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Gedichte
Wir sind ein ungestilltes Erinnern, bleiben ein wieder-Erinnern.
Ich sitze am See.
Kein Mann, Béart, denn durch dich, kommt zu der Stätte.
Du hast dich so vermehrt. Wer dich vor den Zeiten der Stadt sah,
der wußte: Erscheinung.
Als ob man ihn auserwählt hätte. Der hörte Feenwehs Evoé
und folgte ihr hörig berauscht durch das Flimmern des Laubes
ins Gewässer.
Von dem Schilf steigen Tausende Mikrolaternen glitzernd zu Wind,
Insekten, die wie Samen silbern über Ähren blinken, von den Rispen
weht ein Haar,
das windblütig vom Messer singt und von dem nassen Lob, Béart,
des Loses, das dem Mann geschah. Noch kräuselt sich des Raubes
umgekehrte Schwängerung
in den weiblichen Wellchenkreisen über seinem weichen Ertrinken
und klätschelt gegen die moderig duftendenen, klitschigen Pfähle
drunten des Stegs;
es ist so aus der Zeit, des frühen, warmen Sommermorgens vage
betörtes, märchenhaft heraufgelöcktes Männerverderben durch Frauen,
das uns erlöste -
Du hast dich so vermehrt, Béart, wem solln wir noch folgen zu sterben?
So döste ich, bis die kleine Zigarre aufgeraucht war und der Becher
Kaffees ausgetrunken.
Zwei Schwäne zogen, ein Bussard kreiste. Vom Hotel her entblößte
ein jähes Gelächter sowohl den versunkenen Laut wie die Sage.
Ich stand auf,
schritt meines ernüchterten Wegs in den lauen, wieder moderneren Tag,
als ich erschrak:
an der Glasur des Becherrandes war der Abdruck deiner Lippen,
es warn verschmierte Spuren eines rosaroten Lippenstiftes drauf.
>>>> Die Brüste der Béart 5
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albannikolaiherbst - Dienstag, 28. Juli 2009, 10:31- Rubrik: Gedichte
(...)
immer verlieren dich, die sie dich hatten, verlierst dich,
du selbst, nachdem wir dich hatten. Was hatten wir denn?
Unter dem Circeglanz der Iriden wirkt nichts als Instinkt:
du wählst nicht, selbst du nicht. E s wählt durch dich.
Darum die wehrende Hand Antonellos, darum, Béart,
deine lüsterne Jungfräulichkeit, Mutter und Mädchen,
als schlösse sich Defloration immer wieder
wie einer schuldlos wird durch die Kerze, den gotischen Raum
von der Leere zu leeren, und geht heim, um zu zeugen,
doch vergißt es vor Einkauf, vergißt auch die Kirche,
er hat nur in den Tag geträumt: Erinnerung, nicht mal mehr seine.
Steht ohne Messer, Béart, sitzt ohne Lob wie wir Alten im Volkspark,
wenn du ironisch die Tür schließt: zu spät! riefen die
lächelnden Schritte, da du sommers vorbeijoggst;
Jugendgel in den Sohlen der Sneakers, frischspitz die Zukunft
deiner wippenden Versprechung, die doppelt zweifach erblüht ist:
die Schultern hinab übers Schlüsselgebein; fersena u f zu Dianens
Gesäß junger Carnivoren, darüber der Kelch aus der Taille
in die Blätter der Schultern wieder emporblüht; die wippende Flechte
rückgebundenen Haars winkt den alten Männern immer noch zu:
auf dem ins Sweat-Shirt getunkten Hals Audrey Hepburns wiegt sich,
Rose im Laufwind, Béart, dein Kopf, und wir sehn uns nicht an.
Momentlang ein Schweigen. Die Vögel selbst schweigen.
Nur jubelnde Kinderkehlen krakeelen nahe am Spielplatz.
