Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop

e   Marlboro. Prosastücke, Postskriptum Hannover 1981   Die Verwirrung des Gemüts. Roman, List München 1983    Die blutige Trauer des Buchhalters Michael Dolfinger. Lamento/Roman, Herodot Göttingen 1986; Ausgabe Zweiter Hand: Dielmann 2000   Die Orgelpfeifen von Flandern, Novelle, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2001   Wolpertinger oder Das Blau. Roman, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2000   Eine Sizilische Reise, Fantastischer Bericht, Diemann Frankfurtmain 1995, dtv München 1997   Der Arndt-Komplex. Novellen, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1997   Thetis. Anderswelt. Fantastischer Roman, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1998 (Erster Band der Anderswelt-Trilogie)   In New York. Manhattan Roman, Schöffling Frankfurtmain 2000   Buenos Aires. Anderswelt. Kybernetischer Roman, Berlin Verlag Berlin 2001 (Zweiter Band der Anderswelt-Trilogie)   Inzest oder Die Entstehung der Welt. Der Anfang eines Romanes in Briefen, zus. mit Barbara Bongartz, Schreibheft Essen 2002   Meere. Roman, Marebuch Hamburg 2003 (Verbotene Fassung)   Die Illusion ist das Fleisch auf den Dingen. Poetische Features, Elfenbein Berlin 2004   Die Niedertracht der Musik. Dreizehn Erzählungen, tisch7 Köln 2005   Dem Nahsten Orient/Très Proche Orient. Liebesgedichte, deutsch und französisch, Dielmann Frankfurtmain 2007    Meere. Roman, Letzte Fassung. Gesamtabdruck bei Volltext, Wien 2007.

Meere. Roman, „Persische Fassung“, Dielmann Frankfurtmain 2007    Aeolia.Gesang. Gedichtzyklus, mit den Stromboli-Bildern von Harald R. Gratz. Limitierte Auflage ohne ISBN, Galerie Jesse Bielefeld 2008   Kybernetischer Realismus. Heidelberger Vorlesungen, Manutius Heidelberg 2008   Der Engel Ordnungen. Gedichte. Dielmann Frankfurtmain 2009   Selzers Singen. Phantastische Geschichten, Kulturmaschinen Berlin 2010   Azreds Buch. Geschichten und Fiktionen, Kulturmaschinen Berlin 2010   Das bleibende Thier. Bamberger Elegien, Elfenbein Verlag Berlin 2011   Die Fenster von Sainte Chapelle. Reiseerzählung, Kulturmaschinen Berlin 2011   Kleine Theorie des Literarischen Bloggens. ETKBooks Bern 2011   Schöne Literatur muß grausam sein. Aufsätze und Reden I, Kulturmaschinen Berlin 2012   Isabella Maria Vergana. Erzählung. Verlag Die Dschungel in der Kindle-Edition Berlin 2013   Der Gräfenberg-Club. Sonderausgabe. Literaturquickie Hamburg 2013   Argo.Anderswelt. Epischer Roman, Elfenbein Berlin 2013 (Dritter Band der Anderswelt-Trilogie)   James Joyce: Giacomo Joyce. Mit den Übertragungen von Helmut Schulze und Alban Nikolai Herbst, etkBooks Bern 2013    Alban Nikolai Herbst: Traumschiff. Roman. mare 2015.
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Netzzock. MMS24.info/International Billing Service, Haferkamp 2, 22081 Hamburg.

Rg. RA-001415/RA-0001480

Sehr geehrte Damen und Herren,

unter den im Betreff genannten Rechnungsnummern habe ich von Ihnen postalisch zwei Rechnungen über jeweils 84 Euro zugesandt bekommen, deren Grundlage ich hiermit bestreite.

Einmal abgesehen davon, daß es sich beide Male um denselben Vorgang handelt, der dann also doppelt abgerechnet würde, ist er an sich substanzlos. Ich erhielt auf meine Mobilnummer *** eine SMS von einer Telefonnummer, der nicht angesehen werden konnte, daß sie nicht zu meinem Bekannten- und Geschäftskreis gehört, nämlich von 0157-83875512. Als die SMS einging, fragte ich, ebenfalls per SMS, sofort zurück, wer mir dies gesendet habe. Darauf erhielt ich keine Antwort und ging auf die in der SMS genannte Site, um mir die Sendung anzusehen. Dazu mußte ich mich anmelden, was normalen Registrierungsvorgängen entspricht. Von einem kostenpflichtigen Zugang war auf der Site keine ersichtliche Rede, obendrein von einem im Betrag derart übersteigerten. Was ich nun zu sehen bekam, war ein pornographischer, obendrein ziemlich öder Film, an dem ich absolut kein Interesse hatte. Schärfere sind kostenfrei im Netz ohne jeden Aufwand zu kriegen. So buchte ich die Angelegenheit als Spam ab, hatte aber auch keine Lust, mich weiter darum zu kümmern.
Jetzt sieht die Sache freilich anders aus, und ich werde gegebenenfalls Strafanzeige stellen. Weder aus der mir zugestellten SMS noch aus der Site www.mms24.info ließ sich in auch nur irgend einer Weise vorherersehen, welch eine Art "Sendung" da an mich gegangen war. Im übrigen pflege ich prinzipiell auch für realen Sex nicht zu zahlen; weshalb sollte ich es für virtuellen tun?

