|
HOUSE OF DOLLS
das Sonnenlicht glitt über ihre Knie
so leicht & glatt & hinterhältig,
es gab niemals ein zweites paar,
das je so zart war und so unverletzlich.
ihr Zimmer glühte in den Nächten
so rot, betäubend und magnetisch,
so höllisch exaltiert und karnivorisch,
so eiskalt abgebrüht & provisorisch.
der Nachtwind nistet schon in ihrem Haar
so punktuell & so proteisch,
so unbegreiflich unterseeisch,
dass es kaum auszuhalten ist.
findeiss - Donnerstag, 3. Oktober 2013, 10:30- Rubrik: Gedichte
Pünktlich waren alle, wie ich das gewohnt bin. Es blieb sogar noch etwas Zeit, um in der „Pusteblume“ gegenüber dem Funkhaus einen Kaffee, einen Espresso, einen Cappucino und einen weiteren Espresso zu nehmen. Nervös wie immer Gerald Schaale, der diesmal das Problem hatte, „meine“ Partie sprechen zu müssen, was bedeutet, sich ganz auf meinen Sprechrhythmus einzustellen, während ich selbst mich auf Mellies' Parts einlassen mußte, die ich ja bewußt auf seine Stimme hin geschrieben, bzw. montiert habe. Doch er mußte wegen einer Zahnbehandlung absagen, und der Freund, den ich an seiner Stelle vorgesehen hatte, weil er sehr viel tiefer spricht als ich, hatte mich ohne Rückmeldung gelassen und erschien auch nicht. - Eigentlich hätte ich die Aufnahme lieber vom Regiepult aus überwacht; nun war es ein wenig wie bei René Jacobs, wenn er eine Aufführung zugleich dirigiert und das Cembalo für den basso continuo spielt.  Ich wollte die Sprecher nicht getrennt aufnehmen, sondern die Lebendigkeit des gemeinsamen Sprechens – eine Aufführung, gewissermaßen – eingefangen haben. Was ohne sonderlich Proben nur dann geht, wenn alle Beteiligten ein Gespür dafür haben zum einen, was der Text verlangt, zum anderen, was die Idee des Regisseurs ist. Allerdings bin ich ganz gut darin, sie zu vermitteln. Dabei kommt mir jedesmal zugute, daß Leidenschaft ansteckend ist. Also sprachen wir wirklich „am Stück“, sprangen gleich hinein in diese Arbeit, unterbrochen immer mal wieder von der Tontechnikerin, die auf Fehlgeräusche achtete, auch auf Aussprachen mit, was ebenfalls ich tat. Das Originaldokument nun wird spannend klingen; noch habe ich es nicht ganz angehört. Sondern werde es erst einmal sowohl auf den Arbeitslaptop als auch auf die Sicherungsplatte überspielen. Dann erst wird die Schneidearbeit beginnen.  Von einigen Szenen habe ich hernach die Sprecher:inne:n noch Varianten sprechen lassen, solche der Emphase, des Rhythmus', auch Lieblingsstellen noch einmal formen lassen: ganz, nunmehr, nach dem Wunsch der Beteiligten: Damit liegt nun genug Material vor, um während der Produktion noch improvisieren zu können. Lustig war, daß die Technikerin mich einmal knapp zurechtwies: „Herr Herbst, bitte nicht mitdirigieren. Das hör ich im Mikro.“ Natürlich hatte sie völlig recht, aber ich muß dann wirklich an mich halten, möchte mit den Händen die Worte vor- und mitformen, jedes Mal; es ist fast eine Art Zwang, das Wort in den Klang zu bringen. Und wie so oft nach einer glückhaften Aufnahme: Umarmungen hernach. Ein tiefes Danke an Antje von der Ahe, Kavita-Janice Chohan, Gerald Schaale und Andreas Nickl, sowie an Inge Görgner für die sensible Technik. *******
albannikolaiherbst - Sonntag, 6. Oktober 2013, 22:45- Rubrik: HOERSTUECKE
Sie spürte Sterne auf
sich, weich über sie
ins Dahin krabbelnde.
Sperma in die Weite
gebende, leuchtrote
Arme. Gewebig. Bloß.
read An - Dienstag, 8. Oktober 2013, 17:50- Rubrik: Gedichte
Iona. Sie ejakuliert auf den großen dahintreibenden Bauch. Warme Schlieren, die ins Wasser rinnen. Form zu werden. Seesterne vielleicht. Leuchtrote. Weich über andere Sterne, Getier und den Meeresgrund krabbelnde: unzählige, Sperma in die Weite streuende gebende Arme.
