If you dim its basically alert spirit (or what you imagine this to be) to half-light you can observe yourself as you saunter through a film backdrop back into the days of the corporate state, as time stands still, having turned to stone over the decades. Here, Austria is still intrinsically Austrian, Catholic and ideal for representing history for the tourism trade. But this is only a backdrop and behind lurks the modern reality of glass fibre cables, satellite dishes and cashless clearing systems that have suspended cultural barriers and connect Melk with Manila and Manaus. In the ‘Heimat’ film from the 1930s to 1960s the horizon was the limit of the world. Everything across the horizon remained like a distant star and was also beyond the power of imagination. That wasn’t true even back then, but in popular culture the illusion of ‘Heimat’ (‘home’) could be conjured up as a closed space.
Japanese tourists with face masks and selfie-sticks are not the world, but they are an outcome of globalization. Shintoists and Buddhists and presumably also atheists are guided through a former powerhouse of the Christian West – Melk’s Benedictine Abbey – because they are consuming a journey when they tick off cultural and culinary consumer goods like they do at home with their shopping list. Like all tourists, they are registered as consumers, then statistics are compiled about how much time they stayed and where, and how much money they have spent per day. The good foreigner is a source of growth, and if it has to, the tourism association hosts etiquette courses for foreign guests who encounter basic adjustment problems. That’s not in Melk, but in Zell am See.
Migration also has to do with globalization. However, via the legal route migration is no money-earner in the short term. Over the longer term every society, every nation and every culture is a product of migration flows. Yet the demographers tell us that societies become non-dynamic after reaching a certain level of prosperity. Nobody leaves, and why would they? People are living longer because they’re leading healthier lives. Fewer children are born because personal happiness is more attractive than shared happiness. Europe is shrinking, and the demographers also know that, and nobody can fill the loss other than people who are immigrants. If it were only so simple. Because migration is only sensible if the immigrants are integrated, and while integration means making adjustments it doesn’t mean assimilation. Cultural differences should be experienced as differences. Things come to a head here, and all the more so the more cosy and comfortable the home which people fear having to share.
At Melk Abbey Grammar School I am partner in a discussion with the writer from Lebanon, Iman Humaydan. About forty pupils in the seventh class are sitting there, and anyone who, like me, hasn’t seen a school from the inside for a while is quite astonished at the seriousness and – yes, even discipline of the young people. No sign here of dumbing down because of excessive media consumption! In my day, that is back in the 1970s, during the two hours there would have been chatter, laughter, people would be kicking, snorting and rolling their eyes. And even more so because Iman Humaydan and I couldn’t lead an entertaining discussion. The focus was civil war, corruption, a weak state, the war in Syria and the humanitarian situation in the refugee camps on the Lebanese side. The only thing to do is to talk about this in the most interesting way possible; you can try to find out what gets through to seventeen-year-olds, but there are no punchlines for throwing about. Fortunately, for Iman Humaydan, anything to do with ideology is alien. This may be linked to the fact that she is at home in Beirut and Paris and can weigh up the benefits and disadvantages of both worlds and provide objective arguments. Plus, she avoids any victims’ rhetoric both in her books and in conversation. At the start I thought that at the finish I would read one of my short stories entitled Wie ich ein Klassiker wurde (How I Became a Classic). The idea was simply to offer something to laugh about because this story is about my tragicomical and much too long career as a school pupil. I decided not to read it. It would have been a far too cheap end in view of Humaydan’s accounts. Her report of failure in times of full prosperity. Perhaps they wouldn’t have even understood me or else found my memories so silly, like I always found Heinz Rühmann ridiculous in Feuerzangebowle (The Fire-Tongs Punch Bowl). Iman and I then drove back in the car from Melk to Spitz and admired the colours of the turning leaves. That wasn’t really comical either – but it was beautiful. Almost sublime.
Translated by Suzanne Kirkbright
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Ein Oktobermorgen in Melk ist ja eine beschauliche Angelegenheit. Unter einem verhangenem Himmel, gewissermaßen der Chefetage des Benediktinerstifts, welches den Ort pastellgelb überragt, lässt sich zart erahnen, dass in den putzigen Häuschen der Altstadt auch Menschen wohnen und arbeiten. Wenn man seinen im Prinzip wachen Geist (oder was man dafür hält) auf Halbdunkel herunterdimmt, kann man sich dabei zuschauen, wie man durch eine Filmkulisse aus ständestaatlicher Zeit spaziert, die einfach stehengeblieben und im Lauf der Jahrzehnte zu Stein geworden ist. Hier ist Österreich noch ganz österreichisch, katholisch und fremdenverkehrstauglich geschichtsklitternd. Es ist aber eben nur Kulisse, dahinter verbirgt sich das neuzeitliche Reich der Glasfaserkabel, Satellitenempfangsanlagen und Bargeldlosverrechnungssysteme, die die kulturellen Barrieren aufgehoben haben und die Melk mit Manila und Manaus verbinden. Im Heimatfilm von den dreißiger bis in die sechziger Jahre war der Horizont die Grenze der Welt. Alles jenseits des Horizonts blieb wie ein ferner Stern auch jenseits der Vorstellungskraft. Das stimmte schon damals nicht, nur ließ sich populärkulturell die Illusion von Heimat als geschlossener Raum erzeugen.
