Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop

e   Marlboro. Prosastücke, Postskriptum Hannover 1981   Die Verwirrung des Gemüts. Roman, List München 1983    Die blutige Trauer des Buchhalters Michael Dolfinger. Lamento/Roman, Herodot Göttingen 1986; Ausgabe Zweiter Hand: Dielmann 2000   Die Orgelpfeifen von Flandern, Novelle, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2001   Wolpertinger oder Das Blau. Roman, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2000   Eine Sizilische Reise, Fantastischer Bericht, Diemann Frankfurtmain 1995, dtv München 1997   Der Arndt-Komplex. Novellen, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1997   Thetis. Anderswelt. Fantastischer Roman, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1998 (Erster Band der Anderswelt-Trilogie)   In New York. Manhattan Roman, Schöffling Frankfurtmain 2000   Buenos Aires. Anderswelt. Kybernetischer Roman, Berlin Verlag Berlin 2001 (Zweiter Band der Anderswelt-Trilogie)   Inzest oder Die Entstehung der Welt. Der Anfang eines Romanes in Briefen, zus. mit Barbara Bongartz, Schreibheft Essen 2002   Meere. Roman, Marebuch Hamburg 2003 (Bis Okt. 2017 verboten)   Die Illusion ist das Fleisch auf den Dingen. Poetische Features, Elfenbein Berlin 2004   Die Niedertracht der Musik. Dreizehn Erzählungen, tisch7 Köln 2005   Dem Nahsten Orient/Très Proche Orient. Liebesgedichte, deutsch und französisch, Dielmann Frankfurtmain 2007    Meere. Roman, Letzte Fassung. Gesamtabdruck bei Volltext, Wien 2007.

Meere. Roman, „Persische Fassung“, Dielmann Frankfurtmain 2007    Aeolia.Gesang. Gedichtzyklus, mit den Stromboli-Bildern von Harald R. Gratz. Limitierte Auflage ohne ISBN, Galerie Jesse Bielefeld 2008   Kybernetischer Realismus. Heidelberger Vorlesungen, Manutius Heidelberg 2008   Der Engel Ordnungen. Gedichte. Dielmann Frankfurtmain 2009   Selzers Singen. Phantastische Geschichten, Kulturmaschinen Berlin 2010   Azreds Buch. Geschichten und Fiktionen, Kulturmaschinen Berlin 2010   Das bleibende Thier. Bamberger Elegien, Elfenbein Verlag Berlin 2011   Die Fenster von Sainte Chapelle. Reiseerzählung, Kulturmaschinen Berlin 2011   Kleine Theorie des Literarischen Bloggens. ETKBooks Bern 2011   Schöne Literatur muß grausam sein. Aufsätze und Reden I, Kulturmaschinen Berlin 2012   Isabella Maria Vergana. Erzählung. Verlag Die Dschungel in der Kindle-Edition Berlin 2013   Der Gräfenberg-Club. Sonderausgabe. Literaturquickie Hamburg 2013   Argo.Anderswelt. Epischer Roman, Elfenbein Berlin 2013 (Dritter Band der Anderswelt-Trilogie)   James Joyce: Giacomo Joyce. Mit den Übertragungen von Helmut Schulze und Alban Nikolai Herbst, etkBooks Bern 2013    Alban Nikolai Herbst: Traumschiff. Roman. mare 2015.   Meere. Roman, Marebuch Hamburg 2003 (Seit Okt. 2017 wieder frei)
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Texte

Die Wustrower Lust (2).


