Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop

e   Marlboro. Prosastücke, Postskriptum Hannover 1981   Die Verwirrung des Gemüts. Roman, List München 1983    Die blutige Trauer des Buchhalters Michael Dolfinger. Lamento/Roman, Herodot Göttingen 1986; Ausgabe Zweiter Hand: Dielmann 2000   Die Orgelpfeifen von Flandern, Novelle, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2001   Wolpertinger oder Das Blau. Roman, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2000   Eine Sizilische Reise, Fantastischer Bericht, Diemann Frankfurtmain 1995, dtv München 1997   Der Arndt-Komplex. Novellen, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1997   Thetis. Anderswelt. Fantastischer Roman, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1998 (Erster Band der Anderswelt-Trilogie)   In New York. Manhattan Roman, Schöffling Frankfurtmain 2000   Buenos Aires. Anderswelt. Kybernetischer Roman, Berlin Verlag Berlin 2001 (Zweiter Band der Anderswelt-Trilogie)   Inzest oder Die Entstehung der Welt. Der Anfang eines Romanes in Briefen, zus. mit Barbara Bongartz, Schreibheft Essen 2002   Meere. Roman, Marebuch Hamburg 2003 (Bis Okt. 2017 verboten)   Die Illusion ist das Fleisch auf den Dingen. Poetische Features, Elfenbein Berlin 2004   Die Niedertracht der Musik. Dreizehn Erzählungen, tisch7 Köln 2005   Dem Nahsten Orient/Très Proche Orient. Liebesgedichte, deutsch und französisch, Dielmann Frankfurtmain 2007    Meere. Roman, Letzte Fassung. Gesamtabdruck bei Volltext, Wien 2007.

Meere. Roman, „Persische Fassung“, Dielmann Frankfurtmain 2007    Aeolia.Gesang. Gedichtzyklus, mit den Stromboli-Bildern von Harald R. Gratz. Limitierte Auflage ohne ISBN, Galerie Jesse Bielefeld 2008   Kybernetischer Realismus. Heidelberger Vorlesungen, Manutius Heidelberg 2008   Der Engel Ordnungen. Gedichte. Dielmann Frankfurtmain 2009   Selzers Singen. Phantastische Geschichten, Kulturmaschinen Berlin 2010   Azreds Buch. Geschichten und Fiktionen, Kulturmaschinen Berlin 2010   Das bleibende Thier. Bamberger Elegien, Elfenbein Verlag Berlin 2011   Die Fenster von Sainte Chapelle. Reiseerzählung, Kulturmaschinen Berlin 2011   Kleine Theorie des Literarischen Bloggens. ETKBooks Bern 2011   Schöne Literatur muß grausam sein. Aufsätze und Reden I, Kulturmaschinen Berlin 2012   Isabella Maria Vergana. Erzählung. Verlag Die Dschungel in der Kindle-Edition Berlin 2013   Der Gräfenberg-Club. Sonderausgabe. Literaturquickie Hamburg 2013   Argo.Anderswelt. Epischer Roman, Elfenbein Berlin 2013 (Dritter Band der Anderswelt-Trilogie)   James Joyce: Giacomo Joyce. Mit den Übertragungen von Helmut Schulze und Alban Nikolai Herbst, etkBooks Bern 2013    Alban Nikolai Herbst: Traumschiff. Roman. mare 2015.   Meere. Roman, Marebuch Hamburg 2003 (Seit Okt. 2017 wieder frei)
________________________________


 

Korrespondenzen

Die 14,3 Millionen der Begum. An Herrn Dietrich Daniello aus Südafrika.

fiktionaere at gmx de.
Herrn Dietrich Daniello.
Betreff:Eilig Geschäftsvorschlag.
Datum:Sat, 07. Mar 2009 04:13:09 +0200

Lieber Freund,

Ich entschuldige mich, dass ich Ihnen diese Nachricht auf diesem Wege zukommen lasse, da wir uns noch nicht kennen. Aber wenn Sie ihr die Aufmerksamkeit schenken, die sie verdient, werden wir am Ende alle glücklich sein. Dies ist eine private Geschäfts Transaktion, die uns sehr viel einbringen wird.