[>>>> Die Brüste der Béart (4)
Die Brüste der Béart (2) <<<< ]

albannikolaiherbst - Montag, 27. Juli 2009, 10:14- Rubrik: Gedichte
Oh Verführung ohne Berührung, bis wir berühren, bis wir es packen
Oh Berührung ohne Fleisch, Inkarnation ist das Fleisch:
Rück-Auferstehung in Schlamm, daß wir drin wühlen -
Tausende macht sie begehren, immer dieselbe, die sein kann, weil sie nie ist:
Ich sah sie bei Penny,
Marlboro Light
Coca Cola
Tampons,
sie schritt, beschaute die Regale,
eine griechische Göttin, allein der Kinderwagen störte, durch mein Gesicht.
Ich sah sie in der Bar, sie strahlte vor Dummheit und Kauflust.
Ich sah sie hinterm Schalter der Bank, besonnt von der Nacht.
Ich sah sie am Pariser Platz Baustellen fotografieren;
topless lag sie am Ufer der Spree, die wie sie ganz Idee war
(Ich rede, ein für alle Male, nicht von der Liebe.
Ich rede von Orpheus, Béart):
der Fluß wie die Regnitz, Nil in der Donau von Linz,
das Krokodil und der Tiger; wir hinter Gittern,
durch die uns Helena ansieht: annunziata,
wir und die Stäbe zwischen dem Engel und ihr -
Ich sah sie Ticketts kontrollieren, sah im Konzert ihren Körper,
die Augen geschlossen, lauschen; auf ihrem Kleid lag die Hand;
auf der Hand eine andere, männliche, Venen wie Vipern,
wenn sie sich lieben, in Knäueln, die beißen;
- sah sie sich bücken, als ihrer Ferse das Nylon riß;
momentlang, als sie sich bückte, der Schimmer von Fleisch
zwischen Gummi und String, ihr Finger strich an der Masche;
sah sie zu Hunderten, Eine, in jeder Haut und Ethnie,
sah dich in alleden meinen, Béart, mir verlorenen Frauen,
die dich verloren, denn hundertköpfig has your house
many mansions, die du hingehst, uns vorzubereiten.
Über den Duft deines Nackens schreitet uns die Zeit ab
unter dem Landvermesser, der mit dem Zirkel einsticht;
die Mannvermesserin probte das Gen wie den Wein,
den sie in der rasant ausgeworfenen Netzhaut kaute:
das war bei Hertie; testosteronale Lage und Traube;
zog schon das Netz wieder ein, legte die Beute aufs Band
und bezahlte Marlboro Light, Coca Cola, die Tampons -
[>>>> Die Brüste der Béart (3)
Die Brüste der Béart (1) <<<< ]

albannikolaiherbst - Sonntag, 26. Juli 2009, 10:33- Rubrik: Gedichte
(...)
ach! daß uns kindlose Frauen zu Müttern werden,
Madonnen, sie zu besteigen, ohne zu können
noch sie zu fassen, wenn wir sie fassen.
Ich lobe das Messer!
Da war ich zwanzig: gelobte, Verlobte,
Idolatrie -
etwas muß sein an den Brüsten, das nicht Organ ist,
kein Zufluß durch Drüsen, ferne der hoflosen Knospe,
Formgewebe, das Männer, die Mann sind, so nährt.
Ikone, heilig vor Erde, die niemand schmeckt, bevor sie beschmutzt ist,
eingeknetet in Erde, die wir im Schweiß eines ständigen Wegsehns bestellen
und warten auf Frucht.
Plötzlich erscheint sie, Ersehnte, wie gar nicht erwartet.
Hoher Mittag ist es noch nachts, schon im Abend.
Ein Schilf ist das Rauschen des Lüfters, wie um den Bug eines Schiffs
Meer geht
- sirenig, und nirgends ein Wachs für die Ohrn; Illusion pur aus Licht und aus Bits, ins Ganglion der Hände zu fühlen gelegt,
d a das Fleisch, hier die spitzen erhärteten Rosen,
zusammengefaltet, immer noch jung, junggefrorene Rosen
öffnen sich zu keinem Kelchblatt, sind Kelch aber doch;
er suppt in die Küche der Armen und auf den Luxus tropft er
jenes Versprechen der Kelche, das bittet: Spuck in die Milch!
und uns ins wimmelnde Tier zurücktunkt, als du, Béart, es trinkst.
