Von D. L. (Zur Bildung. Abermals wikipedia.)
Korrespondenz - Dienstag, 1. August 2006, 17:05- Rubrik: Korrespondenzen
Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop
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KorrespondenzenVon D. L. (Zur Bildung. Abermals wikipedia.)Korrespondenz - Dienstag, 1. August 2006, 17:05- Rubrik: Korrespondenzen
Lustiger Kommentar von LH.Zur >>>> Frage, ob Poetik oder Poetologie:
Poetologie - da öffnet sich was, Poetik , da frage ich lieber unsre Buchhalterin... albannikolaiherbst - Dienstag, 18. Juli 2006, 11:48- Rubrik: Korrespondenzen
An LH.Na sicher lese ich! Nicht immer sofort und ohnedies meist parallel - das entspricht aber völlig meiner sonstigen Arbeitsweise, die nicht-auf-eines-konzentriert, sondern eine simultane, zudem eine sprunghafte ist: Manchmal habe ich acht oder mehr Fenster zugleich auf dem Bildschirm geöffnet. Anders, als der Normalverstand es möchte, bedeutet das nicht, ich sei nicht genau. Meine Genauigkeit ist die eines, der Zusammenhänge herstellt, eines, der entweder Synapsen verbindet oder nur sieht, wo sie verbunden s i n d und dem nachspürt. Daher auch V e r m i s c h u n g als poetische Bewegung: eben n i c h t etwas aus seinen Zusammenhängen herauslösen und sezieren, sondern es o r g a n i s c h betrachten wollen. Jedenfalls ist das der Anspruch, dem sich freilich nur nachgehen läßt, soweit der Geist es faßt. Ausschnitt b l e i b t ' s, das ist wahr. Aber ein immerhin weiterer als der des Focussierens.
[Poetologie.] Korrespondenz - Montag, 17. Juli 2006, 08:02- Rubrik: Korrespondenzen
Von Lutz Hesse.Wir erinnern uns an das notwendige Zusammenbrechen des geozentrischen Weltbildes, an den selbstverschuldeten Verlust einer zentralen Glaubensinstanz, und entsinnen uns der großen Entdeckungen und Eroberungen geografischer Räume. Die revolutionären Entwicklungen des späten Mittelalters sind in unserem kulturhistorischen Gedächtnis personalisiert gespeichert. Kopernikus, Galilei, Bruno, Erasmus, Luther, Calvin, Münzer, Kolumbus, Magellan und Johannes Gutenberg sind Synonyme einer Zeit, in der die europäische Welt ihr Zentrum verlor. Ihr Geist, ihr Mut und ihre Ängste setzten dann jene Kräfte frei,
die den Menschen die Furcht vor dem „Horror vacui“, die Angst vor der leeren Mitte, nahmen und leiteten damit die Moderne ein, deren zivilisatorische Ergebnisse wir heute mit ambivalenten Gefühlen betrachten; erleben wir doch als Zeitgenossen des Massentourismus und des Worldwideweb eine Überwindung des Raumes, den Verlust von Orten und spüren das Schwinden der Erinnerung. Sozialkritische Utopien, die ihren Grund nie verloren haben, erscheinen mit ihren Sehnsüchten und Hoffnungen gegenwärtig dekonstruiert und artikulieren sich, wenn überhaupt, nur noch als Einzel– oder Partikularinteressen. Der mittelalterliche Horror vacui scheint zurückgekehrt. Die Drogen, ihn zu betäuben, stehen allzeit bereit. Konsumorientierung und Medien haben Adornos Satz „Es gibt kein richtiges Leben im Falschen“ an den Saum des Gedächtnisses verbannt, wo er ins ortlose Nichts hallt. Es sind die Künstlerinnen und Künstler, ihre Lebens- und Arbeitsformen, ihre manisch anmutende individuelle Kreativität, die abseits einer totalitären Massenästhetik des Events den zwangsexilierten Adorno vom Gedächtnissaum zurückholen. Die Künstler, oft selbst ortlos, produzieren in ihren ästhetischen Prozessen und Projekten phantasievolle Orte, die ihre subversiven Potentiale minimalistisch oder barock in Raum und Zeit entfalten. albannikolaiherbst - Dienstag, 11. Juli 2006, 16:53- Rubrik: Korrespondenzen
Das Buch als Fetisch.RB
