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Gedichte
Manchmal seh ich, wie ich sterben werde
karg von der Herde meiner Schals
zur letzten Erwärmung vorbereitet
gebettet auf den schütteren Boden
den nur noch vom Essen auf Rädern
knirschend der Zivi beschreitet
und ekelt sich vorm Grimm des Alters
vor seinem Rotz und den Hoden
die ädern aus der versifften Unterhose
dieses stinkegreisen Baals
ihm lose an dem Schenkel backen
weil es den bösen Enkel längst
des lieben großen Allgestalters
auch nicht sonderlich nicht mehr schert
sich zweimal täglich einzukacken
vor Wut, und hat die Adern geleert
vom Blut - nur Fetzen noch
die sich, um ihm zuletzt zu bleiben
die letzten Götzen einverleiben.
[Bei Bruckner VII., Celebidache.]
albannikolaiherbst - Dienstag, 16. Oktober 2007, 11:03- Rubrik: Gedichte
Das starb in einem zehnten Dom
zum zehnten Mal
Das nahm
von dem Engel zwei Finger
über deren Nägel
wie Haut
spreizt' es den Laut
und spreizte die Finger
Das spreizte die Hand
zur Kathedrale
Der Ton wurde Wand
und wurde Tempel ganz
Das klang im dunklen Glanz
der Existenz
und starb in seinem zehnten Dom
zu Rom.
>>>> Variation VI
Variation IV <<<<
albannikolaiherbst - Mittwoch, 3. Oktober 2007, 07:34- Rubrik: Gedichte
Beugte sich über das Kind wer
der seine schattigen Hände sah
mürbe von Tonalität
nervös in der Ahnung
tat ihm die Töne wer auf
ließ er das Kind bereits fallen
nahm er das Kind aus dem Spiel
bis aus dem Spiel am Klavier
ein immerselber Klang
durch die irpinischen Fenster
des Castellos di Valva
in den kleinen Garten drang
Das hielt so über Stunden
das hielt die Welt und jahrelang
für immer diese Kindheit an.
>>>> Variation V
Variation III <<<<
albannikolaiherbst - Dienstag, 2. Oktober 2007, 16:28- Rubrik: Gedichte
E i n Flügel hebt sich.
Es reicht hängt des Engels zweiter
in die Kälte weiter,
ehern und unendlich.
Drauf ist kein Blut.
Er ist nur weiß im Nichts
des unsichtbaren Lichts
und ruht,
wie wenn die linke Schwinge
birgt, die rechte aber wär
Treibnetz im kosmischen Meer,
und Schwarm um Schwarm verfinge
asteroid erstarrter Seelen
auf ihren Wegen sich darin
zu einer Auferstehung hin,
die sich wie Parallelen
in einer Ferne schneidet,
die aus Gesängen schwirrt,
doch niemals werden wird
und selbst der Engel meidet.
>>>> Variation IV
Variation II <<<<
albannikolaiherbst - Dienstag, 2. Oktober 2007, 10:10- Rubrik: Gedichte
>>>> Thema:
Wie Frauen, die mit Männerstimmen reden
Wie oft, Exzellenz, trug Sie denn der Laut, (10)
Orpheen unvernehmlich, durch das Lärmen (11)
Roms zu den Ewigkeiten dieses Engels, (11)
dessen Flügel aus Frauen, die gebärn, (10)
unentwegt der Metempsychose Blut (10)
palingenetisch unter sich herabwirft, (11)
wenn er sich rührt, und schüttelt seine Federn, (11)
die mit den Schlachten gefettet und schwer (10)
von dem Blut sind, und fühllos, und triefen (11)
von Männerstimmen, den rohen, vom Krieg (10)
gehobelten – ˇw i e ˇhielten Sie das Eis, (10)
das sie, Signore, so klirrn läßt, denn aus, (10)
und wärmten dem Engel mit der Musik (10)
noch den Flügel? Wohl um f ü r uns zu reden? (11)
>>>> Variation III
Variation I <<<<
albannikolaiherbst - Montag, 1. Oktober 2007, 21:03- Rubrik: Gedichte
Wie Frauen, die mit Männerstimmen reden, (11)
hebt es des Engels linke Schwinge (9)
über der schattigen Welt an, (7)
deren Existenz, (5)
Euer Exzellenz, (5)
darunter ruht. Man kann (7)
der schwarzen Dinge Fluß und Schwingung (9)
aus des Engels Achselhöhle und jeden, (11)
der drinnen frierte in dem dunklen Eden, (11)
herausquelln hören als Durchdringung (9)
eignen Willens, der daran, (7)
wie ein Reagenz (5)
andrer Existenz, (5)
in anderer Willen rann: (7)
in Ihrer, Signore, Umschlingung. (9)
Wie Frauen, die mit Männerstimmen reden, (11)
haben Sie ewig die uralten Fehden (11)
vom Sein und vom Tod in die Stimmung (9)
Ihrer Musiken getan - (7)
als deren Absenz, (5)
Exzellenz. (3)
>>>> Variation II
albannikolaiherbst - Montag, 1. Oktober 2007, 12:00- Rubrik: Gedichte
Dem Begehren fremd
sind sie ganz Kultur
doch wirken weise.