(...)
Peng! Geschafft, geschafft! Ein Glas Wein fliegt mir ins Gesicht. Geblendet versuche ich aufzustehen; aber im selben Augenblick fühle ich, daß mich eine, gelinde gesagt, unwider­stehliche Kraft an den Haaren packt. Dann werde ich von meinem Stuhl heruntergezerrt und, noch immer an den Haa­ren, über den Fußboden dreier Zimmer geschleift. Ich denke: Geschafft, geschafft, ich bin eine schwache, wehrlose kleine Frau, und er ist ein roher Bursche, ein Orang-Utan, ein Go­rilla; und ich schreie. Er schleift mich weiter und versetzt mir Fußtritte. Dann sind wir im Schlafzimmer, er wirft mich rück­lings auf das Bett, zieht meinen Kopf an den Haaren mit der rechten Hand fest hintenüber und drückt mir mit der Linken die Kehle zu. Geschafft, geschafft, das ist das kalkulierte Ri­siko, der gestreifte Tod, der Schauder. Mit einer riesigen Hand drückt er mir die Kehle zu, und ich habe dabei ein köstliches, unergründliches Gefühl, gewiß das oft ersehnte Gefühl des Todes durch Erwürgen von der Hand des geliebten Mannes. Es ist das erste Mal, daß ich dieses Gefühl habe; aber ich er­kenne es wieder. Er würgt mich, ich werde fast ohnmächtig, ich habe das Verlangen nach wollüstiger Hingabe und Apathie.
Ich dehne es aus, so lange ich kann, fast bis an den Rand des Erstickens; das wollüstige Gefühl überflutet von der Kehle aus den ganzen Körper, konzentriert sich im Leib, wie bei einem Orgasmus besonderer Art: dem Orgasmus der Gehenk­ten. Dann ramme ich ihm ein Knie in den Bauch. Gleich darauf bin ich allein. Die Wohnungstür schlägt krachend zu.
Ich sitze auf dem Bett und überlege. Leider ist mir jetzt ein Zweifel gekommen. Nehmen wir an, ich will erneut das kalku­lierte Risiko tragen, umgebracht zu werden - was hat ihn „wild" gemacht? Die auf die Familie bezogenen Beleidigun­gen? Die auf das Physische? Die auf den Beruf? Oder das Wort „Spießbürger"? War vielleicht dieses Wort der Tropfen, der das Faß hat überlaufen lassen, oder war das Faß leer und hat dieser eine Tropfen allein es gefüllt? Ich überlege und fasse mir dabei an den Hals. Ja, er ist wild geworden. Endlich. Und ich, das zarte Wesen, wäre von diesem wilden Tier beinahe umgebracht worden.
*
 

Die Wustrower Lust (1).

