Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop

e   Marlboro. Prosastücke, Postskriptum Hannover 1981   Die Verwirrung des Gemüts. Roman, List München 1983    Die blutige Trauer des Buchhalters Michael Dolfinger. Lamento/Roman, Herodot Göttingen 1986; Ausgabe Zweiter Hand: Dielmann 2000   Die Orgelpfeifen von Flandern, Novelle, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2001   Wolpertinger oder Das Blau. Roman, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2000   Eine Sizilische Reise, Fantastischer Bericht, Diemann Frankfurtmain 1995, dtv München 1997   Der Arndt-Komplex. Novellen, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1997   Thetis. Anderswelt. Fantastischer Roman, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1998 (Erster Band der Anderswelt-Trilogie)   In New York. Manhattan Roman, Schöffling Frankfurtmain 2000   Buenos Aires. Anderswelt. Kybernetischer Roman, Berlin Verlag Berlin 2001 (Zweiter Band der Anderswelt-Trilogie)   Inzest oder Die Entstehung der Welt. Der Anfang eines Romanes in Briefen, zus. mit Barbara Bongartz, Schreibheft Essen 2002   Meere. Roman, Marebuch Hamburg 2003 (Bis Okt. 2017 verboten)   Die Illusion ist das Fleisch auf den Dingen. Poetische Features, Elfenbein Berlin 2004   Die Niedertracht der Musik. Dreizehn Erzählungen, tisch7 Köln 2005   Dem Nahsten Orient/Très Proche Orient. Liebesgedichte, deutsch und französisch, Dielmann Frankfurtmain 2007    Meere. Roman, Letzte Fassung. Gesamtabdruck bei Volltext, Wien 2007.

Meere. Roman, „Persische Fassung“, Dielmann Frankfurtmain 2007    Aeolia.Gesang. Gedichtzyklus, mit den Stromboli-Bildern von Harald R. Gratz. Limitierte Auflage ohne ISBN, Galerie Jesse Bielefeld 2008   Kybernetischer Realismus. Heidelberger Vorlesungen, Manutius Heidelberg 2008   Der Engel Ordnungen. Gedichte. Dielmann Frankfurtmain 2009   Selzers Singen. Phantastische Geschichten, Kulturmaschinen Berlin 2010   Azreds Buch. Geschichten und Fiktionen, Kulturmaschinen Berlin 2010   Das bleibende Thier. Bamberger Elegien, Elfenbein Verlag Berlin 2011   Die Fenster von Sainte Chapelle. Reiseerzählung, Kulturmaschinen Berlin 2011   Kleine Theorie des Literarischen Bloggens. ETKBooks Bern 2011   Schöne Literatur muß grausam sein. Aufsätze und Reden I, Kulturmaschinen Berlin 2012   Isabella Maria Vergana. Erzählung. Verlag Die Dschungel in der Kindle-Edition Berlin 2013   Der Gräfenberg-Club. Sonderausgabe. Literaturquickie Hamburg 2013   Argo.Anderswelt. Epischer Roman, Elfenbein Berlin 2013 (Dritter Band der Anderswelt-Trilogie)   James Joyce: Giacomo Joyce. Mit den Übertragungen von Helmut Schulze und Alban Nikolai Herbst, etkBooks Bern 2013    Alban Nikolai Herbst: Traumschiff. Roman. mare 2015.   Meere. Roman, Marebuch Hamburg 2003 (Seit Okt. 2017 wieder frei)
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Korrespondenzen

Art carnea. Devote Dreams.

Das find ich >>>> ein spannendes Projekt; allerdings weiß ich nicht, von und für wann Ihre Nachfrage rührt.
Vielleicht nehmen Sie einfach Kontakt auf.
Wegen der Fotos: Es gibt von mir ja genügend im Netz. Ich schick Ihnen trotzdem zwei mit; auf denen liegt allerdings >>>> ein Copyright, sie dürfen also ohne Genehmigung nicht veröffentlicht werden.
Erst einmal einen Gruß,
ANH

An Birgit Vanderbeke.