Mein Name ist Herr St**** R*** und ich arbeite in der *rt*r*d Bank von Johannesburg in Süd Afrika. Ich habe Ihre email adresse über eine Agentur, die Einblick in die europäische Datenbank hat, erhalten.

Während einer kürzlich durchgeführten Buch- und Rechnungsprüfung von Konten,sind wir auf ein Konto gestossen, dass seit über fünf Jahren stillgelegt ist. Das Guthaben auf diesem Konto beläuft sich auf die Summe von $ 14,3 mio (USD). Der Name des Kontoinhabers ist Herr Indra Begum, ein deutscher Kunde pakistanischer Herkunft, der hier in Südafrika im Diamantengeschäft und Handel tätig war. Nach unseren Ermittlungen kam Herr Begum, gemeinsam mit seiner gesamten Familie, vor ca. 4 Jahren bei einem flugzeugabsturz ums Leben. Nach unseren Informationen reiste er regelmässig in die Schweiz, nach Deutschland und Österreich. All unsere Bemühungen einen Verwandten ausfindig zu machen erwiesen sich als erfolglos.
Nach dem Gesetz unseres Landes geht in der Regel ein solches Vermögen, wenn nicht von jemandem angefordert,in die Taschen der Regierung. Aus Erfahrung, die ich während meiner vielen Jahren in diesem Land gemacht habe, enden Fonds dieser Art meist in Hände von korrupten Beamten, die sich daran bereichern und ihren selbstsüchtigen Interessen nachgehen.

Ich habe Sie nun kontaktiert, um mir behilflich zu sein diese Fonds anzufordern, weil ich selbst dazu nicht befugt bin, da ich in der selben Bank angestellt bin. Ich möchte aber, dass der Erlös wieder in würdige Hände, vor allem wieder nach Europa fliesst. Wenn Sie mit mir zusammenarbeiten, werde ich gemeinsam mit Kollegen und Anwälte alles Nötige veranlassen, Sie als Erbberechtigten von Herrn Begum einzutragen, nur so kann die Bank die Einlösung der Fonds genehmigen und ohne Verzögerung freigeben.

Sie können sicher sein, dass dieses Geschäft 100%ig risikofrei ist und wir auf legalem Wege alles arrangieren. Sie erhalten 30% des Erlöses für Ihre freundliche Unterstützung, die restlichen 70% werde ich mir mit den anderen involvierten Personen teilen.

Wenn Sie in dieses Geschäft interessiert sind, dann schicken Sie mir freundlicherweise Ihren vollständigen Namen, Adresse, Alter, Beruf, persönliche Telefonnummer, wenn vorhanden Faxnummer an meine emailadresse: st**ra**@s*f*.com

Vielen Dank

Mit freundlichen Grüßen
St***** R***.

Kündigung eines Kritikers. An einen Kritiker. Panoramen der Anderswelt: die horen 231. Zwischenlese.

Dr. Grammaticus Praecox
Unterrühle 42b
69827 Kleindorf i.Fr.

Kleindorf i.Fr., 5.10.08

Abbestellung

Die „Horen“ haben sich bisher mit der Literatur von Ländern oder der zu bestimmten Themen befaßt. Ein Heft zu einem einzigen Schriftsteller von untergeordneter Bedeutung wie Herbst interessiert mich nicht. Ich bestelle die Zeitschrift deshalb vom 1.1.09 an ab.
Mit freundlichen Grüßen
gez. G. Praecox
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Herrn
Dr. Grammaticus Praecox
Unterrühle 42b

69827 Kleindorf i.Fr.
Berlin, den 16. November 2008.
Sehr geehrter Herr Dr. Praecox,

mir liegt in Kopie Ihr Fax an Johann P. Tammen wegen der Abbestellung Ihres >>>> Horen-Abonnements vor. Es macht mich ein wenig ratlos. Ich werde deshalb und weil ich mit ähnlichen Vorgängen schon mehrfach konfrontiert worden bin, den Wortlaut Ihres Faxes sowie diese meine Reaktion in die öffentliche Diskussion geben, aber dabei Ihren Namen verborgen halten. Es versteht sich von selbst, so etwas diskret zu behandeln, allein schon, weil das Fax nicht an mich, sondern an jemanden anderes gerichtet worden ist.

