Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop

e   Marlboro. Prosastücke, Postskriptum Hannover 1981   Die Verwirrung des Gemüts. Roman, List München 1983    Die blutige Trauer des Buchhalters Michael Dolfinger. Lamento/Roman, Herodot Göttingen 1986; Ausgabe Zweiter Hand: Dielmann 2000   Die Orgelpfeifen von Flandern, Novelle, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2001   Wolpertinger oder Das Blau. Roman, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2000   Eine Sizilische Reise, Fantastischer Bericht, Diemann Frankfurtmain 1995, dtv München 1997   Der Arndt-Komplex. Novellen, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1997   Thetis. Anderswelt. Fantastischer Roman, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1998 (Erster Band der Anderswelt-Trilogie)   In New York. Manhattan Roman, Schöffling Frankfurtmain 2000   Buenos Aires. Anderswelt. Kybernetischer Roman, Berlin Verlag Berlin 2001 (Zweiter Band der Anderswelt-Trilogie)   Inzest oder Die Entstehung der Welt. Der Anfang eines Romanes in Briefen, zus. mit Barbara Bongartz, Schreibheft Essen 2002   Meere. Roman, Marebuch Hamburg 2003 (Verbotene Fassung)   Die Illusion ist das Fleisch auf den Dingen. Poetische Features, Elfenbein Berlin 2004   Die Niedertracht der Musik. Dreizehn Erzählungen, tisch7 Köln 2005   Dem Nahsten Orient/Très Proche Orient. Liebesgedichte, deutsch und französisch, Dielmann Frankfurtmain 2007    Meere. Roman, Letzte Fassung. Gesamtabdruck bei Volltext, Wien 2007.

Meere. Roman, „Persische Fassung“, Dielmann Frankfurtmain 2007    Aeolia.Gesang. Gedichtzyklus, mit den Stromboli-Bildern von Harald R. Gratz. Limitierte Auflage ohne ISBN, Galerie Jesse Bielefeld 2008   Kybernetischer Realismus. Heidelberger Vorlesungen, Manutius Heidelberg 2008   Der Engel Ordnungen. Gedichte. Dielmann Frankfurtmain 2009   Selzers Singen. Phantastische Geschichten, Kulturmaschinen Berlin 2010   Azreds Buch. Geschichten und Fiktionen, Kulturmaschinen Berlin 2010   Das bleibende Thier. Bamberger Elegien, Elfenbein Verlag Berlin 2011   Die Fenster von Sainte Chapelle. Reiseerzählung, Kulturmaschinen Berlin 2011   Kleine Theorie des Literarischen Bloggens. ETKBooks Bern 2011   Schöne Literatur muß grausam sein. Aufsätze und Reden I, Kulturmaschinen Berlin 2012   Isabella Maria Vergana. Erzählung. Verlag Die Dschungel in der Kindle-Edition Berlin 2013   Der Gräfenberg-Club. Sonderausgabe. Literaturquickie Hamburg 2013   Argo.Anderswelt. Epischer Roman, Elfenbein Berlin 2013 (Dritter Band der Anderswelt-Trilogie)   James Joyce: Giacomo Joyce. Mit den Übertragungen von Helmut Schulze und Alban Nikolai Herbst, etkBooks Bern 2013    Alban Nikolai Herbst: Traumschiff. Roman. mare 2015.
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Zaide ohne Mozart. Nun das gesamte Texterl. Mozart in Salzburg (6).

Für Tatjana Markulin.

