hungern -
Pietà ohne den Leib überm Schoß, den sie beschluchzte,
kein Husten, das sie erreichte, von vergreisten
zu frühen Haltungsschädlern, keine Hand
die sie nähme als wieder nur Hände von Bildern:
wie einfache Frauen im Alter Prinzessinnen lesen
so wir Dich in den Posters der Spinde;
an Werkstattwänden darfst Du Dich räkeln der
Siebzigerjahre von Kindheit erschienst Du im Fernsehn:
machtvoll plötzlich verdreht zur Oper der Teufel Loudons
war die Süße zu beißendem Pfeffer zerfallen,
dessen bitterer Kuß Jugend auf immer verdirbt;
das Messer schält die Kindheit vom Mann, bevor er's schon ist,
dann derart viel Lüge darübergeworfen, Unschuld,
die zum Kino schielt, ihrem Gespiel des Verlustes -
Unschuld, welch Wort! Schuld, welch ein Irrtum!
als läg es an uns...
...Menge und Schliff,
bis keiner mehr wirklich noch glaubt, was er glaubte,
doch allewir tun, als wären wir einig,
und beten gemeinsam, Béart, ohne Göttin
Göttinnen an – wir Fans des Profanen,
dem die Erscheinung sich in den Erscheinungen wegzog;
übrig die Geste, übrig das große entleerte Gefäß,
übrig nicht Wille, sondern Erweckung Bedarfs
aus dem entleerten Bedürfnis – bis Stars
ohne Sternbild (so viele, Béart)
die Bedürftigkeit milchlos zu stillen bereitstehn
in jeder beliebigen Nächsten,
die man uns, austauschbar ferne,
austauschbar plötzlich auswählt,
doch nährt's sich noch immer von Einer.
Die immer noch nicht vor den Hund ging.
>>>> Die Brüste der Béart 6
Die Brüste der Béart 4 <<<<

albannikolaiherbst - Dienstag, 1. September 2009, 15:31- Rubrik: Gedichte
Es ist ja ein Merkmal der Zustimmung, daß man zustimmen w i l l. Will man es nicht, kann man es nicht. Nie. So, wer verurteilt.
(DVI).
>>>> Deshalb werden wir niemals, was wir nicht gutfinden wollen, gutfinden können. Kein Argument noch eine objektive Qualität werden uns umzustimmen vermögen. Wir werden beharren, stur, bis wir sterben.

albannikolaiherbst - Dienstag, 1. September 2009, 10:22- Rubrik: Paralipomena
„Der Herbst hat keine Angst vor den Folgen.“ Doch, hat er. Sogar, und zu recht, eine riesige. Aber ich laß mich auch von meiner Angst nicht korrumpieren.
[Das bezieht sich >>>> hierauf. Mein Kommentar endete anders, als Guido Graf zugelassen hat. Ich schrieb zu >>>> Elmar Krekeler, kann das aber nicht mehr vollständig rekonstruieren und muß mir also auch für Kommentare angewöhnen, sie erst einmal in eine eigene Datei zu schreiben: „Verzeihen Sie, aber manchen suggestiven Behauptungen gehört einfach eins aufs Maul.“ Mein der, schon klar, im Interesse des literarischen Freundschaftsfriedens erfolgten "Zensur" nachgesetzter Kommentar lautete dann wiederum: „Du hast mich zensiert, lieber Guido. Ich glaube aber, daß Krekeler zu den ausgesprochen wachen Leuten gehört, die einen bestimmten groben Ton sehr wohl als den feinen erkennen, der er ist.“]
albannikolaiherbst - Montag, 7. September 2009, 10:27- Rubrik: Kulturtheorie
Ich merke selbstverständlich selber, daß sich in den letzten Monaten immer mehr das Tagebuch in Der Dschungel vorgeschoben hat, da hat >>>> sumuze schon recht*. ABER: Sie vergißt - oder kann das wahrscheinlich nicht nachvollziehen, weil sie meiner Kenntnis nach keine langen Romane schreibt -, daß Entwicklungen von Prosa, gerade von sogenannten „Weltentwürfen“, viele viele Jahre brauchen, um eine „fertige“ Arbeit zu werden, und daß die Einflußwege so gut wie nie direkte, zeitlich unmittelbare sind, sondern sie tauchen in den Büchern meist sehr verschoben auf, haben meist auch das Jackett gewechselt, man sieht ihnen nicht selten gar nicht an, worauf sie fußen – und das nicht einmal, weil man das als Autor so verstellen wollte, denn als Autor merkt man seine „Gründe“ oft selbst nicht mehr. Kommen sie heraus, überrascht das einen um so mehr – so, wie man von Wendungen, Formulierungen, Einfällen, die die eigenen Bücher nehmen, überrascht, ja auf dem völlig falschen Fuß erwischt werden kann. Mitunter sind sie, als hätte „man das gar nicht geschrieben“, sondern jemand anderes. Die Dschungel dokumentiert solche Gründe nun schon dort, wo sie Gründe noch gar nicht geworden sind oder zwar schon sind, aber als noch nicht Realisierte, noch nicht real Gewordene, sie schreibt sie flüssig fest; die Festschreibung liegt an der dataillierten Genauigkeit, die ein „normales“ Tagebuch so nie umsetzen konnte: später lassen sie sich recherchieren. Hinzukommt, gerade auch im Wechselspiel mit den Kommentaren, daß überaus deutlich wird, unter welchen Glückssternen und Katastrophen und einfach auch nur banalen Schwierigkeiten von Abwehr und Gegenwehr, um von der Ökonomie mal zu schweigen, Kunstwerke zustandekommen. Das sagt noch nichts über die Essenz eines Kunstwerks, oder nur wenig; dennoch ist diese Funktion des Web-Tagebuches, das von einer Hauptsite begleitet wird, die ein Tagebuchartiges kaum zeigt, bzw. auf dem es sich fast nur in den Kommentaren zeigt (da aber dann mitunter heftig, je nach Temperament der Schreibenden), nicht zu ignorieren.
Bücher - ich nenne auch Romane, die im Netz erscheinen, Bücher - sind wie Träume und verarbeiten (auch, selbstverständlich nicht n u r) - „Tagesreste“: interpretative Anstrengung oder die lesende Imaginationskraft holen sie wieder hervor, und d e r e n Gründe dann gleich mit. Wenn dann über Jahre hin ein täglich verfaßtes Arbeitsjournal, bzw. Tagebuch vorliegen, das eben n i c h t von vornherein sich eingefärbt hat - weil es das nämlich gar nicht konnte -, dann sind sie wie Poller, um die die Taue des Romanschiffs geworfen werden können, sowie es denn im Hafen angekommen sein wird und am Kai.
[*: Allerdings laufen - etwa in Rubriken, die auf der Hauptsite gar nicht auftauchen und auf die auch nicht verlinkt wird - durchaus einige fiktive Erzählungen weiter, die ihrerseits ihre "Gründe" in Geschehen haben, die im Arbeitsjournal, bzw. in Tagebüchern man kann sagen: vor-erzählt worden sind. Das scheint nun überhaupt nicht wahrgenommen zu werden, wofür wahrscheinlich gilt: Es gibt kein besseres Versteck als die Datenschwemme.]
>>>> Litblog-Theorie 118
Litblog-Theorie 116 <<<<