Wir sind uns nie persönlich begegnet; vor mehr als zwei Jahrzehnten verrissen Sie für die FIIIIIIIIIIEEP meinen FIIIIIIIIIIEEP Roman FIIIIIIIIIIEEP, und zwar – ich habe die Rezension aufgehoben – vor allem wegen der falschen Handhabung des deutschen Konjunktivs. Ihre Kritik ist für mich von großer Bedeutung gewesen, weil ich mich nach der Lektüre und, zugegeben, einer Verletzung auf meine vier Buchstaben gesetzt und die grammatisch korrekte Verwendung des Konjunktivs derart gebüffelt habe, daß ich heute selbst an Lektoren gemessen zu den nicht sehr vielen Menschen gehöre, die ihn noch beherrschen. Das habe ich indirekt Ihrer Kritik zu verdanken, für die ich deshalb dankbar bin. Mein Beharren auf seiner korrekten Verwendung hat sich auf der letzten Leipziger Buchmesse sogar >>>> dem Vorwurf aussetzen müssen, ich sei ein „Sprachfaschist“ - so eine blutjunge Fischer-Lektorin. In meinen Seminaren an der Heidelberger Universität streite ich immer wieder für diese Aussageform.

Dies zur Vorgeschichte. Nun zu Ihrem Fax. Sie schreiben, die Horen hätten sich bisher mit der „Literatur von Ländern“, was eine eigenartig verkürzte Aussage ist, sowie mit derjenigen „zu bestimmten Themen“ befaßt. Das ist richtig, aber es hat auch immer wieder Autorenbände gegeben, etwa den zu Christian Geissler im Jahr 1998, ferner Albert Vigoleis Thelen, Wolfgang Hildesheimer, Gregor v. Rezzori, Max Aub und Edith Södergran, sowie erst kürzlich zu Günter Grass und Walter E. Richartz. Insofern kann Sie ein spezieller Autorenfocus eigentlich nicht überrascht haben. Sondern Ihr Ärger scheint deshalb speziell mit mir, bzw. mit meiner Arbeit zu tun zu haben, die Sie als „von untergeordneter Bedeutung“ bezeichnen.
Das ist Ihr Recht. Zwar haben sich in dem Band namhafte Wissenschaftler zusammengetan, um Bewertungen wie der Ihren, die mir aus dem Betrieb nur zu gut bekannt sind, argumentativ etwas entgegenzusetzen, aber selbstverständlich kann nicht von Lesern verlangt werden, sie sich auch nur anzuhören. Ich weiß aus meiner Erfahrung, wie unangenehm es oft ist, eigene Urteile, an die man sich gewöhnt hat, revidieren zu müssen. Allerdings meine ich schon, daß jemand, der als Kritiker urteilt, eine Art Sorgfaltspflicht hat. Die sehe ich verletzt, und zwar um so mehr deshalb, als Sie anderen verübeln, Sie in sie zu nehmen.

Sie waren bislang mit den Horen offenbar zufrieden; daß Sie Ihr Abonnement jetzt kündigen, bedeutet, daß Sie auf die Herausgeber der Zeitschrift einen Druck ausüben wollen, sich gefälligst nicht mit Autoren zu beschäftigen, die Ihnen persönlich, aus welchen Gründen auch immer, mißbehagen; diese Gründe wiederum wollen Sie nicht zur Diskussion stellen, sondern an ihnen ideologisch festhalten. Ob man so etwas tut oder nicht, ist ebenfalls jedem selbst überlassen; man muß sich ethischen Fingerproben nicht aussetzen. Doch reagieren Sie mit Ihrer Kündigung ausgesprochen irrational, ja eine seltsame Wut schwingt in Ihren Zeilen mit. Hätte es nicht genügt, einfach den Band beiseitezulegen, schon weil in keiner Weise zu befürchten steht, es werde ein weiterer Herbst-Band folgen?

Ich möchte Ihnen die Wut gerne nehmen. Der Band ist da und wird seine Wirkung entfalten, das ist Fakt. Aber so etwas muß nicht in Ihrem Arbeitszimmer geschehen. Deshalb biete ich Ihnen an, daß Sie mir den Band schicken und ich Ihnen dafür den Kaufpreis nebst Portokosten erstatte. Dafür behalten Sie Ihr Abonnement und verzichten darauf, die Herausgeber der Horen negativ zu sanktionieren.