Wenn Sie die Strafanzeige vermeiden wollen, teilen Sie mir umgehend mit, daß Sie diese Email erhalten haben und Ihre "Forderung" damit gegenstandslos ist.

Ohne jede Hochachtung:
ANH
(Alban Nikolai Herbst)

P.S.: Ich habe den in Rede stehenden SMS-Vorgang für den Prozeßfall archiviert.

Sehnen.


Je solches Blicken gesehen
Je von der Bahn dieser Nase gerutscht
Auf der Krone dieser Lippen gesessen
von da den Flug verfolgt

über ihm, bis er fällt
So geht sie durch ihn
füllt ihn und leert ihn
Kokoschka

: der lächerliche Mann
vergaß, was er ist
derart erhoben
im, wenn sie schauen

gemeinsamen Staunen
Trägt und weiß nicht
wie noch er tragen

ohne kann

Geschichtskunst. Von Friedrich (1). Bei Horst Stern.

Im übrigen meine ich, daß die Geschichtsschreibung keine Wissenschaft ist. Sie ist, wie die Theologie, eine Kunsthervorbringung in der Exegese alter Texte.

Friedrich II, horror et stupor mundi,
nach >>>> Stern, Mann aus Apulien, S. 9.

Augen.


Nie hab ich so schwarze Augen gesehen
unter den Oberlidern
nie solch ruhenden Schwung zweier Brauen

die mir die Dämme bauen
mich über den Wimpern zu halten
wenn mich die darunter stehen

der warmen, stillen Wassergestalten
Iriden in ihr dunkles Fluidern
hineinziehen und spalten

in rechts und links ein halbes Herz
um auf meinen ganzen Schmerz
Gewißsein zu erwidern

Eine akustische Kreuzfahrt. Ein Schriftsteller-Tagebuch mit Tönen, 5: Aus dem Typoskript der vierten Fassung.

(...)

Sprecher 1 Lanmeister mag nichts mehr festhalten. Weder fotografiert er, noch nimmt er Töne auf wie ich.

Sprecherin 2 Des Windes.

Sprecherin 1 Der Meere.

O-Ton: Stimmen.

Sprecher 1 Ob er wohl zwischen denen sitzt? Ist es der dort vielleicht? Nein, viel zu kantig. Lustig, das schüttere, dennoch lange graue Haar, wie es vom Wind aufgeweht wird. Sieht davon aus wie ein Punker.

Sprecherin 1 Seine Augen irrten über dem Wasser dahin. Höher stieg die Sonne und höher.

Sprecherin 2 Die See ward blau.

Sprecher 1 Wir werden sprechen, er und ich, wie von einer Welt in die andre. Wenn wir uns treffen.

Sprecherin 1 So hoben sich die Wellen und fielen wieder ruhig. So hob sich das Schiff zu den Seiten und fiel mit ihnen hin. - Dies war der erste Tag, an dem er nichts tat, als zu schauen.

Atmo: Meeresgeräusche vom Bootsdeck aus.

Sprecher 2 Den Wellen zusehen, den Farben, Bewegungen, deren Gestalten in mich dringen wie Klänge: wuchtige, feine, sirrende, klatschende zuweilen, gegen den Bug.

Atmo weg.

Sprecherin 1 Am Vorderdeck wurde der Rost von den Kabelrollen geschliffen. Drei Arbeiter in Blaumann warteten den Außenborder des Beiboots. Emsig fragten Kellnerinnen hier, Kellner dort. Jeder in geschäftigster Arbeit

Sprecher 1 Sie lächeln immer.

Sprecherin 1 Erstmals spürte er, wie dahinter, darunter eine geschlossene Welt lag, eine zweite Welt in der Welt. Zwei strikt getrennte Organismen, deren einer aber den anderen nährt, wofür der vorher bezahlt hat.

Sprecherin 2 Die Passagier- und die Crewwelt, ihrerseits diese in eine Service-und Mannschaftswelt geteilt,

Sprecherin 1 mit den Passagieren verbunden im Lächeln der Zuvorkommenheit.

Sprecherin 2 Zwei Tage vergingen, schon drei.

O-Ton-Atmo: Einige Zeit für sich, ohne Sprechereinschübe.

Sprecherin 1 Herrn Lanmeister war er noch immer nicht begegnet.

(...)


>>>> Eine akustische Kreuzfahrt 6
Eine akustische Kreuzfahrt (4) <<<<

Sternenwürmer ODER Die Kontemplation. Von Friedrich (3).

Kontemplation als Voraussetzung eines jeglichen Philosophierens ist an langwährende äußere und innere Zustände der Ruhe gebunden, am eine Ruhe, wir Demokrit sie verstand: der Seelenzustand, der durch keinerlei Affekte und Begierden erregt wird, vielmehr daliegt wie das von keinem Lufthauch bewegte Meer. Vor allem aber ist Philosophieren an ein Denkvermögen gebunden, das den Gang der Sterne nicht außer acht lassen muß, während es das Kriechen der Würmer bedenkt.
Friedrich >>>> bei Horst Stern, S. 148/149.
Von Friedrich (2) <<<<

Wissen, wie Du schmeckst.


Du sagtest Du sagtest
Du sagte ich sagtest Du

nahmst meine Zehen zwischen die Lippen
strich meine Zunge Deine Sohlen entlang

bog sich Dein Leib
saugt‘ ich mich an den Ballen fest

saugtest die Eichel unter den Gaumen
saugt‘ ich Dein ganzes Geschlecht in den Mund

und trank
und gäb Dir zu trinken, einander zu nähren

glitt mein rechter Daumen in Deine Rosette
widerstandslos bis an die Gründe

der Seele, unserer,
beinah ganz heran:

So ruhten aneinander die Stirnen,
verwuchsen in den Nasenwurzeln

Legst mir die Hand auf den Schwanz
Kann nimmer anders schlafen.

