Räume des Schreibens und der Fiktion (1) im Arbeitsjournal des Donnerstags, dem 22. November 2012. Berlin und Marburg an der Lahn. Mit einer imaginären Erinnerung an Leonard Bernstein.
4.55 Uhr:
[Arbeitswohnung. Berlioz, Grand Messe des Morts (Requiem) op. 5.]
Wir lästern, nicht, wir ehren - ehrten, auch wenn ich eines leichten grippalen Infektes wegen etwas verlangsamt war und auch jetzt noch bin; allerdings suche ich auch parallel zum Schreiben im Netz nach weiteren Berlioz-Requiem-Aufnahmen; meine Vinyl-Pressung (Colin Davis) ist nun, nach dreißig Jahren ungefähr, doch schon ein wenig zu abgespielt, um noch klanglich den Möglichkeiten meiner Anlage zu entsprechen. Ich will mich heute von dieser Musik auch nicht trennen, so klingt sie in mir nach und das, was ich fortan mit ihr verknüpfen werde. Nicht anders die Löwin: das werde sie nie wieder vergessen: so sagte sie leise gestern nacht, als wir nach 23 Uhr noch etwas aßen, weil das die Körper brauchten- sowie: „Bin mal gespannt, wann Sie das überkriegen werden“, weil ich wieder und wieder zu meiner, eigentlich >>>> brsmas, Tahin-Joghurt-Mischung greife, die ich ein wenig abgeändert habe mit frisch gehackten Chilies darin, Zitronensaft und einigem Olivenöl; eine Spur Zucker noch. Salz verwende ich insgesamt nur selten oder nur in Spuren. Dazu gibt es arabisches Fladenbrot (Weizenmehl, Hefe, Wasser, Salz) und Oliven.
Hab >>>> den Vortrag gestern beinah fertigbekommen; er ist nur noch stilistisch durchzusehen und ein wenig zu straffen, damit ich meine Zeit nicht überziehe. Das Ding formulierte sich allerdings aus dem Handgelenk; ich habe auch überlegt, ob ich ihn nicht insgesamt frei halte, habe aber die einmontierten Zitate nicht wortgetreu im Kopf, also wird‘s so eine Mischung werden. Grippostad, um mich beim Sprechen nicht zu verschnupfen. Sowas sieht nicht sexy aus, außerdem bin ich für den Genuß von freundlichem Mitgefühl nicht alt genug, scheue jedes HabenWirHaltAlleMal. Lächelmaske also, die arroganten Blicke der Konzilianz, mal sehen. Um Viertel vor elf muß ich aus dem Haus, gegen halb siebzehn Uhr werde ich ankommen. Die Löwin, die morgen früh einen Termin in der Neuen Nationalgalerie hat, bleibt noch hier; bißchen blöd, daß ich ich ausgerechnet dann fort muß. Aber ich freu mich auf die Gespräche und Diskussionen.
Für die Fahrt also der Vortrag ff. Ich war noch nie in Marburg, eine Email lockt mit dem Begriff „Oberstadt“, in die es sogar einen Fahrstuhl geben soll. Ich werde aber lieber meine Wasden den Berg hochstapfen lassen; vielleicht gibt‘s einen Kopierladen auf dem Weg; wenn, dann könnte ich den Text, vom USB-Stick, auf dem Weg ins Gästehaus ausdrucken lassen; feine Erfindung. Hübsch auch, daß es krankheitshalber morgens kein Frühstück gebe; aber in der Nähe der Unterkunft sei ein Café gelegen, in das es sich auf Brötchen und Frühstücksei einkehren lasse. Den Ives nehme ich noch mit, >>>> Glöcklers, weil ich für >>>> Volltext eine Rezension über den Roman schreiben soll, was keine wirkliche Mehrarbeit bedeutet; wegen der erst kürzlich stattgefundenen Veranstaltung bin ich sowieso noch halb im Buch, für das ich auch sehr gerne noch etwas mehr tun wollte:
[Arbeitswohnung. Berlioz, Grand Messe des Morts (Requiem) op. 5.]
Wir lästern, nicht, wir ehren - ehrten, auch wenn ich eines leichten grippalen Infektes wegen etwas verlangsamt war und auch jetzt noch bin; allerdings suche ich auch parallel zum Schreiben im Netz nach weiteren Berlioz-Requiem-Aufnahmen; meine Vinyl-Pressung (Colin Davis) ist nun, nach dreißig Jahren ungefähr, doch schon ein wenig zu abgespielt, um noch klanglich den Möglichkeiten meiner Anlage zu entsprechen. Ich will mich heute von dieser Musik auch nicht trennen, so klingt sie in mir nach und das, was ich fortan mit ihr verknüpfen werde. Nicht anders die Löwin: das werde sie nie wieder vergessen: so sagte sie leise gestern nacht, als wir nach 23 Uhr noch etwas aßen, weil das die Körper brauchten- sowie: „Bin mal gespannt, wann Sie das überkriegen werden“, weil ich wieder und wieder zu meiner, eigentlich >>>> brsmas, Tahin-Joghurt-Mischung greife, die ich ein wenig abgeändert habe mit frisch gehackten Chilies darin, Zitronensaft und einigem Olivenöl; eine Spur Zucker noch. Salz verwende ich insgesamt nur selten oder nur in Spuren. Dazu gibt es arabisches Fladenbrot (Weizenmehl, Hefe, Wasser, Salz) und Oliven.
