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Zitate
In den damaligen Zeiten standen die Menschen unter dem Terror der Sünde. Wie ein Raubvogel schwebte sie über einem jeden, lauerte hinter einem jeden wie ein unheilvoller Schatten, saß im Menschen fest, ähnlich einer tuberkulösen Kaverne. Die Sünde war allgegenwärtig.
Südigen konnte man durch den Gedanken, durch Wort und Tat. Die Sünden unterteilten sich in läßliche, und in Todsünden, in Haupt- und Nebensünden. Es gab eine solche Vielzahl, daß schwerlich alle zu behalten waren. Die Sünden schwebten in den Lüften, wälzten sich über die Erde, die drängten in jede Zelle des großen Planeten. Sünden scheußlich wie Menschen und Sünden wie Menschen schön. Sünden wie Gift und Sünden süß wie betäubende Ambrosia. Scheusale und Paradiesvögel.
(…)
In jenen Zeiten sank der Mensch, wenn er sündigte, auf den Grund der Hölle, wurde Gevatter und Faktotum des Teufels, oder er stieg, ein Tempelschänder, zu himmlischen Höhen empor und setzte sich Gott gleich. Die Sünde besaß Flügel und eine göttliche Seele, sie war von der Macht eines göttlichen Orgasmus.
Tadeusz Konwicki
Chronik der Liebesunfälle
S. 243/244
dtsch.v. Kristiane Lichtenfeld
albannikolaiherbst - Freitag, 15. Dezember 2017, 07:29- Rubrik: Zitate
Es war die Zeit der krummen Beine, aus irgendeinem Grunde englische Krankheit genannt. Die Zeit der pockennarbigen Gesichter, von denen es hieß, der Teufel habe darauf Erbsen gedroschen. Die Zeit der Zahnlosigkeit, wo ein leerer Mund mit schwarzen Stummeln keinen erschreckte.
Die Leute trugen Buckel, schleppten sich auf morschen Gliedmaßen, litten Hornhautflecke an den Augen, spuckten unablässig tuberkulösen Schleim, faulten an Syphilis, erstickten an Asthma, bedeckten sich in Schwerstarbeit mit Krampfadern, schwollen und krümmten sich vor Gicht. Es waren schöne Zeiten, bevölkert von häßlichen Menschen.
Tadeusz Konwicki
Chronik der Liebesunfälle
S. 183/184
dtsch.v. Kristiane Lichtenfeld
albannikolaiherbst - Dienstag, 12. Dezember 2017, 20:22- Rubrik: Zitate
Magie verstanden als subversive Wissenschaft. Es geht darum, die von der instrumentellen Vernunft entzauberte Welt wieder zurechtzurücken: um einen Versuch der Resakralisierung des Kosmos. Pure Vernunft darf niemals siegen, wir brauchen dringend neue Lügen. Um dem elendigen Rationalismus ins lügenhafte Gesicht zu spucken. Um den Träumen wieder zu ihrem Recht zu verhelfen. Für eine gänzlich andere Ordnung der Dinge als die bestehende. RE-MIND YOUR_SELF.
Uwe Schütte, >>>> Godstar, Der verquere Wege der Genesis P-Orridge, 36/37
albannikolaiherbst - Montag, 13. März 2017, 10:47- Rubrik: Zitate
Vielleicht litt er sogar an der Vorstellung, daß Weisheit, die allergrößte Weisheit, nicht etwas war, das man einfach findet, sondern etwas, das man sich aneignen muß. (...) Konnte die >>>>Amygdala, das, was einen dazu antreibt, auch lichtscheue und unvernünftige Dinge zu tun, außerhalb seiner selbst, in einem anderen Menschen, liegen?
„Ich mag große Kleidung“, sagte sie, „damit ich wachsen kann, mich ausweiten.“
Nach der entmutigenden Rezeption hatte er in etwas Trost gefunden, das Robert Musil, eifersüchtig auf Thomas Manns Leserschar, notierte: Ich schreibe für Menschen, die nicht da sind.