GrundStein


Ich kann Es nicht tun jetzt, sagst Du, du wärest nicht gemeint.
Ich lass mich nicht abtreiben, sage ich. Nicht von Dir. Väter können das nicht.


Ich beanspruche dieses Revier.
Die Jahre, Ausbrüche, Deutungen sind mein; wer nimmt, dem gehören sie. Nicht als Enteignung, Leugnung, Anverwandlung, einfach die:
dröhnende Wucht des Eigenen im EntZweiten.
(Gong.)
.
.
.
(Drei Zeilen für die Narration freigehalten)
((Drei werden nicht reichen, Löwin))
(((Ich weiß)))

„Statthalter“ seien wir, sagten wir.
(Für die den Mut nicht hätten?) ( Du zitierst (mich) (zu) knapp; meine Kraft kommt nicht aus Überhebung )

Unter jedem der Worte, die Du aufhebst, um Statt zu halten
wohnt jemand, der kein Haus mehr hätte, nähm er Dein Handeln beim Wort

Wer den Grundstein hebt, legt ihn nicht mehr zurück.
Doch wen schert schon Auslegung. Ich bin hier: Fühlen heißt Füllen; die Luft über dem Grund gehört allen, meinen hast Du verwendet benutzt und ich Deinen und alle mit Steinen und alle unter ihnen sind gültig.
Wer meinen will, hebt sich, wer nicht gemeint sein will, sucht Unterschlupf.

Resümier uns nicht, sage ich.
Es gilt nur, was vom Ersten Blick an i s t, sagst Du.
Die Frau wählt, d i e F r a u will das Kind. Von. Mir. Nichts, das wächst, gilt je so viel wie sehen und - wissen. Du aber hast mich gewählt mit Konditionen.
Die verändern sich, sage ich.
Die verändern sich nie mehr, behauptest Du.
Ich schweige dann. Kategorien sind Dynamit: nur zum Sprengen gut. Ich lebe in Zuständen.

(Ich sehe Dich, textete ich in den Berg hinein vor (so wenigen erst?) Tagen, in Dein und Euer Verschlungensein),
und später schrieb auch ich Briefe. Ich warf sie in die
Hohe Stadt
ein, in der Du singst.
Tagsüber bekam ich nur ein hauchdünnes Blatt durch, nachts waren es mehr.

Teeren und Federn
Tee und Federn
Fee und Federn:

Der kleinen Löwin Singsang im Dunkeln.

Ach, Kind, was tust du denn da? Darfst doch wüten

HochMut

- Du läufst immer zu Hochform auf, wenn Du glaubst, Deine Vernichtung stünde unmittelbar bevor, sage ich.
Er lacht auf: - Ich fühl’ mich alles andere als in Hochform, ich krieg’ ja nichts hin.
Doch. Kriegst alles hin, was dein Fieber füttert.
Keine Wadenwickel für den Helden. Nicht von mir. Lieber werf’ ich ein Scheit ins Feuer, hab’ fürs Sedieren nichts übrig, Beschwichtigung, da steckt schon der Wicht drin, ich glaub’ denen, die sich versteigen, oben im Berg.
(Solang sie –
doch das Wort mag ich nicht sagen aussprechen.)

Sag nicht deins, sag seins, Löwin,
sag: Liebhe
Schau, wie seins alles braucht
Und deins keins.


Seltsam, seine Briefe: wie Doping. (Ups, das wird ihm nicht gefallen) Wer sie sich einverleibt, rennt schneller, wer Doping hasst, muss vielleicht kotzen.
(Also gut, dann Götterspeise)
Es gibt übrigens keine Passiven hier. Wir sind, was wir sein wollen. Kein Schutzraum, keine Opfer, kein Schuldgefühl. Alles ist sofort frei gegeben, auf selbst die kleinste Fühlung fällt ein Licht.
Es ist angerichtet. Darin nicht Kunst zu sehen ist statthaft, zeugt aber von steriler Gesinnung: Wenn einer erleuchtet ist, geht man doch nicht in den Schatten.

Niemand verdient. Sich Liebe. Zieht ab, was Ihr erwirkt hättet, erschrieben, errungen, bewiesen und erkoren,
(ereifert)
streift den Samt von den Händen und die Jahre aus dem Fell (Verdammt, Dein Brustfell, wie mir das fehlt)
Was dann i s t: d a s nimmt sich die Liebhe.

Wenn sie kann.

Briefe nach Triest 7: Distanzierung (Überlegungen, 1).

[Arbeitswohnung.
6.32 Uhr.]