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Liebe Birgit,
das ist ein sehr schönes und klares Vorwort zu Deinem "Bettel"-Buch; allerdings fühlt es sich komisch an, in einer solch illustren Reihe von Dichtern als einziger Vertreter der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur dazustehen - zumal ich ja eventuell zu jenen g e h ö r e, die "eher geheim als ein Tipp" sind - eine glänzende Formulierung, im übrigen - auch wenn sie mich ein bißchen bitter schlucken ließ.
Ganz herzlich aus derzeit Bamberg:
Alban
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Volker Weidermann (2), der Herr Hage und Thor Kunkel. Oder: Wie passe ich die Literaturgeschichte meiner Nichtkenntnis an, insofern sie nicht kennen w i l l.

Es kommt ihm offenbar „generierend“ von „Generation“. Zwar sprach er von meiner Arbeit >>>> dort noch als von entweder den Erzeugnissen einer „gewaltigen Plaudertasche“ oder aber, es seien „Meisterwerke eines großen deutschen magischen Realisten“; diese Möglichkeit von Meisterschaft war ihm indes nicht Grund genug, auch nur den WOLPERTINGER zu erwähnen in dieser Literaturgeschichte, die derzeit solch gschaftlhubrisches Aufsehen macht; man geht halt nicht gern Risiken ein, die sich zudem gegen den Zeitgeist stemmten. Und von ANDERSWELT will ich ganz schweigen, so etwas ist jenen verständlicherweise ein Dorn im Auge, denen es auf lockre Rezipierbarkeit ankommt – also auf das, was derzeit unter Realismus so verstanden wird. Deshalb will ich in meinem Falle gar nicht nölen, ich bin es eh gewohnt und weiß, daß hinter neuer Geschichtsschreibung meist ein außerliterarischer Herrschaftsanspruch steht, der sich durchsetzen will. Und sich sofort zum Mitläufer schart. Dessen Einlassung zu Thor Kunkel stellt denn auch klar, w a s hier goutiert wird.
Im Falle a n d e r e r aber m u ß ich klagen. Und es sei das Ihres Divertmentos zuliebe in Form eines kleinen Mailwechsels getan, der heut von da nach hie und immer wieder zurückging:


PD an ANH:
>>>> det kommentiert sich selba.

ANH an PD:
Die Bemerkung Hages zu Kunkel macht die ganze Richtung klar.

PD an ANH:
ich würde statt richtung armseligkeit sagen.

ANH an PD:
Steht eigentlich Niebelschütz drin bei Weidermann?

PD an ANH:
rat mal... natürlich nicht. der übersicht halber: unter n gibts nur einen: nadolny. also auch keinen nossack, neuss, helga m. novak, neumann, von sowas abgelegenem wie nonnenmann wollen wir gar nicht erst reden...

ANH an PD:
Hermann Peter Piwitt, Christa Reinig, Marianne Fritz, Gerd-Peter Eigner, Paulus Böhmer?

PD an ANH:
6x no. wieso 6? thelen hab ich gleich mitgezählt. aber stucki-barre, sogar jörg schröder (merz verleger), judith Hermann. - eh du weiterfragst: kein ror wolf, kein muster, kein kopecky, kein - was man immer von ihm halten mag - loest, kein stefan schütz.

ANH an PD:
Nicht mal R o r W o l f ? Ja ist denn das zu fassen? - Hans Henny Jahnn, Döblin (der späte von Hamlet), Uwe Dick, Rohner-Radegast? Also irgend einer der großen Außenseiter? Wenigstens Oskar Pastior? Wie steht es mit der Wiener Gruppe?

PD an ANH:
jahnn ja, döblin (alex, november + amazonas) auf anderthalb seiten, rest nix - krausser ja, frank schulz ja, kein artmann, kein achleitner, jandl und mayröcker ja - wer war da noch?

ANH an PD:
Was hat der junge Mann denn im Kopf?

PD an ANH:
Offenbar gerade so viel, daß Volker Hage es faßt....


[Literatur-Geschichtsschreibung nach den Gesetzen der Ökonomie und nicht nach denen von Ästhetik. Es geht um Präsenz, nicht um - schon gar nicht künstlerische - Wahrheit. Frau Heidenreich hat, ist zu hören, gejubelt. Und jeder will m i t zur Parade.]

Else Buschheuer und die Professionalität. Formale Erklärung.