(…) ich langweile mich bei ihm; und wenn wir sonntags geruhsam Arm in Arm spazierengehen, dann merke ich, daß mein Blick.unwillkürlich in der Menge umherschweift und nach anderen Gesichtern, anderen Physiognomien Ausschau hält. Ich ertappe mich bei dem Gedanken: Der da, der mit der niedrigen Stirn, der gebogenen Nase und dem breiten, hin und wieder zuckenden Kinn, würde der mir eine Ohrfeige geben? Oder der andere da, der mit dem hageren, bleichen, ausgemergelten Gesicht, dem lippenlosen Mund, der schmalen Nase und den stahlgrauen Augen, würde der mir ganz langsam den Arm umdrehen, bis mir vor Schmerz die Sinne schwinden? Fast, als erriete er meine Gedanken, spüre ich ab und zu an meinem Arm, daß sich seine mächtigen Muskeln (er ist stark, bärenstark, er trainiert dauernd, auf dem Sportplatz, im Schwimmbad, auf der Havel) erregt straffen. Sie ziehen sich zusammen, als wollten sie mir sagen: Wir sind da, gib acht, wir sind wirklich da. Aber ich bin nahe daran, die Achseln zu zucken: Ach, da wäre was anderes vonnöten als ein paar gestraffte Muskeln.
Kurz und gut, eines Tages fahren wir mit dem Wagen nach Wustrow, er am Steuer, in Pullover, Blue jeans, Schnürschuhen, mit Bart und Jesushaar. Nun sind wir auf der Promenade am Meer. Die Ostsee ist stürmisch, dunkelgrün, und von den glasigen, gekräuselten Brandungswellen reißt der Sturm Schaumfetzen und trägt sie davon; zwischen den einzelnen Wogen weite, leere Flächen wie Seifenschaum, gesprenkelt mit weißen Ringen, die sich ausdehnen und zerfließen wie die Maserung in einem schillernden Gewebe. Wir bleiben im Auto sitzen und rauchen schweigend. Dann steigt in mir, weniger vom Kopf als vom Leib her, ein heftiger, unwiderstehlicher Drang zum Widerspruch auf. Ich sage: „Schön, das Meer, was? So ruhig, so blau, so heiter.“
Er sagt eine Weile nichts, dann erwidert er: „Das Meer ist nicht ruhig, und es ist nicht blau. Es ist grün.“
„Nein, es ist ruhig und blau.“
„Willst du mich auf den Arm nehmen? Es ist grün und bewegt.“
In diesem Augenblick wende ich mich um, als wollte ich ihm heftig widersprechen, und da hebt er unversehens die Hand und verpaßt mir eine Ohrfeige. Nicht sehr kräftig, das stimmt schon, gewissermaßen eine gefederte Ohrfeige, eine yon denen, die es sich auf halbem Wege anders überlegen und sich fast zurückziehen; aber immerhin eine Ohrfeige. Ich hebe ebenfalls die Hand und knalle ihm eine, aber mit der ganzen Wucht, die meine schwache, zarte Frauenhand aufbringen kann. Nun stürzt er sich auf mich und versucht, mich von neuem zu ohrfeigen. Mit beiden Händen schütze ich mich, wende den Kopf hierhin und dorthin, weiche in dem engen Innenraum des Wagens aus, doch am Ende gelingt es ihm, zwei Ohrfeigen bei mir zu landen, eine auf die Wange, allerdings von der noch zögernden und zurückhaltenden Sorte. Ich überlege rasch, wie ich ihn dazu bringen könnte, mir richtige Ohrfeigen zu versetzen; und schließlich sage ich mir, daß ich ihn kratzen muß. Ich habe schmale, spitze, messerscharfe Fingernägel, lange rote Nägel an den Spitzen schlanker und durchgeistigter schneeweißer Finger. Mit diesen Nägeln greife ich an und bringe ihm tiefe Kratzer bei, von den Schläfen bis hinunter zum Hals. Ich spüre, wie die Nägel die Haut und vielleicht auch etwas Fleisch wegreißen, und denke: So, das war geschafft. Diesmal ist es wirklich ernsthaft geschafft. Er schlägt mich nicht, er wirft sich auf mich und versucht, mich zu beißen, wie ein wildes Tier, das keine Hände benutzen kann, weil es keine hat. Zuerst beißt er mich ins Kinn, und zwar kräftig, und zerfetzt mit den Zähnen die zarte Haut; dann erwischt er mich, als ich ihm die Faust in den Magen stoße, an den Haaren, und nach einem vergeblichen Versuch, nach dem Jochbein zu schnappen (eine seltsame Stelle!), gelingt ihm ein gräßlicher Biß ins Ohr, als wollte er es mir abtrennen. Vor Schmerz, voller Lust schreie ich auf. Im selben Augenblick werden die beiden Autotüren aufgerissen, Leute greifen ein, zerren uns hinaus, und im Nu sind wir beide von entsetzten Menschen umringt. Ich bin zerzaust und außer Atem, mein Kinn und mein Ohr bluten, ich bin glücklich. Er aber, dieser Dummkopf, dieser Blödian, dieser Idiot, er weint!
(…)
>>>> Die Wustrower Lust 2

… und es ist sehr gut für einen wachen Verstand, eine Leiche im Schrank zu haben.

Jean Giono, >>>> Ennemonde.