albannikolaiherbst - Mittwoch, 9. September 2009, 08:43- Rubrik: Litblog-THEORIE
Campi flegrei, August.Dann die Schwärze du Weib
Der Bus als er hielt und ich ohne Fahrschein
Der Fahrer ließ mich herein Es glänzte
das Meer zum Zeitvertreib
herauf die phlegräische Küste
die es mit gelbem Fels bekränzte
und mit dem grünen Pelz das Blau
Daß ich nicht wüßte sagte ich
dove si comprano i biglietti
Sein stummer Blick warf mich fast streng
gleich hinter sich zur Frau „Fahr mit“
Dröhnend warf der Bus sich auf den Hang
So eng der Gang Wie Flinten die Schwärze
der Fahrgäste auf mich gerichtet Ich störte
Sie glühte heiß aus dem Bunt aller Hemden
drohte dem Mann empfand er der bang
dort stand und sich festhielt im Schwanken
des Busses Ganz Afrika verstummt
vor seinem fremden Weiß –
Heiß
drückt die windlose Luft in die Reihen
Der Mut vermummt Doch in Gedanken
stieg ein Duft der Augen war
herauf die vulkanische Küste
und herein Betörte mich Ein Tau
aus einem schwarzen Lächeln
Es wurde meines – derart klar
nahm's Platz im Blick der Frau
Als ob es mich schon küßte
Das Fächeln ihrer Hände
Die sie mir wortlos reichte als wir hielten
am tristen Werksgelände der Schwarzen
die alle dort entstiegen Wir mit ihnen
Die bleichen Schuppenwände bleichen Agaven
Der heiße Schotter bleich zum dunklen Kuß
Knarzen im Holz als sich die Körper befühlten
und wühlten in Kleidern: er nach den Brüsten
sie nach dem Schwanz und dem Geld
das sie auch fand und merklos nahm
Stolz und gerecht Ein Lob der Welt
Wie ich Dir kam, Béart, im Tanz
>>>>Die Brüste der Béart 7
Die Brüste der Béart 5 <<<<

albannikolaiherbst - Donnerstag, 10. September 2009, 07:34- Rubrik: Gedichte
der regisseur räumt alles aus dem blickfeld. der blick der kamera muß ein absichtsloser sein, um rein die bewegung von empfindung einfangen zu können. die ab:sicht offenbart die an:sicht. selten genug... solch ein männerblick.
cellini - Freitag, 11. September 2009, 09:45- Rubrik: Tagebuch
- 545 mal gelesen
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Zugegeben, >>>> einige Sätze hors machen meine Eitelkeit stolz, aber es tut wie Trauer weh. Ich häng doch am Roman, den ich so würge. Aus wilder alter, pathetischer Liebe erwürge. Aber „...es mag sein, dass er nur möglich ist, wenn man den Roman hält, das, was da wächst, Buch nennt, es fasst. Die Raupe muss ihre Gestalt aufgeben, um Schmetterling zu werden, aber sie muss es als Raupe tun, daran arbeiten, sich einspinnen. Den Roman kann keine Technik erneuern, das müssen seine Autoren leisten.“
[Poetologie.
„Ich folgte einem Referrer.“] 
albannikolaiherbst - Freitag, 11. September 2009, 06:33- Rubrik: NOTATE
( >>>> Sexus liest.)
Was wir, sagt sie, vergäßen.
albannikolaiherbst - Samstag, 12. September 2009, 15:42- Rubrik: KULTURTHEORIEderGESCHLECHTER
Der nicht gebundene Babel.
(DVII).

albannikolaiherbst - Samstag, 12. September 2009, 07:52- Rubrik: Paralipomena
Zusammen wachsen.
[Was die neue deutsche Rechtschreibung bewußt unterschlägt. Was ihre Autoren mit voller Absicht vernichten wollen. Wer sprachlich nicht mehr differenzieren darf, weil das Regelwerk es sabotiert, der soll auch anderswo nicht differenzieren.]
albannikolaiherbst - Montag, 14. September 2009, 08:36- Rubrik: Sprache
Prinzipiell, ob Obama ob Jackson, ob Fußball ob Kunst, ob Pädagogik.
(DVIII).
Man kann auch sagen: Gefolgschaften machen verdächtig. Den, dem gefolgt wird.
[Antipoliteia 1.]

