|
R & E 1 <<<<
Nicht einer befreiten Gesellschaft, wäre Adorno posthum zu entgegnen, stirbt die Kunst ab, sondern einer, die gleichgeschaltet stillgesetzt ist, im scheinbar sanften Gegenteil von Befreiung. Oper als Soma. Soma ist ein Tranquilizer. Nicht, daß es das nicht ebenfalls gäbe, doch gerade der „bürgerlichen” Oper Kennzeichen ist Hysterie: eine aufgetriebene, radikale Emotion, die Leid nicht mildernd ritualisiert, sondern in ungehemmtem, bzw. allein durch tonale Klangsysteme gebundenem Ausdruck ihr eigenes Ritual - ontologisch - i s t. Das gleicht den Klageweibern mancher Kulturen, aber kommt, mehr als daß es Klage wäre, einem Anklagen gleich. Da wird der Tod nicht verdrängt. Ein leises Befrieden findet nicht statt, indessen selbstverständlich doch, was den Rationalisten seit jeher Dorn in den Augen, die karthatische Läuterung, die aufgrund eines perversen Prozesses funktioniert, der Kunst seit jeher eigen war: das vorgeführte Katastrophale wird in die Lust des Rezipienten verwandelt. Dabei handelt es sich nicht, wie die Kritiker wollen, um Befriedung, sondern um eine Form der Bearbeitung ansonsten nicht ertragbarer Traumata. Diese Art Verarbeitung macht eine Konfrontation auch überhaupt erst möglich, so daß die Oper gerade, indem sie überkommen zu sein scheint, ihr Potential entzündet, jeglicher Stillsetzung zuwiderzulaufen, und zwar in Stücken sogar, die von Emanzipation sowohl der Kunst wie des Einzelnen noch gar nichts wußten, als man sie schrieb. Oper verbindet, als Form, die Totalität der Illusion, einem Verschleierungszusammenhang ihrerseits - aber eben genau des Manipulativen, nach dem es den Konsumenten verlangt, weil es ihn Glück spüren läßt - mit der epischen Distanz Brechts, die das Geschehen auf der Bühne vom Zuschauer wieder fortrückt, damit gedacht werden kann. Problematisch wird es alleine dort, wo dieses Denken selbst, ideologisch, zu politischen Klischees gestanzt ist, also nicht da, wo sich der sinnliche Eindruck überwölbt, sondern vielmehr dort, wo ihm die Inszenierung grob zuwiderläuft, indem sie das konkrete Einzelne zum Lehrfall abstrahiert und damit reduziert, oder indem es grotesk veralbert – die beiden Fußangeln, die jedem Regietheater gestellt sind. Aber selbst dort wirkt korrigierend die Musik und wahrt eine sakrale Würde des Einzelnen; das gilt auch für Typen, nicht nur für Charactere. Indem durch das Zusammenwirken von Klang, Personengestaltung und Bild sowohl Einfühlung als auch rationale Distanz erreicht werden können, ein innerer Widerspruch also spürbar wird, werden Konflikte sehr viel tiefer ins Publikum gepflanzt, als einfaches Theater, zumal brechtsches, das erreichen könnte. In diesem Sinn ist das Musiktheater moderner als die Sprechbühne und kritischer als der Spielfilm; kritischer bedeutet hier: politischer, ja man kann an den jüngsten großen Sprechtheater-Inszenierungen sehen, wie sehr sich sogar umgekehrt die Opernkonzeption dort eingeschrieben hat.
albannikolaiherbst - Mittwoch, 28. September 2011, 10:58- Rubrik: Kulturtheorie
etwas simpler Grand Guignol oder Teatri dei Pupi oder generell die Inszenierung des schier Überwältigenden als (sic!) eben doch nicht Überwältigendes (auch Moritat, Thriller et al), mit der 'die Kunst' (oder was auch immer) schon immer starb und dennoch, grandios oder pompös zu Grabe getragen, stets wieder aufersteht - eine Kunst, die nur 'die Kunst' vollendet zu beherrschen scheint.
Doch ist dies kaum ein 'Einpflanzen' (also das Einbringen eines Samens in einen Nährboden), wie Sie meinen, sondern eher ein Kitzeln eines Vorhandenen, ein Anzupfen einer schon aufgespannten Saite, ein Erinnern an Vermiedenes, das in der inszenierten Form salvierendes Einverständnis herbei ruft, letztlich also - Harmonie!
Das kann dann durchaus als Befriedigung wie als Erregung gesehen, gewertet oder verkauft werden, nicht aber als Konfrontation, so denke ich, dazu verläuft es, siehe den Opernbetrieb, überhaupt solche Betriebe, stets allzu - manierlich (wenn auch gerne laut, krass, schrill oder frivol).
|
|
Für Adrian Ranjit Singh v. Ribbentrop,
meinen Sohn.
Herbst & Deters Fiktionäre:
Achtung Archive!
DIE DSCHUNGEL. ANDERSWELT wird im Rahmen eines Projektes der Universität Innsbruck beforscht und über >>>> DILIMAG, sowie durch das >>>> deutsche literatur archiv Marbach archiviert und der Öffentlichkeit auch andernorts zugänglich gemacht. Mitschreiber Der Dschungel erklären, indem sie sie mitschreiben, ihr Einverständnis.