Mehr kann ich kollegialerweise für Sie nicht tun. Es ist mir höchst unangenehm, wenn andere Personen, die sich für mich verwenden, bestraft werden wie ein Bote, der schlechte Nachricht bringt.

Hochachtungsvoll

ANH
******

Wer wohl gemeint ist. ANH an Dielmann. Fünfter November.


Das werden sie n i e lernen - aber w ir werden lernen: nämlich:: sie zu umgehen.

[>>>> Axel Dielmann – Verlag.]

Wünsche ohne Erfüllung. Leserinnenpost.

>>>> Formmailer an fiktionaere.
Name: B*** S***
Email: bs***@freenet.de
Betreff: Alban Nikolai Herbst. AEOLIA. GESANG. Harald R. Gratz.
STROMBOLI.

Nachricht: Hallo Herr Herbst, ich wünsche mir ein Exemplar der >>>> Stromboli-Gedichte mit Autograph; ich bin ehrlich und gebe zu, dass ich nicht vorhabe, Ihre Miete zu überweisen. Nicht aus Geiz und nicht aus Bosheit.
Herzliche Grüße und gutes weiteres Gelingen bei allen Ihren Vorhaben. Ich bestaune Ihren unermüdlichen Schaffensdrang, freue mich immer, Sie zu lesen, kommentieren zu hören. Ich liebe Catania und Meere. Alles fremd und vertraut.

ANH an bs***@freenet.de.
Sehr geehrte Frau S***,
Ihre Ehrlichkeit ziert Sie, und ich verstehe auch gut, daß Sie sich solch ein Exemplar wünschen. Ich mag Ihnen Ihren Wunsch aber nicht erfüllen, zum einen, weil es anderen gegenüber sehr unfair wäre, zum weiteren, weil Sie normale Exemplare ja sehr einfach >>>> über die Galerie Jesse bestellen können, und sollten wir uns einmal persönlich begegnen, würde ich es Ihnen auch signieren. Die Autographen sind etwas anderes, sie verändern das Buch und sind als eigene kleine Kunstwerke zu betrachten. Dem gibt die Geste entsprechenden Ausdruck, eine meiner Monatsmieten >>>> direkt an meinen Vermieter zu überweisen, die sich seit August übrigens um 5 Euro auf 170,35 Euro erhöht haben. Der genannte Betrag ist für den Gegenstand, das Verfahren einmal als Tausch betrachtet, immer noch nicht hoch. Und mir hilft es schlicht, über die Runden zu kommen, da ich nahe der finanziellen Existenzgrenze leben muß. Abgesehen hiervon, wenn Sie in irgend ein Geschäft gehen, tun Sie das wohl auch nicht mit dem Anliegen, der Verkäufer oder Inhaber des Ladens möge Ihnen den Gegenstand Ihres Begehrens unentgeltlich, bzw. ohne irgend einen anderen Ausgleich überlassen.
Mit bestem Gruß
ANH

Nine Eleven oder Inzest oder Die Entstehung der Welt. An Christoph Jürgensen.