Hab >>>> den Vortrag gestern beinah fertigbekommen; er ist nur noch stilistisch durchzusehen und ein wenig zu straffen, damit ich meine Zeit nicht überziehe. Das Ding formulierte sich allerdings aus dem Handgelenk; ich habe auch überlegt, ob ich ihn nicht insgesamt frei halte, habe aber die einmontierten Zitate nicht wortgetreu im Kopf, also wird‘s so eine Mischung werden. Grippostad, um mich beim Sprechen nicht zu verschnupfen. Sowas sieht nicht sexy aus, außerdem bin ich für den Genuß von freundlichem Mitgefühl nicht alt genug, scheue jedes HabenWirHaltAlleMal. Lächelmaske also, die arroganten Blicke der Konzilianz, mal sehen. Um Viertel vor elf muß ich aus dem Haus, gegen halb siebzehn Uhr werde ich ankommen. Die Löwin, die morgen früh einen Termin in der Neuen Nationalgalerie hat, bleibt noch hier; bißchen blöd, daß ich ich ausgerechnet dann fort muß. Aber ich freu mich auf die Gespräche und Diskussionen.
Für die Fahrt also der Vortrag ff. Ich war noch nie in Marburg, eine Email lockt mit dem Begriff „Oberstadt“, in die es sogar einen Fahrstuhl geben soll. Ich werde aber lieber meine Wasden den Berg hochstapfen lassen; vielleicht gibt‘s einen Kopierladen auf dem Weg; wenn, dann könnte ich den Text, vom USB-Stick, auf dem Weg ins Gästehaus ausdrucken lassen; feine Erfindung. Hübsch auch, daß es krankheitshalber morgens kein Frühstück gebe; aber in der Nähe der Unterkunft sei ein Café gelegen, in das es sich auf Brötchen und Frühstücksei einkehren lasse. Den Ives nehme ich noch mit, >>>> Glöcklers, weil ich für >>>> Volltext eine Rezension über den Roman schreiben soll, was keine wirkliche Mehrarbeit bedeutet; wegen der erst kürzlich stattgefundenen Veranstaltung bin ich sowieso noch halb im Buch, für das ich auch sehr gerne noch etwas mehr tun wollte:
Um acht wird die Löwin geweckt, dann gepackt, dann sich redlich gekleidet und, vielleicht, vor meiner Abfahrt noch gemeinsam gefrühstückt. Und sehen Sie, jetzt hab ich das Requiem schon bekommen: Orchestre de Paris unter den heilenden Händes eines Wunders, das sich Leonard Bernstein nannte. Er solle weniger Whiskey trinken, hat Karajan einmal geäußert und, ungewöhnlich dezent für diesen militärischen Mann, Bernsteins Nikotinmißbrauche völlig unerwähnt gelassen. Karajan konnte, ja m u ß t e man bewundern, Bernstein aber - wurde geliebt.
Bildquelle: >>>> Wikipedia.

Bildquelle: >>>> Wikipedia.
Ich habe ihn nie erlebt, wiewohl das möglich gewesen wäre. Doch wenn er in Deutschland dirigierte, hatte ich nie das Geld, um hinzufahren, schon gar nicht für die Konzerttickets; damals schrieb ich noch nicht über Musik und bekam keine Pressekarten. Aber ich habe, als ich die kurze Zeit >>>> in New York (Wenn Sie ein Schnnäppchen machen wollen, sollten Sie draufklicken) lebte, unversehens vor seinem Grab gestanden, Brooklyn, und ein Steinchen daraufgelegt. Es lagen schon viele andere Steine auf der Platte. Seither kenne und beachte ich diese jüdische Tradition, auch bei mir verbundenen anderen Gräbern, ob ihre Toten nun mosaischer Herkunft sind oder nicht. Wenn es dort welche gäbe, würde ich auch in Moscheen Kerzen anzünden für ein Gedenken. Aber ich habe bisher in keiner welche gesehen. „Lenny“ haben diesen großen Mann seine Freunde genannt. In den Konzertpausen habe seine Frau mit der bereits für ihn entzündeten Zigarette gewartet, und auch ein, nun ja, Herr Ritter von Karajan, Whiskey habe bereitgestanden. Vielleicht hat er ihn gestürzt, bevor er, mit frischem Oberhemd und Fahne, wieder hinaus in den Saal nervöste, um den Dirigierstab neu zu nehmen. Ich bin wahnsinnig dankbar dafür, daß es solche Menschen gibt; es macht mich auf eine seltsam melancholische Weise - glücklich. Besonders heute morgen.

albannikolaiherbst - Donnerstag, 22. November 2012, 04:56- Rubrik: Arbeitsjournal
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