Der Schlächter trifft seine Vorbereitungen im Hof. Das Opfertier wird trotz seiner Schreie herangezerrt: Es klingt merkwürdig, aber der Schlächter braucht bloß seine Messer zu wetzen, und schon wird das Schwein mit einem Mal ruhig. Wenn es sich um einen guten Schlächter handelt, wenn man ihn unter dem herumziehenden Volk ausgewählt hat. Manche Bauern lassen Berufsmetzger kommen. Die Berufsmetzger sind keine guten Schlächter. Die Tiere akzeptieren den Tod nicht, den sie bringen; sie akzeptieren den, den die Vagabunden bringen; wenn der Metzger auf den Hof kommt, und sei es nur für einen einfachen Freundschaftsbesuch, ist der Schweinestall, der Schafstall und selbst der Pferdestall in Aufruhr. Der Vagabund kommt mit seinen Messern: alles bleibt ruhig; lediglich ein leichtes Ächzen, wenn der große Augenblick naht. Wenn man versucht herauszubekommen, was hinter diesem merkwürdigen Verhalten steckt, so stellt man fest, daß es sich schlicht und ergreifend um ein Zeremoniell handelt: Ob man nun für die Wurst oder für die Auferstehung bestimmt ist, der Tod ist derjenige Augenblick, wo die Natur im Geschwindschritt zurückkehrt. Der Metzger aber ist die personifizierte Technik, für ihn zählt nur das Gewicht des Tieres und sein finanzieller Gegenwert; der Vagabund kommt aus der Tiefe der Zeiten, er lebt auf vertrautem Fuß mit dem Hunger. Bei ihm kann man sicher sein, daß das Ritual respektiert wird; und tatsächlich läuft alles mit beneidenswerter Schnelligkeit, Leichtigkeit und Ehrerbietung ab. Schon blutet das Tier in den Eimer aus, wie ein Faß, dessen Hahn man auf die einfachste Weise von der Welt geöffnet hat.
(Dtsch von Michael von Killisch-Horn.)