9-111heft58

Lieber Christoph Jürgensen,
ich danke Ihnen sehr für die Übersendung >>>> des Buches mit Mergenthalers, den ich gar nicht kenne, Beitrag zu Bongartz' und meinem Inzest-Roman als Jubiläums-SCHREIBHEFT. In der Tat sind wir damals sehr gebeutelt worden für den Text; sowohl für Bongartz wie für mich war das nicht ungewöhnlich; Norbert Wehr war eine solche Erfahrung aber neu und, so mein deutlicher Eindruck, außerordentlich verstörend und kränkend. Es soll sogar wütende Abbestellungen von Abos gegeben haben. Da empfinde ich Mergenthalers Essay nun geradezu wie eine Rehabilitierung Norbert Wehrs, der sich etwa von dem in die bürgerliche Mitte rückemigrierten Thomas Hettche auch persönliche Vorwürfe hat anhören müssen, des Tenors, wie man denn als Herausgeber solche moralischen Ungeheuerlichkeiten (um nicht „solchen Dreck“ zu sagen) verantworten könne... - jedenfalls, was da seinerzeit auch hinter den Kulissen abgegangen ist, war schon prächtig und gewissermaßen ein Protuberanzfeld der durch das Attentat aufgeschossenen Emotionen selbst.
Mergenthaler sieht, glaube ich, die Feuilleton-Reaktion auf Bongartz' und meinen Romantext, wie auf einige andere poetischen Texte des Umfeldes, ganz zurecht als eine Art der Abwehr. Wobei sowohl Bongartz als auch ich sowieso schon zu den abzuwehrenden Autoren gehören und gehörten; die Haltung etwa Ina Hartwigs setzte imgrunde nur eine ohnedies vorhandene "Haltung" fort und hatte gewiß weniger mit 9/11 zu tun, als ihr Feuilletontext vorgibt. Moralisch gesehen hat sie, die Moralisierte, 9/11 benutzt. (Und erschien seinerzeit, ein besonderer Akt der Peinlichkeit, mit US-Flagge am Kragenspiegel zur Buchmesse Leipzig.) Wiederum >>>> Weidermann gehört weder z d b I n b I, aber zu den Pfiffigen; deshalb muß man ihm seine Einlassungen nicht übelnehmen. Das einzige wirkliche Ärgernis ist Plath. Dessen Verdikt tat weh.mergenthRein unabhängig von Mergenthalers Schlüssen zur Inzest-Ästhetik in Hinblick auf 9/11 (ich habe das später in Der Dschungel zu den Grundzügen einer Perversions-Ästhetik ausgebaut und in meine Heidelberger Poetik-Vorlesungen übernommen), - unabhängig davon wundert es mich bis heute, daß bzgl. 9/11 von einer Traumatisierung und überhaupt einem Trauma gesprochen wird - nämlich in Bezug auf uns Europäer. Ich selber k a n n mich nicht traumatisiert fühlen, da ich nicht attackiert, auch nicht verletzt wurde - jedenfalls nicht stärker traumatisiert als durch das Völkerschlachten auf dem Balkan, im Sudan und und und...; w a s ich verstehe, das ist, daß sich ein US-Amerikaner traumatisiert fühlt. Aber ich bin ja keiner, der Fernsehturm steht noch ebenso wie in FFM der Messeturm, und die meisten, die sich hierzulande traumatisiert fühlen, tun nur so. Es wäre denn eine mentale Trauma-Übertragung möglich, etwa als dominant vererbliche Anlage innerhalb der Mitglieder von Nato-Staaten, deren Lebens- und Sendungsgefühl der Pop ihnen vorgibt.
Mir kommt dieses Trauma (...) wie die Simulation von Vasallen (vor), die die Krankheit ihres Herrn markieren, um sich ihm möglichst nah zu zeigen.

Seien Sie gegrüßt,
Ihr
ANH

Was ist Kritik? An eine Kritikerin.

(...) aus der Not eine Tugend gemacht - aber das kann ich doch nicht schreiben?!
Doch, das können Sie. Das sollten Sie sogar. Es gibt eine Art Regisseur, die die Schwächen ihrer Schauspieler ganz bewußt nutzt - berühmte Leute wie Straßberg waren darunter, die wahrlich keine schlechte Arbeit gemacht haben. Kunst ist in den seltensten Fällen ethisch, vor allem nicht während und wie sie entsteht.

An Ihrer Stelle versuchte ich, meine eigenen Ambivalenzen bis hin zu meiner schließlichen Überzeugtheit zu schildern, ganz nah an Ihnen selbst: das würde eine Spannung erzeugen, die den Leser nicht losläßt. Generell merke ich Ihren Arbeiten an, daß Sie aus einer Haltung der Wohlgesinntheit heraus schreiben. Das ist an sich sehr schön, hilft aber weder den Künstlern noch den Lesern; meist ist das Gegenteil der Fall. Was man versuchen muß (auch ich selber habe immer wieder das Problem, zuletzt hatte ich's >>>> dabei), ist, einen kritischen Ausgleich zu schaffen, der vor der künstlerischen Arbeit, die man beurteilen soll, spürbar den größten Respekt hat, sich aber dennoch nicht seine Meinung nehmen läßt. Die selbstverständlich begründet werden muß, und zwar gut. Es geht nicht um das Machtgefühl, das Verrisse verleihen; überhaupt nicht; das ist nur eklig. Sondern man muß eine Arbeit auf ihre eigenen Vorgaben abhorchen. "Wie fang ich nach der Regel an?/Ihr stellt sie selbst und folgt ihr dann." Wenn Sie diese Regel erkannt zu haben meinen, sollten Sie sie, und sei es nur für sich selbst, formulieren und dann analysieren, ob sie verletzt oder erfüllt wurde, oder wo das nur teils der Fall war. Sofern Sie dabei ganz bei sich bleiben, in der Ihnen selbst eigenen Weise sensibler Wahrnehmung, wird auch die kritischste Distanz niemals den Eindruck eines Verrisses machen - allenfalls den, daß Sie sich geärgert haben oder enttäuscht waren. Der Leser kann dann entscheiden, ob zu recht oder unrecht.