Japanische Touristen mit Mundschutz und Selfiestangen sind nicht die Welt, aber sie sind eine Folge der Globalisierung. Shintoisten und Buddhisten und vermutlich auch Atheisten werden durch eine ehemalige Machtzentrale des christlichen Abendlands – das Melker Benediktinerkloster – geschoben, weil sie eine Reise konsumieren, auf der sie kulturelle und kulinarische Konsumgüter abhaken, wie sie das zuhause mit ihrer Einkaufsliste auch tun. Sie werden, wie alle Touristen, als Konsumenten registriert, dann werden Statistiken erstellt, wie viel Zeit sie wo verbracht und wieviel Geld sie pro Tag ausgegeben haben. Der gute Fremde sorgt für Wachstum, und wenn es sein muss, veranstaltet der Tourismusverband Benimmkurse für ausländische Gäste mit groben Anpassungsproblemen. Nicht in Melk, aber in Zell am See.
Migration hat auch mit Globalisierung zu tun, mit Migration lässt sich allerdings auf legalem Weg kurzfristig nichts verdienen. Langfristig ist jede Gesellschaft, jede Nation, jede Kultur ein Produkt von Migrationsströmen. Die Demographen sagen uns aber, dass Gesellschaften nach dem Erreichen eines gewissen Wohlstandsniveaus unbeweglich werden. Niemand geht weg, warum auch? Die Menschen werden älter, weil sie gesünder leben. Es werden weniger Kinder geboren, weil das individuelle Glück reizvoller ist als das gemeinschaftliche. Europa schrumpft, auch das wissen die Demographen, und niemand sonst kann den Verlust auffüllen als Menschen die zuwandern. Wenn es nur so einfach wäre. Denn Zuwanderung ist nur sinnvoll, wenn die zugewanderten integriert werden, und Integration meint zwar Anpassung, nicht jedoch Angleichung. Kulturelle Unterschiede sollen als Unterschiede gelebt werden dürfen. Da spießt sich die Sache schon, und zwar je mehr, desto gemütlicher und komfortabler das Heim ist, das man nun fürchtet teilen zu müssen.
Im Melker Stiftsgymnasium spreche ich mit der aus dem Libanon stammenden Autorin Iman Humaydan. Etwa vierzig Siebtklässler sitzen da, und wer, wie ich, schon länger keine Schule mehr von innen gesehen hat, ist einigermaßen erstaunt über die Ernsthaftigkeit und – ja: Disziplin der jungen Leute. Von wegen Verdummung durch übersteigerten Medienkonsum! Zu meiner Zeit, also in den siebziger Jahren, wäre in den zwei Stunden geschwätzt, gelacht, gestoßen, geschnaubt und mit den Augen gerollt worden. Das umso mehr, als Iman Humaydan und ich kein witziges Gespräch führen konnten. Es ging um Bürgerkrieg, um Korruption, um einen schwachen Staat, um den Krieg in Syrien und die humanitäre Lage in den Flüchtlingslagern auf libanesischer Seite. Man kann darüber nur möglichst interessant sprechen, man kann versuchen herauszufinden, was Siebzehnjährige berührt, man kann allerdings keine Pointen schleudern. Zum Glück ist Iman Humaydan alles Ideologische fremd, was damit zusammenhängen mag, dass sie in Beirut und in Paris zuhause ist und die Vor- und Nachteile beider Welten abwägen und objektiver argumentieren kann. Und sie vermeidet jegliche Opferrhetorik, in ihren Büchern wie auch im Gespräch. Anfangs dachte ich, ich lese am Schluss eine kurze Geschichte von mir mit dem Titel Wie ich ein Klassiker wurde vor. Einfach damit es etwas zu lachen gibt, denn sie handelt von meiner tragikomischen und viel zu langen Laufbahn als Schüler. Ich habe aber darauf verzichtet. Es wäre aufgrund der Erzählungen von Iman Humaydan ein allzu billiges Ende gewesen. Ein Bericht vom Scheitern in Zeiten der Vollversorgung. Sie hätten mich vielleicht gar nicht verstanden oder meine Erinnerungen so albern gefunden, wie ich Heinz Rühmann in der Feuerzangebowle immer albern fand. Iman und ich fuhren dann mit dem Auto von Melk nach Spitz und bewunderten das sich verfärbende Laub. Auch das war nicht wirklich komisch – aber schön. Geradezu erhaben.