Die Mondsiedel

Ein fensterloser Raum, graue Wände, über mir ein elektrisches Deckenlicht. Der Raum ist durch einen türlosen Durchgang mit einem weiteren verbunden. Ich schaue hinüber. Riesige, ineinanderverlaufende Schlangen luftführender Rohre wachsen inmitten des Raumes kniehoch aus dem Boden. Verästeln und verschlingen sich in alle Richtungen. Nur ein schmaler Weg entlang der Wände ist noch begehbar. Der erste Raum scheint sich im zweiten fortzusetzen: ein Deckenlicht, ergraute Wände, keine Fenster, jedoch eine Tür in der rechten Wand. Das einzige, was meinen Blick fesselt, ist ein in Lebensgröße aufgemalter Baum auf der gegenüberliegenden Wand, zu dessen Füßen ein kleiner Junge sitzt. Um ihn herum liegen bunte Kreidestifte verstreut. Er bemerkt mich nicht, ist ganz in sich versunken. Ich will zu ihm, zu diesem Baum den er gezeichnet hat, denn etwas daran ist sehr sonderbar. Es sieht aus, als habe er ihn um ein kreisrundes, faustgroßes Loch in der Wand gemalt, über dem sich der Stamm zur Baumkrone verzweigt.
Als ich über die Schwelle trete, schnellt von links ein riesiger Wirbelwurm, auf mich zu. Ich springe zurück, falle zu Boden, sehe, erstarrt vor Entsetzen, wie das Tier an mir vorüberzieht. Es kann offenbar nicht in diesen Raum. Ich versuche mich zu sammeln, was einige Minuten dauert. Dem Jungen, so scheint es, würde der Wurm nichts tun. Ich fasse mir ein Herz und schaue noch einmal hinüber, will nach dem Tier spähen. Unmittelbar in diesem Moment öffnet sich die Tür, ein Mann tritt herein, macht einen Schritt zur Seite, der Wirbelwurm glitscht hinaus ins Freie. Der Mann sieht mich an, eine blättrige Wehe durchzieht den Raum. Der kleine Junge steht auf, dreht sich zu mir und winkt mich zu sich. Ich laufe den Weg zu ihm links herum. Der Mann in der Tür beobachtet uns. Auf Zehenspitzen stehend, deutet der Junge auf das Loch in der Wand. Ich hebe ihn hoch, damit er hineingreifen kann.
Plötzlich erlischt das Deckenlicht. Ein immer schmaler werdender Lichtstreifen läuft die Wand hinter mir entlang, es wird zunehmend kälter. Unwillkürlich schaue ich in Richtung der Tür, die sich schließt. Ich merke, wie sich meine Pupillen weiten, um sich auf die in Sekunden beginnende vollkommene Dunkelheit einzustellen. Zu meinem Erstaunen jedoch bleibt sie aus. Das Rascheln der Blätter nimmt zu. Noch immer trage ich den Jungen auf dem Arm. Vor uns scheinen sich die Umrisse des Baumes immer deutlicher abzuzeichnen. Es ist, als ob die Äste sich aus der Wand herauslösten, als wollten sie in den Raum greifen. Ich bilde mir ein sie knarzen zu hören, versuche meine Augen anzustrengen. Doch je mehr ich es versuche, desto schneller wächst er uns entgegen, hinein: in eine silbrige Dreidimensionalität. Ich spüre, wie der Boden unter meinen Fußsohlen weicher und weicher wird. Es kann nicht sein, aber alles fühlt sich danach an. Ich schaue nach oben. Über uns prangt ein zunehmender, sich mehr und mehr ausdehnender Mond, so als hätte er sich aus meiner eigenen Pupille direkt in den Nachthimmel gestülpt. Wir beide stehen nun mitten im Wald. Der Junge küsst mich auf die Wange und fasst hinein.
Und was fühlst du?
Fischfell. - Schläft es dort?
Ja, das tut es.
