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albannikolaiherbst - Donnerstag, 19. Januar 2012, 04:55- Rubrik: PRÄGUNGEN
Das Buch erschien in meinem Geburtsjahr, und auch diesen Band fand ich in dem Braunschweiger Antiquariat, das es >>>> heute noch gibt, sicher aber nicht mehr betrieben von jenem schon damals uralten, gebeugten und heiseren Mann, der immer eine Kappe auf dem weißen Haar trug und mich stundenlang auf der Leiter herumklettern ließ... was kompliziert gewesen ist, weil der Raum sehr eng war und zudem voller Bücherstapel stand. Ich entsinne mich genau des Geruchs, und wie ich dann zuerst einmal die Marryats fand, hohe dunkle, in zwei Spalten gedruckte Bücher mit feinen Zeichnungen, vor allem Der fliegende Holländer, der mir s o noch v o r Wagner die Hand gab, und die ich ergriff. Deshalb war ich, noch bin ich fünfzehn, auch für einen w i r k l i c h dunklen Autor offen, der absolut nicht altersgemäß für mich war, mich dafür noch Jahre beschäftigte, nicht durchgehend, aber immer wieder bis hin, später, zu seinen mystisch-katholischen Farbspekulationen zur Kathedrale von Chartres; der Roman aber, der mich noch vor À Rebours beschäftigte, war Là-Bas, und er hat in meiner Vorstellungswelt zweifellos weitergewirkt: „... Der Luftraum ist von Mikroben erfüllt; ist es denn überraschender, daß er auch von Geistern und Larven strotzt? Im Wasser, im Essig kribbeln Tierchen, das Mikroskop zeigt sie uns; warum sollte es in der Luft, die dem Sehvermögen und den Instrumenten der Menschen unzugänglich ist, nicht auch wie in den anderen Elementen von mehr oder weniger körperhaften Wesen, von mehr oder minder ausgereiften Enbryonen wimmeln? ...“ Ich s a h dieses Wimmeln. Es war um mich, und wenn ich was getrunken hatte, dann sprach es auch mit mir. „Letzten Endes“, sprach des Hermies, „abgesehen vom Satanismus – doch nein, denn er ist Religion, der Satanismus – mußt du zugeben, daß wir – Ungläubige, die wir sind - merkwürdig fromme Redensarten machen. Ich hoffe, das wird uns dort oben angerechnet werden.“Das Buch kreist um die Absicht, des alchemisch motivierten massenhaften Kindermörders Gilles de Rais Biografie zu schreiben, eines Mannes, der mir dann, über eine Tanztheaterarbeit Hans Kresniks, in Bremen wiederbegegnen sollte. Hier weist schon fast alle Lektüre voraus. Nur daß der Kapitän Marryat die Jungenwelt noch einmal festigt; denke ich das Wort von der unbeschwerten Kindheit, dann denke ich an ihn. Denn nur den weiß ich mit ihr zu verbinden. Dafür möchte ich hier Danke sagen.  Und dem Herrn Werner Legère, der den prächtigsten Piratenroman geschrieben hat, den es neben Treasury Island überhaupt gibt, - wobei doch Stevenson fürwahr ein Mann ist, neben dem zu stehen Ehre bedeutet. Legères Geschichte ist auch, er ist DDR-Autor, eine über den Kapitalismus, hier noch in seiner entfesselten Version des frühen 19. Jahrhunderts im Schiffshandel Genuas. Außerdem konnte man bei Werner Legère das Fach Verschwörungstheorie regelrecht belegen, auch das prägt einen Jungen, doch sind die Daten recherchiert. Außerdem gilt, wie immer, Karl Kraus: „Wie klein Fritzchen sich vorstellt, daß Politik gemacht werde, so wird sie gemacht.“
Die Kontore liefern sich erbitterte Konkurrenzen, für die man nicht nur ‚schon mal‘, sondern üblicherweise Piraten anheuert, damit das Frachtschiff des Nächsten nicht ankommt. Nicht anders haben Könige mit Freibeutern getan. Da werden dann aber auch Geiseln, die dummerweise mit dem Auftraggeber verwandt sind, genommen und in die Sklaverei verkauft; wenn diese Geiseln schön und weiblich sind und sich hinterm Rücken ihrer merkantilen Onkel mit italienischen Freiheitskämpfern verbunden haben, kann sich der Leser ungefähr vorstellen, wie weit dieses Buch auf das abenteuerlichste ausgreift und daß es mich erneut in „meinen“ Orient führen wird. Früchte solcher Liaisons wachsen dann als Araber auf und werden bald Piraten... Sowas weben Parzen.
Ein ganz grandios konstruierter Roman, dem ich auf keinen Fall meine Achtung vorenthalten durfte, bevor ich mich in meine Chronologie der prägenden Bücher zurückbegebe, von etwa 1970 >>>> nach 75 springend und danach mitten in 76 rein.
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Für Adrian Ranjit Singh v. Ribbentrop,
meinen Sohn.
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hatte so etwas. Hab's öfter im Kopf abgespielt....
Bruno Lampe - 2018/01/17 21:27
albannikolaiherbst - 2018/01/17 09:45
Zwischenbemerkung (als Arbeitsjournal). ...
Freundin,
ich bin wieder von der Insel zurück, kam gestern abends an, die Wohnung war kalt, vor allem ... albannikolaiherbst - 2018/01/17 09:38
Sabinenliebe. (Auszug).
(...)
So beobachtete ich sie heimlich für mich. Zum Beispiel sehe ich sie noch heute an dem großen Braunschweiger ... Ritt auf dem Pegasos...
Der Ritt auf dem Pegasos ist nicht ganz ungefährlich,...
werneburg - 2018/01/17 08:24
Pegasoi@findeiss.
Den Pegasus zu reiten, bedeutet, dichterisch tätig...
albannikolaiherbst - 2018/01/17 07:50
Vom@Lampe Lastwagen fallen.
Eine ähnliche Begegnung hatte ich vor Jahren in...
albannikolaiherbst - 2018/01/17 07:43
findeiss - 2018/01/16 21:06
Pferde
In dieser Nacht träumte ich, dass ich über hügeliges Land ging, mit reifen, dunkelgrünen, im Wind raschelnden ... lies doch das noch mal
dann stimmt auch die zeitrechnung
http://alban nikolaiherbst.twoday.net/s tories/interview-mit-anady omene/
und...
Anna Häusler - 2018/01/14 23:38
lieber alban
sehr bewegend dein abschied von der löwin, der...
Anna Häusler - 2018/01/14 23:27
Bruno Lampe - 2018/01/11 19:30
III, 356 - Merkwürdige Begegnung
Seit einer Woche war die Wasserrechnung fällig und ich somit irgendwie gezwungen, doch noch das Postamt ... Bruno Lampe - 2018/01/07 20:34
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Epifania del Nostro Signore und Apertura Staordinario des einen Supermarkts - Coop. Seit dem ersten Januar ... Bruno Lampe - 2018/01/03 19:44
III, 354 - Neujahrsnacht e dintorni
Das Jahr begann mit einer unvorgesehenen Autofahrt bzw. mit der Gewißheit, mir am Vormittag Zigaretten ... albannikolaiherbst - 2018/01/03 15:16
Isola africana (1). Das Arbeitsjournal ...
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10.32 Uhr
Britten, Rhapsodie für Streichquartett]
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