Zeitdruck (Buchvorbereitung)
Längere Erzählung folgt spätestens morgen.
Pardon, ANH
Pardon, ANH
albannikolaiherbst - Sonntag, 3. Dezember 2017, 09:07- Rubrik: Arbeitsjournal
Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop
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ArbeitsjournalZeitdruck (Buchvorbereitung)Längere Erzählung folgt spätestens morgen.
Pardon, ANH albannikolaiherbst - Sonntag, 3. Dezember 2017, 09:07- Rubrik: Arbeitsjournal
Verlagsabend ARCO Verlag Buchhandlung a.punkt, Wien. 30. November 2017albannikolaiherbst - Freitag, 1. Dezember 2017, 07:34- Rubrik: Arbeitsjournal
Das Arbeitsjournal des Montags, den 27. November 2012[Arbeitswohnung, 8.14 Uhr] Wie gut, meine Freundin, wieder einmal vor sechs Uhr aufgestanden zu sein; bereits um 5.30 Uhr war ich, ohne Wecker, wach, dämmerte dann noch paar Minuten, dann dachte ich: Unfug, hinaus! Latte macchiato usw., der Freund ratzte und ratzte. Heute spätnachmittags wird er wieder fahren, und ich werde mich auf Triest vorbereiten, von wo es am Donnerstag dann nach Wien zu Veranstaltung und Lektorat gehen wird – wobei ich auch jeweils dort weiter an der Thetis-Überarbeitung arbeiten werde. Über einhundert Seiten habe ich gestern geschafft, wiewohl ich so spät und verkatert aufgestanden war. Allerdings habe ich, nach dem Arbeitsjournal, kaum etwas anderes gemacht und erst knapp vor Viertel vor neun Uhr abends aufgehört. Da schleppte der Freund eine junge armenische Übersetzerin an, mit der wir hier aßen, sprachen, vor allem über >>>> Helmut Schulzes und meine beiden Joyce-Nachdichtungen, also sowohl die >>>> Chamber Music als auch den >>>> Giacomo Joyce; schließlich hörten wir zusammen noch >>>> Das Wunder von San Michele (ich liebe das Stück nach wie vor), bevor ich beide kurz nach Mitternacht „hinauswarf”; die arg benutzte Küche war noch in Ordnung zu bringen; ich hasse es, beim Aufstehen in einen Berg verklebter und noch riechender Gedecke und Töpfe zu treten --- beide wiederum, weil der Freund, ein Kavalier, die junge Dame noch ein Stück Wegs durch die Nacht eskortieren wollte. Als er zurückkam, lag ich bereits im Bett und hatte die Lichter gelöcht; sein Vulkanlager war fertig aufgeschlagen worden, er mußte nur noch hinein. Wiewohl so früh auf, habe ich noch nicht wirklich viel zustande gebracht... das heißt, s c h o n, aber nichts Literarisches. Sondern nach dem Checkin für Triest waren erst einmal Texte zu speichern, Arbeitsjournale, die bisherigen Poetiken, >>>> deren dritte ich dann gleich eingestellt habe, einfach deshalb, weil ich auf Artmann >>>> gestern schon zu sprechen gekommen war. Bin gespannt, liebste Freundin, was Sie zu diesem Kabinettstückerl sagen. Von dem ist >>>> mein morgendlicher Ecker übrigens gar nicht weit entfernt, wenn er sich infolgs einer Nachricht, die ihn zum Verlassen seines bisherigen Lebens aufgefordert hat, „mit einer Gartenschere drei erfrorene Zehen vom rechten und vier vom linken Fuß schnitt.” Woraufhin er „mit amüsierter Gelassenheit” den harten Kontrast dieser Zehen zum schneebepuderten Bordstein betrachtet. Obwohl er gar keinen Schmerz empfindet, sind wir bereits, er und ich und, Der Dschungel wegen, nun auch Sie über das zweite Drittel dieses Buches hinaus:
Nur mit dem >>>> Becher bin ich nicht weitergekommen. Aber das sehr eng gesetzte Büchlein ist demzufolge schmal; es wird gut in die Seitentasche meines Reisejacketts passen. So. Ich tauche zurück in die Arbeit. ANH albannikolaiherbst - Montag, 27. November 2017, 09:45- Rubrik: Arbeitsjournal