Ambivalenz des Begehrens. An Diotima (2).

(...) NUR: Menschen sind nicht eindeutig, Lebenssituationen sind nicht eindeutig, Schicksale sind nicht eindeutig. Wir stehen alle bis zu den Knien in der Ambivalenz und können nur waten. Ob man es wahrhaben mag oder nicht. Selbst die Begehren sind widersprüchlich, und das oft prinzipiell. Wobei die Begehren noch als erfüllte ein Leiden sein können, schon gar als unerfüllte oder unerfüllbare, und als solche, auf die man verzichtet, sowieso.
Genau aber dies ist der tiefe Leuchtgrund für Kunst, nicht ein Begehren selbst, nicht ein Glaube oder eine Überzeugung, eine Vision oder Inspiration, schon gar nicht eine gute Absicht: sondern diese unauflösbare, ständig wirkende Ambivalenz, in der wir leben. Der gibt die Kunst ihren bitteren oder ergriffenen oder wehen Ausdruck, indem sie an den Begehren - festhält.

Denken Sie an die Seele. An Diotima.

(...) Ich bin überzeugt davon, daß wir keine haben. Ich bin aber überzeugt, daß sie dann w i r d, wenn wir an sie glauben. Und wir können an sie sogar dann glauben, wenn wir zugleich überzeugt davon sind, daß es keine gibt.
H i e r liegt das Geheimnis. Jemanden um seiner selbst willen zu lieben, geht gar nicht, weil niemand motivlos lieben kann, so wenig, wie er sich auch sonst motivlos verhält. (...)

Leserinnenpost aus Manhattan. Email-Anhang.

Leserpost-aus-Manhatten(hielt. Und so spielten sie, vereint und ohne eine andere Leitung als ihr innerstes Ohr, man konnte es von den Berghängen schluchzen hören bisweilen, dann lachte wer. Sky hatte sich auf eine Treppenstufe gehockt, seinen Kopf schief auf den Handflächen, Ellbogen auf Knie, so hörte er zu. Welcome to a wonder: Wer hatte uns Ungeschickten Ausgerotzten dieses Spiel gelehrt, wer führte uns die Hand den Bogen? Wer machte es, daß unsre Finger links über die Stege rasten, als hätten sie niemals Frost abgekriegt, als wären sie nicht zahllose Male gebrochen und die Fingernägel rausgerissen, als die Wunde sich eitrig aufgeschwärt hatte? Woher nahmen diese Menschen ihre Kraft, nicht an eine bessere Zukunft, an Gerechtigkeit und Jenseits, denn damit hatten sie abgeschlossen, doch an das Leben selbst zu glauben? Wer hatte dieses Glühen in sie gegossen, den lachenden Ruf von Klippe zu Klippe durch Böen in Augen: ein alter gebrechlicher Kauz namens Olsen, über den sich der halbe New Yorker Musikbetrieb eine Zeit lang nur amüsieren konnte? Tatsächlich er? Oder etwas – wer? - durch ihn hindurch? Schlußakkord. C-Dur?
PAUSE
(Applaus, zögernd, misterioso -
Applaus, molto energico - Erste Leute stehen auf -
Applaus, morendo, zerfasert)
Manche blieben sitzen, andere rannten ganz aufgeregt umher. Waren Reporter dabei? Sonst sind Journalisten doch immer zur Stelle... Man war nur sprachlos. Und was Neill in seiner Loge tat - ja daß er überhaupt da war -, spielte gar keine Rolle. Aber erstes Gerede durchlief die Hänge: daß Maestro Chopstick von der CIA verhaftet worden sei oder)

Zur VG Wort und zum Deutschen Literaturarchiv Marbach. An Renate Giacomuzzi.

