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Da warst du schon sechs Jahre tot.
Du warst ein Ungelebter.
Bebt er für, Vater, dich?
Summt er in sich?
Als seufzte versunken
in seinen Noten deine Not,
in seinen leisen Fingersätzen,
Dir sei ein Sohn ertrunken,
und bitterlich.
Kannst du ihn, Vater, weinen hören?
Dann hörst du mich. (Erste, des Entwurfs, Veröffentlichung in Der Dschungel: 30. August 2008)
albannikolaiherbst - Samstag, 12. Dezember 2015, 09:02- Rubrik: Gedichte
Meine Damen und Herren,da ich von den Autorinnen und Autoren, die heute hergekommen sind, als erster sprechen darf, möchte ich allem anderen voran den Dichter Harry Oberländer ehren, einen Dichter der stillen Vergessenheiten, vergessener stiller Geschichten, vergessener Landschaften und Häuser und ihrer vergessenen Bewohner, in Stille gestorbener teils, teils johlend oder gemütslos ermordeter, sei es von Krankheiten, sei es von gleichfalls vergessenen Menschen, sei es auf, um es so kalt zu nennen, wie es war, industrielle Art und Weise -
also den Dichter ehren, den ich lese, wenn ich >>>> „Chronos krumlov“ lese, was ich heute fast den ganzen Tag über tat,
denn so ehren wir Dichter am meisten, sogar vielleicht nur, wenn wir, die anderen Dichter, sie in dem ehren, worin sie eigentlich sind, in ihren Themen und Formen, nicht aber in ihren Funktionen, die wie ihr Leib hinwegsinken werden; jene aber bleiben, wie Chronos krumlov bleibt, die Zeit des Städtchen Český Krumlov, Krumau zu deutsch, oder Krummau, nämlich „krumme Au“, erbildet auf einem in einer Moldauschlinge gelegenen und vormals mithin, wie wir dem Namen anhören können, periodisch überfluteten Flecken in Böhmen. Diesem hat Harry Oberländer seinen nach dem Städtchen benannten neuen Gedichtband gewidmet,
einem, entnehmen wir dem Buch, Zeitloch des Stillstands, das uns in die Vergangenheit saugt, die Kontinuität zu sein scheint, auch wenn sich die Stadt dagegen auflehnen möchte: Wie hilflos wirkt doch gegenüber Oberländers Poesie der Titel, den sie 2013 einer Landesausstellung gab: „Hopfen, Salz und Cyberspace“.
Dagegen spricht der Dichter ein: nachts ist die moldau schwarz
in stummen straßen leere stunden
die stadt, die narben, winkel, wunden
laut leben in den tag die armen leute
der dieb, der tod, holt sich die beute
lackiertes wasser glatt wie harz
Doch ein anderes Gedicht Harry Oberländers möchte mein Festgruß ehren, und zwar so, wie ein Komponist Kollegen ehrt – vermittels eigener Variationen auf eines seiner, Oberländers, Themen, und es lautet:
Thema
wir sahen ein gesicht im stein,
ein kindergesicht. in der dämmerung
reduzierte das licht seine konturen.
es alterte mit dem abend schwand es
wir sahen es beide mit eigenen augen
und sprachen und sahen und waren selbst
das junge, das alte gesicht, das vergehen
jenseits der strömung im moldaugeklipp
Variation 1
Wir sahen am Ufer ein Stück Stein
Es ließ es das Halblicht vage ein Kind
und uns die alten Eltern sein
die unter der Strömung, die da lind
über die Klippe flutete,
in ihm erkannten, was sie sind.
Da blutete der Abend auf uns nieder
und wieder, in einer linden Schnelle,
nahm‘s uns im Dämmern fort,
und sich aus Welle, Zeit und Ort.
Variation 2
Im Moldaugeklipp
unter den Strudeln
darinnen Fischlein trudeln
kurz ein Gesicht
im Wurzelgelipp
Aus Stein und Wasser und Zeit
schaut eine fernste Vergangenheit
Erst ein Gesicht, schon ein Geripp‘ -
Liebste, du erkennst uns nicht?