...
read An - Dienstag, 8. Oktober 2013, 14:00- Rubrik: Gedichte
Sie saß noch auf dem Bauch bis er unterging.
Wasserhände spülten unablässig das Leben aus
ihm. Iona. Ungespürte. Dein Geschlecht in seinem
warmen Blut waschende. Umherwogende Welt.
In die, aus deinem Spiegel, roter Meeresschaum
schwappt. Unendlich weit hergespülter. Leckt
meine Füße. Leckt Land. Altes, von Geschichten
verwittertes.
...
read An - Mittwoch, 9. Oktober 2013, 14:56- Rubrik: Gedichte
Regen rannte strömend die Häuser hinunter.
Hier schor ich dir dein Haar. Du hast es verlangt.
Nichts verwahrtest du mehr. Ich fühlte dein Herz
an meiner Wange schlagen als du mein Gesicht
in deine Brust tauchtest. Iona. Codename: Nikse.
Ich lachte dich aus. Du schlugst mich nur einmal.
Die Penismuschel, die ich dir um dein Handgelenk
band gebunden hatte, zerschellte.
...
read An - Donnerstag, 10. Oktober 2013, 12:19- Rubrik: Gedichte
Teile des gesplitterten Perlmutts lagen auf deinem,
im Waschbecken noch obenaufschwimmendem Haar.
Eine auf der Wasserhaut zu liegen gekommene
Decke. Geschlechtsmerkmalslose Materie nun. Iona.
Dir zuvor zum Betör gewachsene. Wie ein dunkles
Wesen, das in seinem keramischen Geburtsbecken
das Wasser aufsaugt, als wäre es sein Lebensliquid.
Als wolle es schwer werden. Sich durchtränken mit
geklärter Durchsichtigkeit.
...
read An - Freitag, 11. Oktober 2013, 12:10- Rubrik: Gedichte
Es gab etwas an mir, dass an dir litt. Iona. Das ich
in der Tiefe deiner Pupillen sah, um die, wenn du
aus meinem Bademantel die Schlinge zogst, es auf-
flackernd feuergrün flammte. Völkisch. Tanzend.
Die du dann um unser beider Bäucher schlangst.
Du zogst sie fest. Zogst, als zögest du aus unseren
Nabeln zwei Zungen, die sich leckten. Du sogst
Besinnungslosigkeit. Du sogst sie weg von mir.
...
read An - Samstag, 12. Oktober 2013, 16:14- Rubrik: Gedichte
Du reanimiertest meine Träume. Immer wenn du
neben mir schliefst, lag eine Hand von dir meinen
Gedanken auf, die einen Bildraum hielt, in den sich
eine Vielzahl weißer Tauben hob. Hinter Glas. In
Nacht. Empor vor mir in Schwere. Auf die Höhe
meiner Augen. Eine jede sich unter ihr eigenes Blut-
tuch gebend, das sie umschloss. Sie formte. Jede
zu einem Herz. Jedes: ein zeitgleich schlagendes.
Iona: Deins.
...
read An - Dienstag, 15. Oktober 2013, 21:33- Rubrik: Gedichte
Ich stand in einem laminaren Strom, den ich nicht fühlte, aber als etwas, das mich sanft vorantrieb und -sog, s a h. Er zog sich durch einen Raum, der als solcher noch wahrnehmbar blieb, aber in der Ferne, einer scheinbar unendlich entfernten, verschwand; die Unendlichkeit reichte hinauf wie hinab, es gab keinen Boden. Der Strom war trocken, nicht Wasser, sondern, denke ich mir, Energie. Wiewohl er überall war, reine Sukzession, schritt ich darin bis zu den Knien, die er umspielte; er schien verschiedene Dichten zu haben.