Sahneschnittchen. Das Arbeitsjournal des Sonntags, den 26. Oktober 2017. Mit H. C. Artmann.[Arbeitswohnung, 9.08 Uhr] Bin verärgert. Erst um Viertel nach acht auf. Restalkohol, Kopfschmerz, ich weiß nicht, wie lange es gestern wieder ging. Meinen Arbeitsplan nicht einhalten zu können, macht mich unwirsch. Obendrein steht heute nachmittag noch das Lektorat von Gedichten an, mit denen ich überhaupt nichts zu schaffen habe, mehr noch, die mich nicht die Bohne interessieren: Übersetzungen aus dem Jiddischen, das mich n o c h weniger interessiert. - Ich tu?s für den Freund. Vielleicht kann ich?s wirklich auf den Abend verschieben; heute muß ja nicht gekocht werden. (Die Ente gestern war lecker: „krosse Ente”, „Sahneschnittchen”:: darüber hatte ich mir nachmittags, nach einem witzigen Gespräch mit der Löwin, vorgenommen, heute zu schreiben. Jetzt muß ich`s sein lassen; na gut, hätte mich eh nicht beliebter gemacht). „Ich sehe ein Liebespaar im Park und könnte kotzen”: Vielleicht der heftigste Satz im heutigen >>>> Morgenecker. „Und auch für die Treue des Labradors, der sich vergewissernd nach seinem Herrchen umsieht, habe ich nichts als Ekel übrig” beschreibt ziemlich genau meine Stimmung. Dabei ging alles, nach einem Umzug, mit nichts anderem los, als daß das Ehepaar nachts Geräusche hörte – dann aber niemals wieder, und das, obwohl die Mischbatterie der Badewanne nächstmorgens nicht mehr mittig, sondern kopfendig angebracht ist. Läßt sich kopfendig schreiben? - Es läßt sich. Aber daß fortan keine Geräusche mehr folgen, ich meine: keine überraschenden, unheimlichen usw. mehr - echt, ü b e r h a u p t nichts Unalltägliches, lebenslang, steht zu befürchten - kann einen zum Misanthropen machen, eine natürlich auch. Ich gehe auf die Straße, sehe eine Frau, die mir gefällt und spreche sie mit „krosse Ente” an. „He, Sie krosse Ente, gehn Sie mit mir einen Kaffee trinken?” „Und dann”, fragt Sie, „wolln Sie mich braten? Dann vergessen Sie die Küchenschürze besser nicht.” Sie könnte auch nachsetzen: „Da kann ich nur hoffen, Ihr Messer ist scharf genug.” So tändeln wir sprachwitzelnd weiter. - Reine Utopie. „Sexist!” würde sie nämlich in der Wirklichkeit zischen, mit ziemlich gewissem Recht. Indessen ich mit „Sahneschnittchen” - dies als einen letzter Versuch, mich zu verteidigen - gar nichts anzufangen wüßte; die laufen im Backofen auch komplett auseinander. In Norddeutschland soll es dennoch gebräuchlich sein oder gebräuchlich gewesen sein. So daß ich jetzt d o c h noch drüber geschrieben habe. Ich mag einfach die Chance nicht verpassen, mich unbeliebt zu machen. (Die >>>> Farce bestand aus den sehr fein handgehackten Innereien, dazu in der Tat braucht man geeignete Messer, und ebenso frau, die mit Kräutern, Gewürzen und Weißbrot zur Masse geknetet wurden, bevor ich sie dann – „bis sie aus dem Hals wieder rauskommt” (: so wörtlich das Rezept) – ins Innere stopfte.) [Selbstverständlich, Freundin, sagte ich „krosse Ente” zu keiner Frau jemals („zu keiner Frau jemals”: - / - / - / | nur in dieser Rhythmisierung ist der Endsatz verstehbar); daß ich zu keiner „Sahneschnitte” sagte, versteht sich, das muß ich Ihnen nun wirklich nicht schreiben, von selbst. Es geht mir allein um die Möglichkeit. Doch die „Gender”correctness, wenn ich ein freier Mensch bleiben will, zwingt mich dazu, mit Verhaltensweisen herumzuspielen, sie also auszuprobieren, zumindest als Text, die ich zutiefst ablehne.] die mir manch schönes spiel getan? die werd ich auch abschneiden! nach soviel liebesstunden .. h.c.artmann, >>>> krauchen solls / durch blut und bein / bis in herzens / kämmerlein albannikolaiherbst - Sonntag, 26. November 2017, 10:13- Rubrik: Arbeitsjournal