Jetzt du!
Ein Lächeln huscht dabei über sein Gesicht. Ich lasse ihn herunter, strecke mich und greife in die Höhle. Sofort spüre ich etwas Nacktes, zucke zusammen und ziehe meine Hand reflexartig zurück. Der Junge fängt an zu schreien. Ich knie mich hin, fasse ihn an den Schultern. Er hält sich mit beiden Händen die Ohren zu, sein Gesicht ist ganz verzerrt, die Augen zusammengekniffen. Eine schleichende Angst ergreift mich. Eine Angst vor dem, was ich nicht ausmachen kann. Dem was er hört. Dem, was ich selbst nicht höre oder nicht hören kann. Ich schüttele ihn, werde selbst immer panischer. Unvermittelt hört er auf zu schreien, öffnet die Augen, nimmt kurz die Hand von seinem rechten Ohr und zeigt auf etwas hinter mir. Ich drehe mich um und sehe in einiger Entfernung eine kleine Hütte, Fenster, aus denen flackernd Licht fällt. Da der Junge sich wieder beide Hände auf die Ohren presst nehme ihn hoch und gehe los. Je näher wir der Hütte kommen, desto mehr drückt er sein Gesicht an meine linke Schulter. Das Herz klopft mir bis zum Hals. Keinen Augenblick länger will ich in diesem Wald verbringen, aber ich weiß, was auch immer den Jungen so verängstigen mag, es kommt aus diesem kleinen Häuschen.
Auf halbem Weg lasse ich ihn herunter, löse ihm die Hände von den Ohren und sage: Warte hier, ich bin gleich wieder da. Er nickt stumm. Ich zögere, ob ich ihn allein lassen soll, aber ich muss in diese Hütte oder zumindest hineinschauen. Es sieht so aus, als hätte es Fenster zu allen Seiten, in deren Rahmen Kerzen aufgestellt sind, denn sie streut Licht in alle vier Himmelsrichtungen des Waldes. Ich versuche mich die letzten Schritte leise zu nähern, kein Geräusch zu verursachen, das meine Anwesenheit hier draußen verraten könnte. Leicht gebückt schleiche ich vorwärts, um erst einmal unentdeckt durch eines der Fenster spähen zu können. Unter dem Fenster angekommen, zögere ich, ängstige mich zu sehr. Ich hole tief Luft, zähle bis drei und tauche meinen Kopf in den hinausgeworfenen Lichtballen des Kerzenscheins. Was ich sehe, fährt mir ins Mark, lässt mir das Blut in den Adern gefrieren. Ein rotes Pferd. Es steht mitten im Raum, ganz unbewegt im Profil, fast so als wäre es ausgestopft. Nur hin und wieder ein Lidschlag, der keinen Zweifel an seiner Lebendigkeit lässt. Ich laufe einmal um die Hütte herum, suche eine Tür, finde aber keine. Nur eine kleine Schublade unter dem Fenster, durch das ich zuvor hinein geschaut habe. Ich ziehe sie heraus, die Kerzen erlöschen. Ein furchtbares Wiehern entspringt dem kleinen Kasten. Mit einem Mal ist es stockdunkel, ich kann die Hand vor Augen nicht sehen. Wie eine in alle Richtungen zugleich rollende Welle Wehe pflanzt sich das freigewordene Wiehern durch den ganzen Wald fort. Der Schreck sitzt mir in den Knochen, mein ganzes Skelett schmerzt. Ich schließe die Augen und bete, dass dieses ohrenbetäubende Geräusch endlich aufhört. Nur langsam lässt es nach, verhallt, bis es endlich ganz still ist. Ich öffne die Augen, stehe jetzt selbst in der Hütte, vor mir eine Tür. Durch die Fenster dringt helles Tageslicht. Ich trete hinaus und drehe mich noch einmal um. Die Hütte: verschwunden. An ihrer Stelle: ein Baum.