Berlin, den 16. Mai 2008.
Liebe Renate,

ich danke Dir sehr für Deinen Brief.

Wenn >>>> Marbach meine Arbeiten sammeln will, wäre es geraten, daß sich Marbach bei mir meldet und vielleicht auch selber Dateien sichtet. Das ist ja der Vorteil im Zeitalter der Kybernetik: Alles ist immer irgendwo gespeichert, und sei es als Backup. Nur muß das jemand durchgehen, der ich nicht selbst sein will noch überhaupt sein könnte, weil das ein riesiger Zeitaufwand ist, den mir weder jemand bezahlt, noch würde ich, selbst wäre das anders, die Zeit aufwenden können. Es gab zwar Jahre, da habe ich selbst sehr genau Buch über Publikationen und auch Unveröffentlichtes geführt, die sind aber vorbei, und es herrscht bei mir jetzt ein solch viertelorganisiertes Chaos, daß sich von meiner Seite aus kaum noch genaue Rechenschaft über meine Produktionen ablegen läßt.
Ein Leichtes ist es sicher, alles zu recherchieren, was sich im Netz von mir findet, Google ist da vortrefflich; schwieriger wird es bei den verstreuten Veröffentlichungen v o r der Netzzeit; aber darüber gäben, sichtete man sie, meine Backups sicher Auskunft. Ich habe freilich nicht einmal mehr eine Ordnung in den über mich erschienenen Rezensionen; manches habe ich vergessen, anderes gar nicht wahrgenommen. Zwar liegt hier in Berlin ein Riesenstoß an kopierten Zeitungsseiten, aber eben völlig durcheinander – bei meiner Produktionsmenge ist auch, das zu sichten, für mich selbst nicht zu leisten.
Etwas weiteres läßt mich in Sachen Marbach zögern. Ich bin mir des Wertes meiner Arbeit durchaus bewußt; dazu gehören die zahlreichen verstreuten Publikationen, insbesondere aber auch die gar nicht mehr zählbaren Reflektionen und Notate durchaus mit. Ginge das einfach so an Marbach, wäre es nur einmal mehr eine „Umsonst-Nummer“; ich werde für meine Arbeit ja so gut wie nicht entlohnt, und sowohl in Der Dschungel als auch auf der fiktionären Website verschenke ich laufend in großem Stil Texte, für die andere Autoren bezahlt würden. Gleichzeitig habe ich kein irgendwie anderes, geschweige ein geregeltes Einkommen, sondern schrabbe seit ein paar Jahren immer knapp am Privatkonkurs vorbei, bzw. steht der jederzeit vor seiner Eröffnung. Hier sammeln sich bereits wieder Forderungen, die ich nicht befriedigen kann. Dabei habe ich eine unterdessen fünfköpfige Familie; daß ich uns mal irgend einen Luxus leisten könnte, davon ist schon gar nicht die Rede. Ich habe bereits Hände und Kopf voll damit zu tun, das ganze Ausmaß dieser Bedrohung von meinen Lieben fernzuhalten, geschweige daß ich der permanenten Bedrohung angemessen begegnen könnte. Dazu addiert sich die Abfälligkeit des Betriebs mir gegenüber. Stünde da Achtung, wär ich längst in den Verteilungsmechanismen drin, von Jurortätigkeit bis zu entlohnten Kolumnen und ähnlichem. Davon ist nichts in Aussicht. Ich muß mir deshalb überlegen, ob ich mich ü b e r h a u p t auf Marbach einlasse oder nicht besser mit meinem Nachlaß z o c k e, d.h. ihn vorab zu verkaufen versuche; vielleicht findet sich ja einer, der ihn haben will. Ausgeschlossen ist das nicht – wie so weniges; mein Leben ist, seit ich zu schreiben begann, immer auf etwas ausgerichtet gewesen, das ein Kommen würde – ohne das hätte sich diese Art ungesicherter und meist rigoros abgelehnter Produktion nicht durchhalten lassen. Daß sich ihre öffentliche Einschätzung allmählich zu drehen beginnt – s e h r allmählich und auch nur in Kreisen der Literaturwissenschaftler, nicht hingegen denen der Pfründeverteiler -, ist allein d e m zu danken.
Was nun Dilimag anbelangt und die alten Beiträge meines „Vor“Blogs, habe ich Dir jetzt eine als rar gepackte Datei erstellt und sende sie in zweifacher Ausfertigung hier mit. Die eine habe ich in „Altblog.doc“ umbenannt, weil ich mich zu erinnern meine, daß Googlemail aus Sicherheitsgründen gepackte sowie ausführbare Dateien nicht verschickt; so wird dann immerhin e i n e ankommen. Die mußt Du dann in rar zurückbenennen; danach kannst Du nach gewohnter Routine entpacken. Das ist jetzt alles, was ich heut früh im Computer gefunden habe; ich habe die Dateien nicht gesichtet und auch nicht die Zeit, das zu tun; es sind schätzungsweise 200 Seiten, vielleicht auch einiges mehr. Die Dschungel. Anderswelt beginnt bei twoday mit dem 12. Juni 2004, freecity setzte bereits am 29. September 2003, also ein dreiviertel Jahr vorher ein, ziemlich genau mit dem Beginn des Prozesses um MEERE. Falls Ihr eine pdf erstellt, würde ich sie in Die Dschungel gern unter „Altblog“ übernehmen und dort dann einstellen.