Novemberwolken. Das Arbeitsjournal des Sonnabends, den 25. November 2017. Mit Johannes X. Schachtner, sowie Becher und Ecker ff.[Arbeitswohnung, 6.58 Uhr Sperrangelweites Oberlicht: klatschend strömendes Regnen Schnarchen vom Vulkanlager] So, mit Vollgas an die verbleibenden knapp dreihundert Seiten Thetis; am besten wär‛s freilich, ich bekäme sie noch vor Triest fertig; dies bedeutete aber, jeden Tag hundert. Gestern kam ich auf 59, aber da saß ich erst ab mittags dran, weil ich eine Last übern Vormittag trug, die mich sehr langsam machte und langsamer noch sich hob. Jedenfalls, Freundin, erreichte mich nachts eine Sprachnachricht der Contessa, die mit meinem Gesprächsprotokoll zu dem Familienbuch richtig glücklich sei; ihrerseits i h r e Nachricht ging warm an mein Herz. Auch: Gut daß ich von der Triestreise erzählte und von dem Abstecher, am Donnerstag, nach Wien für die kleine >>>> Joyce-Präsentation und das Aeolia-Lektorat. Da wird dann, am Donnerstag, die Chamber Music/Kammermusik endlich auch gedruckt und gebunden vorliegen. Ich werde ihr, der Contessa, sofort ein Exemplar zuschicken, wahrscheinlich noch von Wien aus. Erster Morgencigarillo, zweiter Latte macchiato. Ruhiges Schnarchen des Freundes, das mir angenehm ist, weil ich ihn endlich schlafend weiß: Sein Kreuz ist schwerer, Freundin, als meines, denn ich hab für meines die Form. Es formt uns die Zeit wie den Körper das Studio. Ab Dezember, nach meiner Rückkehr, werde ich wieder laufen; erst mal das; vier Kilo, schätz ich, müssen runter. Das Krafttraining nehme ich auf, wenn sie weg sind. Ärgerlich allerdings, hinderlich, daß ich in der rechten Hand eine Art Entzündung habe, vom Tippen: den Mittelfinger, mit dem ich rechts tippe, abwärts bis in den Unterarm. Ich habe so eine bestimmte Stellung, die mich rasend schnell schreiben läßt. Jetzt muß ich mich umtrainieren, auf den, versuche ich gerade, Zeigefinger, um die andere Sehne ruhigzustellen. Geschieht mir recht; über Ergonomie habe ich mich immer lustig gemacht. Es war die enorm schnelle Tipperei des Protokolls. Gut, da ich in Triest und Wien wieder am Nettbückerl schreiben werde, wird die Belastung eh anders sein. Und vielleicht, gerad in Triest, wird auch die Béart mich wieder überkommen. Becher, im >>>> Herz des Hais, erzählt von den äolischen Inseln, und, was Wunder, auch „mein” Friedrich spielt kurz eine Rolle. Friedrich.Anderswelt. Ich bin mir fast sicher. Tolle, tolle Sätze bei Becher. Er war mir schon lange ans Herz gelegt, erstmals, entsinne ich mich, von UF; nie war ich, aus welchen Gründen auch immer, seiner Empfehlung gefolgt. Und nu‛ schleppt der Freund mir dieses broschürte Büchlein an... … was mich auf, morgens, >>> Ecker bringt. Diesmal ist es „tatsächlich” eine Novembergeschichte. Sie widmet sich den Wolken, und zwar auf dem Umweg zweier einander begegnender, in umgekehrtem Durchlaufsinn sich passierender Eisenbahnzüge, die vorbeirasenden Fenster „Panels in einem Comic”: zigfach gesehen im Spielfilm. Also will Ecker sie gleich wieder streichen. In den dadurch entstehenden Leerräumen nun, so schreibt er, entstehen die Wolken - erstehen, indessen, das sage i c h. Dennoch – dieses „dennoch” irritiert mich furchtbar – sehe man in ihnen (wer ist „man”?), was man (werjawer?) sehen könne und wolle. Doch der Satz, auf den ich hinauswill, schließt sich erst jetzt an: „Insofern sind sie Spiegel – und darum wiederum gleichen sie Geschichten, in denen bekanntermaßen seitenverkehrt dargestellt wird, was auch in Wirklichkeit verkehrt ist”, Kursivierung von mir. Dieser Kniff, aus dem Verkehrten der Seiten eines des Realität zu machen, ist wirklich schlagend, es also aus dem Be/Gesonderten ins Allgemeine zu bringen: in dem einen Verkehren das andere zu sehen, an dem wir lebenslang kauen.
