Uve Schmidts
Kalenderblatt
Juni 2014

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Tage wie jene
Zuerst
hörten wir aus dem RIAS*,
dass nicht nur in Ostberlin ein Arbeiteraufstand
stattfände, sondern in allen mitteldeutschen
Großstädten und Industriegebieten sich die
Bevölkerung erhoben habe. Obwohl wir von
diesem Zeitpunkt an nur noch Westsender
hörten, blieb draußen auf der Gasse alles ruhig,
bloß die Asozialen vis-à-vis drehten den AFN auf
volle Pulle. Meine Mutter meinte, wenn sie die
freie Wahl hätte, wolle sie lieber die Donkosaken…
„Der Krug“,
sprach unser Hausvertrauensmann
zu meinen Großeltern im Vorübergehen,
„geht so lang zum Brunnen, bis er bricht!“
Wen oder was meinte er damit? Etwa sich
selbst? Das überforderte Gefäß der Volksfürsorge?
Die Wege des Wassers, die Versorgungsprobleme?
Oder den Gang der Geschichte und ihren gestörten
Verlauf durch Stolpern & Stürze mit fragilem Gut
wie der Wahrheit, der Gerechtigkeit, der Freiheit
und dem Frieden?
Mein Vater
am offenen Fenster war der Ansicht,
dass alle Geschäftsinhaber ihre Läden schließen müssten
aus Solidarität mit den Streikenden, als die Arbeiter
und Arbeiterinnen aus den Fabriken strömten
in die Innenstadt zum Einkaufsbummel und
zum Umtrunk in allen Wirtshäusern und Cafés.
Gegen Abend rollten dann die Panzer und die
Lastkraftwagen mit aufgesessenen Rotarmisten
durch unsere nur noch schwach belebten Hauptstraßen,
um allen eine Gute Nacht zu wünschen…
*) Rundfunk
Im Amerikanischen Sektor (Berlins)
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Alle 90 Statements
aus Uve Schmidts »Volk ohne Traum« finden Sie weiterhin auf einen Blick:
Volk ohne Traum
Der türkische Alpdruck und die verschnarchte Demokratie
Nightmare USA und wir Schäfchenzähler
Germania sucht Gralsritter
Ahoi, Arche Nova!
Los der Arbeit oder endlich ausschlafen
Traumatamtam
Gute Nacht!
Schwarzer Schlaf
Liebe Nachtwächter!
Stimmen
aus der Urne
Stille Nacht
Tränen und
Krumen
Im Schlafe kotzen
Der Feind unterm Bett
Nach
Sonnenuntergang
Frag würdig!
Bella Leitfigura
Frauen und Kinder zuerst
Fliegeralarm
Ein
Hermelin aus Tempelhof
Deutschland,
ein Herbstmärchen
Gott ist Atheist
Wetterbericht
Böse
Buben
Was glotzt Du?
Oscar
der Observer
In
memoriam 8.Mai 1945
Ein starker Mann
Übern Damm
Der Fall Eva H.
Esra und andere
Belegtes Brot
Der Rentner im Tschibuk
Märzwehen
Jugendsünden (1)
Jugendsünden (2)
Jugendsünden (3)
Sportimportexportweltmeister
Tschingderassassabumbum
Der Preis des Friedens
Stinkegeld
Froileins to the
front?!
Man träumt Deutsch
Wir wunden Kinder (1)
Wir wunden Kinder (2)
Wir wunden Kinder (3)
Denkmalsdeutsch
Mann oder Frau?
Deutschlandplan (A)
Wahllos in Mainhattan
Heldengedenktag
Wir Weihnachtsmänner
Das
wahre Leben
Addio Africa!?
Unter Schneemenschen
Osterbotschaft
Fass ohne Hoden
Roter Westen
Masse Mensch I
Masse Mensch II
Von alter Leidkultur
Friede sei mit uns
Patria o Muerte (1)
Patria o Muerte ! (2)
Brennender
Sand
Gegelte und Geölte
Grüne Wolken
Thoooooooor!!!
Quo vadis,
Europa?
À la lanterne!
Unter Vollidioten
Schwere Wetter
Christnachtgedanken
Nichts sei umsonst
... der werfe den ersten Schuh
Schimpf und Schande
Rechts, wo mein
Herzschrittmacher...
Tabu la Rasa
Tabu II &
Betr. Piraten
Orakelhausse
Unser Gold
Beleidigte und
Belämmerte
Ladies first
Unter weißen Sternen
Europa, eine verkaufte Braut
Gelbe Gefahren
Urbi et orbi
April, April!
Es lebe der Mai
Abendlanddämmerung
Gedichte
mit
Röntgenbildern des Autors
Text lesen
Abendlanddämmerung klingt nach Titelschutzobjekt, ist aber keines, sondern
die Alte Welt im Spätlicht ihrer Zivilisationsgeschichte, wahrgenommen von
der Warte eines Kulturpessimisten. In der Tat verhelfen auch optimale
Observationstechniken nur zu Bildern, welche richtiggedeutet werden ollen,
im Zweifelsfalle zugunsten der jeweiligen Feindbildvorlage. Allerdings
bedarf es keiner Satellitenfotos, um die Mondsichel über Kölln und
Kreuzberg zu erkennen, das Kraushaar im europäischen Milchsee und den
großen Graben zwischen Schlesien und Schwaben, Alt (Franz) und Jung
(Claudia), Pontefix und Cybersex, zwischen Ideal und Kapital: Um die
Eingeweide unserer hirnrissigen Gesellschaft auszuleuchten, langt die
photopoetische Sonde des Uve Schmidt.
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