„Da sind Sie ja endlich.“
„Grüß Sie, Salieri. Und sagen Sie Gangerl zu mir, Herr Gangerl meinethalben. Ich komm mir sonst so denkmalig vor. Dieses Mozart hat sich sowas, lieber Freund, von aufgebläht und kann doch nicht mal pissen... Übrigens schön, daß Sie hier sind.“
„Ich wollte mir das nicht nehmen lassen, Mo… tschuldigung, Gangerl… an Ihrem Jubiläum…“
„… an dessen Datum Sie, geben’S das zu, gern ein wenig mitschuld gewesen wären. Also hörn'S Ihna auf mit dem Sülzen. – Ähm, sieht man uns eigentlich?“
„Sie meinen… die? – Nein, sicher nicht. Und wenn, würden sie’s für deplazierten Mummenschanz nehmen.“
„Beruhigend. Das wär mir unangenehm, sollten die nachher Autogramme wollen. Wer ist denn sonst noch da?
„Wissen Sie, wer Wagner gewesen sein wird?“
„Wagner? Ähm, Sie meinen bei Marlowe?“
„Aber nein! Gluck hat ihn inspiriert – aber das wissen Sie doch…“
„…daß das Ritterle die Recitativerl nicht mochte? Jaja, wenn man’s halt nit beherrscht. Aber Beethoven! Ich komm beim Himmel einfach nicht an ihn ran! Sowas von verklemmt! Vielleicht ist hier…“
„Bitte da entlang. Dort, ja, hinein. Ich hab mir gedacht, es tät Ihnen gefallen, auf einem solchen Schoß…“
„Ah Salieri, Sie sind ein Freund! Welch Katzerl! À propos: Ich hab ganz zu fragen vergessen, ob wir auch…“
„Bitte? - Wieso lachen Sie?“
„Ich würd so gerne…“
„Was?“
„ER hat das auch getan, nur würde ich das Ohr nicht nehmen…“
„Nicht, Mozart, so blasphemisch, bitte...“
„Lassen’s mich, Toni… bin halt ein Sauschwanz, wissen’S doch. Und war so lange nicht mehr da. Außerdem, mal ganz im Ernst, gibt’s wirklich einen besseren Grund, zurück auf die Erde zu kehren.“
„Gangerl, man ehrt Sie!“
„Mit Schokokugeln, gehn’S mir!“
„Sie sind ungerecht.“
„Und lebendiger als Toter noch als die es hier im Leben sind.“
„So hörn Sie doch mit dieser Fingertrommelei auf!“
„Ich muß was tun, Toni! Wissen Sie, was dieser Hundsfott verschleimte von Breitkopf aus meiner Eselmartinsmotett’ hat gmacht? Statt Leckt’s mich im Arsch…“
„Mozart!“
„…hat er laßt froh uns sein hingedruckt, der Sackkastrat. Hätt er wenigstens so ne Stimme! Ah gebt mir dreivier Frolleins, damit wär ich besser geehrt und müßt mich nicht so langweiln gleich. Ich bitt Sie, Salieri! zweihundertdreißig Jahr abstinent oder noch mehr… soviel Dürre im Paradies! Und dann…: ‚Ah da Mozart!’ - ich kann’s nimmer hören! Ja, selbstverständlich bin ich ungerecht! Weiberl schmecken nämlich so. Statt dessen: Immer nur gucken, wenn grad mal weggebetet werden darf… So hab ich mir den Himmel nicht vorgestellt. Himmel Pimmel, das reimt sich, hab ich mir gedacht – wozu sonst hab ich so komponiert?“
„Für die Unsterblichkeit, Mozart, ich habe sie Ihnen immer geneidet.“
„Unsterblichkeit und Schokokugeln… schenk ich Ihnen, wenn Sie wollen.“
„Sie sind dennoch gekommen.“
„Ich hab mir denkt, vielleicht daß man mal wieder an zwei Hinterbacken packt… oder ins Decolletee…“
„La smetta!“
„…greift und so… - (Verkniffen, wie immer…) - Zu unsrer Zeit war die Garderobe fleischlicher, finden Sie nicht? Oder sehn Sie hier noch irgendwelche Laiblein wogen?“
„Darf ich jetzt bitten?“
„Nein nein, warten Sie. Die fangen sowieso noch nicht an. Zaide, ah ja. Und wo steht das Orchester?“
„Sag ich doch: Wagner…“
Was Wagner? Was haben Sie immer mit dem? Wo sitzt der? Ich muß ihn oben übersehen haben.“
„Er wohnt nicht oben.“
„Oh! Ein Komtursgsell? Einer, der brennt?“
„Auch nicht. Er, sagen wir: … pendelt. Die Direktion hat sich nicht einigen können.“
„Nicht?“
„Nein.“
„Und wo sitzt er jetzt hier?“
„Er wollte kommen…“
„Und ist nicht?“
„Er wollte einen Platz, den schon der Herr Verdi, den kennen Sie sicher auch nicht…“
„… klar kenn ich den… der Shakespeare, neulich…“
„…sich vorgebucht hatte. Da war er beleidigt.“
„…hat von dem erzählt und hat furchtbar wegen der Hexen gelacht… ratatatatam, echt schottische Musik…“
„Aber Verdi ist eben eindeutig Himmel.“
„War ein hübscher Abend mit diesen neckischen Engeln… Ärscherln ham die! Aber das ist halt nichts, wenn man da hinlangt und dann doch nur immer hindurchfaßt… zum Fraiskriegen is das! - Ach kuck!, auch das Ditterle gibt sich die Ehre. Schönes Jubiläum! Da versucht man, den Schrägkratzlern im Himmel aus dem Wege zu gehen, und dann ist die oberste Heimleitung so gütig, sie einem zum Geburtstag zu kredenzen. – Gibt’s wenigstens was zu essen danach?“
„Wir können nicht essen…“
„Toni, weshalb vergeß ich das immer? Aber doch anfassen, bitte! Nur wem ein bißchen an der Brustwarze zupfen… Oder komponieren, darf ich wohl das? Wissen Sie, die Zaide, das ist… ich würd da so wahnsinnig gern noch mal ran…“
„Also das nun gar nicht, Mozart.“
„Doch wenigstens die Ouverture! Die Leitung könnt’ es wie beim letzten Mal auf irgend einen Süßmeier schieben…Mehr braucht’s doch nicht. Wem fallt's schon auf?“
„Das war eine Ausnahme damals, Sie…“
„…ob das Katzerl da mich spürt?“
„Mozart!“
Gangerl!“
„Mozart, wo wolln Sie hin? Was haben Sie vor? – Oh nein! – Ach du jeh!“
„Schwere Zeiten, Salieri, was?“
„Oh Sie, Herr von Haydn, schön, daß Sie uns die große Freude … oh nein! was macht er denn jetzt wieder? - Mozart, La prego! – Wie kann er denn nur..? - Lasci stare!“
„Lieber Salieri, das muß Ihnen doch klargewesen…“
„Hörn Sie ihn nur wieder kichern! Würden vielleicht Sie?“
„Es ist Ihr Auftrag, Sie wollten auf ihn aufpassen. Und ich bin mir sicher, Sie wissen schon, weshalb. - Eine alte Schuld vielleicht?“
„Das ist unfair, Herr von Haydn! Außerdem… Sie sind ihm Guida, sein Padre!“
„Nicht mehr, Salieri, nicht mehr…“
„… was macht er denn nun? – Mozart! - Moment eben! -- Mozart, Mozart! Santo cielo! Lassen Sie die Finger da weg! Meine Güte, wir fallen doch auf! Was sollen die denn denken? Oh nein, solch ein Chaos!“
„Ah, che gelida manina!– Upps, ist das da nicht mein großer…“
„…ja, Haydn.“
„Warum grüßt er mich nicht?“
„Er ist ein respekabler Herr. Und hörn Sie, sowieso, das ist ein anständiges Haus.“
„Anständig? Ein Theater?“
„Mo…!“
„Ach du Schreck… mein Vater jetzt auch noch…“
„… ja sicher…“
„Wieso kommt der denn? das hat mir keiner gesagt…“
„Aber das ist doch selbstverständlich!“
„Werd ich den niemals los? Ich meine, das ist nicht gerecht! Auch die Ewigkeit ist einfach nicht gerecht! Wie soll da ich das sein?“
„Du wärst gar nicht drin in der Ewigkeit ohne ihn!“