Den Titel dieser Geschichte möchte Ecker übrigens a u c h wieder streichen. Freundin, erahnen Sie ihn? Meine Hand in Ihrer: ANH P.S.: Ich habe n o c h eine Entdeckung gemacht; eigentlich hat sie mir Uwe Schütte gemacht, der mit solcherart Musik, auch wenn er nicht mal reingehört hat, wenig anfangen kann und sie deshalb, die noch eingeschweißte CD, mir auf seiner Feier zusteckte. Endlich, nach der Protokollarbeit, hatte ich für sie Luft und war bereits von den ersten Takten angesprochen. Der Eindruck hielt sich. Ein noch junger Komponist: >>>> Johannes X. Schachtner. Auch Ihnen, Schönste, könnte seine Arbeit gefallen... ah, ich bin's mir sogar ganz gewiß:
Was mich für diese Musiken nahezu sofort einnahm – und zwar ohne, daß ich schon das Booklet gelesen hätte –, war, daß mir etwas aus ihnen entgegenklang, das die seriellen Fesseln und ihre Ideologeme abstreift, ohne doch die Entwicklung und Geschehen zu leugnen; Schachtner, als Komponist, tut etwas, das ich stets als Dichter versucht hab. Bei den sieben Stücken dieser CD bin ich mir allerdings sicher, daß es gelang.
albannikolaiherbst - Samstag, 25. November 2017, 09:02- Rubrik: Arbeitsjournal
Die Tür schlägt unter Hufen z u. Das Arbeitsjournal des Freitags, den 24. November 2017. Mit Zuzanna Ginczanka und Ulrich Becher.[Arbeitswohnung, 8.14 Uhr]
Was ich erst ab 8 Uhr erledigen wollte, habe ich vorgeschoben; >>>> dahinter könnte ich nun schon mein Häkchen setzen. Bis halb Mitternacht gestern saß ich an der Fertigstellung des Tonfile-Protokolls, schob Thetis tatsächlich noch einmal nach hinten, einfach um endlich durchzusein. War dann durch. Letzte Formatierung heut in der Früh und weg mit dem Ding an meine Contessa. Nun mit Volldampf an Thetis. Um sechs Uhr auf, kurz nach eins, nach nächsten Gesprächen mit dem Freund, auch etwas Literatur, ins Bett. Viereinhalb Stunden Schlafs, der Rhythmus im Grünen Bereich. Was mich aber eigentlich beschäftigt, sehr beschäftigt, darüber darf ich nicht schreiben; es wäre intime Indiskretion, auch scharf, weil einen Bereich nicht nur berührend, sondern bedeckend, den neunundneunzig von hundert Leuten nicht verstünden: eine der heftigsten Attacken auf unsere, ich sag mal, moralische Anthropologie. Wenn ich von „beschäftigt” schreibe, meine ich „bedrückt”. Für manche Zusammenhänge funktioniert „aktive Verdrängung” nicht. Da kommen die Bilder, gerade wenn jemand gewohnt ist, in Extremen zu leben oder sie doch durchlebt zu haben, wenn man sie, die Extreme, stets bewußt hat und die Bilder wirklich kennt. Denn lange hat auch man selbst sie gemalt. Damit verknüpft das unhintergehbare Gefühl des Abschieds, Abschied von einer ganzen enorm tragenden Lebensverfaßtheit; damit verknüpft wiederum das Altern. „Zu jung bei dir”, sagte in Facetime die Löwin, woraufhin ich antwortete: „Ich habe mein ganzes Leben lang extrem gebrannt und geleuchtet; vielleicht ist es nicht nur natürlich, sondern auch gerecht, wenn die Zeit der Schlacke früher als bei nicht so brennenden Menschen kommt.” Sie haben sich ihren Brennstoff eingeteilt, waren, um es kleinbürgerlich zu sagen, sparsam. Da schwelt‛s dann noch ruhig die Rente hindurch, und selbst die Demenz ist Verschmauchen. Ich sagte: „Vielleicht ist‛s an mir, nun weise zu werden” - was immer bedeutet: Verzicht. Nur halt aus... ja, liebender Einsicht. Eine schwierige Zeit. Vorgestern traf mich der Schock erneut. Überdies, schöne Freundin, habe ich das Gefühl, meinen Nachlaß zu besorgen: die ständige Sichtung alter und nicht ganz so alter Arbeiten, ihre Neuausgaben vorzubereiten und zu betreiben – alles ein Blicken zurück. Der Flirt mit dem Friedrichroman ist da halt Flirt, man zwinkert sich zu und weiß doch zugleich, man wird zueinander nicht kommen. Dennoch, der Vorschein ist recht angenehm. Ein liebevoller, doch