Ich bringe Ihr Buch natürlich mit, aber es ist auf meine Weise markiert, Sie werden schon sehen. Bringen Sie doch den Laptop auf alle Fälle mit, dann können sie daraus lesen, wenn Sie mein Origami-Exemplar erschrickt..... ANH Oh, ich l i e b e durchgearbeitete Bücher! In keinen anderen - ob meinen eigenen, ob fremden - lese ich lieber. Deshalb meine Neigung zu antiquarischen Exemplaren; ich sammle s o l c h e, hingegen mir bibliofile Ausgaben, bei denen der Fetisch wichtig ist, geradezu unangenehm sind. Momentan, für ARGO. ANDERSWELT, versuche ich, endlich von dem hardcover-Scheiß wegzukommen: ein schöner, angenehmer Satzspiegel, das ist wichtig, ja, aber alles andere, Leinen, gebunden usw. ist nichts als Götzendienst am Ding (…). Bücher müssen reader sein, wenn sie auseinanderfallen nach dem Lesen, dann ist das besser, als wenn einer drauf achtet, ja keine Fettflecken auf den Umschlag zu kriegen. albannikolaiherbst - Montag, 10. Juli 2006, 11:48- Rubrik: Korrespondenzen
Ernst Jünger und D’Annunzio. Aus einem Briefwechsel.LH
(…) Die beiden Schmittbücher stehen nun in trauter, reaktionärer Gemeinsamkeit neben Jünger und de Maistre im Regal. Da können sie miteinander quasseln und noch schwärzer werden. (…) ANH (…) Was Sie über Schmitt schreiben, dazu kann ich wenig Einschätzung beitragen, da ich ihn nie las. Anders für Jünger, der ein ausgezeichneter Stilist ist und daneben zwar sicherlich ein ErzKonservativer, aber kein Schwarzer, schon gar nicht Brauner. Man muß bei ihm wissen, daß er - anders als der ihm eigentlich verwandte D'Annunzio - den ersten Weltkrieg nicht wie dieser als ein Ritterturnier auffassen konnte. Das hätte er junkerhaft gern getan. Nur geriet er, indes D'Annunzio Husarenstücke ritt, in die Materialschlacht - ein lebenslanges Trauma, das man so gut wie allen seinen Büchern anmerkt und das diese Bücher gerade so spannend macht. Die in Stahlgewittern vorgenommene kalte Ästhetisierung ist eben eine K u n s t form, die den Schrecken zu bannen versucht. „Kälte ist zu empfehlen, wo es anrüchig wird. Es geht sich leichter über gefrorenen Schlamm“, schreibt er zu recht. So etwas darf man bei einem Autor seines Kalibers nicht übersehen. Deshalb möchte ich gerne Ihnen gegenüber eine Lanze für ihn brechen. (…) LH (…) sicher ist Jünger buchstäblich näher an Gracian zu rücken als an einen Rechtstheoretiker (der doppelte Sinn des Wortes fällt mir jetzt beim Lesen auf ), der Schmitt heißt. (…) Ihre Einschätzung Jüngers, als kalte Persönlichkeit, teile ich und bin ebenso fasziniert von ihr, wie ich es von Gracian bin. Helmuth Lethen hat zu dieser Thematik, Jünger wird auch genannt, ein ganzes Büchlein verfasst: „Verhaltenslehren der Kälte“. Monatelang war es mir Kopfkissenersatz. D’ Annunzio hat für mich als Person immer etwas Komisches. Pirandellos Theaterstück „6 Personen suchen einen Autor“ ordne ich seltsamerweise immer ihm zu. Literarisch kenn ich von ihm wenig, aber seine Performances incl seiner Kulissen am Gardasee habe ich mir sehr genau, schon wegen Pound, zu Gemüte geführt. ANH (…) D'Annunzio gehört für mich d e s h a l b zu den nachdrücklichsten Einflüssen, weil er - wie Wagner es mit dem Orchester im Orchestergraben tat - sämtliche tief-seelischen Ereignisse aus den Personen herausnimmt und in die Dinge projiziert. Hat ein Protagonist Schmerzen, fallen etwa Blätter von den Blüten der im Zimmer befindlichen Schnittblumen. Das klingt dann so: SPRECHER 1: Weiter oben, auf dem Kaminsims, rieselten aus einem der Kelche die Blütenblätter einer großen weißen Rose, die sacht zerfiel... SPRECHER 2: ...che si disfaceva a poco a poco, languida, molle... SPRECHER 1: ...sehnsüchtig, weich, weiblich, fast könnte man sagen fleischlich... In der Hinsicht beherrscht er eine g a n z-große Kunst. Diese Art Weichheit war Jünger nach der Materialschlacht nicht mehr erlaubt. Diese w a r m e Blick, der zugleich die Manier der gesamten Umstände erfaßt, war auf die Leichen-, Blei- und Scheißefelder nicht mehr anzuwenden. N i e wieder. albannikolaiherbst - Mittwoch, 5. Juli 2006, 20:25- Rubrik: Korrespondenzen
Verlage. An einen anderen Freund. Ich h a s s e Taktik! Mich kotzt Taktik an! Ich will K l a r h e i t, Offenheit, Geradlinigkeit. Ich will eine klare Stirn, Feindschaft hin, Freundschaft her. Kein diplomatisches Geeier! Ich bin allmählich s o voller Ekel. Das ist schon nicht mehr schön.