„Hast du eine Ahnung, wie gern ich tauschte: Geruch, Salieri, GeschmackHaut! – Hat er mich schon gesehen? Ah, nein, ah doch – allein, wie er grüßt!“
„Er meint es nicht böse…“
„Gemeint und geschissen ist zweierlei… - nee, Toni… komm, du hast recht, ich geh mal besser in Deckung. Will sowieso nur von hier weg. Hast du Spielkarten mit?“
„Wolfi, bitte!…“
„Los, komm!“
„Oddio!“
„So, hier ist es sicher, glaub ich… erst mal. Kann er mich noch sehen, Toni?“
„Und wie solln sich die Leute das jetzt bitte mit dem Mieder erklären?“
„Na, gesprungenes Fischbein… Mann, was hasse ich Salzburg!“
„Es hat geschellt, wir müssen rein.“
„Aber doch nicht in Zaide! Mich interessiert Zaide nicht, wenn ich das nicht zuendekomponieren…“
„Benimm dich jetzt endlich!“
„Als von dir Vergifteter benehm ich mich, klar.“
„Hör – jetzt – auf!“
„Aber, hihi, diese Tittchen …“
„Mozart! – Jesses… die schellen schon wieder… - Amadé!“
„Meinst du, ihr Mieder ist wieder gerichtet? Wie schad das wär! Hast du ihr hübsches Brustwarzerl g’sehn? Ich sag dir, das Kätzchen war plötzlich richtig erregt. Ja-und-bevor-ich-nicht-weiß-ob-mein-Vater-weit-genug-wegsitzt, bleib ich sowieso hier.“
„Okay okay, ich geh nachschauen.“
„Aber so, daß er nichts merkt. Bitte, Toni! Nicht heute. Nicht schon wieder. Und dann, ich weiß doch, wie das mit der Ouverture geht, ich könnte das wirklich eben noch schnell… und hätt auch fürs Finale eine Idee… - (Na, dann geh hin. Wenn der Salieri glaubt, ich wart hier auf ihn, hat er sich geschnitten. Sowieso, wenn wir anfangen, uns zu duzen, geht’s immer schief. - Upps, wer kommt denn da? das Katzerl!) -“…
„Sie waren das eben! der… was haben Sie sich dabei gedacht?“
„(Das Katzerl sieht mich!)“
„…aber… Sie… Sie… Ich bin ganz verwirrt… Waren Sie nicht eben…? sind Sie nicht..?“
„Du kannst mich sehen? (Hübsch, wie rot sie werden kann, was ein Weiberl! und hat sich dennoch gerichtet wieder…)“
„Weshalb sollt ich Sie nicht sehen können?“
„Haben Sie Papier dabei?“
„Papier?“
„…ein Notizbücherl, irgendwas… ich… und einen Stift… und weg will ich hier. Hilfst mir heraus?“
„Warten Sie. – Bitte: hier. – Was wolln Sie damit? Und wieso weg?“
„Ich muß nur schnell… und darf ich eben? nur zur Inspiration…“
„Was fällt Ihnen ein? Man kann uns sehen!“
„Noch ein bißchen mehr, noch, bitte… ein Stückerl bis unters Wärzchen: ich kann ohne diesen Anblick nicht schaffen: - das ist mein Schicksal, ich bin getrieben, glauben Sie mir! Retten Sie mich!“
„Ich bitt Sie! Nicht so… nicht in der Öffentlichkeit… meine Mutter…“
„Die sieht mich nicht.“
„Wie: sie sieht Sie nicht? Das wär ja noch schlimmer! Wie steh ich denn alleine dann da?“
„Zier dich nicht so, Henderl, wir haben’s doch alle zwischen den Beinen… Moment… ah, ich hab’s! So geht es, hör nur, wie das klingt: f, wirklich f, lydisch! - Tust mir einen Gefallen?“
„Aber ich muß… Sie…“
„Bring das eben nach vorn… irgendwie… laß es dem Kapellmeister aufs Podestchen fallen… Moment noch… so, ja: das eben noch! – und dann komm wieder her, Schätzerl. Mir ist nach einer Beiz. Du hast so einen niedlichen Arsch.“
„Hörn’S Ihna auf!“
„(Wie rot sie abermals wird… entzückend... man bekommt ein ganz klammes…so warmes…) - Na los, Mäuschen…’s ist nit viel Zeit. Aber komm wieder! - (Wie sie davonrauscht… als wär’s ein Chorälchen: den cantus firmus dabei düster halten, a-moll, darüber Koloraturen in … oh je, Salieri wieder… Was sag ich dem jetzt? Hm, wo steckt das Hühnchen? Die macht’s wirklich! ich werd ihr das Chorälchen widmen, werd’s ihr direkt aufs Leiberl komponiern…)“
„Also, Mozart, dein Vater sitzt in der Seitenloge, du mußt dich wirklich nicht sorgen. Können wir dann wohl gehen?“
„Ich muß aber mal.“
„Wolfi, du kannst nicht müssen.!“
„Nicht essen, nicht müssen, nicht pimpern! Ich will aber pissen, jetzt, gleich… laß es mich wenigstens versuchen, es wäre so – erleichternd!“
„Dio!“
„(- ah das Katzerl..:) Katzerl! (Bloß weg. Wo geht’s lang? Jetzt drängen die aber wirklich…) Hier! (die reinsten Glucksbeglücker – aber was soll ich mit Orden?) schnell’s Pfötchen…na komm!“
„Aber, Herr…“
„Sag Rosenkrantz zu mir… oder Gangerl...“
„A – ma – dééé!“
„Aber doch nicht auf die Herrentoilette…“
„Was nicht? Sucht’s man di dort? Da sucht’s man di nit! Und ich hab Eile.“
„Mozart! Lasci stare! (Jetzt hat er doch wirklich dieses Mädel geschnappt… kaum läßt man ihn raus, geht’s wieder los…) Mo..! (Und das dritte Schellen! Was tu ich nur? Wir verpassen die Aufführung. Ich kann doch aber nicht einfach hinterher und gegen die Klotüre pochen… Na ja, sie müssen ja wieder heraus… Aber wenn nicht? Oh je, da kommt auch schon die Mutter…)“
„Ines! Iiiiiines! - Logenwärter, haben Sie meine Tochter gesehen? Sie ist völlig… von Sinnen, ich versteh das gar nicht… plötzlich war sie… öffnete sie… man faßt es nicht… sprang sie auf und… - Ines!“
„(Wie erklär ich das bloß oben?)“
„Schätzerl, gib mir ein Busserl.“
„Ich trau mich nicht mehr hinaus.“
„Ines!“
„Mozart! Mozart!“
„Busserl.“
„(Per l'amor di dio!)”
“Ines!”
„Wenn ich Sie bitten darf, jetzt die Plätze…“
„Aber Ines, meine..!“
„Bitte, gnädige Frau, Sie müssen schon entscheiden… Vielleicht ist Ihrer Tochter nur… eine Unpäßlichkeit…“
„Sie hat sich enblö..! Sie war oben fast ganz… Hach, wie peinlich!“
„Bitte, ich bitte Sie, nehmen Sie Ihren Platz wieder ein. Das war bestimmt ein Mißgeschick. Oder gehen Sie heim, vielleicht ist das besser, und beruhigen sich. Aber die Vorstellung muß jetzt beginnen.“
„Wir müssen nur warten, Mäuschen. Tut mir leid, es ist ein bißchen eng… ah, und ich würde gerne… ich hab da eine Melodie. Wie heißt du?“
„Lassen Sie mich!“
„Sag deinen Namen, Vögelchen, daß ich ihn mit dir singen kann…“
„Ich bitte Sie! Lassen Sie!“
„Pscht! pchscht… niemand muß uns hören…“
„Ines…“
„Wie du duftest, Ines, hinterm Ohr…(Wie entwischt man von hier? gibt’s da ein Fensterl? Là ci darem la mano, Là mi dirai di sì…)“
“Ich weiß nicht, ob ich…“
„Mo… Gangerl, die fangen an!“
„…Ines…
„…das…“
„(Ich kann jetzt sowieso nichts mehr tun. Wart ich - perdono, Dio! - halt.)“
„..Septimchen…“
„…möchte…“
„(Ah, sie…) Pscht! (…gehen hinein, das war jetzt….) psschscht, Busserle (das letzte Klingeln)…“
.
[Draußen werden die in Saal und Logen führenden Türen geschlossen, und die Toten nehmen auf den Schößen der Lebenden Platz.]
.
„Mozart...“
„… Ines…“
„…- mozarteln.“
„…….- inesseln: ‚Es hüpfen, es hopsen