Der >>>> gestrige Brief kündigte es an: Ich muß eine distanzierte Reflektion einschieben. Sie ist, in der Briefabfolge - als einer zugleich neuen Form des Arbeitsjournals – problematisch. Denn ich bin mir noch unklar darüber, wie ich sie netzlogisch verankere. Wahrscheinlich werde ich heute eine eigene Dschungelrubrik für die Briefe erstellen, worin aber nur die Links auf sie zu finden sind, je mit den Überschriften, und solche auf Reflektionseinschübe wie diesen, also „Erster Brief nach Triest“, „Zweiter Brief nach Triest“, (…), „Sechster Brief nach Triest“, „Überlegung 1“, „Achter Brief nach Triest“ usw.
Dies betrifft das Netzgeschehen, das, wie ich nun merke, eine zweite Spielart der Veröffentlichungsform ist, deren erste >>>> Die Fenster von Sainte Chapelle gewesen sind. Hingegen gehören weder >>>> mein New-York-Roman, noch Findeiss‘ >>>> Ahmeti-Erzählung hinzu, die sich zwar ebenfalls unter >>>> „Fortsetzungsroman“ finden, wenn auch „New York“ dann verschoben wurde; aber das sind bereits fertige Stücke gewesen, die nicht direkt im Netz entstanden. Es fehlt ihnen die Unmittelbarkeit, auf die diadorim und ich >>>> gestern zu sprechen kamen. Der Versuch ist, sie auch für das spätere Buch zu bewahren, jedenfalls ihre starken Energien im Kraftreservoir des Romans zu speichern. In der Tat kostet es mich heute Überwindung, jedenfalls eine starke Beherrschung, meinem angekündigten Vorhaben zu folgen und eben nicht gleich den siebten Brief zu schreiben – nach den Geschehen von gestern abend ganz besonders: - ein Nichtgeschehen, sollte ich sie nennen. Mal sehen, ob sich deren Unmittelbarkeit morgen wieder herstellen läßt: die Geschichte (m)eines Versagens, die unvermittelt auf Lenz projeziert werden muß.

„Briefe nach Triest“, in der Tat ein starker Titel, gerade in seiner Schwebehaltung, in der die Verwandlung von Realität in Fiktion bereits mitschwingt, stärker als im quasi-klassischen >>>> „Αἰαιαη oder Die Erleuchtung“, besonders mit seinem altgriechischen Circe-Bezug: zu gelehrt, sowieso, für die meisten gegenwärtigen Lesergruppen. Als I d e e eines großen Liebesromanes sollte er allerdings erhalten bleiben. Das schließt Lenzens „rein“ fiktive Person aus, also als die, abgesehen von der Lydierin, alleinige, auf die geschaut und über die erzählt wird. Es wäre dann immer der Briefautor zugleich, der im Focus des Romans steht, er begründet gleichsam Lenz (wie es auch der „Realität“ entspricht), aus ihm bezieht Lenz die für einen wie ihn ungewöhnliche Einlassungskraft.
Nicht so sehr ist aber das Moment des „Blickens“, auf das immer wieder abgestellt wird, unrealistisch, sondern vielmehr steht in Frage, im Sechsten Brief deutete ich‘s an, wieso sich die Lydierin darauf einläßt, was s i e so ergreift, während das in der Begegnung der Sìdhe mit dem Autor gar keine Frage ist, der ohnedies für „das Andere“ steht, bereits in den Gerüchten, die um ihn kursieren, vor allem in dem, was die Sìdhe schon vorher von ihm kannte: also in seinen Texten. Dazu die Erscheinung. All das gibt es bei Lenz nicht. Er, Lenz, hat schlichtweg kein Geheimnis, sondern das wird ihm erst in der Begegnung mit der Lydierin. Man kann sagen, sie gebäre ihn. Dann hat, daß sie sich wieder zurückzieht, vielleicht damit zu tun, daß sich Kinder, schon gar nicht die eigenen, nicht als geschlechtliche, schon gar obsessiv begehrte Liebespartner eignen, auch nicht, wenn sie erwachsen wurden. „Jetzt bist du geworden, nun lauf allein!“ könnte die Botschaft der Lydierin sein. Dann würde diese Liebesgeschichte einerseits ein Entwicklungsroman, andererseits unterstellte es aber, daß diese Frau sehr viel weniger selbst gefangen wurde, als ich doch gerne erzählen möchte. Ich meine abermals das „Blicken“. - Für einen „klassisch“ erzählten Roman sind solche Überlegungen findamental. Er kann, so, eigentlich nicht funktionieren. Die Psychologie kippt zu oft. Da müßte zu sehr narrativ geschummelt werden, und die Erzählung wirkte nur konstruiert: Man sähe zu sehr das Gerüst, das man in einem solchen g a r nicht sehen darf.
Das Problem entfällt, ja wird zu einer Stärke, wenn ich tatsächlich die Briefe-selbst den Roman sein lasse. Dann wird das Changieren zwischen dem Erzähler-Ich und Lenz zu einem besonderen Reiz, der sich aus den ständigen Versuchen der Distanzierung und eben ihrem Fehlgehn ergibt, ebenso bei der Bemühung, die Sìdhe zur Lydierin umzuformen. Spannend daran ist, daß, wenn mir diese Form gelingt, sowohl Erzähler als auch die Sidhe - Lenz ganz wie die Lydierin - in der Imagination der Leser:innen zu gleichwertigen Personen werden, das heißt solchen, die man im Inneren sieht. Da wäre dann im Rezipienten die Spaltung gelungen: er, bzw. sie, die Rezipientin, läßt sie in sich erstehen.