Das fehlende Mysterium. Die Fenster von Sainte Chapelle. Aus der Überarbeitung fürs Buch (5). Les secrets de Paris (16).

[>>>> „Original”text , im Link 8.51 Uhr.]

Saint-ChapelleEine mit verschmutzten Baumaschinen und Werkzeug vollgestopfte Kammer, eine weitere Tür, so niedrig, daß wir beide uns ducken mußten. Dahinter führte eine sehr enge, aber steinerne Wendeltreppe enorm hinauf. Ich hätte die Stufen zählen sollen, so beklemmend war das. Vor allem, weil es so dämmerig war. Nur von oben streute sich Licht auf uns herab – einem Versprechen gleich, dem ich zustreben mußte. So sehr gut schien es mir zu sein.
Dann wurde es hell. Ein Fenster, das offen in den Tag stand, die Flügel drehten sich nach außen. Der Raum aber fast ebenso nüchtern wie die Kammer unten. Ein rohes Regalbrett lehnte schulterhoch an der Wand. Besen standen herum.
„Bitte hier entlang.”
Auch diese Tür stand auf, wenn auch nur halb. Auch sie war aus Holz, aber in Dunkelbraun gepflegtem. Ein doppelt handbreites Innenkreuz stand im ebenso breiten Rahmen.
„Bitte nicht berühren.”
Wie eigenwillig! Der lahme Mann zwängte sich zwischen der Tür und, wie man dann von dem Kirchenschiff aus sah, ihrem marmornen Rahmen hindurch, ohne das Holz auch nur zu streifen. „Ich darf nicht”, erklärte er so sehr nebenbei, daß es beinahe feierlich klang. „Und Sie dürfen auch nicht. Bitte sehen Sie sich jetzt um. Ich bleibe hier.”
Ein dunkles Messingschild war, von etwas über der Klinke nach rechts versetzt, an ihr angebracht: hellgold die Schrift, hellgold der Rahmen.defense-d-entrerAls ich das las, erschrak ich. Ich meinte nämlich, Enfer herausgelesen zu haben. Beim zweiten Blick erkannte ich meinen Irrtum und lachte leise. Défense d’enfer. Der Zuhälter nickte, als hätte er „Jaja” gesagt. War mein Eindruck aber falsch, daß er sich nicht traute, nur einen Schritt mehr in das Kirchenschiff zu tun? Nur stand ich selbst ganz hilflos da. Überwältigt ist ein besseres Wort. So daß der Zuhälter sagte, als wollte er mich beruhigen: „Es wäre jetzt eben die Zeit. Tut mir leid, daß das Wetter nicht mitspielt.”
„Insch’allah”, erwiderte ich, was ihn mich giftig anblitzen ließ.
„Ich weiß schon”, sagte er, „mit wem ich es zu tun habe. Sie müssen mir das nicht zeigen. Also rühren Sie bitte nichts an.”
Es wurde zunehmend deutlich, daß er meine Gegenwart mißbilligte, zumindest verstand er ihren Grund nicht. Doch nicht nur in nahezu denselben Worten, nein, auch in Ediths Tonfall, sagte er: „Lassen Sie sich Zeit, wir haben keine Eile.” Und setzte hinzu: „Verzeihen Sie meine Respektlosigkeit. Wir haben nicht oft so hohen Besuch.”
Seine rechte Hand schweifte langsam ins Rund. „Bitte sehr” hieß das und war nun endgültig als Einladung gemeint. Dann beugte er sich etwas vor und hangelte nach der Lehne eines der zahllosen hellgrauen Plastikstühle, die am Fuß der hohen Fensterwände rings aufgestellt waren; er zog ihn heran. Zwei der Stuhlbeine quietschten auf den marmornen Mosaiken des Bodens.
Es war dann völlig still. Von Paris hörte man überhaupt nichts mehr. Nur das schwere Atmen des Mannes pfiff leise durch den Raum, in den ich ganz hineintrat, hoch über mir einen tiefblauen, sternübersäten Himmel, den goldene Tangenten gliederten, als wärn Meridiane zur Zierde erschaffen. Schon das wär Grund genug gewesen, mich ebenfalls zu setzen, um hinaufzumeditieren. Doch nahm ein schleichender Schrecken von mir Besitz. Denn als ich die Fenster sah, wirklich sah, begriff ich, daß es einen Zusammenhang gab, dessen Ursache ich in mir selbst finden mußte: einen Zusammenhang nämlich mit jener anderen, dieser fensterlosen Kapelle, die mir Edith schon am ersten Tag meines Aufenthaltes gezeigt hatte. Beide Kapellen, verstand ich, waren identisch, aber identisch aus einer anderen Zeit... nein, das ist falsch. Sondern identisch aus einem anderen Raum. Man bekommt ein Schwindeln, wenn man das denkt., - wenn man Gleichzeitigkeit als einen Raum denkt. Und ebenso gab es einen Zusammenhang mit dem Prada-Boot.
Nein, die Farben schwammen nicht und glühten nicht annähernd so, wie mir Melusine das geschrieben hatte. Sondern die riesigen Fenster waren pastellen gedeckt. Nicht nur wegen des weiteren Aufbaus, der die Stirnseite der Kapelle eingerüstet hatte, denn auch drinnen wurde restauriert, wirkte die größte Pracht, wirkten die byzantinischen Säulen, die arabesken Fresken, die wie Tapeten aussahn, wirkte alles Gold, selbst die Rosette ernüchtert. Woran lag das? Das Schiff wies mich ab. Meinen Kopf im Nacken, ging ich umher. Welche Herrlichkeiten! Doch sie waren nicht meine. Ich setzte mich, versuchte nachzudenken. Der Atem des Zuhälters pfiff unentwegt. Er schien furchtbar unter Asthma zu leiden. Da war Le Duchesse, da war Edith. Jenny heißt sie, Jenny Michel. Auch Raffaela gab es, gar keine Frage. Aber gab es, zum Beispiel, Berlin? Gab es meine Frankfurtmainer Freunde noch, Leukerts, Do, Böhmers? Und die Löwin? Sie hielt das Seil, an dem ich mich tief herunterließ.
Dachte ich.
Dann verstand ich wieder. Verstand nun, was fehlte. Es gab kein Mysterium, die Kirche war nicht mehr geweiht. Daran lag es. Ganz Paris, für mich, war nicht mehr geweiht. Ich möge mich, hatte der Gräfin gesagt, über meine Vergangenheit in meine Jugend zurückbiegen. Daran mußte ich denken. Wie kläglich ich geworden war seit damals, da ich dieser Stadt eine Novelle geschrieben. Jahrelang lag sie unbearbeitet herum, bis ich sie wieder vornahm. Das schmale Buch erschien vor siebzehn Jahren, fünfundzwanzig Jahre nach dem ersten Entwurf. Die Orgelpfeifen von Flandern. Besorgen Sie es sich. Es ist für meine Lästerer geschrieben – nicht nur, aber auch: für solche wie Betty B. und >>>> Edith88. Damit sie zu verstehen lernen und ich sie nicht immer mit Jenny durcheinanderbringen muß. Da ist mir Paris noch heilig gewesen. Aber dann fiel ich

ab


Le-mort-du-Canard Les secrets de Paris 15 <<<<

Raffaelas Füße. Die Fenster von Sainte Chapelle. Aus der Überarbeitung fürs Buch (3). Les secrets de Paris (14).