albannikolaiherbst - Montag, 19. Juni 2006, 17:49- Rubrik: Korrespondenzen
An Delf Schmidt, den geliebten Lektor. (…) Unterm Strich ist es zum Verzweifeln: Gerade das, was mich und meine Literatur ausmacht und was Frauen eigentlich anzieht - Präsenz und Intensität -, ist es, was sie dann Abstand nehmen näßt*. Lieber was Lauwarmes, als daß man sich die Finger verbrennt.
Donnerstag in einer Woche fahr ich zu Ix nach Ypsilon und besuche Zet, der sich in den Kopf gesetzt hat, mich editorisch dort hinzubringen - egal, welche (moralischen) Vorurteile es da gibt, egal, daß S. schon gescheitert ist. Wir werden sehen. Ansonsten nehme ich gerade den Kontakt zu Dielmann wieder auf. ARGO wird in der Rohfassung spätestens im Oktober fertig sein; dann brauch ich zur Überarbeitung höchstens noch ein Jahr. Da muß ich unbedingt editorisch vorplanen. Liebesgedichte hab ich geschrieben. Aber, nun ja, alles irgendwie vergeblich. Außerdem macht es mich rasend, daß ich - weil ich wegen der Wiederannäherung an X auf den Treuetrip ging - seit fast sieben Monaten erotisch völlig abstinent bin. Das Testosteron schäumt, ich habe aber zugleich einen Ekel vor Substitutionsvögeleien - so nannte ich das vor ein paar Tagen. Das war's in kürze. Der Deine. [*) D i e s e n Verschreiber laß ich stehen!] albannikolaiherbst - Montag, 19. Juni 2006, 16:57- Rubrik: Korrespondenzen
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Der Fall Zaimoglu.ZT
kennst du den zaimoglu? ANH Ja, ich kenne ihn. Seltsame Geschichte. Ich kann glauben, daß jemand Themen klaut - das wäre für mich gar kein Klau -, daß jemand vielleicht mal ein Bild „ausleiht“, aber einen ganzen Text quasi abzuschreiben - da will mir nicht in den Kopf, was ein Autor, der das tut, davon hat: er müßte denn an der eigenen poetischen Potenz so sehr zweifeln, daß es ein Verzweifeln ist und ihn zu solch einer Maßnahme greifen läßt. Er verlöre dabei aber seine Selbstehre, er könnte nicht in den Spiegel schauen und müßte deshalb für alle Zeiten unrasiert herumlaufen. Kurz: Ich g l a u b e nicht, daß das stimmt. Es wäre völlig außerhalb eines schriftstellerischen Handelns. Vorausgesetzt, daß man Schriftsteller i s t. ZT ich glaube nicht an ein plagiat: >>>> d a s ist ganz interessant dazu. Korrespondenz - Donnerstag, 15. Juni 2006, 10:15- Rubrik: Korrespondenzen
Urempfindungsintuition. (Leserdialog).LESERIN
(…) …wenn man Ihre Geschichten liest, brauchts ein lebenslanges Philisophiestudium oder Urempfindungsintuition ... Namen und Worte öffnen ständig neue Themen wie im Netz die Links ... (find ich)… ANH Was Sie über die Links und meine Literatur schreiben, ist schön gesehen - wobei ich mich damit ursprünglich gar nicht auf das Netz bezog; ich bin ja erst relativ spät dazugekommen, - sondern auf etwas, das man im 19. Jahrhundert und ein wenig auch noch zu Anfang des 20. "Anspielungsliteratur" nannte. Jean Paul ist dafür ein gutes Beispiel. Das setzt freilich ein wenig Bildung - zumindest aber die Lust an ihr - voraus. Doch seit so billig gesagt wird, es sei profunde Allgemeinbildung gar nicht mehr möglich, hat man erlöst aufgeatmet und vieles dessen, was unsere Kultur ausmacht, auf den Müll geschmissen, um dann dumm-genußvoll dem ästhetischen MacDonald's die Tore zu öffnen. Insofern bin ich ein Saurier. [Finya.de] Korrespondenz - Donnerstag, 8. Juni 2006, 18:30- Rubrik: Korrespondenzen
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