die wogenden Brüsterl
Sehnend von einem
Seufzer zum andern
Die Zunge von Lippe
Zu Lippe gedeutet
Herzvoll ins Unerlangte hinab.’
[Zieht.]

Mozart in Salzburg 3-5 <<<<

Mit Gedichten.

Kann man Frauen verführen, nahezu jede. Nie Liebe aber halten.
So mit Gesang.

(CDXCVIII).

Die 14,3 Millionen der Begum. An Herrn Dietrich Daniello aus Südafrika.

fiktionaere at gmx de.
Herrn Dietrich Daniello.
Betreff:Eilig Geschäftsvorschlag.
Datum:Sat, 07. Mar 2009 04:13:09 +0200

Lieber Freund,

Ich entschuldige mich, dass ich Ihnen diese Nachricht auf diesem Wege zukommen lasse, da wir uns noch nicht kennen. Aber wenn Sie ihr die Aufmerksamkeit schenken, die sie verdient, werden wir am Ende alle glücklich sein. Dies ist eine private Geschäfts Transaktion, die uns sehr viel einbringen wird.

Mein Name ist Herr St**** R*** und ich arbeite in der *rt*r*d Bank von Johannesburg in Süd Afrika. Ich habe Ihre email adresse über eine Agentur, die Einblick in die europäische Datenbank hat, erhalten.

Während einer kürzlich durchgeführten Buch- und Rechnungsprüfung von Konten,sind wir auf ein Konto gestossen, dass seit über fünf Jahren stillgelegt ist. Das Guthaben auf diesem Konto beläuft sich auf die Summe von $ 14,3 mio (USD). Der Name des Kontoinhabers ist Herr Indra Begum, ein deutscher Kunde pakistanischer Herkunft, der hier in Südafrika im Diamantengeschäft und Handel tätig war. Nach unseren Ermittlungen kam Herr Begum, gemeinsam mit seiner gesamten Familie, vor ca. 4 Jahren bei einem flugzeugabsturz ums Leben. Nach unseren Informationen reiste er regelmässig in die Schweiz, nach Deutschland und Österreich. All unsere Bemühungen einen Verwandten ausfindig zu machen erwiesen sich als erfolglos.
Nach dem Gesetz unseres Landes geht in der Regel ein solches Vermögen, wenn nicht von jemandem angefordert,in die Taschen der Regierung. Aus Erfahrung, die ich während meiner vielen Jahren in diesem Land gemacht habe, enden Fonds dieser Art meist in Hände von korrupten Beamten, die sich daran bereichern und ihren selbstsüchtigen Interessen nachgehen.

Ich habe Sie nun kontaktiert, um mir behilflich zu sein diese Fonds anzufordern, weil ich selbst dazu nicht befugt bin, da ich in der selben Bank angestellt bin. Ich möchte aber, dass der Erlös wieder in würdige Hände, vor allem wieder nach Europa fliesst. Wenn Sie mit mir zusammenarbeiten, werde ich gemeinsam mit Kollegen und Anwälte alles Nötige veranlassen, Sie als Erbberechtigten von Herrn Begum einzutragen, nur so kann die Bank die Einlösung der Fonds genehmigen und ohne Verzögerung freigeben.

Sie können sicher sein, dass dieses Geschäft 100%ig risikofrei ist und wir auf legalem Wege alles arrangieren. Sie erhalten 30% des Erlöses für Ihre freundliche Unterstützung, die restlichen 70% werde ich mir mit den anderen involvierten Personen teilen.

Wenn Sie in dieses Geschäft interessiert sind, dann schicken Sie mir freundlicherweise Ihren vollständigen Namen, Adresse, Alter, Beruf, persönliche Telefonnummer, wenn vorhanden Faxnummer an meine emailadresse: st**ra**@s*f*.com

Vielen Dank

Mit freundlichen Grüßen
St***** R***.

Alles Wagner: Gurnemanz, medizinisch. In Skype.

Alban Nikolai Herbst: "Die Wunde heilt der Speer nur, der sie schlug": Parsifal.
Αναδυομένη: Wenn man es genau nimmt, steckt dort die Heilslehre der Homöopathie drin.
Alban Nikolai Herbst : Und die der Impfung.
Αναδυομένη: DIE größte Errungenschaft der modernen Medizin!
Alban Nikolai Herbst: Alles Wagner oder was.