(...)
[ >>>> Die Brüste der Béart (2)]

albannikolaiherbst - Freitag, 24. Juli 2009, 10:08- Rubrik: Gedichte
Wir haben zu töten verlernt
den Buhler aus der Schale zu brechen
das Leben fährt rechts, oder links,
in den Ländern der Demokratie
streift das haftende Fleisch
vom Rechen, der rächte
stellvertretend die Terrarienkunde
ein Grundrecht von Fröschen
ermüdete Flatschen, die warten
daß aus dem dröhnenden Schachtelchen
ein fernes Geschwader der Panik
als Futter zu ihnen hereinkippt.

albannikolaiherbst - Donnerstag, 16. Juli 2009, 20:05- Rubrik: Gedichte
Für ری.die Begier
einzelner Leiber für Leib
was auf Lust hört
naß schreit die Art
will es tragen
selbstgewiß und verloren
wie eine schwangere Frau
die Füße ins Floß bohrt
und über sie droben
wimmelt ein Tausendes Hände
das sich dem Himmel hinaufstreckt
um Atem und Halt aus dem Treiben
gegen den donnernden Fall
[Streichungen in der Nacht des 16.7. - ist
aber ein bißchen schade, weil >>>> Honorés "Ma mère" so völlig zu
recht nicht von "Geilheit", sondern "Begierde" spricht. Das
wiederum war überhaupt Anlaß für das Gedicht.]

albannikolaiherbst - Dienstag, 14. Juli 2009, 16:52- Rubrik: Gedichte
Für A.
(urfasssung)
s e i
a l e p h
m i r
s e i
o m e g a
d a z w i s c h e n
s e i
n i c h t s
s e i
a l e p h
m i r
s e i
o m e g a
d a z w i s c h e n
s e i
n i c h t s
------------------
s e i
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s e i
a l e p h
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n i c h t s
s e i
d a z w i s c h e n
>>>>
Paul Reichenbach - Freitag, 10. Juli 2009, 11:07- Rubrik: Gedichte
ich sah wie der spießroutenindianer die frau als metapher vor sich her trieb,
ein paar mal um den marterpfahl während sie die äpfel mit einem messer schälte.
und eines nachts,
just als die rose von jericho über mein parkett wehte,
da kam es mir in den sinn:
kiefer aus zinn
zer-
gliedert
die textur seriell,
nun sitze ich hier und nehme maß, maria,
(ma mata, mata hari)
rechenschieber zählt die alveolen die ich aß.
read An - Mittwoch, 8. Juli 2009, 12:10- Rubrik: Gedichte
Was tatest du mir
nahm deinen Leib
naß um die Faust
nahmst meine Faust
wo ein Kinderkopf durchpaßt
sagt M kollegial
paßt das erbeutete Tier in den Schlund
durch die Schelle deiner Hände
fest ums Gelenk
an dem du mich eindrehstVorfassung:
Schwester, was tat ich dir an
was tatest, Schwester, du mir
nahm deinen Leib
naß um die Faust
nahmst meine Faust
wo ein Kinderkopf durchpaßt
sagt M kollegial
und sagt noch den Satz vom Genie
paßt das erbeutete Tier in den Schlund
durch die Schelle deiner Hände
fest ums Gelenk
an dem du mich eindrehst
weinte Alraune durchzittert von Pfählung
M war gegangen
ich wusch deinen Schlaf von der Wurzel
ich wusch ein Blut von dem Schlaf
[Die letzte Zeile ist noch völlig provisorisch,
tastend, ich krieg die schmierige Blutung noch nicht ins Wort,
experimentiere schon die ganze Zeit daran rum. 16.03 Uhr, ANH.