Ich kam aus einer Vergangenheit her, in die ich nicht zurückblicken konnte: nichts als eine helle und ebenfalls laminare Fläche hob sich hinter mir an. Und zwar blickte ich mich, wenn ich stehenbleiben mußte, bisweilen um, aber das Verlangen, noch etwas zu erkennen, wurde zunehmend flach. Stehenbleiben aber mußte ich immer wieder, weil der Strom nicht etwa stetig voran- … - spülte ist das falsche Wort, - lief wäre besser, auch - eilte, so, als hätten die Moleküle, aus denen er vielleicht bestand, winzige, in den Schrittchen nicht aufzuhaltende Füße; doch wahrscheinlich waren es gar keine Teilchen, sondern wie das Licht waren sie Welle zugleich, - - weil er also nicht stetig voransog, sondern unterbrochen war von Lücken, über die ich nichts anderes sagen kann, als daß in ihnen der Raum selbst jeweils fehlte: Da war einfach Nichts, ein Umstand, der ein weiteres Voran deshalb gar nicht erlaubte. Dennoch konnte ich jenseits dieser Lücken aus Nichts den Strom durchaus sehen: aus dem Nichts – den, wie sich herausstellte, Nicht sen – kam er gleichsam wie ein Quellsprung neu heraus, Quelle indes über die gesamte Höhe und Breite der mich umfangenen Unendlichkeit. Jedesmal dann, wenn ich stehenbleiben mußte und zurücksah, wachte ich auf, spürte den Körper neben mir, umfing ihn, klammerte mich geradezu fest. Doch von, will ich das nennen, „drüben“ sog der Strom weiter an mir, und mir wurde die Berührung zu eng, weil sie so viel Wärme hatte - zu viel Wärme für einen Körper, der auskühlt und sich dieser Auskühlung angleicht. So daß ich mich zu lösen versuchte, mich herumdrehte und hoffte, endlich schlafen zu können.
Erst jetzt weiß ich, daß die Nichtse eben diese Momente des Erwachsens aus meinem Traum waren, er selbst aber war die Unendlichkeit, in die ich jedesmal neu zurückfiel, wie einer im Fahrstuhl vermeint, in die Leere zu sacken. Doch eben das Erwachen war es, was mir erlaubte, die unheimlichen Lücken zu durchqueren, so daß ich herauskam, wo auch der Strom wieder Quelle geworden. Jedesmal dann schritt ich weiter - watete weiter, s o muß das heißen, bis zur nächsten Lücke, dem nächsten Erwachen und Versuch, mich an die Frau zu schmiegen, damit sie mich hielte. Tat sie es aber, löste ich mich, drehte mich abermals herum, fiel abermals hinab, hatte die nächste Lücke überwunden.
Dann löste sich auch der Raum vor mir auf. Ich hatte bald keinerlei Bedürfnis mehr zurückzuschauen; es war, als fiele sämtliches von mir ab, was Ich gewesen. Auf meinem Weg in den, wie ich von allem Anfang an wußte, Tod, waren meine Gefühle zunehmend flach geworden, waren längst schon versiegt, erst nur noch Erinnerungen, dann schon nicht einmal mehr lästig. Sie hatten mit mir, der wahrnahm, so wenig mehr zu tun wie mein Ich, das sich auflöste, in warmer Milch ein Zucker, indem es den Körper verlor, das nichts mehr fokussierte; auch das Wort „wahrnehmen“ - als Ausdruck einer definierten Sinnesempfindung – trifft das Geschehene nicht, das immer weiter Geschehende. Es war wie mein Augenlicht, als es auseinanderfiel während der >>>> Augen-OP: noch drückt der scharfe Laserstrahl auf die Hornhaut, und man sieht die Spitze der Spritze sich in den Glaskörper tunken, aber man fühlt sie nicht, weil das Auge betäubt worden ist. Schon zersetzt sich die Linse, und der Laserstrahl zerfällt in sämtliche Farben des Spektrums. So, genau so, in diesem Strom, zerfiel nun ich selbst, das Selbst und das Ich, wurde zu einem Teil des Stromes, zu Teilchen von ihm, aufgenommen in ihm, aufgelöst, amalgamiert. Doch bevor nun alles hinweg war, und gleichgültig war, und keine Empfindung mehr war und keine Wahrnehmung weiter, wachte ich auf, weil der Wecker mich rief. Die Frau, aber, neben mir, weinte.
>>>> Traumschiff 2
albannikolaiherbst - Donnerstag, 24. Oktober 2013, 17:36- Rubrik: Traumprotokolle
albannikolaiherbst - Montag, 28. Oktober 2013, 18:08- Rubrik: TRAUMSCHIFF
|
|
Für Adrian Ranjit Singh v. Ribbentrop,
meinen Sohn.
Herbst & Deters Fiktionäre:
Achtung Archive!
DIE DSCHUNGEL. ANDERSWELT wird im Rahmen eines Projektes der Universität Innsbruck beforscht und über >>>> DILIMAG, sowie durch das >>>> deutsche literatur archiv Marbach archiviert und der Öffentlichkeit auch andernorts zugänglich gemacht. Mitschreiber Der Dschungel erklären, indem sie sie mitschreiben, ihr Einverständnis.