Absage Else Buschheuers an das Literaturbüro Oldenburg, mir von Buschheuer per CC kommentarlos übersandt:

Betreff: Moderation von ANH in Oldenburg.
Liebe Frau Eden,
ich streite öfters mal mit Herrn Herbst, das gehörte von Anfang an zum Charakter unseres Austauschs, aber inzwischen sind wir derart verstritten, dass das geplante Projekt für mich nicht durchführbar ist.
Es ist ja noch mehr als einen Monat Zeit, da finden Sie sicher einen Ersatz.
Bitte haben Sie für meine Entscheidung Verständnis
Mit freundlichen Grüßen
Else Buschheuer

Und meine Reaktion, an Else Buschheuer direkt, mit CC an das Literaturbüro Oldenburg und EA Richter:

(Gestern nacht hatte ich meine sehr knappe Antwort an Else Buschheuer hier eingestellt; ich nehme das jetzt, nachdem ich drüber schlief, wieder heraus. Die Nachbemerkung zu dem Fall-an-sich lasse ich allerdings stehen, weil sie soeben >>>> in einem Kommentar andiskutiert wurde.:)

[Das Literaturbüro Oldenburg hatte mich >>>> zu einer Veranstaltung mit EA Richter eingeladen, und die Leiterin, Barbara Eden, hatte mich gefragt, ob ich jemanden wisse, der moderieren könne. Ich fragte bei Else Buschheuer nach. Sie sagte zu. So wurde auch >>>> das Oldenburger Programm erstellt. Es gab einen schriftlichen Streit (durchaus nicht nur, aber auch) zwischen Buschheuer und mir, einen unter vielen; ihre letzte böse Mail öffnete ich nicht mehr - weil wir uns gegenseitig infolge einer unguten Dynamik ständig sehr verletzten und ich dem nicht weiter aufsitzen, sondern erst mal wieder Ruhe einkehren lassen wollte. Nun erreichte mich eben d i e s.
Dieser Beitrag in Der Dschungel ist eine formale, nicht inhaltliche Erklärung. Worum es bei dem Streit g i n g, bleibt rein bei mir, und zwar auch dann, wenn Else Buschheuer sich entscheiden sollte, öffentlich Richtiges oder Falsches darüber zu sagen. Ich werde darüber auch bei Nachfragen schweigen und selbst Falsches unkommentiert lassen.]

Erde. Alma Mahler-Werfel.

Nein, ich glaube, Alma Mahler war E r d e für diese Männer, d a lag ihre Kraft. Aber Erde ist hingegossen, sie liegt und ruht, während sie sich verändert; sie ist imgrunde die Aufhebung von Wille, ist ein purer, aber gerade deshalb so großartiger Prozeß. Künstlerische und intellektuelle Arbeit hingegen ist ohne Wille (etwa Disziplin) nicht möglich. Sie ist die andere Seite der Erde. Nur: Was g i l t, wer solche Erde ist, unter den Intellektuellen? Insofern mag Alma Mahlers Beharren auf ihrer eigenen künstlerischen und denkerischen Selbständigkeit, so schwach sie immer auch war, ein nötiger Schutz gewesen sein, den wiederum ihr stupender Machtwille schützte.

Schönheit sei vergänglich. Ein Beitrag zum Haß des Körpers auf sich selbst.

SIE
Schönheit ist vergänglich. Verschwenden Sie Ihre Gedanken und Ihre Herzschläge nicht an Vergängliches. Und mehr noch - manchmal ist Schönheit sogar eine Behinderung. Hängt wie ein Klotz an meinem Bein. Weil mit Schönheit im Allgemeinen Dinge und Werte assoziiert sind, die ich einfach nicht bieten kann. Und weil Schönheit mitunter Weichen stellt, bevor noch ein Wort gefallen ist. Vielleicht verstehen Sie, was ich meine.
Ich betrachte mein Aussehen als ein bittersüßes Geschenk. Gewiss tut es gut, sich in den Blicken der Männer zu sonnen. Gewiss ist es ein aufregender Thrill, mein eigenes Spiegelbild zu begehren. An Tagen, an denen mein Ego leicht zu befriedigen ist, benutze ich mein Aussehen. Mache es zu einem Werkzeug. Und doch wünsche ich mir an manchen Tagen, etwas weniger zu sein. Weniger von allem.