[Dies ist mein 13.000ster Beitrag in Der Dschungel.
Seit September 2004. >>>> Die Zahl 13 wird hier geliebt.]


Paul Dirac: Wolpertinger und Anderswelt. Zur Poetologie.

Er zerbrach ein Stück Kreide und legte eine Hälfte auf eine Seite des Pultes und die andere Hälfte auf die andere Seite. Im Anschluß erklärte er, daß es in der klassischen Romantheorie nur einen Zustand gebe, in dem sich das Stück Kreide „hier“, und einen anderen, in dem es sich „dort“ befinde, und daß dies die beiden einzigen Möglichkeiten seien. Ersetze man das Stück Kreide in einem Gedankenexperiment jedoch durch eine Figur des kybernetischen Realismus', dann gebe es nicht nur die Zustände des „hier“ und „dort“, sondern zusätzlich noch eine ganze Reihe weiterer Zustände, die Überlagerungen dieser Möglichkeit darstellen. Es gebe im Kybernetischen Realismus „Mischzustände“, die aus „hier“ und „dort“ zusammengesetzt seien. Genau diese Möglichkeit der Überlagerung (Satz vom ausgeschlossenen Dritten, Anm. d. Komm.) von zwei Zuständen ist unserem Leseverständnis (bislang, Anm. d. Komm.) entzogen. Durch sie unterscheidet sich die poetische Welt von der uns vertrauten Alltagswelt, die der „Realismus“ beschreibt.
[John Polkinghorne, Quantentheorie, Stuttgart 2006.]

[>>>> Friedrich Forssmann, >>>> am Arno-Schmidt-Stand, gab mir das Buch:
„Lies das!“ - Es ist a u c h ein Beitrag zur Willens„frei“heit.
Poetologie.
Kybernetischer Realismus.]

Häme und Privates. Kleine Theorie des Literarischen Bloggens (109).

Zu >>>> dieser Hämischkeit, die mir nur dann, im Sinn von >>>> Rache, nachvollziehbar wäre; hätte ich den jeweiligen Urheber tatsächlich persönlich verletzt, meine ich, daß dennoch >>>> darauf, und zwar mit Nachdruck, zu bestehen ist, ebenso wie auf der, sagen wir, „Umklammerung mit Privatem“, die den literarischen und/oder denkerischen Texten in Der Dschungel widerfährt. Es geht darum, den Schein der Objektivität wie einen Vorhang beiseitezuziehen, der den Altar der geäußerten, bzw. dafür ausgegebenen Wahrheiten verhüllt: es geht um Bedingtheiten; hält man mit denen zurück, werden auch Gründe zurückgehalten, ja verstellt. Dabei erweist es sich freilich als problematisch, daß einer, der sich selbst verwundbar macht, andere notwendigerweise mit hineinzieht, die das durchaus selten so wollen. Deshalb wird der Angriff als Angriff auch verstanden, wenn auch, notwendigerweise, fälschlich als persönlich. Denn das Persönliche als ein Allgemeinstes zur Disposition zu stellen, trifft.

>>>>> Blogtheorie 110
Blogtheorie 108 <<<<

ANH liest NULLGRUND. Stream der Fern-Universität Hagen vom 27. Februar 2009. Argo. Anderswelt. (268).

>>>> Lesung
>>>> Diskussion

[>>>> Realplayer erforderlich.]
>>>> ARGO 269
ARGO 267 <<<<

'Wir sehen uns auf den Bildschirmen'

ich denke, ich würde meine arbeit gerne nach einer zeile aus 'Poesie mondane' benennen, die übersetzt wird mit: 'Wir sehen uns auf den Bildschirmen', 'Ci vediamo in proiezone', was aber eigentlich doch nicht bildschirme bedeutet, oder, sondern vorführungen, aber ich verstehe, dass man es auch nicht mit 'wir sehen uns auf projektionen' übersetzen kann.
ich bin fasziniert, wie sehr pasolinis kritik einer gesellschaft, sich auch an einer architekturkritik wiederfinden lässt in seinen gedichten, in seinen filmen. er hatte sie auf dem schirm, die 'Erfinder von Behausungsschachteln' und 'Wohlstandskasernchen der Direktoren, / die selbst schon zu Marmorklötzchen geworden, / ihren harten Symbolen von Status und Dauer.' (leider nicht das original da, um zu schauen, ob der diminutiv so gewollt ist).
ich erinnere mich an antonionis Liebe62, vorstadtexistenzen, die zwischen schachteln und äckern sich bewegen. das könnte mein thema sein: Tiere in Architektur. ich geh mal den hund suchen. ich las von den tragischen überfällen auf sizilien.

Zu den „Miniaturen“. Aus dem Entwurf (1).

