Melusine Walser. (1). Erotischer Roman.
Mein Bester,
dieser Brief erreichte mich heute mittag.
Was meinen Sie? Wollen Sie das angehen?
HED
P.S.: Das war doch richtig? Sie wollten meine Freundin doch Melusine Walser nennen?
Liebster Freund,
Sie hatten mich bei unserem letzten Treffen um Zusendung der Papiere gebeten, von denen ich Ihnen erzählte. Seitdem haben Sie nichts mehr von mir gehört. Auch im Chat bin ich lange nicht mehr gewesen. Bitte mißverstehen Sie meinen Rückzug nicht. Ich wollte mich nicht verwundbar machen.
Nun aber ist eine grundsätzliche Wende in meinem Leben eingetreten. Das hat mich dazu durchringen lassen, Ihnen die Papiere doch noch zu schicken. Ich hätte die Aufzeichnungen, vornehmlich die Notizen meines Vaters, längst wegwerfen sollen. Daß ich sie aufbewahrte, spricht dafür, es sei in mir eine Art archivierender Verdrängung am Werk gewesen.
Bitten Sie Ihren Schriftsteller - leider ist mir sein Name entfallen - mit dem gebotenen Nachdruck, Namen und Orte zu verstellen. Zwar dürfte mein Vater, in seinem so verwirrten Gemütszustand, nicht mehr straffähig sein. Und die Mutter ist ja ohnedies nicht mehr greifbar. Aber unvorsichtige Indiskretionen könnten den Stand, ja das Leben meines Mannes gefährden. Lassen Sie also keinen Zweifel daran, daß ich jeden Grund habe, meine Eltern zu bewundern. Daran ändert nichts, daß besonders meine Kindheit den Menschen und wahrscheinlich auch Ihrem angestellten Autor bizarr vorkommen wird. Hätte meine Erziehung eine andere Richtung genommen, ich wäre heute nicht derart gewählt verheiratet worden, geschweige verfügte ich über meine Ihnen ja bekannte Autorität.
Bleiben Sie mir gewogen.
Ich küsse, in gebotener Distanz, Ihre Eichel,
J. G.
>>>> MW 2
dieser Brief erreichte mich heute mittag.
Was meinen Sie? Wollen Sie das angehen?
HED
P.S.: Das war doch richtig? Sie wollten meine Freundin doch Melusine Walser nennen?
Logroño, 11. Dezember 2004
Liebster Freund,
Sie hatten mich bei unserem letzten Treffen um Zusendung der Papiere gebeten, von denen ich Ihnen erzählte. Seitdem haben Sie nichts mehr von mir gehört. Auch im Chat bin ich lange nicht mehr gewesen. Bitte mißverstehen Sie meinen Rückzug nicht. Ich wollte mich nicht verwundbar machen.
Nun aber ist eine grundsätzliche Wende in meinem Leben eingetreten. Das hat mich dazu durchringen lassen, Ihnen die Papiere doch noch zu schicken. Ich hätte die Aufzeichnungen, vornehmlich die Notizen meines Vaters, längst wegwerfen sollen. Daß ich sie aufbewahrte, spricht dafür, es sei in mir eine Art archivierender Verdrängung am Werk gewesen.
Bitten Sie Ihren Schriftsteller - leider ist mir sein Name entfallen - mit dem gebotenen Nachdruck, Namen und Orte zu verstellen. Zwar dürfte mein Vater, in seinem so verwirrten Gemütszustand, nicht mehr straffähig sein. Und die Mutter ist ja ohnedies nicht mehr greifbar. Aber unvorsichtige Indiskretionen könnten den Stand, ja das Leben meines Mannes gefährden. Lassen Sie also keinen Zweifel daran, daß ich jeden Grund habe, meine Eltern zu bewundern. Daran ändert nichts, daß besonders meine Kindheit den Menschen und wahrscheinlich auch Ihrem angestellten Autor bizarr vorkommen wird. Hätte meine Erziehung eine andere Richtung genommen, ich wäre heute nicht derart gewählt verheiratet worden, geschweige verfügte ich über meine Ihnen ja bekannte Autorität.
Bleiben Sie mir gewogen.
Ich küsse, in gebotener Distanz, Ihre Eichel,
J. G.
>>>> MW 2
Deters - Dienstag, 14. Dezember 2004, 19:27- Rubrik: MW, Roman
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