albannikolaiherbst - Donnerstag, 17. September 2009, 08:16- Rubrik: Paralipomena
[Scelsi, Maknongan.] Auf die Idee brachte mich Αναδυομένη, >>>> als ich ihr vorlas (15.05 Uhr im Link). „Das ist wie Prosa“, sagte sie, „aber es ist auch n i c h t wie Prosa, etwas irgendwie dazwischen ist es.“ In dem Moment wurde mir klar, daß ich die Zeilenbrüche wegnehmen und die Elegien wie Prosastücke durcharbeiten muß. Dann geschieht nämlich das, was ich mir eigentlich oft auch so vorgestellt hatte: der Hexameter bleibt als durchlaufender Grundbaß erhalten, aber drängt sich nicht mehr so vor, wie wenn man die Elegien in Zeilenbrüche setzt. Vielmehr schwingt der „Prosa“text hexametrisch. Ich merke zugleich, daß mich das Verfahren sehr sensibilisiert; wo ich vorher geneigt oder gezwungen war, der Regel halber Füllwörter einzufügen, nehme ich sie jetzt weg und mache die entstehenden Brüche vermittels anderer Einfügungen und Streichungen geschmeidig; aber nicht nur formal, auch expressiv und in der Wort- und Bildwahl werde ich heikler; heikel genug war ich zwar eh, aber indem ich es nun nicht mehr mit einem Korsett aus Fischgräten, sondern aus feinsten, sagen wir, Fiberglasstäben zu tun habe, kann ich „freier“ modulieren. Was das dann schließlich werden wird, formal, ist mir unklar, irgend etwas in Richtung Novalis, Hymnen an die Nacht, in Richtung Rimbeau, Un saison en enfer, in Richtung ich weiß nicht.
Ein Stichwort ist „Schlichtheit“; der Zeilenbruch erhöht die Verse, die Prosafassung nimmt die Erhöhung in ein scheinbar Sachliches zurück, das das Pathos viel besser trägt, spüre ich. Dennoch stelle ich mir jetzt vor, daß ich die Elegien, sollten sie unwahrscheinlicherweise doch einmal als Buch erscheinen („kein Mensch druckt dir das“, denke ich ständig), schmaler setzen lassen will als eine narrative Prosa, mit breitem linken Rand; so etwas steuert die Leseerwartung. Auch will ich nicht mehr „die erste Elegie“, „die zweite Elegie“ usw. über die einzelnen Texte schreiben, sondern sie einfach durchnummerieren, vielleicht sogar ohne neue Seitenumbrüche zum je nächsten Gedicht, sondern wie Romankapitel. Das wird das Buch schmaler machen, bzw. ein Format erlauben, daß man es sich in die Jackentasche stecken kann – so, wie >>>> Cellini sich das in der noch frühen Entwicklungsphasen dieser Gedichte vorgestellt und gewünscht hat, was wiederum beim langzeiligen Hexameter buchtechnisch nicht darstellbar gewesen wäre.
Seltsam übrigens. Als ich die Elegien begann, waren sie als Fingerübung für den noch zu schreibenden Epilog von >>>> Anderswelt III gedacht, der im Hexameter stehen soll, aber ohne daß man das am Zeilenbruch sieht, also als Prosa. Jetzt komme ich mit den Elegien genau dort an, wo ich mit Anderswelt „landen“ wollte. Die Lösung hab ich also alle Zeit schon in mir rumgeschleppt und den ganzen Wald vor Bäumen nicht gesehen. Das ist nicht ohne Komik, vor allem, wenn man bedenkt, daß so gut wie alle meine Gedichte seit Juli 2006 von den Elegien ihren Ausgang nahmen und dann offenbar rückwirkend die Elegien beeinflußten.
>>>> BE 113
BE 111 <<<<

albannikolaiherbst - Samstag, 19. September 2009, 11:40- Rubrik: BambergerElegien
Deshalb ist es kompletter Blödsinn, >>>> sie etwa Ernst Jünger vorzuwerfen. Selbst der Begriff >>>> „Ästhetizismus“, unterdessen als Abwehrkeule verwendet, verunklart dann, wenn man ihn, anstelle ihn auf eine Lebenshaltung, einen Lebensstil, anzuwenden, moralisch auf ein Kunstwerk münzt. Er sagt aber nichts anderes, als daß ein Kunstwerk ästhetizistisch (im Gegensatz zu „moralisch“*) sei - „ästhetisch“ hieße ja bloß, daß es mit den „Gesetzen“ der Wahnnehmung spielt und sich ihnen an- und/oder entgegenformt; von einem Kunstwerk zu sagen, es sei ästhetisch, wäre deshalb nichts als Tautologie -; ästhetizistisch muß es geradezu sein, jedes, weil das Hauptmerk der Kunst Formung ist. Der Vorwurf des Ästhetizismus verkennt genau das. Ein ungeformter Text mag alles mögliche sein, Mitteilung eines Inhaltes, moralisch motivierte Mittelung eines Inhalts, also Botschaft, Sachmitteilung, Erinnerung usw.; es ist damit aber noch kein Kunstwerk. Zu dem wird er, wenn es „gelingt“, erst dann, wenn das Material - auch eine moralische Botschaft ist für ein Kunstwerk erst einmal nur Material – geformt wird. Das Material selbst genügt nie – oder nur dann, objet_trouvé, wenn es in ein ihm an sich fremdes Verhältnis hineininszeniert wird. Genau das ist aber ebenfalls Formung; das Formkalkül wird bewußt und sehr viel weitergehend von dem fremden Verhältnis abhängig gemacht, als das bei einem „normalen“ Kunstwerk der Fall ist. >>>> Herr und Knecht.
(Siehe dazu >>>> auch Hurka.
*) Interessanterweise wird für „moralisch“ immer wieder ein ideologischer Realismus gehalten, dessen Doktrin eine sogenannte Einfachheit ist; man verkennt bei dem auf ersten Blick „schlichten“ Stil die dahinter wirkende Ideologie; Einfachheit ist eine strategische Maßnahme der ---- Rhetorik.) [Poetologie.]