Der phänomenale Talmud-Charakter der neuen Medien.
Wir schaffen unsere Identität nicht aus dem, was wir haben, sondern aus dem, was uns fehlt?
Alf bemerkte, wie die Gedankenkraft auf besondere Weise in Schwung versetzt wurde, als wären die Wörter das, was der Vater „Enzyme“ nannte.
... und die Dunkelheit schloß sich hinter ihnen wie ein Reißverschluß. Jan Kjaerstad, >>>> Der König von Europa, 325 - 423
Dtsch.v. Alexander Riha 
albannikolaiherbst - Sonntag, 28. August 2016, 18:39- Rubrik: Zitate
Warum etwas sagen, das jeder weiß, aber trotzdem verdrängt. Weil es eine Lebensnotwenigkeit ist, es zu unterdrücken. Daß man ab einem Zeitpunkt einparkt und die Lichter abdreht. Schläft. Daß man geweckt werden muß. Aufgezogen. Den Hunger wiederfinden.Jan Kjaerstad, >>>> Der König von Europa, 60
Dtsch.v. Alexander Riha
>>>> Kjaerstad, König von Europa 2
albannikolaiherbst - Dienstag, 23. August 2016, 13:29- Rubrik: Zitate
Es ist nicht zulässig, und es wäre zudem unbarmherzig dir gegenüber, Einzelheiten zu erzählen. Genug, wenn ich dir sage, daß ich in unseren Umarmungen die höchsten Formen von geistiger und elementarer Wollust zugleich genoß; sie war ohne jeden irgendwie geselligen Widerhall, wie es unsere einsam lebenden Hirten verspüren, wenn sie sich auf den Bergen mit ihren Ziegen verbinden. Wenn dir das Beispiel zuwider ist, so darum, weil du nicht imstande bist, die notwendige Transponierung von der tierhaften in die übermenschliche Ebene vorzunehmen – Ebenen, die einander in meinem Fall gegenüberstanden.
Giuseppe Tomasi di Lampedusa, Die Sirene
dtsch. von Charlotte Birnbaum
albannikolaiherbst - Sonntag, 26. Juni 2016, 21:40- Rubrik: Zitate
Nun ist es meine Art nicht, um eines sprachlichen Effektes willen Sinnloses zu schreiben. Richtig ist nur, daß mir zuweilen Formulierungen von der Hand gehen, die nicht der Kopf gebar, sondern der Sprachleib, den ich den Ereignissen meines Lebens oder meinen Gedanken schuf. So wie sich mein Atem selber atmet oder ich willentlich nur auf seinen tiefen oder flachen Gang Einfluß nehme, so formuliert das Formulierte nicht selten aus sich selbst heraus etwas Neues, schreibt sich das Geschriebene selbst fort, während mein Wille ruht.
>>>> Mann aus Apulien, 358 [Poetologie]
albannikolaiherbst - Sonntag, 8. Mai 2016, 10:15- Rubrik: Zitate
Schließlich das Rot als die letzte der vier dominanten apulischen Farben. Im Süden, Tarent zu, bricht es unterm Pflug des Bauern im Boden auf, schrundig die Ränder, die Innenflächen ins Bräunliche changierend und glänzend, darin den kleinen Labien der geschlechtlich erregten Frau ähnlich, Frucht verlangend, dem Samen offen. Aber diese extravagante Sehweise eines agrarischen Bildes mag sexuellen Obsessionen zuzuscheiben sein, denen ich unter der Tür in kältere Lebensräume nun öfters anheimfalle – mehr zu meinem Ärger, weil viel Niedriges daran mich demütigt, als zu meiner Lust, die sich ohnehin in einem schleichenden Prozeß des körperlichen Verfalls in den Geist verlagert: Wachen, Wahrnehmen, Denken sind höchste Lust, ebenso Hoffnungen und Erinnerungen. Aristoteles. Aber Metaphern wie jene von den Labien der Frau sind krude Sublimate dieser umgekehrt verlaufenden Transsubstantiation: vom weißen Leib der Lebensfülle ins schwarze Brot des Alters.
