Ribbentrop.
In dem Moment, in dem sich einer meines Namens „outet“, gerät die gesamte mit diesem Namen verbundene Geschichte in Bewegung, und also auch Privates. Das unterscheidet einen historisch belasteten Namen wie den der Ribbentrops prinzipiell von jedem Schulze. Man muß das nicht wollen, aber es k o m m t; und da Schuldverhängnisse keine Allgemeinen sind, sondern immer Private, zumal wenn sie ein Nachgeborener rein objektiv nicht zu vertreten hat, gerät selbstverständlich das Private rigoros ins „Spiel“. Es i s t nämlich – in solch öffentlichen Familien-Geschichts-Verhältnissen nicht mehr privat. Das haben einige >>>> dieser Kommentatoren nicht begriffen, und vielleicht können sie das auch gar nicht. Es ist etwas anderes, ob man einen SS-Schergen in Auschwitz als Ahnen hatte, der Meyer hieß wie Tausende, oder einen Außenminister des Dritten Reichs in der nominal nächsten Ahnenliste, der für das Unheil-als-Ganzes stand, und der deshalb noch späteren Generationen auffällt, weil nur noch zehn Leute so heißen, von denen drei in der Öffentlichkeit stehen. Sein Name ist Stigma – und keines des verkündeten Heils. Das ist bei jedem ‚Schulze’ anders, oder ‚Bäcker’, oder ‚Goebbels’ – sogar ‚Eichmann’ ist von einem solchen Verhängnis nahezu frei.
Die Angelegenheit ist höchst ambivalent. Nämlich die Hoffnung, eines Tages sei der Name von seiner speziellen Schuld rein, weil ihn keiner mehr zuzuordnen wisse - bei vielen jungen Leuten bereits heute der Fall und für meinen Jungen wahrscheinlich ein Segen -, ist zugleich mit Geschichtsvergessenheit verbunden; und das wiederum kann nicht gut sein. Wer also gesellschaftsmoralisch mit diesem Namen umgehen will, muß zugleich die Erinnerung an die Schuld aufrechterhalten - aber individualisierend. Es haben nicht ‚die Ribbentrops’ Anteil an der Schuld, sondern eine ganze bestimmte Person aus dieser Familie hat es, und n u r sie. Insofern ein Name aber ungewöhnlich und selten ist und zu einer einzigen Familie gehört, hat er mehr als nur die Tendenz, zum Label zu werden; über dieses strahlt die Schuld dann auf die Nachkommen aus, die schuldhaft mit etwas konfrontiert werden, das sie persönlich gar nicht vertreten können. Dennoch werden sie zu Trägern. Dieser Prozeß scheint mir einer zu sein, der sehr deutlich macht, was ein Verhängnis eigentlich i s t.
(Ein wieder-anderes ist, daß derselbe Name - in kulturellen Zusammenhängen wie ein schlimmes Mal – in Zusammenhängen des Wirtschaftslebens durchaus förderlich ist. Das ist bei dem Namen Ribbentrop entschieden der Fall. Und sagt a u c h viel über Deutschland.)
Die Angelegenheit ist höchst ambivalent. Nämlich die Hoffnung, eines Tages sei der Name von seiner speziellen Schuld rein, weil ihn keiner mehr zuzuordnen wisse - bei vielen jungen Leuten bereits heute der Fall und für meinen Jungen wahrscheinlich ein Segen -, ist zugleich mit Geschichtsvergessenheit verbunden; und das wiederum kann nicht gut sein. Wer also gesellschaftsmoralisch mit diesem Namen umgehen will, muß zugleich die Erinnerung an die Schuld aufrechterhalten - aber individualisierend. Es haben nicht ‚die Ribbentrops’ Anteil an der Schuld, sondern eine ganze bestimmte Person aus dieser Familie hat es, und n u r sie. Insofern ein Name aber ungewöhnlich und selten ist und zu einer einzigen Familie gehört, hat er mehr als nur die Tendenz, zum Label zu werden; über dieses strahlt die Schuld dann auf die Nachkommen aus, die schuldhaft mit etwas konfrontiert werden, das sie persönlich gar nicht vertreten können. Dennoch werden sie zu Trägern. Dieser Prozeß scheint mir einer zu sein, der sehr deutlich macht, was ein Verhängnis eigentlich i s t.
(Ein wieder-anderes ist, daß derselbe Name - in kulturellen Zusammenhängen wie ein schlimmes Mal – in Zusammenhängen des Wirtschaftslebens durchaus förderlich ist. Das ist bei dem Namen Ribbentrop entschieden der Fall. Und sagt a u c h viel über Deutschland.)
albannikolaiherbst - Freitag, 17. November 2006, 06:42- Rubrik: Krieg
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