albannikolaiherbst - Samstag, 19. September 2009, 08:47- Rubrik: NOTATE
Wie von Dämonen sind uns die Ängste palimpsestisch im Cortex verstanzt, gebannt von der Frau, einer geahnten, nicht-sexuellen, die, pränatal dunklichte Mutter, Frau gar nicht ist, ja Person nicht, nur schlickhaft-organische Fassung, nährende Fruchtwasser-Matrix. Wir schwammen darin, waren Teilchen, Teilkörper eines den unsren umleibenden Körpers, der fremd war. Das hallt in uns weiter im Schädelgewölbe. Unbestattetes Rufen, so irrt es von Schädelwand hier nach Schädelwand da, ein lebendig Begrabnes. Verzweifelt und wütend kann es nicht sterben, sondern klingt in dem Mann, bebt nach im Skrotum, es springt dort wie Schollen, gepflügte, die austrocknen, springen.
Wie aus der wolkenzerrissenen Nacht nun die Sonne, Anahit also, heraufsteigt, doch drehn wir uns drunter (alle die schlummernden Dächer, die rotgelb darunter erwachen, den Wipfeln des Hainparkes bei), wisse, mein Sohn, um die Astronomie. Die innere Astronomie kenn aber auch, die von Menschen dem Menschen gemachte, und sieh ihn, mein Junge, den Sonnengang, weiter als Inkarnationen von Göttinnen an. Sie sind das Nahe und nicht die Mechanik, die Profanisierung ist‘s nie. Aufladung ist das Geheimnis: bewußte Verklärung. Uns rettet nur beides zugleich: Wissenschaft und der Traum. Analysen sind nötig, doch das, was sich selbst übersteigt, schaffen sie nicht. Sie blasen nicht in die Syrinx, noch daß sie aus ragenden Bäumen raumhaft Basiliken bögen. Sie schneiden nach 気 mit Skalpellen. Gott zwar, er ist nicht, das stimmt, noch sind es Götter, nicht Geister leiten das Schicksal (die Jobsuche, Rente und ob ich heut schwimme) und Erde (Zunamis und Dürre, den Wandel des Klimas, die sterbenden Meere). Doch Schönheiten Anahits, Deine, Geliebte, die werfen sie über die Welt, Mäntel aus Farben, die schmücken und uns vergrößern, woraus, was ein Mensch ist, erst wird. Jenseits der Biologie. Wie wären wir karg ohne das! Wärn auf dem Teller versifft, eingetrocknet vom Vortag. Wie blitzten die Gläser! Pralle und geil die Gebinde, es rankte Gelächter. Doch morgens erwachen wir trübe und speien und nehmen Tabletten. Sind wir nicht längst dauernd post coitum triste, zerflockt in der vorbehaltshalber sauer gewordenen Milch? Feixend bejubeln wir Blödler, wir Narrn, die sich am Elend die Hände gerieben mit Einkünften seifen. Was wir auch angehn, wir setzen‘s ironisch in Häkchen, fast froh darum, daß wir so klein sind. Belustigt, damit wir‘s auch bleiben, der Schmerz wird, denken wir, dann nicht so groß, kultiviern wir ernüchtert den Unernst, der die Verluste als Haben in witzelnde Rechnungen stellt und uns die Seele als Kollateralschaden abbucht. Dann streicht man sie ganz von der Halde.
>>>> BE 114
BE 112 <<<<

albannikolaiherbst - Sonntag, 20. September 2009, 12:24- Rubrik: BambergerElegien
Ja sicher, wie denn sonst?
(DIX).
[Wenn man einmal begriffen und akzeptiert hat, daß wir Biologie sind und nichts sonst (daß auch unsere Sozialsysteme Ergebnisse der Biologie sind, wie unser Gehirn etwas ist, das chemophysisch organisiert ist, und n u r das), dann wird deutlich, welche Bedeutung >>>> „Aufladung ist das Geheimnis“ dafür hat, daß es den Menschen als ein emphatisches Subjekt überhaupt geben kann. Doch man täusche sich nicht: auch diese Emphase und das moralische Bewußtsein sind Prozesse der Biologie. Indem ein solches Bewußtsein überhaupt wird, Selbstbewußtsein, wird die Ausschließlichkeit der natürlichen - physikalischen - Steuerungsprozesse ins Unbewußte verschoben, das so zum Pendant des Instinkts wird. Indem man sie leugnet (abwehrt), erfüllen sie sich. Genau dem entspricht die klassische Idee des Tragischen.]
[Poetologie.]