wissender Umgang mit Illusionen, die du dir, indem du sie eben n i c h t realisierst, bewahrst. Selbst bei >>>> der Béart bin ich mir gar nicht mehr sicher, ob ich sie noch vollenden werde können. Denn das, was diesen Zyklus antreibt, ist ja eben vorüber; er wurde davon angetrieben. Ich wollte aus dem unmittelbaren, unvermittelten Erleben schreiben, aus den Begehren; da ich sie aufgeben, zumindest dämpfen muß, geht das Feuer verloren – und so werden diese Gedichte wahrscheinlich fragmentarisch bleiben. Schriebe ich sie in meiner derzeitigen Verfassung, sie würden auf eine Weise melancholisch-resignativ, die eben nicht gemeint ist. So würden die Gedichte altmännergeil-klebrig. Vielleicht lasse ich meine Hände deshalb von ihnen, auch wenn ich sie in die >>>> Arbeitsvorhaben jeden Tag neu hineinschreibe und nächstentags wieder wegstreichen muß. „Na ja”, sagte gestern die Löwin, „die meisten Frauen über sechzig haben ja auch keine Chance mehr, sich noch diesbezüglich etwas auszumalen, das auch würde.” „Sage ich doch: Es ist wahrscheinlich, was mir geschieht, gerecht.” So altre ich mit denen, die ich zeit meines Lebens bis zum Wahnsinn besang, und trenne mich von ihnen nicht, i n d e m ich mich von ihnen trenne... - sagen wir‛s, Freundin, milder: zu sublimieren beginne. [Bach, Konzert für drei Klaviere und Streichorchester BWV 1064 Heilsam]
Daß ich in dieser Verfaßtheit eigentlich nicht mehr hinausgehen mag und sogar Veranstaltungen scheue, bei denen ich recht gerne wäre, ist wohl leicht zu verstehen; ebenso, daß ich kaum noch in die Oper gehe. Jeder Blick trüb, den ich würfe. Ich schlage die Welt hier in meiner Arbeitswohnung um mich auf: die mir gemäße isolierte, dennoch eine reiche, wirklich reiche Welt – ganz wie‛s eine Frau, die ich liebe, mir von sich geschrieben hat: „Manchmal ist's mir danach, bei Wind und Wetter zu gehen, gerade in die Einsamkeit, weil ich die Geselligkeiten nicht mehr aushalte.” Hier wüten Wind und Wetter in meinem Innern; anders als sie muß ich nicht hinaus, da ich hier behaust bin, wenn auch geteilt zur Zeit mit dem Freund. (Für mich ist‛s schwierig, daß er nicht aufräumt; ich muß hinterherräumen, zerknautschte Kleidung falten und beiseitelegen; auf dem Mitteltisch liegen Zettel, Ticketts, Buchumschläge ungeordnet herum; sogar eine Deodose steht da, die in den Kulturbeutel gehört, und die von mir Kant an Kant gestapelten Bücher scheint ein kleines Zimmerbeben durcheinandergeworfen zu haben. - Nein, ich nehm‛s ihm nicht krumm, er hat nicht mein Bedürfnis nach auch äußerer Disziplin, ist eh in problematischster Verfassung derzeit. So schweig ich und räume, zumal auch mein eigener Arbeitsbereich seit Wochen nicht mehr meiner Ästhetik entspricht.) Er las mir gestern nacht ein Gedicht >>>> Zuzanna Ginczankas vor, dessen ungebrochenes Pathos mich trotz einiger schöner Bilder und vor allem der erotischen Grundbewegung nicht überzeugte; so versuchte er‛s mit dem polnischen Original. Doch ist diese Sprache mir so fremd, daß ich das Melos nicht spüre. Über Zentauren heißt dieses Gedichte - die allerdings berücken s c h o n, wenn sie „aus den Wiesen der Mythologie” herangaloppieren, und wir sehen der uns gleich niedertrampelnden Herde mit dem Bewußtsein einer Endlichkeit entgegen, die, sind sie denn vorbei, hinter uns die Tür geschlossen. Das Hufgewitter der eisenen Beschläge läßt uns immerhin nicht hören, wie sie zugeschlagen ward. Bislang betörend allerdings Ulrich Bechers >>>> Herz des Hais, ein kleiner Roman, den mir der Freund antiquarisch mitgebracht. Diese Prosa fing mich vom ersten Satz an ein. Ich werde Ihnen gewiß von ihr noch detaillierter schreiben ( „Wir erziehen Ihren Computer” sagt mir >>>> flickr grad; böser geht eine Anspielung nicht; aber diese, meine Freundin und Vertraute, verstehn alleine S i e):