Nun noch ein paar Worte zur VG Wort und dem dortigen Abrechnungsverfahren. Auch das ist für ein Einmannunternehmen wie das meine vollkommen unpraktikabel, zumal, wenn ich sämtliche bis heute erschienenen 15.508 Beiträge nachträglich mit Zählern ausstatten soll (ein paar dieser Beiträge sind über 5000mal gelesen worden, einer sogar, per eben, 26.577mal). So etwas ist von SPIEGEL ONLINE zu leisten, weil ein Unternehmen dahintersteckt, das einen Mitarbeiter eigens dafür abstellen (und bezahlen) kann; insofern ist die neue Regelung eine, die wie die Faust in die Schnauze jedes Kapitalismuskritikers paßt und sich sein Zahnwerk dabei freischlägt; es punktet ganz allein Großunternehmen zu. Außerdem ist das Verfahren an sich irre: da es die Beiträge nach Länge einschätzt und völlig übersieht, daß kurze Beiträge, die viel angeklickt wurden, wiederum Vorgänger längerer sind, um die dann debattiert wird. Ganz hinausfallen aber dabei vor allem die für Die Dschungel sehr wesentlichen Paralipomena – Aphorismen also, um die sich bisweilen über 100 Kommentare scharen, wenn nicht mehr. Das alles ist seitens der VG Wort derart unausgegoren, daß ich gar nicht erst anfangen werde, solche Zähler einzubauen. Etwas anderes wäre es, gälte der Zähler einem Weblog insgesamt und als solchem; das würde dann auch dem Umstand gerecht, daß die Zugriffshäufigkeit auf ein Weblog eben n i c h t von einzelnen Beiträgen abhängt, sondern von seiner Bedeutungsaura als Ganzem. Und dann... also, es ist völlig irre, völlig unpraktikabel, daß man jeden Beitrag eines Weblogs wie Der Dschungel zur Meldung als Doppel physisch an die VG Wort schickt. Allein dieser Arbeitsaufwand würde bei einem Organ wie Der Dschungel wenigstens einen halben Tag bedeuten; für die genuine literarische Arbeit bliebe dann überhaupt keine Zeit mehr. Dieses Modell ist insofern rein für Hobbydichter gemacht, die „nebenher“ noch ein Weblog betreiben und im übrigen das Wort „Freizeit“ kennen, das mir seit fünfundzwanzig Jahren ein Echo aus allerweitester Ferne ist.

Wie nun auch immer, ich grüße Dich ganz ganz herzlich und hoffe, meine offenen Worte verärgern Dich nicht.

Dein

A.

P.S.: Ich habe diesen Brief >>>> hier in Die Dschungel gestellt; es wäre also auch möglich und im Dschungelsinn wüschenswert, würde dort geantwortet. So fächerte sich das Unternehmen um n o c h eine Farbe auf.
 



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