albannikolaiherbst - Montag, 21. September 2009, 09:20- Rubrik: Paralipomena
Die Kinder der fünften Klasse beginnen in Geschichte mit einer Betrachtung der Zeit als einem Strahl. Sie tragen die christliche Zeitenwende ein, sie tragen die Jahrtausendwenden auch rückwärts bis etwa Echnaton ein. Dann sollen sie die beiden wichtigsten historischen Ereignisse der letzten Jahre eintragen und bekommen dafür den Fall der Berliner Mauer genannt und die Zerstörung der World Trade Towers. Als mein Sohn mir das zeigt, frage ich ihn: Was hat euch die Lehrerin denn über 9/11 erzählt? Hat sie Hintergründe erzählt, hat sie von den Unsicherheiten erzählt, die es bei der Untersuchung des Terrorangriffs gab und weiterhin gibt? Hat sie von den vorhergegangenen Kriegen im Bereich des Golfs erzählt? (Kurze Erklärung, was der Golf sei.)
Daß die Lehrerin als eines der bedeutendsten historischen Ereignisse der jüngsten Zeit den Mauerfall hinsetzen läßt, ist klar für jemanden, der in Deutschland geboren ist und hier sozialisiert wird. 9/11 hingegen weckt Zweifel. Ich frage meinen Jungen, ob nicht ein Krieg direkt in Europa eigentlich bedeutsamer für uns sei, ob nicht, daß sich auf dem Balkan über Jahre die Menschen hingeschlachtet haben - in direkten Nachbarländern Italiens, das wir so gerne besuchen -, für uns eine viel größere Bedeutung haben müsse? Daß so etwas nach wie vor bei uns geschehen könne.
Er hört zu, und er nickt.
Und hat euch die Lehrerin von der Außenministerin Albright erzählt, die v o r 9/11 den Tod von 500.000 Kindern als etwas erklärt hat, das man „halt hinnehmen“ müsse in einem Krieg für das Gute? Nein, davon wurde nichts erzählt. Und meinst du nicht, mein Junge, daß diejenigen, die den kriegerischen Vernichtungschlag gegen die World Trade Towers geführt haben, mit gleichem Recht sagen könnten: die 3500 Getöteten seien etwas, das man halt hinnehmen müsse? Und daß auch die ihren Krieggrund für das Gute hielten?
Indem die Lehrerin ihre Schutzbefohlenen unerklärt Mauerfall und 9/11 als geschichtliche Symbole eintragen läßt, vermittelt sie nicht ein geschichtliches Wissen, sondern stanzt Ideologie in die Kinderköpfe. Man muß sehr aufpassen als Elternteil.

albannikolaiherbst - Dienstag, 22. September 2009, 17:15- Rubrik: Schule
H. ist ein sehr guter Denker. Bloß denkt er nur noch über das nach, was man denken d a r f, und wie.
(DIX).

albannikolaiherbst - Dienstag, 22. September 2009, 08:13- Rubrik: Paralipomena
Sie mögen gnadenlose Männer. Ich glaube, >>>> der Impfstoff hilft da nicht, der dreht im Bürgerbildungstum*. Gibt tolle Collagen von Ror Wolf darüber. Wie diese Gründer- und Biederzeitmenschen plötzlich in ihren Lofts stehn, aber der Boden unter ihnen bricht auf. Sie rufen dann nach MariavollderGnaden, die aber eigentlich lieber nach den anderen Männern schaut. Ihr Befruchter, wenn auch durchs Ohr, war immerhin der mosaische Gott, und der hat sich eigentlich nie durch Gnadenreichtum ausgezeichnet.
[*) Bitte nicht verwechseln: Das Bildungsbürgertum gibt
es nicht mehr, das Bürgerbildungstum aber sehr wohl.
Es ging aus den Studierendenbildungswerken hervor.]
Korrespondenz - Donnerstag, 24. September 2009, 08:30- Rubrik: Korrespondenzen
Es ist doch auffällig, daß uns dieselbe nackte Frau in der Sauna für gewöhnlich ganz schlaff läßt, auch wenn wir selbstverständlich hinschaun; entkleidet sie sich aber im Restaurant, sind alle männlichen Gäste mit einem Mal Phallus. Es ist der Zusammenhang, der aufs Begehren wirkt, und es braucht eine Vornahme, braucht den bewußten Willen, sich auch in der Sauna oder gar am Nacktstrand sichtbar erregen zu lassen, kurz: braucht Kultur. Das Restaurant hingegen bringt die Kultur schon mit. „Bitte mach deine Brust frei, die linke.“ „Hier?“ „Hier.“ Sie muß es gar nicht tun, die Aufforderung reicht schon und die, sagen wir, Frechheit, das Ansinnen auch vorzubringen: ein Mut, mithin die Stärke (genetisch bleibt sich das immer gleich), die sich aus der Kultur ausspricht und im „Natürlichen“ jeder FKK-Bewegung versagen muß, weil sie dort von vorneherein desinfiziert ist. Wer sagt, Sexualität sei „nur“ natürlich, versagt sich den Rausch. Und versteht nicht, welche Funken sich aus der Spannung zwischen Trieb und Geist herausschlagen lassen, bis das Feuer dann auch brennt. Dieses gilt für jede Übertretung. Weshalb wir Moralen brauchen. Liebeskunst ist immer blasphemisch. [Perversion.
Übertretung.] Wie sie „versehentlich“ die Burka fallen ließ, momentlang, Campus des Brunnens der Sieben, wie sich das Kleid über die Wade hob, Jerusalem Altstadt.