. 
albannikolaiherbst - Donnerstag, 18. Juni 2009, 12:44- Rubrik: Gedichte
la chanson de Berlin
(où l’espace bouscule les murs attendus)
glisse entre les vélos
rebondit contre les Gaststätten
s’attarde aux glaces verticales
miroite sous les tilleuls
avant de sombrer dans l’écrin bleu
de la Spree
les anges de jadis
(l’effroi tracassait trop les crânes perclus)
reviennent en foule
éclatent de Lieder
et les silences murés d’antan
cèdent sous le cantabile
de la langue d’Hölderlin
portée par les citadins
follement libres
Prunier - Montag, 15. Juni 2009, 17:45- Rubrik: Gedichte
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Für Adrian Ranjit Singh v. Ribbentrop,
meinen Sohn.
Herbst & Deters Fiktionäre:
Achtung Archive!
DIE DSCHUNGEL. ANDERSWELT wird im Rahmen eines Projektes der Universität Innsbruck beforscht und über >>>> DILIMAG, sowie durch das >>>> deutsche literatur archiv Marbach archiviert und der Öffentlichkeit auch andernorts zugänglich gemacht. Mitschreiber Der Dschungel erklären, indem sie sie mitschreiben, ihr Einverständnis.
NEU ERSCHIENEN
Wieder da - nach 14 Jahren des Verbots:
Kontakt ANH:
fiktionaere AT gmx DOT de
E R E I G N I S S E :
# IN DER DINGLICHEN REALITÄT:
Wien
Donnerstag, 30. November 2017
CHAMBER MUSIC
Vorstellung der neuen Nachdichtungen
VERLAGSABEND >>>> ARCO
>>>> Buchhandlung a.punkt
Brigitte Salandra
Fischerstiege 1-7
1010 Wien
20 Uhr
NEUES
Die Dynamik
hatte so etwas. Hab's öfter im Kopf abgespielt....
Bruno Lampe - 2018/01/17 21:27
albannikolaiherbst - 2018/01/17 09:45
Zwischenbemerkung (als Arbeitsjournal). ...
Freundin,
ich bin wieder von der Insel zurück, kam gestern abends an, die Wohnung war kalt, vor allem ... albannikolaiherbst - 2018/01/17 09:38
Sabinenliebe. (Auszug).
(...)
So beobachtete ich sie heimlich für mich. Zum Beispiel sehe ich sie noch heute an dem großen Braunschweiger ... Ritt auf dem Pegasos...
Der Ritt auf dem Pegasos ist nicht ganz ungefährlich,...
werneburg - 2018/01/17 08:24
Pegasoi@findeiss.
Den Pegasus zu reiten, bedeutet, dichterisch tätig...
albannikolaiherbst - 2018/01/17 07:50
Vom@Lampe Lastwagen fallen.
Eine ähnliche Begegnung hatte ich vor Jahren in...
albannikolaiherbst - 2018/01/17 07:43
findeiss - 2018/01/16 21:06
Pferde
In dieser Nacht träumte ich, dass ich über hügeliges Land ging, mit reifen, dunkelgrünen, im Wind raschelnden ... lies doch das noch mal
dann stimmt auch die zeitrechnung
http://alban nikolaiherbst.twoday.net/s tories/interview-mit-anady omene/
und...
Anna Häusler - 2018/01/14 23:38
lieber alban
sehr bewegend dein abschied von der löwin, der...
Anna Häusler - 2018/01/14 23:27
Bruno Lampe - 2018/01/11 19:30
III, 356 - Merkwürdige Begegnung
Seit einer Woche war die Wasserrechnung fällig und ich somit irgendwie gezwungen, doch noch das Postamt ... Bruno Lampe - 2018/01/07 20:34
III, 355 - … und der Gürtel des Orion
Epifania del Nostro Signore und Apertura Staordinario des einen Supermarkts - Coop. Seit dem ersten Januar ... Bruno Lampe - 2018/01/03 19:44
III, 354 - Neujahrsnacht e dintorni
Das Jahr begann mit einer unvorgesehenen Autofahrt bzw. mit der Gewißheit, mir am Vormittag Zigaretten ... albannikolaiherbst - 2018/01/03 15:16
Isola africana (1). Das Arbeitsjournal ...
[Mâconièrevilla Uno, Terrasse im Vormittagslicht
10.32 Uhr
Britten, Rhapsodie für Streichquartett]
Das ...
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Zuletzt aktualisiert am 2018/01/17 21:27
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