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Scalza varcando da sabbie lunari,
Aurora, amore festoso, d'un eco
Popoli l'esule universo e lasci
Nella carne dei giorni,
Perenne scia, una piaga velata.
Über den Sand des Mondlichts schreitet
das Morgenrot als die Liebe auf, die im Ruf
der heimatlosen Völker fern aus dem All hallt
und das Weh im Fleisch ihrer Tage
zur Narbe festlich schließt, die es lindert.
___________________________
>>>> Helmut Schulze, wortgetreu und poetisch, übersetzt s o:
Barfuß aus Mondsand hervorschreitend
bevölkerst du, Aurora, freudige Liebe,
mit einem Echo das umherirrende All
und hinterläßt im Fleisch der Tage
als fortwährenden Streifen eine umflorte Wunde <<<<
Er selber >>>>> kritisierte d o r t sehr mit Recht die folgende Übersetzung:
Barfuß hindurch aus Mondwüsten
heitere Liebe, bevölkerst du
Mit einem Echo das verbannte Universum und läßt
Im Fleisch der Tage,
Immerwährende Spur, eine verhüllte Wunde.<<<<
Die hier brennende Frage dreht sich tatsächlich um die Vokabelgenauigkeit. Ich plädiere für eine Übersetzung des Sinns. Die Koordinaten sind in meinem hierüber eingestellten Vorschlag die folgenden:
esule= Verbannte - "Heimatlose" also // Popoli l‘esule= Emigranten (?) - wichtig scheint mir hier aber ein Akzent auf Völker zu liegen – es geht mithin um Pathos; Schulze scheint die Kombination Völker & Pathos zu scheuen – aus mir, gerade bei Ungaretti, politisch durchaus einsichtigen Gründen, die aber bei der Übersetzung keine Rolle spielen sollten. Das Völkerpathos g e h ö r t zu Ungaretti – auch und gerade dasjenige vorgeblich (ideologisch) oder tatsächlich heimatloser Völker. // scia=Spur + perenne=nie versiegend, dauernd bezeichnet selbstverständlich eine "N a r b e". // aurora muß nicht die Göttin, sondern kann ganz einfach das Morgenrot sein // piaga ist auch eine Plage, also insgesamt „das Übel“, man muß das nicht auf Wunde beschränken, zumal eine Wunde, wenn man sich für Narbe entscheidet, sowieso mitgemeint ist. Ich habe mich, um das Pathos zu wahren, sogar für „das Wehe“ entschieden. // velata bedeutet lindernd, mit „Umflorung“ wie bei Schulze hat das nichts zu tun. // Und dann, zuerst und zuletzt: scalza. Natürlich ist das a u c h „barfuß“, aber scalzare heißt ebenso verdrängen - und das ist in der Tat das, was das Morgenrot mit dem Mondlicht tut. Hier also mal n i c h t überpoetisch werden. // Und schließlich varcare=überschreiten. Nimmt man das semantisch, hat man einen philosophischen Begriff: „überschreiten“ bedeutet nämlich zu transzendieren. Wenn man daraus ein "a u s etwas Herausschreiten" macht, geht genau d i e s e r Zusammenhang verloren.
Alles andere sind rhythmische Fragen.
Ungaretti übersetzen 1 <<<<
albannikolaiherbst - Samstag, 31. März 2007, 09:32- Rubrik: UEBERSETZUNGEN
Da ich gemeint bin, mach' ich's mal Punkt für Punkt:
„esule= Verbannte - "Heimatlose" also“
Bei „esule“ kommt noch eine Bedeutung von „vagante“ hinzu: umherirrend.
„Popoli l‘esule= Emigranten (?) - wichtig scheint mir hier aber ein Akzent auf Völker zu liegen – es geht mithin um Pathos; Schulze scheint die Kombination Völker & Pathos zu scheuen – aus mir, gerade bei Ungaretti, politisch durchaus einsichtigen Gründen, die aber bei der Übersetzung keine Rolle spielen sollten. Das Völkerpathos g e h ö r t zu Ungaretti – auch und gerade dasjenige vorgeblich (ideologisch) oder tatsächlich heimatloser Völker.“
Richtig, ich scheue Völkerpathos. Und sehe auch keinen Völkerpathos in Ungarettis Gedichten. Zumal „popoli“ hier ein Verb ist, und „esule“ ein Adjektiv (zu „universo“).
„scia=Spur + perenne=nie versiegend, dauernd bezeichnet selbstverständlich eine "N a r b e".“
Die mag es vielleicht bezeichnen. Aber vor allem ist es etwas wie Kielwasser, wie ein Kondensstreifen, was hinter einem herzieht, etwas was hinterlassen wird als Spur, ohne aber Spur zu sein, das bedeutet es nicht.
„aurora muß nicht die Göttin, sondern kann ganz einfach das Morgenrot sein“
Das darf der Deutsche, aber er darf auch eine Morgenröte als Aurora bezeichnen, ohne die Göttin zu meinen.
„piaga ist auch eine Plage, also insgesamt „das Übel“, man muß das nicht auf Wunde beschränken, zumal eine Wunde, wenn man sich für Narbe entscheidet, sowieso mitgemeint ist. Ich habe mich, um das Pathos zu wahren, sogar für „das Wehe“ entschieden.“
Das ist jetzt den Argumenten von vorher angepaßt. Denn Narbe war schon. Und wo eine Narbe ist, gehört die Wunde der Vergangenheit an. Das ist richtig. Aber das Wort „Narbe“ („cicatrice“) ist doch zu weit entfernt.
„velata bedeutet lindernd, mit „Umflorung“ wie bei Schulze hat das nichts zu tun.“
Wo steht, daß „velata“ „lindernd“ bedeutet? Man kann das natürlich behaupten, aber es stimmt nicht. Es geht auf den Schleier zurück: il velo.
„Und dann, zuerst und zuletzt: scalza. Natürlich ist das a u c h „barfuß“, aber scalzare heißt ebenso verdrängen - und das ist in der Tat das, was das Morgenrot mit dem Mondlicht tut. Hier also mal n i c h t überpoetisch werden.“
Tut mir leid, aber „scalzare“ heißt nicht „verdrängen“, vielleicht wurde hier an „scansare“ gedacht.
„Und schließlich varcare=überschreiten. Nimmt man das semantisch, hat man einen philosophischen Begriff: „überschreiten“ bedeutet nämlich zu transzendieren. Wenn man daraus ein "a u s etwas Herausschreiten" macht, geht genau d i e s e r Zusammenhang verloren.“
Somit hätte sich auch Ungaretti geirrt: Er hätte ja bloß schreiben brauchen: „Scalza varcando le sabbie lunari“, hat er aber nicht.
Zu viele Behauptungen, die im Text einfach nicht stehen und einem falschen Verständnis der Worte entspringen. Auch der Sinn ist ein völlig anderer geworden:
Ungaretti spricht davon, daß die Aurora im Fleisch der Tage etwas hinterläßt, nämlich eine Wunde. Der vorgeschlagene Text aber besagt, daß die Morgenröte das Weh im Fleisch der Tage lindert.
P.S. (17.22)
Ich habe erneut GeECHOt: http://parallalie.twoday.net/stories/3508789/
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