Und >>>> Christopher Ecker heute morgen? Bitte sehr: Ihr heute trauriger, nämlich in beiderlei Sinn, ANH P.S.: An die Arbeit. Nicht stoisch, sondern abfindsam: beharrlich. Denn die Kentauren sind schon fort, und wir, wir liegen in aller Puszta so nieder- wie ausgestreckt und schauen in den Himmel, in den wir jenseits von Schmerzen nicht aufsteigen könnten. albannikolaiherbst - Freitag, 24. November 2017, 10:33- Rubrik: Arbeitsjournal
Schrecken der kindlichen Arglosigkeit. Im Arbeitsjournal des Donnerstags, den 23. November 2017.[Arbeitsjournal, 6.56 Uhr] Kurzerhand, Freundin, entschied ich mich um, stricht den für nachmitags geplanten Thetis-Arbeitsgang und brachte statt dessen das Tonbandprotokoll für das Contessa-Projekt in einem letzten Rutsch zuende. Nun sind die knapp fünf Stunden Aufnahme noch einmal in gänze abzuhören und mit dem Protokoll zu vergleichen, evtl in diesem zu korrigieren und hie und da etwas zu ergänzen und so weiter. Kann sein, daß ich auch diesmal, anders als >>>> das DTs vorsieht, noch einmal den Nachmittag hinzunehmen muß. Danach, bis anfang Dezember, ziehe ich dann Thetis wieder vor und dürfte auch so, trotz der ab Dienstag anstehenden Reise, rechtzeitig fertig werden. Der Verlag hat mir die Anderswelt-Vorschauseiten des Frühjahrsprogramms geschickt, ihrerseits zur Durchsicht; meine Lektorin fand bereits ein Fehlerchen. Ebenfalls in der Programmvorschau des kommenden Frühjahrs die Seite für Meere: ![]()
Wunderbar plaziert auf der, quasi, U3. Insgesamt ist die Vorschau wieder einmal elegantest gebaut. Und, zu meiner großen Freude: Die zweite Auflage dieses Romans ist nun bereits in Druck; was >>>> mare bei der >>>> Freigabe des Buchs noch auf Lager hatte, ist verkauft – und dies, obwohl bislang die Reaktionen der Feuilletons rar waren, abgesehen von >>>> Zielckes Müll. Die dritte Vorschau mit einem meiner Bücher wird im Dezember folgen: >>>> Arcos Neuausgabe meiner AEOLIA, also des Stromboli-Gedichtzyklus‛. Daran wird in der kommenden Woche gearbeitet werden, erst in Triest, dann auch – anläßlich der rechts annoncierten Veranstaltung – in Wien; nach Triest reise ich natürlich des >>>> Briefromans wegen, den ich nach der Thetis-Überarbeitung wiederaufnehmen will, bzw. sogar muß. Von Triest nach Wien ist‛s ein Hüpfer. Soweit, Verehrte, meine Werkstatt heute. Weiterhin ist der Freund hier. Vielleicht kann ich ihn überreden, mit mir am Abend ins Brechthaus zu gehen; >>>> das Thema interessiert mich selbstredend sehr. Ich las ihm gestern nacht die >>>> Vergana vor. Diese Leseabende sind für mich von entscheidender Bedeutung, denn ich spüre da, was ich getan habe, und viele der nagenden Frustrationszweifel fallen „einfach” hinweg: Ja, das kann so stehen. Das „kann” nicht nur, sondern tut‛s. Die Erzählung hält, selbst aus dem Abstand von Jahren gesehen. Fallen die Zweifel und reißt die Frustration auf, steigt die Lust auf Neues oder kommt überhaupt erst wieder zum Vorschein. Dann, mit drei Wörtern, geht es weiter. Und. Voran. Der >>> Morgenecker wiederum, heute, ist ... wie drücke ich‛s aus? Also wirklich, sowas gehört sich doch nicht! Wie nennt man eine Wand, die kein >>>> Aleph, nein eine Stelle hat, an der von Zeit zu Zeit etwas ausfließt. Für ein Tampon ist sie zu groß, für eine Binde, nun jà, wie säh das denn aus? Es ist insofern folgerichtig, daß der Besitzer das Haus verkauft, alleine die Wand, das ginge wohl nicht. Aber dann hat er eine, sagen wir, sentimentale Anwandlung, streift am Tag vor Entrümplung des Hauses noch einmal von Zimmer zu Zimmer, kehrt folgerichtigerweise vor diese Wand zurück und – vergeht sich an ihr.- Es wär dies, für sich genommen, verzeihlich gewesen, hätte ihn nun aber nicht sein Töchterchen überrascht und die furchtbar naive, aber doch kinderliebe Frage gestellt: „Papa, was machst du denn da?” - Nicht das organische Wesen der Wand ist der Schrecken und nicht der ziemlich bizarre Übergriff, die, wenn Sie so wollen, Perversion dieses Mannes, sondern die nicht einmal schockierte Harm- und Arglosigkeit des Kindermunds. Denn sie, nicht die Wand, entfliegt einer anderen Welt:
Zweiter Latte macchiato, erster Morgencigarillo. Der Freund, auf dem Vulkanlager, will bis neun Uhr weiterschlafen. Ich beginne mit dem Kontrollgang des, Alchemia, Abhörens. ANH albannikolaiherbst - Donnerstag, 23. November 2017, 08:02- Rubrik: Arbeitsjournal
Koppheister. Das Arbeitsjournal des Mittwochs, den 22. November 2017.[Arbeitswohnung, 10.03 Uhr Vor dem zweiten Arbeitstisch schnarcht auf dem Vulkanlager der Freund] Kater. Aua. Erst um acht, und auch da nur quasi behindert, aufgestanden. Heftiger „Rest”alkohol. Broßmann, auf seinem Geburtstagsumtrunk, kam irgendwann nicht mehr ins Zimmer, war nebenan bei seinem Töchterchen eingeschlafen. Daryll, der Warschauer Freund und ich verließen tiptoe‛nd die Wohnung. Riesige Verbrüderungsarie an der Nachtecke Wichert-/Dunckerstraße. Danach ging‛s hier, nunmehr mit weißem Wein statt rotem, weiter. Dann gab auch ich auf: „Ich muß unbedingt ins Bett, unbe-|unbedingt!” Es war aber noch die Wäsche zu beziehen. Das hatte ich nach Waschsalon & LaPutz aus Gründen des Arbeitsfortschritts noch nicht getan. Irgendwie scheine ich‛s geschafft zu haben. - Doch auch Broßmann schickte vorhin die Nachricht: FILMRISS – WANN KAM ICH NICHT MEHR ZURÜCK? Latte macchiato. Kater, aua. Schrieb ich‛s Ihnen, Freundin, schon? (Ach welch ein schöner Mailwechsel es gestern, bevor ich aufbrach, war! Sa Dame Alchemia: Seiner und ihrer entsinn ich mich noch.) Die für >>> faustkultur geschriebene >>>> Peirani-Rezension in Die Dschungel übernommen; immerhin das habe ich geschafft, und sogar, vorher sogar noch, >>>> meinen Tagesplan entworfen. Ich bin richtig stolz auf mich. Freilich, jetzt muß ich ihn auch einhalten. Morgencigarillo. Morgenlektüre. >>>> Darin gibt es schon mal das schöne Wort leidarm, machen wir‛s leidarm, au ja! Dann folgt das Wort Überhammer, „das ist der Überhammer, Freunde!”, und zwar „mit schwer erreichbarer Klinke”--- koppheister fürwahr der passende Text für meinen – soll ich es „Zustand” nennen? Ei ei, lieber >>>> Ecker (Oliver lautet sein zweiter Name, Göttin, was man alles erfährt!), welch eine Frage: „Wo ist deine Frau? Wirst du sie finden?” Die Überkopf-Welt heißt dieses Ding, Betonung auf „kopf”. Und damit, Freundin, weiter ans Werk. ANH albannikolaiherbst - Mittwoch, 22. November 2017, 10:24- Rubrik: Arbeitsjournal
Durcheinandrig. Das Arbeitsjournal des Dienstags, den 21. November 2017.[Arbeitswohnung, 6.59 Uhr] Kurz vor sechs hoch. Der Tag wird a bisserl kompliziert werden, weil meine Putzfrau kommt; die anderthalb Stunden, die sie auf mein Schreibzimmer verwendet, entfallen für die Arbeit. Also nutze ich sie für den Waschsalon. Die Putzfrau klingt, tritt ein, dann sofort hinradeln, Wäsche in die Maschinen, wahrscheinlich fünf, zurückradeln, erneut an den Schreibtisch, eine Stunde später wieder hin, dann die Trockner-Arien, schließlich die Wäsche provisorisch schon mal legen und falten und in den großen Rucksack stapeln und in der Hoffnung wieder zurück, daß die Putzfrau fertig ist. - Daß nachts oder morgen früh der Freund aus Warschau wieder zurückkommen wird, macht die Arbeits- und Putz„logistik” ebenfalls ein wenig schwierig, weil ich am nächsten Dienstag auf Reise gehe, er aber bis Dienstag hierbleiben will. Normalerweise hätte ich die Wascherei auf den Tag nach seiner Abreise legen mögen; auch, um hier wieder die mir so nötige Ordnung herzustellen. Sie wissen ja, Freundin, alles geschieht in einem einzigen und nicht sehr großen Zimmer, derweil ich zugleich unter