ER
Ich halte Schönheit n i c h t für vergänglich, aber sie geht, wie eine Allegorie, durch die Menschen und Generationen hindurch. Das ist schmerzhaft, wenn sie einen verläßt, aber man bleibt nie leer zurück. Im übrigen gibt es, glaube ich, keine Schönheit ohne Geist; von Hübschheit mag ich nicht reden, die lockte mich selten, vielleicht mal für die eine und/oder andere Nacht. Es wurde dann aber nahezu immer schnell öde. Nicht so bei einer schönen Frau, auch dann nicht, wenn man nicht liebte, sondern sich in den Taumel eines Begehrens warf, von dem klar war, es trage weder eine spätere Beziehung, noch sollte sie es tragen. Schönheit verlangt, wie die Göttin, für die sie steht, immer Respekt. Also da bin ich der Falsche, mich auf etwas jenseits-des-Körperlichen einzulassen. Das sollen Christen und andere Monotheisten tun, die nichts Eiligeres im Sinn haben, als die Schöpfung zu (ver)schmähen und sich selbst und anderen die unendliche Leere nach dem Tod für ein Paradies zu verkaufen. Auch unser G e i s t ist ein Ergebnis unserer Physiologie; man muß dem Gehirn nur die Glukose entziehen, und jede Einbildungs- und sonstige Kraft schrumpelt zusammen.
Nein, ich verschwende meine Gedanken nicht, sondern ich fokussiere sie auf das Vergängliche. Ich bin vergänglich, mein Sohn ist es, die Menschen, die ich liebe und liebte, sind es. Vergänglichkeit ist unser Privileg.

DAZU EINE LESERIN:
Auch hier wiederum richtig Ihr Hinweis auf die generell unvergängliche Schönheit. Aber wenn schon vergänglich, dann richtig: Der Geist verkommt doch über kurz oder lang genauso. Wenn man's schon auf eine Einzelperson "runterbricht", dann sind die Unterschiede im Zerfallsprozess lediglich gradueller Natur.

Treue.

Sie:
ich verbinde mit einem seitensprung, sofern er hierüber gesucht wird, eine nicht mehr stimmige beziehung. denn ist diese stimmig, auch physisch, muß sich der partner befriedigung nicht hierüber holen. insofern sehe ich es als betrug an der partnerin. (...) was sie „natürliche anlagen“ nennen, die triebhaftigkeit, unterscheidet uns via emotionen von den primaten, welche in ihrer horde auch wechselnd kopulierten.

Er:
Ich fürchte, Sie sehen uns weiter von Instinkten entfernt, als es tatsächlich der Fall ist.
Aber es kommt noch etwas anderes hinzu: Man weiß (leider), daß die heftige gegenseitige Erregbarkeit nach zwei bis vier Jahren einzuschlafen beginnt - von gelegentlichen Neu-Ausbrüchen abgesehen, die aber durchaus nicht simultan ins Leben und in die Lust finden. Die Ehe war in ihrem Ursprung und noch weit bis ins späte 18. Jahrhundet hinein als reine Versorgungsgemeinschaft definiert und als solche sehr sinnvoll. Als aber die Romantik (und wirkend in ihr vor allem das Patriarchat) begann, an die Partnerschaft Liebe zu binden und m i t dieser Bindung auch die Erotik, verfielen beide der aufkommenden Warengesellschaft: sie wurden selber - wie der Partner - zu einem Ding, für das man Eigentumsrechte geltend macht. Zuvor wurden solche Rechte - das hat jetzt einen monotheistisch-ideologischen Ursprung - nur einseitig ausgeübt, nämlich vom Mann gegenüber der Frau. Soweit zur Geneologie.
Das klingt hier sehr nüchtern, was ich schreibe, ja fast pragmatisch: aber glauben Sie mir, ich habe unter diesen Dynamiken gelitten und darüber die Frau verloren, die ich nach wie vor liebe. Dennoch, wäre ich erotisch treu gewesen, wäre das wiederum ein Verrat an mir selbst und meinem Körper gewesen. Übrigens auch an meinem Geist, der um die Sachverhalte sehr genau Bescheid weiß und mich hat einiges über sie publizieren lassen. Das Dumme ist, daß es sich in dieser Welt nicht ohne Ambivalenz leben läßt. Das gilt vor allem für die Liebe und die Partnerschaft und die Erotik, die in den seltensten Fällen gleichzeitig sind und es bleiben.

[Aus einem Mailwechsel bei finya.de.]