albannikolaiherbst - Freitag, 25. September 2009, 10:05- Rubrik: KULTURTHEORIEderGESCHLECHTER
Traurig die Schönheit, wenn sie verachtet. Sie leckt noch an dem Geschmack währender Blutung. Den Herpes hat ihr mein Kuß in die Unterlippe gestanzt und er läßt Dir den Schmerz, Amphitrite, Dir und den Deinen. Wir sperren ihn ein in die Form. Haltung, die schöne, erträgt es. Das ist der Grund und nicht Leere, die zu große Schönheit, behauptet der Neid, in Wahrheit verberge, ein dummer, der eigenes - minderes - Aussehn mit innerem Glänzen glorifiziern will und nicht begreift, was sie, die Schönheit, zu tragen verflucht ist. Wie nämlich sie von dem Steinmetz in Formen gebannt wird, bannen die Formen der Schönheit den Schmerz. Ihn hält sie inne. Wie, Amphitrite, das wütet in Dir! Aber Du lächelst, bist arrogant aus Vollendung und zu voller Stolz, um die Wollust, die ihn Dir nähme, zu bitten. Kühl bleibt die Schulter, meerhaft und fern ist der Blick nach dem Mann, der Vergessenheit wert wär. Zu groß war der Schrecken, Du sahst ihn als eigenen Ursprunges Zeugin, den blutigen Schaum, Kastration Deiner Väter, ihr Zeugungszeugs Stücke salzig im Toben des Gischtens, so troff es vorm Maul Deiner Mütter, siebenen Meeren. Die Allegorien stehn auf der Mauer und starren zur Regnitz.
Von denen, den Meeren, die Wirbel und Chaos davon und alles ein einziges Weh, zahlloses Wehtun im losen Schaum, der sich ausflockt und immer aufs neue nach Bindungen sucht, und er fand Dich, Du stiegst, Aphrodite, heraus, wie wenn die Schönheit der elementaren Selbstrettung diente: Ausformung eigenen Elends, das zu unerträglich ist, um sich fortgesetzt stumm zu ertragen. Die Kräfte begehrten rein gegen sich selbst auf. Dein, Anahit, schönes Erscheinen erscheint als Bewußtsein, das sich anders nicht aushält und umkehrt. Schönheit verklärt ihren Ursprung genauso wie Kunst, das Ungestalte gestaltend, das unter der Haut ist. Sekrete, die tiefseits der Labien rötlich zucken im nässenden Glanz. Zieh sie ein wenig heraus, streiche sie je zu den Schenkeln. Das ist das All. So geht’s hinein. So wieder geht es heraus. Glas ist nicht fruchtbar, der Schlamm ist‘s. Die Schönheit versteckt's nur diskret, und sie soll das verstecken. Denn schließt, Amphitrite, einer dich auf? Wollte Pygmalion erfahren? Wie schreckt' er zurück, als sich das Standbild ihm aufschlug! War ihm so wenig gewachsen, der Mann, wie es Alphonse de Peyrehorades der Venus von Ille war. Bemann mich! das rief sie und: Nimm mir die Haltung, den Willen! Sie ruft um Beschmutzung und Schläge, damit es sich endlich heraushaut aus ihr, die schwere, formale, besonnene Leuchtkraft, ihr Götziges, endlich. Will doch nur auch wieder Tier sein und parasymphatikoton sich ausruhen dürfen. Doch das zerbricht dich uns, Venus, ach Venus von Ille.
>>>> BE 115
BE 113 <<<<

albannikolaiherbst - Freitag, 25. September 2009, 07:45- Rubrik: BambergerElegien
Worüber ich in den letzten Jahren immer wieder nachgedacht, was mich so tief beschäftigt hat, daß es sogar Kern >>>> meines Lilith-Librettos wurde, was mich aber auch danach nie mehr losgelassen und jetzt gerade, wo „plötzlich“ >>>> Überraschung vorgespielt wird, „wir“ seien ja wirklich im Krieg: -
- daß ich, um meine Lieben zu schützen, selbstverständlich auch auf der Seite derer kämpfen würde, die Unrecht haben. Genau so etwas aber ist >>>> der Stoff für tragödische Kunst. Es ist reinweg falsch zu behaupten, es gebe keine Tragödie mehr, vielmehr sei die Gegenwart grotesk oder absurd und was dergleichen Abwehrbewegungen mehr sind, die die Grotesken, neuerdings den Tarantino-Trash etwa, als eigentlich >>>> „unserer“ Zeit angemessene Kunstformen ansehen wollen; das ist eine Haltung, die n u r aus der Sattheit gespeist wird, aus einer Art gelangweiltem Überdruß, der sich mit der politisch korrekten Umgangsform gepaart hat: cleanness; sie hat denn auch bei 9/11 gründlich versagt. Die Abwehr brach zusammen, und es wurde geradezu von der Kette gelassen, was man zuvor ironisch, trashig oder kalauernd eingepackt hatte.

albannikolaiherbst - Samstag, 26. September 2009, 16:07- Rubrik: NOTATE
Viele wollen abladen, endlich. Ich lade auf.
(DX).