Arbeitshochdruck stehe. >>>> Elfenbein hat mir als Pdf die Thetis-Seiten der Frühjahrsvorschau geschickt; ich m u ß also bis Anfang Dezember mit der Überarbeitung fertig sein, zugleich endlich, für die Contessa, mit dem Protokoll der Tonbandaufzeichnung fertig werden; es sind jetzt noch 48 Minuten zu übertragen, für je zehn brauche ich rund eine Stunde. Im >>>> Morgenecker heute ist der Regen ein Vorhang „von dieser beinahe leuchtenden Trübheit, die an die gläsernen Eingangstüren von Zahnarztpraxen gemahnt”; wenn er sich höbe, erschauten wir das Theater des Todes – und also regnet es, wie wenn wir stürben. Ach welche Hilflosigkeit drückt sich in dem Bereuen aus, „den Schirm im Auto gelassen zu haben”! Eine kleine Novemberwirklichkeitserzählung, doch immerhin eine am Meer, an einem Hafen jedenfalls. Ein halbes Brötchen im Schnabel, fliegt eine Möve vorüber. Doch auch ohne den Regen ist dort das Leben ein Trug: Kaum Salz im Meer. Von Eiszeit her trügt dieser riesige See mit der See, trügt mit der sandigen Bläue das Weiß und mit Ägäis Eis. Von da: ![]() >>>> Bestellen. albannikolaiherbst - Dienstag, 21. November 2017, 07:36- Rubrik: Arbeitsjournal
Die Adler fliegen durchs Arbeitsjournal des Montags, den 20. November 2017, in der Schatten „moniches”, und Kobolde tanzen dazu.[Arbeitsjournal, 7.20 Uhr Krähen krächzen unter dem Dach, das keines Himmel jemals gewesen] An, liebste Freundin, >>>Parallalie, soeben geschrieben und mit fast der Geschwindkeit des Lichtes gegen Novembers Lichtnot verschickt: Ich bin und bleibe Pantheist. Die Urheberschaft ist beliebig. „Und da begriff ich es: Alles Sprechen oder Schreiben ist nur ein vergeblicher Versuch, eine Leere zu füllen, die unerschöpflich ist, der Versuch” - was jetzt folgt, ist der Titel >>>> Morgeneckers heute: - „einen See zuzuschaufeln, dessen Grund unausgelotet bleibt.” Ein Pantheist wird notwendigerweise Sexist sein, auch weil er zwar vielleicht Götter, nicht aber EInen GOtt hat; so wurde auch Aragon >>>> die Stadt Paris zum Land und mancher Laden zum stehenden See, in dem sich die „Spazierstöcke sanft hin und her wie Seegras” wiegen: Aus jeder Mietshauswandnische hör ich Kobolde wispern und das rhythmische Trapptrapp von hohen, hohen Elbenpumps, wenn, zu Villanellen, die Rundtänze einstudiert werden, auf die schließlich Entgrenzung folgt. Überall Schwänzchen, meine Güte, überall zuckende Mös‛chen: les grottes sont les moniches de l‛ombre, et j‛y jouis. So wieder Aragon, genau s o sah ich gestern, in einem Nachflug meines Vorgesterns Schweifens, eine glückhaft lüsterne Frau, die versank und auftauchte und wieder versank, es gab keinen Halt mehr außer den Händen, die sie hoben und drehten. Ah ihr Gesicht! (Es ist immer das Gesicht). Keine Lust ist als Erfüllung, wo nicht die ihre. Wetterwechsel, mein Ofen stinkt; wahrscheinlich muß ich auch nur den blechernen Aschekasten leeren. Soeben getan, 9.01 Uhr. Der Himmel hißt die Sonne. Verhaltener Jubel des endlich gewordenen Tages. Zweiter Latte macchiato. Erster Morgencigarillo, bei dem es erstmal bleiben muß: Mein Vorrat hat sich erschöpft. So werde ich nachher hinaus - - wenn der erste Arbeitsgang erfüllt ist. Die Contessa schrieb mir gestern zur Nacht: „Du gehörst zu mir. Das steht fest.” Und ich gehöre zu meiner Familie, zu लक्ष्मी, dem Sohn und den Zwillingskindern, gehöre desgleichen zur Löwin – und Ihnen, Freundin, gehöre ich auch. Unsere Vorstellung von, sagte ich gestern dem nun Warschauer Freund, einer Familie, einer Frau, einem Mann ist verderblich und falsch, weil monotheistisch zutiefst. Sollst keinen haben neben mir: Ach, verehrteste Freundin, was haben wir noch zu lernen! Ihr heute Pan albannikolaiherbst - Montag, 20. November 2017, 09:09- Rubrik: Arbeitsjournal
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