Lydien, Heimat der Lydierin, bleibt eine Märchen-, bzw. Stellvertreterfolie, anders als Triest, die tatsächliche Stadt der „wirklichen“ Sìdhe. Das muß klar sein. Lydien lassen sich alle nur denkbaren Eigenschaften, Landschaften, Temperaturen zuschreiben, es ist eine reine, geografisch, Projektionsfläche, indessen Triest immer konkret zu bleiben hat. Hätte ich jetzt nicht Angst, der Sìdhe dort zu begegnen – unplanhaft plötzlich und darum überwältigend, aber ins Leere überwältigt – , ich flöge noch einmal hin, um die genauen Orte zu recherchieren; damals wußte ich ja noch nicht, daß diese Liebe auf einen Roman hinauslaufen würde. Zum Beispiel weiß ich nicht mehr, wie das Café hieß, in dem wir am ersten Tag saßen. Ich wollte aber auch den Park noch einmal abgehen, müßte indes fürchten, daß sie dort joggt. Dann noch die Einsamkeit abends im Hotel... - nein, es wäre zu früh. Vorerst behelfe ich mir mit meinen Erinnerungen an Triest, ich habe ja einige Fotos gemacht, und mit Google Earth, das insofern seine Wahrheit hat, als es ohnedies die Grundlage eines unserer Liebes-Entferntheitsspiele war.

Die „wirkliche Sìdhe“: schon ein Widerspruch im Begriff. Auch hierauf, daß das so bleibt, ist zu achten; es geht eben nicht, wie man mir vorgestern >>>> unterstellt hat, um einen „Verrat“, sondern im Gegenteil um ein Bewahren eines in der Tat mythischen Geschehens. Mehr noch! Die Verrats-Unterstellung entspricht dem monotheistischen Bilderverbot; schon, daß der „Name“ Sìdhe gewählt wurde, steht mit ihm auf Kriegsfuß: Sìdhe ist heidnisch. Damit knüpfe ich deutlich an den >>>> Wolpertinger an, folge aber zugleich den in den >>>> Anderswelt-Büchern entwickelten Erzählstrukturen. Was mir vorschwebt, ist, sie mit der Narrativität des Traumschiffs zu verbinden, und zwar so, daß den ewigen Vorwürfen gleichsam de natura entgegnet wird, es sei alles zu kompliziert. Der schließliche Text soll genau die „Einfachheit“ haben, die das Traumschiff hat, auch wenn logischerweise, anders als in diesem, nicht linear erzählt wird, sondern die lyrische Komponente Vorrang hat.

Dennoch komme ich um eine zumindest skizzenhafte Charakterzeichnung sowohl Lenzens als auch der Lydierin nicht herum:

Lenz.
Um die fünfundvierzig, hochgewachsen, sehr selbsbewußt zu Anfang, jedenfalls gibt er sich so. Banker, Broker, sowas, was für ein Finanzdienstleister auch immer. Ökonomischer und damit quasi gesellschaftlicher Aufsteiger (Kleinbürgerherkunft, enges Zuhause, verhärmte Mutter, viel zu weicher Vater – daher auch seine eigene Weichheit und daß er von der Lydierin so „betroffen“ werden kann); vor der Begegnung Positivist: „Fakten“. Besonders wichtig ist ihm (um sich von seiner Herkunft abzusetzen), daß er zu sein s c h e i n t: Also achtet er auf Repräsentationsobjekte, Autos, Wohnung, Kleidung, Schmuck für die Gemahlin usw. Tatsächlich ist er, wenn es um sich und die Frau geht, geizig, ja kleinlich. Das Bild ist bekannt, gesellschaftlich Stanze. Seine Frau hat sich darin eingerichtet, spielt das Spiel gern mit. Die Ehe hat ein Kind, schon Jugendlicher jetzt. Auch der schon ist aufs Funktionieren trainiert, ja geradezu abgerichtet worden. (Die Wut der Gemahlin, als Lenz, wegen der Lydierin, dieses System nun verläßt, ausbricht).
Die Lydierin.
Um die fünfundddreißig, noch einen Tuck jünger vielleicht. Wie ich >>>> dort schrieb: teils arabische, teils jüdische Wurzeln; enger „stamm“hafter Familienzusammenhalt; auch sie ist ausgebrochen, aber früher, logisch, als nun Lenz. Hochbegabt, irres Abi, Meisterschülerin an der Uni. Extrem sprachbefähigt, daher ihr Job bei der lydischen Firma, der sie sich vorübergehend als Fremdsprachenkorrespondentin verdingt hat. Eigentlich wollte sie in die Kunst, hat es auch versucht, arabische Gegenwartskunst, die für Emanzipation eintritt. Frauenrechtlerin also in stark patriarchalem Umfeld. Von dem bleibt sie allerdings geprägt, was ebenfalls ein Grund dafür sein kann, daß sie sich von Lenz wieder trennt. Das Tragische wäre dann, daß eben seine erst durch sie geöffnete Weichheit, die sie eigentlich sucht, das ist, was sie dann flieht. Hierüber muß ich nachdenken; vielleicht „ergibt“ es sich auch aus den weiteren Briefen. - Eine ausgesprochen schlanke Frau, der Sìdhe darin ähnlich. Irgendwo vorher habe ich von einem Egon-Schiele-Körper gesprochen, einem also, den er wieder und wieder gemalt hat. Durchaus ein bißchen kantig. - Starker Kinderwunsch, den ihr Lenz aber nicht erfüllt; wir wissen vielleicht nie, weshalb nicht. Auch das kann ein Grund für die spätere Trennung sein.
Der Briefautor.
Durchaus an mich selbst angelehnt, wie in Meere, aber diesmal eben kein Maler, anders als Fichte. Dennoch wären ein paar Lebensumstände umzudrehen (pervertere), Details nur, die dazu dienen, Distanzen klarzumachen: Hier wird gebaut, nicht „abgeschrieben“. Seine Energien aber, deshalb ist er notwendig, gehen auf Lenz über; hieraus speist sich dessen Kraft, das vorherige Lebenssystem zu verlassen. Über den „Katalysator“ habe ich >>>> schon geschrieben. Seine, des Briefautors, Entwicklung wird darin bestehen, sich als einen solchen anzunehmen; genau das wird ihm helfen, die für ihn zutiefst schockierende Trennung anzunehmen und zu verarbeiten. Er hat etwas in Gang gesetzt, hat ein verkrustetes System wieder verflüssigt. Das wird ihn nicht weniger unglücklich machen, ihm den Verlust nicht ersetzen, doch schließlich sein Selbstbewußtsein stärken. Insofern geht er über Fichte hinaus. Vielleicht entwickle ich daraus sogar ein Credo des Künstlers, und zwar in einem Sinn, den >>>> dort die Löwin formuliert hat. (Um es zu wiederholen: „Kein Schutzraum, keine Opfer, kein Schuldgefühl“). Es ist aber insgesamt zu überlegen, inwieweit ich nicht des Briefautors persönliches Umfeld, seine Sozialität, also Freunde usw., vor allem vorhergangene und unter der Oberfläche weiterwirkende Lieben in den Roman mit einbeziehen muß, so, wie es der Briefautor bereits selbst mit den Zitaten aus den Briefen tat, die er während des Schreibprozesses bisher erhielt. Bei aller trauernden Unfähigkeit, die ihn erfaßt hat, muß klar werden, daß er keineswegs unbegehrt ist, eher im Gegenteil: Genau das wird seine tatsächliche Schwächung noch unterstreichen; hierin entspricht er Lenz vollkommen. Es müßte eine Lesart, eine Perspektive geben, die beide Figuren direkt aufeinanderlegt – so unterschiedlich ihre Herkünfte immer auch sind.
Er ist Mitte fünfzig, also zehn Jahre älter als Lenz.
Die Sìdhe.
Wohl die tragischste Figur des Romans. Wie die Lydierin um die fünfunddreißig. Ähnliche Bildung, jüdisch-deutsche, auch slovenische und sowieso italienische Wurzeln. Der Vater bewirtschaftet ein großes Gestüt für Rennpferde. Ob in Slovenien, ob in Serbien, weiß ich noch nicht; aber Balkannähe ist wichtig (Ausflüge der beiden, ihre, des Briefautors). Jedenfalls ist sie da ausgebrochen. Indessen, wie in Meere das Kliff, hier der Karst. „Aus dem Karst stammen“: „Ich stamme aus dem Karst“, sagt sie ihm einmal, um eine ihrer Handlungen zu erden. Von ihr wie von der Lydierin erfahren wir die Haarfarbe nie. Redakteurin beim Rundfunk, freie Kritikerin für Gegenwartskunst. Sowas. Aber uneins. Verheiratet seit einigen Jahren, hier die Verbindung zu Lenz. Sozusagen ist sie die Spiegelachse des Romans, der mit Umkehrungen arbeitet. Das Gefühl, „nie dazugehört“ zu haben, immer fremd gewesen zu sein. Was sie, durchaus zwanghaft-wiederholend, noch und noch zementiert. Die Verletzungsstruktur; >>>> dort bin ich bereits darauf eingegangen. Mit dem Briefautor der Versuch, daraus auszubrechen. Kehrt aber schließlich zurück, doch unter anderen Vorzeichen: will willentlich annehmen, die Dinge drehen, aktiv, nicht nur geschehen lassen. Eben nicht ihnen ausweichen und sie fliehen. Fliehen tut sie nur den Autor, was ein für sie objektiv notwendiger Schritt ist. Ihre Unbedingtheit, das ist wichtig. Ihre kompromißlose Klarheit. Große, gerade in dieser Tragik, Frau. Es ist ihr durchaus klar, daß der Briefautor trotz allen Leids mit der Trennung klarkommen wird; ihr Mann hingegen, den sie ja liebt, würde es n i c h t. Er wäre tatsächlich verlassen. (Thema des jemanden Alleinelassens: schon das, es zu tun, wäre der Sìdhe nicht möglich, nicht, so lange es noch irgend eine Chance gibt. Auch von daher hat sie schließlich Grenzen zu ziehen, Prioritäten zu setzen.) Gewissermaßen pfiffig an dem Roman ist, daß er dem Mann die Chance g i b t, eben in der Lenz-Figur; sie ist seine Utopie. Der Roman steht, wie Meere, vollständig auf der Seite der Frau, nicht auf der seines Autors. - In jedem Fall ist die Sìdhe in Bewegung geraten; wohin sie diese führen wird, läßt sich nicht sagen. Es ist nicht mehr Gegenstand des Romans.