albannikolaiherbst - Dienstag, 29. September 2009, 16:17- Rubrik: Paralipomena
Der Gedanke schält sich als e i n Zentrum der Elegien heraus: Er-Nüchterung als das, was uns verarmt. Momentlang hatte ich die Idee, in die pathetischen Verse Schlagzeilen einzumontieren, völlig unrhythmisiert, einfach so, wie ich sie vorfinde: Regierungswechsel, Verkehrsunfälle, etwas Kriegsstatistik, auch Anzeigen usw., um den Elegien ihre Schwere zu nehmen; es nähme ihnen aber auch die Süße. Vor allem wäre es für >>>> das Pathos kontaproduktiv, würde es neuerlich ironisieren, was ich ja gerade nicht will. Für die Ironisierung >>>> sorgen schon andere, das muß man nicht präventiv voranexezieren; es wäre zu einfach und genau d e m Prozeß auf die Schippe gesprungen, dem ich hier widerschreibe und gegen den ich auch persönlich anlebe. Ich will Liebesverhältnisse nicht als Beziehungen leben, schon gar nicht „Beziehungsarbeit“ leisten, weil bereits diese Begriffe etwas instrumentalisieren und, als wäre Liebe eine Frage der freiwillentlichen Entscheidung, nach Jux und Bedarf hin- und herrückbar machen, das im Moment, da es einen ergreift, von unmittelbarer Gewalt und eben n i c h t sozial ist. Das heißt nicht, es gäbe keine Gründe für etwas, das uns geschieht („widerfährt“!); die gibt es selbstverständlich immer, aber indem wir sie technisch interpretieren, schieben wir es auf Distanz. Genau das ist die nüchterne (pragmatische) Abwehr; sie mag vor vermeintlichen oder tatsächlichen Katastrophen schützen, aber betrügt uns um die Ekstase. Ekstase bedeutet „aus sich heraustreten“; legt man die kirchenchristliche Bedeutungsherkunft einmal beiseite (das Heraustreten der Seele aus dem Leib), ist sie der direkte Gegenpol von Autonomie. Geschlechtsakte sind in ihren Höhepunkten ekstatisch; Frauen schreien und jammern dann, als würden sie verprügelt (daher „Urszene“), manche Männer auch. Wenn wir verliebt sind, sind wir romantisch, prinzipiell; sind wir es nicht, sind wir nicht verliebt. Sich zu verlieben, ist aber ein allgemeines Prinzip, ein Geschehen querdurch die Kulturen, eine Form des Gehirns, die sexuellen Auslöser, Pheromone usw., kulturell zu codieren und aufzuladen - je nach Distanzgrad des Betrachters: kulturell zu erhöhen oder zu überhöhen; der Distanzierte erlebt es aber schon nur noch uneigentlich, d.h. er i s t dann gar nicht mehr verliebt, hat die Verliebtheit abgewehrt. Ich darf also nicht ironisieren, auch nicht in der modernen, autoaggressiven Form des „Trash“s, sondern muß strikt in den pathetischen Formulierungen bleiben. Die hier in Der Dschungel gegen meinen Ansatz losgaloppierende Kritik zeigt, wie genau ich in das Zentrum der Abwehr treffe, das „Skandalöse“ an meinem Verfahren ist, daß ich durch das Bild des Menschen, der sich selbst disponibel sei, einen dicken Strich mache. Es wäre dies nicht skandalös, wäre ich sentimental, bzw. christlich oder sonstwie esoterisch orientiert oder gehörte dem Kreis von Autorinnen und Autoren an, die sich dem sogenannten Kitsch verschrieben haben; das liefe dann unter „Erbauung einer Zielgruppe“, und keiner regte sich groß auf. Ich bin aber Determinist, bin nicht sonderlich gläubig, theoretisiere gerne und oft, meine Bücher, jedenfalls die Romane, haben durchweg ein intellektuelles Publikum, und ich bin technisch stark affiziert, etwa gegenüber dem Internet. D a löckt der Stachel. Er sticht die zivilisierte Schale des „Modernitäts“-Eies auf, kündigt den Konsenz.
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albannikolaiherbst - Dienstag, 29. September 2009, 09:22- Rubrik: BambergerElegien
Fassungslos von Unserm Dschungeldelta ergriffen, lasen Wir >>>> diese Nominierung (9. Vorschlag). Wir wußten zwar, daß Wir ein brasilianischer Regenwald, nämlich Wüste, Herr Nietzsche, nicht jedoch schon Nil sind, nämlich ein Amazonas, Herr Boson.
albannikolaiherbst - Mittwoch, 30. September 2009, 18:50- Rubrik: Netzfunde
Verlust ist des Bleibenden Anfang. Wie schmeck ich die Lippen nun wieder! Zurückgefunden Geschlecht und das Herz, da du fortwarst und dadurch zurückkamst. Abschied und Träne. Ein Wind, der von draußen hereinstreicht, der Regnitz entstiegen und tiefgrün am Rasen die Mauer hinauf, über den Kies der Terrasse zur Glastür. Bis Fenster und Zimmer dich atmen und nichts mehr nicht weint. Stühle, der Schreibtisch, Regale. Ein Wasser, das plötzlich von sich aus selbst in die Nische hineinweint, wo einer stand und bloß kochte. Von sich aus fließt das mit einmal. Als weinte ein andrer. Man kann sie nicht stoppen, die Trauer, die wir in dieser Verspätung erst gar nicht begreifen. Denn warn wir nicht längst schon gelöst? Schluchzlose Tränen, die willenlos rinnen. Als wär etwas leck hinter den Lidern: Ja weinen denn w i r diese Tränen? Und hören, indem wir es merken, schon auf: trocknende Risse die Fährten. So schnell hältst du inne, im Stolzsein Beschämte, die u m uns so i n uns geweint hat. Sie ist doch noch immer zuhause darin. Daß sie die