Fünfzehn Jahre.

ja, meiner, das kommt hin. mir hast du die geschichte zum ersten mal
erzählt, als wir uns im TREIBSAND haben vollaufen lassen, als dielmann
dich immer und immer mit der SIZILISCHEN REISE vertröstete: do you
remember? freilich, ganz so stimmt das nicht. es sind ja noch ein „paar
kleinigkeiten“ außerhalb der anderswelt antstanden, gell? die, wie ich
dich kenne, anderswelt an umfang deutlich überschreiten. man kann also
nicht sagen, du hättest die zeit verbummelt;-))
ich freu mich auf mittwoch: endlich mal mehr zeit als shakehands am
messestand, wo man ja immer den rundumblick hat, ob man wen begrüßen,
abwimmeln, ignorieren muß...
U.F.

Claudia Aigner, Wien. (1).

Um nicht das Erscheinungsbild Der Dschungel zu zerschlagen: >>>> hier.

Journalisten. Oder. Die neue Liebe zur Recherche. Heute: Claudia Aigner, Wien. [Romanfiguren versteigern. (10).]

1.
sehr geehrter hr. herbst!
der beigefügte Text >>>> 2006-02-27-portraet-EAR-fuer-die-WZ (doc, 32 KB) basiert auf einem gespräch mit hrn. richter, das ich mit ihm am 25.2.2006 geführt habe.
mit freundlichen grüßen
claudia aigner

2.
Das ist sehr hübsch. Und Ihre Vorschläge werd ich unterm Gaumen wenden. Lacht. Ah so, konnten Sie nicht wissen: Der erste (logisch,unveröffentlichte) Roman, den ich je schrieb, da war ich 15, hieß: "Judex". Nö, das ist k e i n e Erfindung.
Unbekannterweise herzlich
ANH

3.
Wien, am Donnerstag, den 23. März 2006
Sehr geehrter Hr. Herbst!
Vorausschicken möchte ich, daß ich (außer dem monatlichen Porträt) für die Wiener Zeitung wöchentlich zwei Glossen schreibe: Denkfalten; und Kunstsinnig. Aus diesem Grund wäre es naheliegend, wenn das EAR-Porträt darin ab und zu eine kleine Fortsetzung erfahren könnte.

Wie Sie dem Porträt entnehmen konnten, hatte ich meine Zweifel an den technischen Möglichkeiten, EAR als Figur in diesem fortgeschrittenen ARGO-Stadium einzubauen: „Soll da in einem komplett ausgebuchten Roman, 600 Seiten nachdem er abgelegt hat, noch gschwind ein Fahrgast in die Passagierliste hineingestopft werden?“
Dazu muß ich noch anmerken, daß in mir, als ich vom Ergebnis der ebay-Aktion erfahren habe, der Verdacht aufgetaucht ist, Sie würden darüber enttäuscht sein. Dazu gäbe mindestens zwei Gründe 1. die niedrige Summe; 2. die Tatsache, daß es sich beim Ersteigerer um einen Kollegen handelt. Ich weiß natürlich nicht, was Sie sich tatsächlich erwartet hatten – einen echten Bülcha (=Gauner), einen Owezahra (=Nichtstuer), einen Owagscheidn (besonders Gescheiten) oder einen Dauermäzen?

Ich möchte an meinen Satz: „Anscheinend tut sich im Moment also gar nix“ eine Frage anschließen: Warum haben Sie denn nicht die ersten Wochen des Kontakts genützt, um mehr über EAR zu erfahren, also um aktiv die Möglichkeiten zu erforschen, an dieser realen Person für Ihre „liebevoll“ zu gestaltende neue Figur Maß zu nehmen? (Nicht umsonst habe ich: der „Extra-Argonautische“ geschrieben - ich denke, daß Ihnen die Doppeldeutigkeit nicht entgangen ist.)

Leider kennt EAR die Matrix-Trilogie nicht. Bei mir haben jedenfalls die Glocken geklingelt, als ich einige Ihrer ARGO-Fragmente gelesen habe. Entspringen die Anleihen der Be-Geisterung oder nur dem Kalkül? Kennen Sie Matrix III?

Ich hoffe, ich bin Ihnen mit meinen Fragen nicht nahegetreten und verbleibe mit den besten Grüßen
Claudia Aigner
PS: "unterm Gaumen wenden"??