(...) Dem entsprach seinerzeit eine auch und gerade musikalische Poetologie der Entsagung, die sich mit der Erfahrung des Hitlerfaschismus auflud und namentlich von Adorno formuliert worden ist: sie gab dem schuldbeladenen Gewissen einer ganzen Nation die Kunst-Form und hing zugleich mit einer Ästhetik des Fragments zusammen, das den Schein der Abschließbarkeit, des Vollkommenen und Harmonischen zerriß und schon bei Nietzsche den geschlossenen gesellschaftlich-repräsentativen Systemen die Absage erteilte. Musikgeschichtlich war die erste Bewegung dahin eine Abkehr von den aufgeblähten Orchesterapparaturen des späten Neunzehnten Jahrhunderts, über die nach Mahlers Achter kaum noch hinauszugehen war. Ursula Krechel spricht, für die Dichtung, von „überflüssigem Erzählspeck“, auf den der gute Geschmack zu verzichten habe, und noch der Zeitgenosse läßt „Dichtung“ von „Verdichtung“ kommen. Daß kein Fleisch mehr s e i, ist geradezu die Gegenauffassung zum Barock. So gesehen ist die Miniatur ein engstes (Wieder-)Ergreifen eines ästhetisch Religiösen, das statt des Repräsentierens, dem architektonisch der Protz der Gründerzeit entspricht, auf ein „Eigentliches“, Wesenhaftes abzielt, aber schließlich in die Körperlosigkeit führt. Schon Brahms gab vor, dessen Schattenschnitt als Signet dieses Festivals dient, Musik am liebsten zu hören, indem er nur die Partitur lese: auch dies abstrahiert von der Sinnlichkeit, so unverdächtig Brahms sonst auch gewesen sein möge, vom Leben das Leben zu subtrahieren. „Alles ist eitel“, notierte eben auch er.
Dennoch gibt es ein Andererseits. Allerdings ist auch dieses religiös: Zu denken an des Maimonides Blatt, auf das sich Walter Benjamin bezieht: es enthalte alle anderen Blätter in sich („Welten“, mit Borges) und imgrunde den Kosmos wie Gottes Name, der das Verbot von Bildern ist. יהוה ‎(JHWH) wie لله (Allah): In den kalligraphischen Formen des Namens liest sich die Welt. Doch hat gerade Maimonides' Blatt immer wieder Bilder entworfen, poetisch sind das Geschichten, erzählte Bilder also, mögliche Welten oder auch Momente unserer Welt, doch von solcher Expressivität, daß wir vermeinen, ein Alles-zugleich zu vernehmen. Das ist mitunter nicht ohne Komik, wenn man etwa an Doderers „Kürzestgeschichten“ denkt oder wenn wir in Hans Carl Artmanns Miniaturen der Grünverschlossenen Botschaft lesen: „Ein puma sitzt in einem traumbaum und sieht dich an... Wird er springen – wird er bleiben? Das zu überlegen, hast du fünfundsiebzig herzschläge zeit.“(...)


>>>> 2

Es ist bei Hauff eine wichtige Frage angespielt.

Er versteht sie nicht als solche, sondern >>>> unterstellt ihren Inhalt als bereits vorgefertigte Antwort für einen Einzelfall, nämlich mich. Aber darauf kommt es nicht an, sondern zurecht stellt sich grundsätzlich die Frage, ob nicht eine erste Bewegung zur Kunst i m m e r (selbst)therapeutischen Characters sei. Darüber wäre immer noch nachzusinnen. Was bringt jemanden dazu, sich mit etwas leidenschaftlich und bis über, wenn es gesellschaftlich schlecht damit läuft, nahezu alle Schmerzgrenzen hinaus intensiv zu beschäftigen und es durchzukämpfen, obwohl der objektiv-persönliche Mehr- und Genußwert so gering ist (Anerkennung, soziale Akzeptanz, ökonomische Sicherheit), ja, wie mir >>>> Martin R. Dean einmal klagte, eine unablässige Kette narzißtischer Kränkungen mit sich bringt. Man könnte auch >>>> Kippenberger, den zu Lebzeit Mißachteten und post mortem hoch Gehandelten zitieren: „Ich kann mir doch nicht jeden Tag ein Ohr abschneiden.“ War van Goghs Arbeit eine gescheiterte Selbsttherapie? Darum, letztlich, dreht sich alles, wenn wir nach den ersten Motiven der Kunstausübung fragen, ob bei Kleist, Hölderlin, ob bei van Gogh und Allan Pettersson. Die Erfolgreichen zu betrachten, lohnt in dieser Hinsicht nicht, weil wir nicht wissen, wie s i e im Fall des Mißerfolgs gehandelt hätten – aber bei den guten unter ihnen, die es zweifelsfrei gibt, können wir's ahnen (bei Goethe, Heiner Müller, Picasso usw.): nämlich genau so wie die anderen.

Ob jemand aber ein guter Künstler s e i, das können wir letzten Endes immer nur glauben. Das betrifft auch den Künstler selbst: "Wir selbst wissen es wahrscheinlich noch nicht einmal auf dem Sterbebett, ob wir es gewesen sind", sagte Gustav Mahler.

Zu den „Miniaturen“. Aus dem Entwurf (2).

(...) Zugleich kann die Miniatur auch ein Spaß sein, ja ein Ulk, der, aus der Perspektive des Spötters, die Sicherheit vermittelt, „es immer schon zu haben“; die Comics gehören hier hinein, musikalisch HK Gruber und die Ministücke Gerhard Rühms. Aber auch noch der provokanteste Aphorismus verleiht sich den Schein der Übersicht und macht dadurch, wie Lego-Welten in Spielzeugländern, den Eindruck von Überschaubarkeit; daß Aphorismen normativ sind, bestärkt das noch. Genau zwischen diesen Polen oszilliert die miniature Form, immer wieder geht das Größte, Fließende, Unendliche in das knapp Abgeschlossene ein und wird mit ihm, darf man das sagen?, identisch. Findet man diesen Gedanken des Identischen nicht bereits in der Herkunft des Begriffs „Miniatur“, das eine kleine „mit Zinnoberrot gemalte“ Nachahmung meinte, in den Anfangslettern der alten Handschriften geboren und aufgewachsen in der Buchkunst, in deren Initialen Fantasiebildchen kamen, das Kapitel zu umreißen? Es ist dieselbe Idee. Wobei das Bild, wie der Klang, bei aller „Identität“ etwas anderes ist, die Miniatur-an-sich aber das einzelne Wort. Wir sagen „Welt“, und sie wird.(...)


>>>> 3
1 <<<<

Oskar Sodux: Neues aus Allerwelt

Oskar Sodux: "Neues aus Allerwelt", erschienen in Achilla Presse, - einer der besten Romane, die ich je gelesen habe! Und die dort wunderbar versteckte Kritik am Literaturbetrieb ...
Es gibt doch so viel Gutes außerhalb von "Feuchtgebiete" ...

Ein ebenso großartiger Roman, "Kasse 53" von Nils Mohl, auch in Achilla Presse (Butjadingen, Ostfriesland).

Und es gibt sie doch, die Qualitätsliteratur! (Mal abgesehen von "Meere" ...)