Kontakt ANH:
fiktionaere AT gmx DOT de
E R E I G N I S S E :
# IN DER DINGLICHEN REALITÄT:
Mittwoch, den 5. April 2017
Bremen
Studie in Erdbraun
Mit Artur Becker und ANH
Moderation: Jutta Sauer
>>>> Buchhandlung Leuwer
Am Wall 171
D-28195 Bremen
19 Uhr
Sonnabend, 23. September 2017
Beethovenfest Bonn
Uraufführung
Robert HP Platz
VIERTES STREICHQUARTETT
mit zwei Gedichten von Alban Nikolai Herbst
>>>> Beethovenhaus Bonn
Bonngasse 24-26
D-53111 Bonn
16 Uhr
NEUES
Bruno Lampe - 2017/03/29 19:48
III, 280 - Bei Äskulap
Gegen zwei löste ich mich kurzentschlossen vom Schreibtisch. Es war nichts mehr abzuliefern. Aber die ... Die in einem ...
... Deckenlabyrinth sich mäandernde Inschrift...
Bruno Lampe - 2017/03/28 21:42
Vielhard, Leichtgaard:
albannikolaiherbst - 2017/03/28 07:53
Bruno Lampe - 2017/03/27 20:43
III, 279 - Oder auch nicht
Kühler Nordwind. Die Sicht ging bis zu Sant’Angelo Romano weit unten im Latium. Jedenfalls vermute ich ... Bruno Lampe - 2017/03/24 19:55
III, 278 - Einäugigkeiten und Niemande
Ein Auge fiel heraus, abends beim Zähneputzen. Es machte ‘klack’, und der Zyklop sah nur noch verschwommen. ... Danke, gesondert, an...
bei der sich in diesem Fall von einer "Übersetzerin"...
albannikolaiherbst - 2017/03/24 08:48
albannikolaiherbst - 2017/03/24 08:28
Schönheit. (Gefunden eine Zaubernacht). ...
Es juckt sie unter der Haut. Es juckt bis in die
Knochen. Nur, wie kratzt man seine Knochen?
Sein ... Bruno Lampe - 2017/03/22 19:39
III, 277 - Die Hühner picken
Irgendwas ist schiefgelaufen seit dem 9. März. Man könnte es so formulieren: die Verweigerung der Worte ... ich hör' ein heer...
ich hör’ ein heer anstürmen gegens...
parallalie - 2017/03/21 06:51
Ich höre berittene...
Ich höre berittene Landsknecht sich ballen vorm...
albannikolaiherbst - 2017/03/21 06:18
albannikolaiherbst - 2017/03/21 06:12
James Joyce, Chamber Music. In neuen ...
XXXVI.I hear an army charging upon the land,
And the thunder of horses plunging, foam about their knees: ... den ganzen tag lärmen...
den ganzen tag lärmen die wasser
ächzen schon
trist...
parallalie - 2017/03/18 09:55
Den ganzen Tag hör...
Den ganzen Tag hör ich des brandenden Meeres
Klagenden.. .
albannikolaiherbst - 2017/03/18 08:23
JPC

DIE DSCHUNGEL.ANDERSWELT ist seit 4675 Tagen online.
Zuletzt aktualisiert am 2017/04/01 07:33
IMPRESSUM
Die Dschungel. Anderswelt
Das literarische Weblog
Seit 2003/2004
Redaktion:
Herbst & Deters Fiktionäre
Dunckerstraße 68, Q3
10437 Berlin
ViSdP: Alban Nikolai Herbst
HAFTUNGSAUSSCHLUSS
Der Autor diese Weblogs erklärt hiermit
ausdrücklich, dass zum Zeitpunkt der Linksetzung keine illegalen
Inhalte auf den zu verlinkenden Seiten erkennbar waren. Auf die aktuelle
und zukünftige Gestaltung, die Inhalte oder die Urheberschaft
der gelinkten/verknüpften Seiten hat der Autor keinerlei Einfluss.
Deshalb distanziert er sich hiermit ausdrücklich von allen Inhalten
aller gelinkten /verknüpften Seiten, die nach der Linksetzung
verändert wurden. Diese Feststellung gilt für alle innerhalb
des eigenen Internetangebotes gesetzten Links und Verweise sowie für
Fremdeinträge in vom Autor eingerichteten Gästebüchern,
Diskussionsforen und Mailinglisten, insbesondere für Fremdeinträge
innerhalb dieses Weblogs. Für illegale, fehlerhafte oder unvollständige Inhalte und insbesondere für Schäden, die aus der Nutzung oder Nichtnutzung solcherart dargebotener Informationen entstehen,
haftet allein der Anbieter der Seite, auf welche verwiesen wurde,
nicht derjenige, der über Links auf die jeweilige Veröffentlichung
lediglich verweist.
|