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Klaus Merz
Expedition
Ging wochenlang im Kreis, immer nachmittags. Kam gestern ans Tor sagte: Er könne es sich wieder vorstellen Menschen aus Staub geformt.
Michael Braun Es gibt bei dem Dichter Klaus Merz eine innige Bruderschaft zwischen Poesie und Malerei. Eine Schlüsselrolle spielt dabei ein Ölbild des Aargauer Malers Heinz Frey (1929–1968), das uns an das Geheimnis der Dichtkunst von Klaus Merz heranführt. Wir sehen unspektakuläre Motive: Ein kahler Raum, darin als einziges Requisit ein leerer Stuhl und daneben ein offenes Fenster. Dieses Fenster führt in eine absolut finstere, sternenlose Nacht hinaus. Merz hat dieses Ölbild in seinen Erzählungen und Essays immer wieder beschrieben und es als Urszene jeder künstlerischen Aktivität entziffert. In seiner schicksalhaften Ausgesetztheit an die Dinge strebt der Künstler nach einer Neuerfindung des Alltäglichen und seiner Unerschöpflichkeit. Es geht ihm darum, wie Merz in einer Randbemerkung zu dem italienischen Maler Giorgio Morandi schreibt, der „Brüderlichkeit unter den Dingen“ zu folgen, „die Tischkante als Weltenrand (zu) lesen“, und damit auch „ein bisschen metaphysische Geborgenheit“ zu retten . Freys Ölbild zeigt aber auch eine direkte Wesensverwandtschaft zu den Gedichten und Erzählungen von Klaus Merz. Die völlige Lichtlosigkeit, die jenseits des „offenen Fensters“ wartet, begegnet uns schon in seinen frühen Gedichten. Alles führt in diesem hermetisch anmutenden Frühwerk weg vom Sichtbaren, auf eine unentrinnbare Dunkelheit zu. Diese frühen Gedichte standen noch im Bann einer an Paul Celan orientierten Kargheit, die aber in den Hintergrund trat, je mehr der 1945 in Aarau geborene Merz seiner Wahrnehmung vertrauen lernte. Zum Leitmotiv seiner Arbeit wurde in den 1980er Jahren sein poetischer Dialog mit seinem fünf Jahre jüngeren Bruder Martin, der mit einer schweren Behinderung auf die Welt gekommen war und bis zu seinem frühen Tod 1983 Gedichte schrieb – Poesie war buchstäblich zu einer Strategie der Lebensrettung geworden. Mit wenigen Strichen entwickelt Merz in seinen Gedichten ein metaphysisches Gleichnis, sein ganzes poetisches Schreiben versteht er als „Widerstand gegen die Ausführlichkeit“. Für eine Ausstellung in der Predigerkirche in Zürich lieferte Merz 2005 einen Beitrag mit dem sprechenden Motto „In den Staub geschrieben“. An den Wänden der Kirche erschienen seine Gedichte, die ganz real „in den Staub geschrieben“ waren, da nämlich durch die Buchstaben die staubige Patina von der Wand gewischt wurde. An dieses Motiv knüpfte auch der 2010 erschienene Band „Aus dem Staub“ an: Die biblische Formel von der Vergänglichkeit des Menschen – „Alle, die sich abwenden vom Herrn, werden in den Staub geschrieben“ – wird hier ebenso wachgerufen wie die Bewegung eines Fliehenden, der sich „aus dem Staub macht“. Das vorliegende Gedicht knüpft nun wiederum an die Schöpfungserzählung des Buchs Mose an: „Und Jehova Gott formte den Menschen aus dem Staub der Erde und blies ihm den Lebensodem in die Nase; und so wurde der Mensch eine lebendige Seele.“ Die Schöpfer- Klaus Merz, geboren 1945 in Aarau, lebt in Unterkulm/Schweiz. Er debütierte 1967 mit dem Gedichtband „Mit gesammelter Blindheit“, seither sind rund dreißig Bücher erschienen. Merz wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Gottfried- Druckansicht
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