Ina Bruchlos: Der Kampf der Mähdrescher

Kurze Erzählungen, MTA-Verlag

daraus ein Auszug:

Das absolute Gehör

Ich habe einmal gelesen, dass der Mensch fünfzig Prozent seines Gehirns nicht nutzt. Trotzdem überlebt er und erfindet Dinge wie Synchronschwimmen. Man möchte sich gar nicht ausmalen, was er erfände, wenn ihm ein ganzes Gehirn zur Verfügung stünde. Man könnte sich wahrscheinlich gar nicht retten vor unsinnigen Sportarten und Hamsterhängematten mit Südseemotiv.
Obwohl ich kein Hirnforscher bin, denke ich oft über die Struktur von Gehirnen nach, am liebsten über mein eigenes, denn dann brauche ich nicht zu abstrahieren und kann mir simple Gedanken machen über etwas, das nicht hundertprozentig ist. In meinem Kopf herrschen geradezu autobahnähnliche Zustände, was jeden wundert, der mich näher kennt. Ich bin mir beinahe sicher, dass niemand etwas so Geschwindigkeitsbezogenes wie Autobahn mit mir assoziieren würde, bin ich doch im eigentlichen Leben eher langsam, während die Ferraris in meinen Gehirnwindungen aus der Kurve fliegen und gegen meine Schädeldecke knallen.

Auf den Tod eines Mannes der aus dem 5. Stock sprang

Ich kannte nicht seinen Geschmack
doch seh ich ihn immer noch stehn
am Rand der Rosen im Garten
zur ewigen Wiederkehr

Nur die, die so gegangen sind
werden uns anderswo berichten,
wie es hier wirklich war:

Von der Symmetrie der Körper,
dem Gleichgewicht des Schreckens
und der Fallhöhe, die in direktem Verhältnis
zur Fremde des Lebens steht

Nach einem noch fremderen Ort musste er suchen,
um weniger fremd
mehr zu sein.

Musik als Heimat. Ernst Bloch, Geist der Utopie: Philosophie der Musik.

Wenn das Tonhafte nur andeutend, noch uneigentlich bleibt, so ist es nicht etwa in Zeichen gestellt, so will uns seine Rätselsprache nichts überirdisch schön Gelöstes verbergen, sondern die Funktion der Musik ist vollste Offenheit, und das Geheimnis, das verständlich-Unverständliche, das Symbolische an ihr ist der eigene, sich selber s a c h l i c h verhüllte Menschengegenstand selber. Der Ton geht mit uns und ist Wir, nicht nur so wie die bildenden Künste bloß bis zum Grabe mitgehen, die doch vorher so hoch über uns hinaus ins Strenge, Objektive, Kosmische zu weisen schienen, sondern wie die guten Werke auch noch über das Grab hinaus mitgehen; und zwar gerade deshalb, weil das Erhabene der Musik, das neue, nicht mehr pädagogische, sondern r e a l e S y m b o l in der Musik so sehr niedrig, so sehr nur bloßer feuriger Ausbruch in unserer Atmosphäre (zu sein) scheint, obwohl es doch ein Licht am fernsten, allerdings innersten Fixsternhimmel, ja das Selbst- und Wirrproblem selber ist. Der gestaltete Klang bleibt so kein Gegenüber, sondern es ist etwas in ihm, das uns die Hand aufs Herz legt, das uns mit uns selber beschwört, umstellt und derart unsere bedürftige, ewig fragende Rezeptivität mit sich selbst, zum mindesten mit ihrer unabgelenkten, rein gewordenen, als sie selbst widerhallenden Frage nach der Heimat beantwortet.

(1923).

Gustav Seibt, Martin Mosebach und der abwesende Peter Hacks. 25.03. 2009. Paul Reichenbach im Goethehaus.

Am jüngsten Tag vor Gottes Thron
Stand endlich Held Napoleon.
Der Teufel hielt ein großes Register
Gegen denselben und seine Geschwister;
War ein wundersam verruchtes Wesen:
Satan fing an es abzulesen.

Gott Vater, oder Gott der Sohn,
Einer von Beiden sprach vom Thron,
Wenn nicht etwa gar der heilige Geist
Das Wort genommen allermeist:

"Wiederhol's nicht vor göttlichen Ohren!
Du sprichst wie die deutschen Professoren.
Wir wissen Alles, mach' es kurz!
Am jüngsten Tag ist's nur ein . . . .
Getraust du dich ihn anzugreifen
So magst du ihn nach der Hölle schleifen."
(Johann Wolfgang v. Goethe , Zahme Xenien.)




warhol-goetheGoethe und Napoleon. Nichts Neues über die Sonnen konnte man gestern Abend von Gustav Seibt hören, den Martin Mosebach, er war natürlich da, den zahlreichen Zuhörern im Goethehaus vorstellte. Die >>>>Veranstaltung hätte auch unter dem Titel „Ein Gespräch im Hause Goethe über den abwesenden Herrn Peter Hacks“ stattfinden können. Das wäre treffender gewesen. Ist doch das >>>>Goethe-Napoleon-Buch von Gustav Seibt nichts anderes, so scheint es mir, als eine Auseinandersetzung mit Peter Hacks, dessen versammelte Auffassungen Seibt neudeutsch-romantisch, was letztlich altdeutsch-romantisch heißt, widerspricht. Das ist sein gutes Recht. Allerdings, so meinte montgelas gegenüber Mosebach, hätte ein kleiner Nebensatz in der Veranstaltung, ein Verweis auf Peter Hacks, von ihm oder Gustav Seibt, dem Thema mehr Größe verliehen. Eine einzige Erwähnung der Hacks Arbeit "Saure Feste" darin über Goethes Epimenides, hätte genügt. Kenner wissen wovon hier die Rede ist. "Du sprichst wie die deutschen Professoren" schreibt Goethe. Gustav Seibt, bei allem Respekt gegenüber seiner quellenkritischen Arbeit, ist einer von ihnen. Es hat keinen Sinn, schreibt Hacks in "Saure Feste", den Bonapartismus mit heutigen Augen zu sehen. Seibt versucht dies. Ein Essay ist ja immer ein Versuch, wie das Wort schon verrät, aber ob er Sinn macht, bleibt zu hinterfragen. Dazu wird montgelas, hoffe ich, am Wochenende mehr sagen können.

Es ist Mittwoch und noch immer ist es kalt in Deutschland.