Variation 3
Die Dämmerung, am Flußrain, fiel
Kaum ein Hauch war in den Wipfeln
Auf den Gipfeln letztes Licht
Drunter stieg kühl ein Dunst an das Ufer
Drunter verschwamm ein Gespenstergesicht
Warte nur, Geliebte, balde
waren auch wir beide nicht
Variation 4
wir sahen ein gesicht im stein,
ein kindergesicht in der dämmerung
es sah uns an und wollte sein
und war‘s
und ward‘s und schwand
Wir standen lang noch Hand in Hand
Thema
wir sahen ein gesicht im stein,
ein kindergesicht. in der dämmerung
reduzierte das licht seine konturen.
es alterte mit dem abend schwand es
wir sahen es beide mit eigenen augen
und sprachen und sahen und waren selbst
das junge, das alte gesicht, das vergehen
jenseits der strömung im moldaugeklipp
albannikolaiherbst - Samstag, 19. Dezember 2015, 08:52- Rubrik: LexikonDerPoetik
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Für Adrian Ranjit Singh v. Ribbentrop,
meinen Sohn.
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# IN DER DINGLICHEN REALITÄT:
Mittwoch, den 5. April 2017
Bremen
Studie in Erdbraun
Mit Artur Becker und ANH
Moderation: Jutta Sauer
>>>> Buchhandlung Leuwer
Am Wall 171
D-28195 Bremen
19 Uhr
Sonnabend, 23. September 2017
Beethovenfest Bonn
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Robert HP Platz
VIERTES STREICHQUARTETT
mit zwei Gedichten von Alban Nikolai Herbst
>>>> Beethovenhaus Bonn
Bonngasse 24-26
D-53111 Bonn
16 Uhr
NEUES
Bruno Lampe - 2017/03/29 19:48
III, 280 - Bei Äskulap
Gegen zwei löste ich mich kurzentschlossen vom Schreibtisch. Es war nichts mehr abzuliefern. Aber die ... Die in einem ...
... Deckenlabyrinth sich mäandernde Inschrift...
Bruno Lampe - 2017/03/28 21:42
Vielhard, Leichtgaard:
albannikolaiherbst - 2017/03/28 07:53
Bruno Lampe - 2017/03/27 20:43
III, 279 - Oder auch nicht
Kühler Nordwind. Die Sicht ging bis zu Sant’Angelo Romano weit unten im Latium. Jedenfalls vermute ich ... Bruno Lampe - 2017/03/24 19:55
III, 278 - Einäugigkeiten und Niemande
Ein Auge fiel heraus, abends beim Zähneputzen. Es machte ‘klack’, und der Zyklop sah nur noch verschwommen. ... Danke, gesondert, an...
bei der sich in diesem Fall von einer "Übersetzerin"...
albannikolaiherbst - 2017/03/24 08:48
albannikolaiherbst - 2017/03/24 08:28
Schönheit. (Gefunden eine Zaubernacht). ...
Es juckt sie unter der Haut. Es juckt bis in die
Knochen. Nur, wie kratzt man seine Knochen?
Sein ... Bruno Lampe - 2017/03/22 19:39
III, 277 - Die Hühner picken
Irgendwas ist schiefgelaufen seit dem 9. März. Man könnte es so formulieren: die Verweigerung der Worte ... ich hör' ein heer...
ich hör’ ein heer anstürmen gegens...
parallalie - 2017/03/21 06:51
Ich höre berittene...
Ich höre berittene Landsknecht sich ballen vorm...
albannikolaiherbst - 2017/03/21 06:18
albannikolaiherbst - 2017/03/21 06:12
James Joyce, Chamber Music. In neuen ...
XXXVI.I hear an army charging upon the land,
And the thunder of horses plunging, foam about their knees: ... den ganzen tag lärmen...
den ganzen tag lärmen die wasser
ächzen schon
trist...
parallalie - 2017/03/18 09:55
Den ganzen Tag hör...
Den ganzen Tag hör ich des brandenden Meeres
Klagenden.. .
albannikolaiherbst - 2017/03/18 08:23
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