“Turkish nationalists attack ‘wrong’ Chinese
In Istanbul, Turkish nationalists attacked a group of Korean tourists during a protest against the treatment of the Uyghurs in China – they mistook the group for Chinese. The police intervened with tear gas…”
I hardly find this report absurd, even though it is quite absurd. In fact, I’m familiar with the situation – not in this extreme form, yet in a milder way: I am constantly mistaken for a Chinese woman. ‘Constantly’ is perhaps a slight exaggeration: in six out of ten cases, I’m considered Chinese; in 3.8 out of ten cases as a Japanese woman, and very occasionally the person who addressed me is delighted that he guessed my ‘nationality’ correctly.
Although … is that ‘right’? No, I rebuke the poor person. Actually, I was only born in South Korea; I grew up in Austria and so I’m Austrian. Oh no. I already notice how he starts to squint. Now, he’s trying to see something that’s invisible. He is trying to detect the European element in my genealogy; he looks me up and down from head to toe. Oh well, she is tall, much taller than your average Asian woman. He beams. He is pleased to have found something. Her body language is also different. She moves… differently. But Austrian is too obvious; he cannot articulate this definition. Austro-Korean, that’s more like it…
And we’re already haggling. I insist on being Austrian; he insists on seeing what I am. We’re haggling about the composition of my personal identity. What is genuinely Korean about me and what is maybe more Austrian. He finally gives his judgement: it’s right – she’s a genuine Korean, but a ‘wrong’ Austrian.
Translated by Suzanne Kirkbright
***
Am 5. Juli war in allen deutschsprachigen Zeitungen folgender Artikel zu lesen:
Türkische Nationalisten attackieren «falsche» Chinesen
In Istanbul haben türkische Nationalisten bei einem Protest gegen die Behandlung der Uiguren in China eine Gruppe koreanischer Touristen angegriffen, die sie versehentlich für Chinesen hielten. Die Polizei schritt mit Tränengas ein.…
Ich empfinde diese Meldung als kaum absurd, obwohl sie ziemlich absurd ist. Tatsächlich ist mir die Situation, nicht in dieser extremen, aber in einer milderen Form wohl bekannt: Ich werde ständig für eine Chinesin gehalten. Ständig ist vielleicht übertrieben, in sechs von zehn Fällen werde ich für eine Chinesin gehalten, in drei Komma acht von zehn Fällen für eine Japanerin, und ganz selten freut sich der Mensch, der mich angesprochen hat, darüber, dass er meine „Nationalität“ richtig zuzuordnen wusste.
Obwohl… richtig? Nein, weise ich den Armen zurecht, eigentlich bin ich nur in Südkorea geboren, ich bin in Österreich aufgewachsen, also Österreicherin. Oh nein. Ich sehe schon, wie sich seine Augen zusammenkneifen. Nun versucht er, etwas zu sehen, was nicht sichtbar ist. Er versucht, das Europäische in meiner Biologie aufzuspüren, seine Augen tasten mich von oben bis unten ab. Naja, groß ist sie schon, viel größer als die Durchschnittsasiatin. Er strahlt. Er ist froh, etwas gefunden zu haben. Ihre Körpersprache ist auch anders. Sie bewegt sich… anders. Aber Österreicherin ist ihm zu eindeutig, diese Definition bringt er nicht über seine Lippen. Austro-Koreanerin, das noch am ehesten…
Und schon sind wir am Feilschen. Ich bestehe darauf, österreichisch zu sein, er besteht darauf, zu sehen, was ich bin. Wir feilschen über die Zusammensetzung meines Ichs. Was an mir wirklich, genuin koreanisch ist, was an mir möglicherweise, eher österreichisch ist. Schließlich fällt er sein Urteil: Sie ist richtige Koreanerin, jedoch falsche Österreicherin.