Ferne nicht faßt! Wehrloses Lauschen. Wir sitzen. Hören dich an, in die wir verirrt sind, versteckt, klamm in der Klamm. Komm! Du willst es. Du folgst. Als wir sie öffnen, da sind sie, die Lider, schon dörr, und der Blick ist verdunstet. Als bräch uns, ein eingetrockneter Bachlauf, die Haut auf. Niemand mehr singt. Auf dem Kies und den Bänken spielt Sonne. Zur Kühlung ließ sie ein Schauer da. Wie wenn die Regnitz wär rückwärts geflossen, und du wärest, gegen den Zeitlauf gespült, ganz hinausgeschwemmt worden. An anderen Tagen, Geliebte, da kehrst du zurück in jähen, bestürzenden Bildern, die unbereit, wie wir sind, nicht für Erfüllungen taugen. So dunkel das Haar, wie es fiel. Nahmen die Mutter, die kindheitsvermißte, zur Frau. Kindheit, immer, drängt sich darüber. Klagt, wenn es jubelt. Vergangen! In solcher Verlassenheit da. Es fehlt ihr die Achsel, dein Hals fehlt, dein Ohr und die Duftspur Kamelie, Arabiens Düfte, die Düfte von untergegangenen Wäldern. Wir tränken sie, wenn wir uns äßen: Begeisterte, Undistanzierte. Nun weht's von der Regnitz, kontemplativ insistierend, herauf und herein. Abermals hat sie die Strömung verkehrt, wehrher aus Sprudeln, dem Nebel der Gischt, die zerblasen wehe Erinnerung freisetzt: daß sie, Deine Stimme, nicht weh wie die Leidenschaft stillwird, die sich erfüllt hat. Ich finde mit dem Verlust mich nicht ab, use it or lose it, dein schlafschwerer Körper, er liegt noch und wartet. Die Auskühlung hat ihn gekränkt, als das bleibende Tier achtlos über sie wegsprang und Beute anderswo suchte und fand. Bloß, weil Dein Geruch zu vertraut war und zu sehr Zuhause, worin man zwar schlafen mag, aber nicht jagt. Streunendes Testosteron. Läßt uns das Nest nicht, nicht Achsel nicht Haus, die wir drin eingerollt schlafen.
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albannikolaiherbst - Mittwoch, 30. September 2009, 18:47- Rubrik: BambergerElegien
Ein Muss für jeden Opernfreund: Massenets "Thais" auf Blu Ray-DVD, Regie: der außergewöhnliche Stefano Poda! Titelrolle: B. Frittoli.
Helbig - Mittwoch, 30. September 2009, 10:01- Rubrik: Oper
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Für Adrian Ranjit Singh v. Ribbentrop,
meinen Sohn.
Herbst & Deters Fiktionäre:
Achtung Archive!
DIE DSCHUNGEL. ANDERSWELT wird im Rahmen eines Projektes der Universität Innsbruck beforscht und über >>>> DILIMAG, sowie durch das >>>> deutsche literatur archiv Marbach archiviert und der Öffentlichkeit auch andernorts zugänglich gemacht. Mitschreiber Der Dschungel erklären, indem sie sie mitschreiben, ihr Einverständnis.
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E R E I G N I S S E :
# IN DER DINGLICHEN REALITÄT:
Mittwoch, den 5. April 2017
Bremen
Studie in Erdbraun
Mit Artur Becker und ANH
Moderation: Jutta Sauer
>>>> Buchhandlung Leuwer
Am Wall 171
D-28195 Bremen
19 Uhr
Sonnabend, 23. September 2017
Beethovenfest Bonn
Uraufführung
Robert HP Platz
VIERTES STREICHQUARTETT
mit zwei Gedichten von Alban Nikolai Herbst
>>>> Beethovenhaus Bonn
Bonngasse 24-26
D-53111 Bonn
16 Uhr
NEUES
Bruno Lampe - 2017/03/29 19:48
III, 280 - Bei Äskulap
Gegen zwei löste ich mich kurzentschlossen vom Schreibtisch. Es war nichts mehr abzuliefern. Aber die ... Die in einem ...
... Deckenlabyrinth sich mäandernde Inschrift...
Bruno Lampe - 2017/03/28 21:42
Vielhard, Leichtgaard:
albannikolaiherbst - 2017/03/28 07:53
Bruno Lampe - 2017/03/27 20:43
III, 279 - Oder auch nicht
Kühler Nordwind. Die Sicht ging bis zu Sant’Angelo Romano weit unten im Latium. Jedenfalls vermute ich ... Bruno Lampe - 2017/03/24 19:55
III, 278 - Einäugigkeiten und Niemande
Ein Auge fiel heraus, abends beim Zähneputzen. Es machte ‘klack’, und der Zyklop sah nur noch verschwommen. ... Danke, gesondert, an...
bei der sich in diesem Fall von einer "Übersetzerin"...
albannikolaiherbst - 2017/03/24 08:48
albannikolaiherbst - 2017/03/24 08:28
Schönheit. (Gefunden eine Zaubernacht). ...
Es juckt sie unter der Haut. Es juckt bis in die
Knochen. Nur, wie kratzt man seine Knochen?
Sein ... Bruno Lampe - 2017/03/22 19:39
III, 277 - Die Hühner picken
Irgendwas ist schiefgelaufen seit dem 9. März. Man könnte es so formulieren: die Verweigerung der Worte ... ich hör' ein heer...
ich hör’ ein heer anstürmen gegens...
parallalie - 2017/03/21 06:51
Ich höre berittene...
Ich höre berittene Landsknecht sich ballen vorm...
albannikolaiherbst - 2017/03/21 06:18
albannikolaiherbst - 2017/03/21 06:12
James Joyce, Chamber Music. In neuen ...
XXXVI.I hear an army charging upon the land,
And the thunder of horses plunging, foam about their knees: ... den ganzen tag lärmen...
den ganzen tag lärmen die wasser
ächzen schon
trist...
parallalie - 2017/03/18 09:55
Den ganzen Tag hör...
Den ganzen Tag hör ich des brandenden Meeres
Klagenden.. .
albannikolaiherbst - 2017/03/18 08:23
JPC

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Zuletzt aktualisiert am 2017/04/01 07:33
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