>>>> Mann aus Apulien, 265
albannikolaiherbst - Sonntag, 1. Mai 2016, 10:36- Rubrik: Zitate
(...) und noch, während meine Zunge sich bewegte, fragte ich mich, was es mir an Gutem und Bösem noch alles eintragen würde in meinem Leben, daß ch einen Verstand hatte, der schneller, als ein Augenlid auf- und zugehen kann, die disparatesten, durch die Logik voneinander getrennten Dinge zu einem neuen Ganzen zu fügen imstande war, >>>> das nicht Wahrheit ist und nicht Lüge, sondern ein Neues, das noch keinen Namen hat und von dem die Philosophen nichts sagen.
>>>> Mann aus Apulien, 122
albannikolaiherbst - Dienstag, 26. April 2016, 14:57- Rubrik: Zitate
(Wenn ein Staat am verdorbensten ist, bestehen die meisten Gesetze).Tacitus, >>>> Annalen
albannikolaiherbst - Dienstag, 19. April 2016, 05:40- Rubrik: Zitate
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Für Adrian Ranjit Singh v. Ribbentrop,
meinen Sohn.
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Die Dynamik
hatte so etwas. Hab's öfter im Kopf abgespielt....
Bruno Lampe - 2018/01/17 21:27
albannikolaiherbst - 2018/01/17 09:45
Zwischenbemerkung (als Arbeitsjournal). ...
Freundin,
ich bin wieder von der Insel zurück, kam gestern abends an, die Wohnung war kalt, vor allem ... albannikolaiherbst - 2018/01/17 09:38
Sabinenliebe. (Auszug).
(...)
So beobachtete ich sie heimlich für mich. Zum Beispiel sehe ich sie noch heute an dem großen Braunschweiger ... Ritt auf dem Pegasos...
Der Ritt auf dem Pegasos ist nicht ganz ungefährlich,...
werneburg - 2018/01/17 08:24
Pegasoi@findeiss.
Den Pegasus zu reiten, bedeutet, dichterisch tätig...
albannikolaiherbst - 2018/01/17 07:50
Vom@Lampe Lastwagen fallen.
Eine ähnliche Begegnung hatte ich vor Jahren in...
albannikolaiherbst - 2018/01/17 07:43
findeiss - 2018/01/16 21:06
Pferde
In dieser Nacht träumte ich, dass ich über hügeliges Land ging, mit reifen, dunkelgrünen, im Wind raschelnden ... lies doch das noch mal
dann stimmt auch die zeitrechnung
http://alban nikolaiherbst.twoday.net/s tories/interview-mit-anady omene/
und...
Anna Häusler - 2018/01/14 23:38
lieber alban
sehr bewegend dein abschied von der löwin, der...
Anna Häusler - 2018/01/14 23:27
Bruno Lampe - 2018/01/11 19:30
III, 356 - Merkwürdige Begegnung
Seit einer Woche war die Wasserrechnung fällig und ich somit irgendwie gezwungen, doch noch das Postamt ... Bruno Lampe - 2018/01/07 20:34
III, 355 - … und der Gürtel des Orion
Epifania del Nostro Signore und Apertura Staordinario des einen Supermarkts - Coop. Seit dem ersten Januar ... Bruno Lampe - 2018/01/03 19:44
III, 354 - Neujahrsnacht e dintorni
Das Jahr begann mit einer unvorgesehenen Autofahrt bzw. mit der Gewißheit, mir am Vormittag Zigaretten ... albannikolaiherbst - 2018/01/03 15:16
Isola africana (1). Das Arbeitsjournal ...
[Mâconièrevilla Uno, Terrasse im Vormittagslicht
10.32 Uhr
Britten, Rhapsodie für Streichquartett]
Das ...
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Zuletzt aktualisiert am 2018/01/17 21:27
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