Zu den „Miniaturen“. Aus dem Entwurf (3) zur Ersten Fassung

(...) Als wären sie transfinite Zahlen, überlagern die Wellen einander im Ohr. Der unendlich geschichtete Klang ist wie weißes Licht die Summe aller Farben. Zwar kann eine Miniatur auch bloßer Ulk sein, dennoch vermittelt sie die Sicherheit, die Übersicht zu haben. Man steht ja davor und merkt nicht, selbst eines seiner Teile und selbst nur eine der Zahlen zu sein. Viele Comics gehören hierher, musikalisch HK Gruber und die Ministücke Gerhard Rühms. Selbst der provokanteste Aphorismus gibt, wie Lego-Welten in Spielzeugländern, Überschaubarkeit vor. Daß Aphorismen normativ sind, verstärkt das. Doch täuscht das wie das Spaßige selbst; keiner wußte darüber Bescheid wie Borges. In den Miniaturen der „grünverschlossenen botschaft“ HC Artmanns wittert das durch: „„Ein puma sitzt in einem traumbaum und sieht dich an... Wird er springen – wird er bleiben? Das zu überlegen, hast du fünfundsiebzig herzschläge zeit.“ Überhaupt neigen die Wiener dazu, mit Miniaturen böse zu scherzen.
(...)

2 <<<<

Das Leben der nackten Urvölker.

Hat jemand in Der Dschungel gesucht, und >>>>> Yahoo gibt uns bereits an 15. Stelle die Chance, daß er es hier auch findet.
[Referrers.]

Robert Gernhardts Juxgeld für Dichter.

Dank Dir, lieber L., aber ich würde einen Robert-Gernhardt-Preis nicht annehmen, egal, welches Preisgeld damit verbunden wäre. Es ist einfach ein zu schlechter Dichter gewesen, diese gräßliche, floppende Ironie immer, dieses permanente Uneigentlich. Ich verbinde etwas mit einem Namen, in dem ein Preis vergeben wird. Auch einen Heinrich-Böll-Preis würde ich nicht annehmen, aus anderen, in diesem Fall rein poetologischen Gründen: zu groß ist die Differenz. Obwohl ich Böll als Menschen und als Autor gerade in seinem politischen Engagement sehr schätze; ästhetisch trennen uns aber Welten. (Ich würde auch keinen Friedenspreis annehmen, doch es besteht eh keine Gefahr, daß man ihn mir offeriert). Gernhardt aber? Nein, das wäre jenseits allen guten poetischen Geschmacks. Dann besser gleich Heinz Erhardt.

Beim Anschaun von „Heroes“.

Das Spannende ist, daß zu wissen, man hat ein Schicksal – es wendet. Das wäre Gegen-Tragik: - Freiheit? Nein. Denn man muß wissen können.

Die Gegentragik Freiheit.

(CDXCVIX).

(Das Spannende ist, daß zu wissen, man hat ein Schicksal – es wendet. Vielleicht.)

An die Fern-Universität Hagen. Rechnungsstelle. z.Hd. Frau ***. H a g e n. Ein Leerstück.

Berlin, den 31. März 2009.
Abrechnung.
>>>> „Unreine Erlösung“, Präsenzveranstaltung am 27./28. Februar 2009.
Vollmacht


Sehr geehrte Frau ***,

im Nachgang zu meiner Abrechnung wegen der o.a. Veranstaltung erteile ich der Fern-Universität Hagen hiermit die nachersuchte Vollmacht, die ich ihr schriftlich, und zwar handschriftlich mit Unterschrift, bereits auf dem Abrechnungsformular erteilt habe, erteile ich ihr also doppelt die Vollmacht, den in dem Abrechnungsformular, worin diese Vollmacht bereits handschriftlich und mit Unterschrift gegeben worden war, genannten Betrag auf das Konto von

**********
***********************
Kto. ****************
BLZ ****************

mit dem Vermerk „für Alban Herbst, Kolloquium 27./28. Februar“ zu überweisen, wobei ich, sollten weitere Vollmachten für diesen vollmachtsbehafteten Vorgang erforderlich sein, darum nachsuche, die hiermit vorliegende zweite Vollmacht nach behördlicher Notwendigkeit zu kopieren, mit dem jeweils anzulegenden neuen Datum zu versehen und an mich zur Leistung der gegebenenfallsig zu leistenden Unterschrift herüberzureichen, damit diese Vollmacht dann auch wirklich wird, was sie sein soll, und die Überweisung des zu überweisenden Betrages richtiggehend zügig erfolgen kann, wozu ich Ihnen in vorauseilender Vorsicht nunmehr ein drittes Mal die Vollmacht erteile.

Hochachtungsvoll

ANH
www.albannikolaiherbst.de

„Chillen“ -

>>>> wie eine Sprache schleichend eine andere übernimmt; den Willen des Kolonisators realisiert. Sie übernimmt das Bewußtsein. In den Momenten der Entspannung. Die „eigene“ Sprache schließlich unter die Grammatik des Enteigners gebeugt. Wobei eine feine Rache ist, daß auch die sich versimpelt. Handys, Andy, statt Handies.

Hinwiederum wäre „Befreiung“ im Synkretizismus zu finden, nicht in der Reinheit der Sprache. Man bräuchte mehr Lehnswörter aus anderen als den englischen Sprachen, damit nicht das Lehnswort Lehenswort bleibt: gegeben für domestike Gefolgschaft. Welche türkischen Wörter haben wir übernommen, welche italienischen, welche griechischen? Welche spanischen, hebräischen, arabischen? „Vase“, erinnere ich mich, finde aber den Beleg nicht, sei persischer Herkunft, dann aber sicher vermittelt übers Latein (frz. vase aus lt. vas), also abermals über einen Herrschaftszusammenhang.
Herrschaftswillen geschehen, wenn sie zum Willen der Beherrschten werden. Es ist, wo er sich gelungen durchführt, ein unbewußter Prozeß. Bekäme man ihn ins Bewußtsein, gäbe es mehr „eigensprachliche“ Neologismen; das amerikanischsprachige Drehmoment erzeugt ständig neue Wörter; eine Sprache, die dies nicht mehr tut, löst sich auf.

(„und sie - chillen sie vielleicht doch mal aus, die harten konflikte scheinen mir eh ausgetragen zu sein in der gesellschaft“).

 



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