4.
Sehr geehrte Frau Aigner,

kurz zu einigen Ihrer Fragen:

1) Als ich THETIS. ANDERSWELT schrieb (1993-1998, erschienen 1998), den ersten Band der Trilogie und seinerseits Fortsetzung des sich schon ebenfalls mit dem Simulativen beschäftigenden WOLPERTINGER ODER DAS BLAU (1993 erschienen, geschrieben seit 1983), war an The Matrix noch nicht zu denken; ich war also e h e r, und zwar erheblich. Aber darauf kommt es nicht an. Denn The Matrix, alle d r e i Filme (selbstverständlich kenne ich sie), arbeitet letztendlich mit einwertiger, also dualistischer Logik - etwa durch Restitution einer eineindeutigen Erlöserfigur, sozusagen einen mythisch-heroisch-kämpferischen Christus. Das ist völlig antimatrisch und versteht die Bewegung nicht, wie ich sie in meinen Notaten zu einer 'MöglichkeitenPoetik' derzeit skizziere - und s o l l sie wohl auch gar nicht verstehen. Dennoch ist The Matrix für mich ein vor allem technisch interessanter Film, der allerdings von Cronenbergs eXistenCe um Längen ästhetisch übertroffen wird - der nämlich auf so etwas wie Erlösung verzichtet und auch seine Figuren, ovidsch-metamorphotisch, Wandlungen unterzieht. Will sagen: In der Psychologie ist The Matrix reiner Straßberg, bzw. schillersch-humanistisch gedacht, mit einiger mythischer Garnierung. Interessanter sind da die Ideen William Gibsons, auch sehr viel früher entstanden, wenn eben auch leider nicht auf hochlitarischem Formniveau. Soweit dazu. Ich habe in Den Dschungeln über The Matrix publiziert, über die Search-Funktion werden Sie das leicht finden.

2.
Woher nehmen Sie Ihre Behauptung, ich hätte die „Monate“ nicht "genützt"? (Sie sind Utilitaristin; ein bißchen komisch, oder? Geht es um einen Wettbewerb in Privatfunk oder BoulevardPresse, was sich da in Ihrem Kopf kräuselt?) Ich werde dazu also nichts sagen, was nicht schon EAR gesagt und vielleicht auch, weil er von Witz ist, Ihnen vorgeflunkert hat. Warten Sie doch das Ergebnis ab, Sie werden dann früh genug sehen.

3.
Ich habe mir g a r nichts erwartet, sondern ein Spiel gespielt, zu dem ich mich ebenfalls oft genug in Der Dschungel geäußert habe. Das läßt sich nachlesen. Und als Journalistin oder angehende Journalistin - übrigens auch als Wissenschaftlerin - ist, ein wenig sich in Recherche zu üben, in den allerseltensten Fällen von Nachteil.

Seien Sie nicht gram über meinen leicht angeödeten Spott, - aber wenn Sie ein ernsthaftes Gespräch führen wollen oder ernsthafte Fragen haben, über denen nicht gleich der Schatten des mainstreamigen Vorurteils hängt, dann stellen Sie sie auf angemessenem Niveau.

Ich behalte mir vor, diesen unseren kurzen Briefwechsel zu veröffentlichen.
Es grüßt
ANH
P.S.: Unterm Gaumen des Geistes. Gewiß.


Sowie an EA Richter:


5a.
Lieber EAR,
ich vergaß, Ihnen vor dem CC meiner Antwort an Aigner auch ihren absurden, uninformierten und außerdem schlecht formulierten Brief zu schicken, der sie erfordert hat. Hier ist er.
Herzlich
Ihr
ANH
P.S.: Krieg ich noch eine Antwort, ob ein literarisches Kind Ihnen genehm ist? Lacht.

5b.
Ich vergaß: Was mich an Aigners Brief vor allem ärgerte, war die aus dem ersten Absatz hervorgehende Vermutung, man könne mich korrumpieren - durch Aussicht auf ein Portrait in der Wiener Zeitung. Erstens, was für ein lachhaftes Angebot, zweitens: sowieso. Die Frau scheint trotz ihrer Dschungel-Lektüre nicht zu begreifen, daß ich nicht korrumpierbar b i n und daß mir solch ein Artikel kreuzwurscht ist. Wenn sie ihn schreiben will, soll sie es tun - aber weil s i e überzeugt ist. Dann, und n u r dann, freute ich mich darüber. Und dann auch vollen Herzens.
Sagen Sie mal, hat man in Wien ganz auf den Karl Kraus vergessen?
Ihr
ANH


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