Wie wird das enden, also er, der Roman? Ich weiß es noch nicht, müßte fragen: Für wen wäre das und das gut? Aber möchte jede moralische Parteinahme vermeiden (von der Pateinahme für die Frau sprach ich soeben); es geht nicht um Moral. Letztlich fokussiert sich das Buch geradezu auf ihr Gegenteil: daß solche Begegnungen g e s c h e h e n, geschehen k ö n n e n, egal, in welchen Umständen wir uns befinden. Diesen hier „das Blicken“ genannten Begegnungen will ich ein Buch widmen: diesen plötzlichen Einstürzen und Erhebungen: Intensitäten. Zugleich auch der Notwendigkeit, daß sie nicht „halten“ können, sondern so, wie Benjamin über Wahrheit schreibt, aufschießen und schon wieder vorbei sind. Es sind, aber wertfrei gesprochen, asoziale Gewalten, weit über allem gesellschaftlich Normierten hinaus. Zu denken etwa an eine Liebesleidenschaft zwischen einer jüdischen Israeli und einem arabischen Palästinenser – auch dieses ließe sich, als ein drittes „Modell“, in den Roman integrieren. Was sich begibt, begeben kann, wider Vernunft, Politik, Familie, läßt sich am besten in den Extremen zeigen. Nach „West Side Story“ ein „drittes“ Romeo & Julia (es hat seinen Grund, daß ich die beste Freundin der Sìdhe „Giulia“ genannt habe): nicht vergessen, Herbst!

Klar wird bisher, und dies immer mehr, daß die besondere Kraft des Romans der „Briefe nach Triest“ eben im Changieren zwischen den Personen besteht, in ihren aus den Ungleichheiten werdenden Gleichheiten, dem In- und wieder Auseinanderrutschen der handelnden Charaktere.
ANH, 25.11.2014.
Berlin.
_______

Äste schwarz, veralgt ...

liegen nasskalt in den Handflächen. Holzsaft. Ziehe Verschnittreste, Äste über bemoosten Boden und zerre. Astwerk. Das Pfirsichbaumholz ist an der Schnittstelle hell und duftet, harzklebrige Tropfen. Pfirsichtarte. Blaues Blut? Kurz vorm Tod vielleicht. Sauerstoffarm. Sommer, Herbst, Jahreszeiten. Krähen äugen. Sind nur Vögel. Unwirklich still (hier). Umgebung melancholisch. Komm. Vernorden. Krabbatmühlenhorizont. Da und da zieht ein Lichtebogen ins Fenster.Rote Ziegel. Gebrannt. LEDs sind sparsam. Warmweiß. Kenne Schneeweiß oder Meerblauweiß, Frostweiß, ReinWeiß, Schneeköniginweiß. Die Dame, die gern mit Spiegelscherben wirft. Fühl arg und erstarr. Vorsichtshalber. Nicht bleiben. Die Krähen fliegen auf. Sind nur Vögel. Meine Hände kriegen Schrammen. die Nägel Dreck unter die Ränder. Hätte die Pfirsichbäume erst im Frühjahr … (ver)schneiden sollen.

EndGültig


Ein riesiges Areal, durch das sie (federnd) läuft, über einen Damm, oben nicht innehaltend, springt weichen Schrittes in das Graue, das dahinter die Ebene bedeckt. Versinkt sofort,
schlüpft
In den beiden Sekunden, die es (kaum) dauert, bis nur ihr Kopf noch außerhalb
Umschmiegt/Futteral
ist, denkt sie nach. Der Schlamm (oh Maria und Joseph!) ist warm; ihre Fußspitzen berühren den Grund nicht, würden ihn nie berühren: Von dieser Sorte ist er nicht.

Sie hat Zeit, warum auch immer, (vielleicht, dass die letzten Sekunden einer anderen Dimension angehörten, nicht mehr als Zeit gälten, tatsächlich un-mittelbar seien) sich zu überlegen, wie jemand, Jahre später, ihren Körper finden wird; es beruhigt sie, dass dann immer noch ersichtlich wäre, nicht wer sie, aber doch dass sie Frau gewesen: Das scheint wichtig.
Für ein Sekündchen. Wie angenehm es wäre, den Mund zu öffnen und ihn zu ver
schlingen.
Zwischenräume
füllen
Zeit für den Rest.
Denkt sie. Öffnet den Mund und
schreit.
Und natürlich ist da mit einem Mal wer, sieht, hört, auf dem Damm stehend, rennt um Beistand, natürlich umschlingt die Löwin ihren Schlamm, einem (plötzlichen) Entschluss folgend, wie einen Teig mit beiden Armen, verdickt sich der wie unter einer Wohltat, lässt sich verteigen, verändern, schenkt seine Sekunden wieder her, schiebt sie ein Stückchen, Weilchen; sie trägt den Kopf gereckt, walkt, voran, zum Rand, zum Damm, vergisst zu sinken.
Meine Schöne, ächzt der Schlamm.
Was er zu allen sagt.

(Garnelen, hat sie gestern gelernt, Müttergarnelen, bekommen von den Züchtern in Thailand ein Auge abgeschnitten. - Warum keine andere Methode, gibt es keine andere Methode??, fragt die Reisejournalistin, die der Prozedur schaudernd beiwohnt: Die Schere wird über einem Feuer auf Temperatur gebracht, bis sie glüht, schnippschnapp, Augenstiel ab, Wunde ausgebrannt, ein einziger, wenn auch überraschend robuster Handgriff für so einen dünnen Stiel. Der Züchter wirft das Muttertier in eine mit Wasser gefüllte Tonne, es sinkt auf den Boden, auf die Seite, die Beinchen wiegen.
Er blickt auf. - Weil sie dann schneller Babys machen, sagt er, das wissen doch alle Züchter. Nicht mehr Babys, aber schneller. Es ist die Natur. Als wüssten sie, dass ihnen weniger Zeit für Fortpflanzung bleibt, mit der Verwundung.