Sie legen ihre warmen Hände
wo das Begehren ungehemmt
dem Meer zur Seite stände
auf den Geist und, leise,
töten ihn und sie, Natur.
albannikolaiherbst - Donnerstag, 27. September 2007, 14:15- Rubrik: Gedichte
Du schriebst, bevor Du hingst, drei Zeilen
Der Kastration den Tod
vorzuziehen, Mann
das ist nicht Not
wie Du Dich dann
dort anzuseilen wagtest
statt weiter ins Gedicht
und seine süße Traurigkeit zu fliehen
Ich henke den Verzicht
Du sagtest
Männern hilft nicht Nacht, nur Rot
und nie
Melancholie
albannikolaiherbst - Dienstag, 25. September 2007, 11:46- Rubrik: Gedichte
Die Wiederkehr des Reims, der Formen
bricht wie ihr Bruch vorher die
Normen.
albannikolaiherbst - Montag, 24. September 2007, 20:08- Rubrik: Gedichte
Es war frühmorgens, und ich stand
rauchend auf der, die noch schlief, Allee
am Regen, der klatschte wie See,
rauschend wie Wind auf dem Land,
auf den Asphalt und über die Platten
des Bürger-, des Bordsteins, den Kopfstein.
Müde sann ich. Ließ mich sein
in des Morgens letztem matten
Kunstlicht an der Mietshauswand.
Es welkte nahbei ein altes Papier
in einer Pfütze am Fahrbahnrand
und leuchtete mir.
Ich schritt durch den Regen, nahm's auf.
Es standen ein Datum vom nächsten Jahr
und morsche Verse der Sehnsucht darauf
und daß der Verfasser traurig war
und erkrankt, und er werde bald sterben.
Sieben Strophen, nicht mehr; von dem Kant
des Blatts troffen Tränen, dem herben
Rauschen ganz gleich – und wie Sand
zerfiel es, zerfielen die Verse,
zerfiel das Papier, als mich die Tram,
zum strömenden Regen traverse,
kreischend herausriß, und klamm
sah ich auf und sah den Verkehr
und sah mir zurück in die Hand.
Zwischen den Fingern war naß verbrannt
nur noch die Kippe, nichts mehr.
albannikolaiherbst - Samstag, 22. September 2007, 08:27- Rubrik: Gedichte
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Für Adrian Ranjit Singh v. Ribbentrop,
meinen Sohn.
Herbst & Deters Fiktionäre:
Achtung Archive!
DIE DSCHUNGEL. ANDERSWELT wird im Rahmen eines Projektes der Universität Innsbruck beforscht und über >>>> DILIMAG, sowie durch das >>>> deutsche literatur archiv Marbach archiviert und der Öffentlichkeit auch andernorts zugänglich gemacht. Mitschreiber Der Dschungel erklären, indem sie sie mitschreiben, ihr Einverständnis.
Kontakt ANH:
fiktionaere AT gmx DOT de
E R E I G N I S S E :
# IN DER DINGLICHEN REALITÄT:
Mittwoch, den 5. April 2017
Bremen
Studie in Erdbraun
Mit Artur Becker und ANH
Moderation: Jutta Sauer
>>>> Buchhandlung Leuwer
Am Wall 171
D-28195 Bremen
19 Uhr
Sonnabend, 23. September 2017
Beethovenfest Bonn
Uraufführung
Robert HP Platz
VIERTES STREICHQUARTETT
mit zwei Gedichten von Alban Nikolai Herbst
>>>> Beethovenhaus Bonn
Bonngasse 24-26
D-53111 Bonn
16 Uhr
NEUES
Bruno Lampe - 2017/03/29 19:48
III, 280 - Bei Äskulap
Gegen zwei löste ich mich kurzentschlossen vom Schreibtisch. Es war nichts mehr abzuliefern. Aber die ... Die in einem ...
... Deckenlabyrinth sich mäandernde Inschrift...
Bruno Lampe - 2017/03/28 21:42
Vielhard, Leichtgaard:
albannikolaiherbst - 2017/03/28 07:53
Bruno Lampe - 2017/03/27 20:43
III, 279 - Oder auch nicht
Kühler Nordwind. Die Sicht ging bis zu Sant’Angelo Romano weit unten im Latium. Jedenfalls vermute ich ... Bruno Lampe - 2017/03/24 19:55
III, 278 - Einäugigkeiten und Niemande
Ein Auge fiel heraus, abends beim Zähneputzen. Es machte ‘klack’, und der Zyklop sah nur noch verschwommen. ... Danke, gesondert, an...
bei der sich in diesem Fall von einer "Übersetzerin"...
albannikolaiherbst - 2017/03/24 08:48
albannikolaiherbst - 2017/03/24 08:28
Schönheit. (Gefunden eine Zaubernacht). ...
Es juckt sie unter der Haut. Es juckt bis in die
Knochen. Nur, wie kratzt man seine Knochen?
Sein ... Bruno Lampe - 2017/03/22 19:39
III, 277 - Die Hühner picken
Irgendwas ist schiefgelaufen seit dem 9. März. Man könnte es so formulieren: die Verweigerung der Worte ... ich hör' ein heer...
ich hör’ ein heer anstürmen gegens...
parallalie - 2017/03/21 06:51
Ich höre berittene...
Ich höre berittene Landsknecht sich ballen vorm...
albannikolaiherbst - 2017/03/21 06:18
albannikolaiherbst - 2017/03/21 06:12
James Joyce, Chamber Music. In neuen ...
XXXVI.I hear an army charging upon the land,
And the thunder of horses plunging, foam about their knees: ... den ganzen tag lärmen...
den ganzen tag lärmen die wasser
ächzen schon
trist...
parallalie - 2017/03/18 09:55
Den ganzen Tag hör...
Den ganzen Tag hör ich des brandenden Meeres
Klagenden.. .
albannikolaiherbst - 2017/03/18 08:23
JPC

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Zuletzt aktualisiert am 2017/04/01 07:33
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