NEU ERSCHIENEN
Wieder da - nach 14 Jahren des Verbots:
Kontakt ANH:
fiktionaere AT gmx DOT de
E R E I G N I S S E :
# IN DER DINGLICHEN REALITÄT:
Wien
Donnerstag, 30. November 2017
CHAMBER MUSIC
Vorstellung der neuen Nachdichtungen
VERLAGSABEND >>>> ARCO
>>>> Buchhandlung a.punkt
Brigitte Salandra
Fischerstiege 1-7
1010 Wien
20 Uhr
NEUES
Die Dynamik
hatte so etwas. Hab's öfter im Kopf abgespielt....
Bruno Lampe - 2018/01/17 21:27
albannikolaiherbst - 2018/01/17 09:45
Zwischenbemerkung (als Arbeitsjournal). ...
Freundin,
ich bin wieder von der Insel zurück, kam gestern abends an, die Wohnung war kalt, vor allem ... albannikolaiherbst - 2018/01/17 09:38
Sabinenliebe. (Auszug).
(...)
So beobachtete ich sie heimlich für mich. Zum Beispiel sehe ich sie noch heute an dem großen Braunschweiger ... Ritt auf dem Pegasos...
Der Ritt auf dem Pegasos ist nicht ganz ungefährlich,...
werneburg - 2018/01/17 08:24
Pegasoi@findeiss.
Den Pegasus zu reiten, bedeutet, dichterisch tätig...
albannikolaiherbst - 2018/01/17 07:50
Vom@Lampe Lastwagen fallen.
Eine ähnliche Begegnung hatte ich vor Jahren in...
albannikolaiherbst - 2018/01/17 07:43
findeiss - 2018/01/16 21:06
Pferde
In dieser Nacht träumte ich, dass ich über hügeliges Land ging, mit reifen, dunkelgrünen, im Wind raschelnden ... lies doch das noch mal
dann stimmt auch die zeitrechnung
http://alban nikolaiherbst.twoday.net/s tories/interview-mit-anady omene/
und...
Anna Häusler - 2018/01/14 23:38
lieber alban
sehr bewegend dein abschied von der löwin, der...
Anna Häusler - 2018/01/14 23:27
Bruno Lampe - 2018/01/11 19:30
III, 356 - Merkwürdige Begegnung
Seit einer Woche war die Wasserrechnung fällig und ich somit irgendwie gezwungen, doch noch das Postamt ... Bruno Lampe - 2018/01/07 20:34
III, 355 - … und der Gürtel des Orion
Epifania del Nostro Signore und Apertura Staordinario des einen Supermarkts - Coop. Seit dem ersten Januar ... Bruno Lampe - 2018/01/03 19:44
III, 354 - Neujahrsnacht e dintorni
Das Jahr begann mit einer unvorgesehenen Autofahrt bzw. mit der Gewißheit, mir am Vormittag Zigaretten ... albannikolaiherbst - 2018/01/03 15:16
Isola africana (1). Das Arbeitsjournal ...
[Mâconièrevilla Uno, Terrasse im Vormittagslicht
10.32 Uhr
Britten, Rhapsodie für Streichquartett]
Das ...
JPC

DIE DSCHUNGEL.ANDERSWELT ist seit 4968 Tagen online.
Zuletzt aktualisiert am 2018/01/17 21:27
IMPRESSUM
Die Dschungel. Anderswelt
Das literarische Weblog
Seit 2003/2004
Redaktion:
Herbst & Deters Fiktionäre
Dunckerstraße 68, Q3
10437 Berlin
ViSdP: Alban Nikolai Herbst
HAFTUNGSAUSSCHLUSS
Der Autor diese Weblogs erklärt hiermit
ausdrücklich, dass zum Zeitpunkt der Linksetzung keine illegalen
Inhalte auf den zu verlinkenden Seiten erkennbar waren. Auf die aktuelle
und zukünftige Gestaltung, die Inhalte oder die Urheberschaft
der gelinkten/verknüpften Seiten hat der Autor keinerlei Einfluss.
Deshalb distanziert er sich hiermit ausdrücklich von allen Inhalten
aller gelinkten /verknüpften Seiten, die nach der Linksetzung
verändert wurden. Diese Feststellung gilt für alle innerhalb
des eigenen Internetangebotes gesetzten Links und Verweise sowie für
Fremdeinträge in vom Autor eingerichteten Gästebüchern,
Diskussionsforen und Mailinglisten, insbesondere für Fremdeinträge
innerhalb dieses Weblogs. Für illegale, fehlerhafte oder unvollständige Inhalte und insbesondere für Schäden, die aus der Nutzung oder Nichtnutzung solcherart dargebotener Informationen entstehen,
haftet allein der Anbieter der Seite, auf welche verwiesen wurde,
nicht derjenige, der über Links auf die jeweilige Veröffentlichung
lediglich verweist.
|
Trackback URL:
https://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/41787113/modTrackback