((- Das ist natürlich Unfug. Oder? Das Wissen der Garnelenmütter?
- Nein, gültig. Was die Journalistin in Erfahrung brachte, später, über die Hormone hinter dem Augenstiel, wie sie durcheinanderkommen, wenn keiner mehr da ist, wie sie dann nur noch diesen einen Befehl durch den Körper schicken, mehre dich: nicht wichtig. Nicht für den Züchter, nicht für seine Garnele.
- Was gilt, ist sein Glauben, dass sie vom Tod weiß, und seine Schere.
- Ja.))

(((Ich spreche mit dir, doch im Hintergrund schnippt)))


Dem Mann jedenfalls, seitdem sie sein Herz geflickt haben, schwänzt manchmal sein Atem. - Und die Beine, sagt er, - ertragen nicht mehr das bisschen Luft zwischen Haut und Textil, es sind die Nerven, ich kann nur noch eng anliegende Hosen tragen. Tu ich ebenfalls: mit Gürtel und reingesteckter Bluse, schlank wie ein Messer.
Futter-Aal
Er reicht mir Wasser. Zwei Mal. Der Tisch hat eine Glasplatte; ich stelle es so sacht ab, dass kein Geräusch entsteht. Er beugt sich immer wieder nach vorne, trinkt nichts, ich mich ihm entgegen, wie zwei Algenbüsche, wir wiegen uns.
- Du siehst nicht gezeichnet aus, sage ich.
Es kommt tief aus den Augenhöhlen, sein Lächeln, ich überseh’ seinen Mund, wir sprechen über Kunst und Schreiben, über Orgsamen (Orgsamen, perfekt eigentlich) und Frauen, ihre Ansprüche und Bedürfnisse, sexuelle, über Reibung, anspruchsgefüllte Männer, Prostatae, Bolagno, devote Frauen und Herr-ische, geniale, genial furchtsame und Haut, immer wieder Haut, Harold Brodkey, die Löwin meldet sich zu Wort, Bücher als Fort-Pflanzung, Tusche, über mein neues Vor-haben;
es waren schon immer die Augenhöhlen an ihm, die mich fasziniert haben, wie in den Schädel durchgedrückte Pflaumen, darin sein Blick wie ein keckes Würmchen, das mir zublinzelt.

- Ich schreib’ dir ein Vorwort, sagt er, wenn du willst, aber nur, wenn es wirklich krass wird, lass es laufen, schick’ mir, wenn du magst, Teile davon, will lesen, reagieren, aber per Post, bitte.
Couverts, wie hübsch, denke ich.
Einverstanden.
Im Türrahmen umfasst er meine Taille, zieht mich an sich, schiebt mir die Zunge zwischen die Lippen, greift in ein Festmahl, mit beiden Händen.
Die Löwin stolpert die Treppen hinunter, lächelnd. Ihr Ring
klimpert

Später lächelt sie einen Fremden an, schon durch die Fenster der Galerie, während er draußen sein Fahrrad anschließt an eben die Laterne, bei der ihres schon und er kommt herein, geht direkt auf sie zu und wir beginnen zu sprechen, als seien wir nur kurz unterbrochen worden.

Schwänz mich nie mehr.

Die ganze Nacht hast Du gehustet


Die ganze Nacht hast Du gehustet,
sechs Mal, in Anfällen von Schmerz,
denen ich beilag, eng, mein Herz,
- ach, daß Du endlich ruhtest!

So nahe Dein Gesicht dem meinen;
Atem, einmal, ging in Atem,
im Flüstern da, gehaucht privatem,
ein Lächeln, das dem unsern keinen

Raum der Lippen weiten wollte,
aber den Raum der Schlafstatt selber
in warme, feuchte, weite Wälder. -
Daß ich vom Bett nicht rollte

und nicht vom Moos! Ich lag am Hang
die ganze Nacht und lauschte
auf Deinen Schlaf und tauschte
in jeder Körperdrehung bang,

gleich ob der meinen oder Deinen,
den meinen dankbar für ihn ein:
Laßt ihr den Heilschlaf endlich sein
und nehmt, was sie zum Schlafen braucht,

vom meinen.

Dear Joseph (I), ...

Wie-man-dem-toten-Hasen-die-Bilder-erklaert
ich bin im Sommer Einem das Bein runtergerutscht, der wahrgenommen hatte, dass ich eine Waldelfe bin. Ich glaube es ist ihm einigermaßen egal wie er herumläuft, die meiste Zeit zumindest. Das gefiel mir, wie du weißt. An diesem Rutschmirdasbeinruntertag trug er ein verflecktes T-Shirt. Ich sagte zu ihm: Du bist soo schmutzig! Und schrieb noch am selben: Du läufst rum wie ein belesener Penner. Dann gab es da noch einen anderen Tag, da stellte er sich hinter mich, schob mir seine Hände über meinen Bauch in meine Hose und tanzte mit mir (das war sehr schön!). Ich will heute nicht nackt sein: erklärte ich und kam mir dabei doch so nackt vor. Das lag daran weil ich am Tag zuvor von einem Fußball abgeschossen wurde, der mich direkt am Kopf traf. Bis dahin hatte ich mich einigermaßen mit Ibuprofen vollgepumpt. Insgesamt: 1600mg. Recht schepp war meine Wahrnehmung. Er gab zurück: Brauchst den Schutz. Ich dachte: Wie sensibel! Aber wo ist deine Nacktheit eigentlich…?

… erklär mir noch einmal Nacktheit!

Deine Häsin.
 



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