[>>>> „Original”text , im Link 7.33 Uhr.]

Die Algerierin stand schon im Gang, wie wenn sie mich erwartet hätte.
„Du lait?” fragte sie und lachte. Immer noch hatte sie diese gräßlichen Schuhe an. Man konnte sie keimfrei nennen. Strümpfe trug die Algerierin nicht.
„Volontiers. Mais seulement, si vous allez pieds nus.”
Sie stutzte keinen Moment, sah mich auf eine halb ironische, halb schelmische Weise herausfordernd an. Dann streifte sie, ohne sich zu bücken, ihre Schuhe ab, nämlich indem sie je die Ferse zur Hand hob, wobei sie mich ohne Unterlaß ansah. Sie trug keine Strümpfe. Die Schuhe bumsten hohl auf den Läufer.
„Mieux ainsi?”
Und bückte sich, nein, ging kurz in die Hocke, nahm ihre beiden Schuhe auf, streckte sich wieder, öffnete eines der Fenster, die den Zimmertüren gegenüber den schmalen Gang hinaufspalieren.
„Est-ce que je dois?” Damit warf sie die Schuhe hinaus, lachte auf und rief, wobei sie unvermittelt davonlief: „Point de vue ici!”
Da war ich sprachlos. Aber das war noch nicht alles. Keine fünf Minuten später war die junge Frau zurück. Auf dem Tablettchen reichte sie mir die heiße Milch, die aus der silberblitzenen Kanne dampfte, und lächelte. Die Beine waren bis übers Knie vom Kleid bespielt, die schmalen Unterschenkel des Geschöpfs aus Bronze. Es hatte wunderschöne Füße. Ihre Zimmermädchenschürze hatte die Algerierin unten abgestreift und dortgelassen. Ich weiß aber nicht eigentlich, was ich mit „unten” meine.
Wie sie heiße, fragte ich endlich.
„Raffaela.”
Lachte abermals keck. Flog durch das Fenster davon.

Ich stehe da, das Tablett in der Hand, die Blechkanne mit der dampfenden Milch darauf. Geschäumte Milch und ein Engel. Durchs offene Fenster hörte man Kinder und den Verkehr.
Erst allmählich machte ich kehrt. Es warn nur zweidrei Schritte ins Zimmer. Doch ich war wie betäubt. Auf den Dielen lag eine Löwinnenhelix aus Nylons und Slip. Die Geliebte war wieder eingeschlafen. Ich werde ihr dennoch den Kaffee bereiten. Dann aber Ihnen schreiben,


WAS AM FREITAG ABEND GESCHAH
Le-mort-du-Canard

>>>> Les secrets de Paris 15
Les secrets de Paris 13 <<<<

Die Fenster von Sainte Chapelle. Aus der Überarbeitung fürs Buch (2). Les secrets de Paris (13).

[>>>> „Original”text im zweiten Absatz von 6.06 Uhr.]

Und später der vergessene Abgang in einem ganz anderen Arrondissement, der riesige Metallrost dort, durch den man in die Tiefe sah, ohne daß wir ihren Grund erkennen konnten. Schließlich Minh Chau, das, behauptete Jenny, „kleinste Lokal von Paris”. Zu Nachmittag aßen wir dort frische, in einen transparenten Teig aus Reis involtierte Frühlingsrollen. Mit solchem Genuß biß Jenny hinein! ich konnte gar nicht anders, als zu denken: sinnlich i s t sie ja. Wahrscheinlich stellte sich da schon die Weiche. In der Tat fassen sich die Dinger wie ein ziemlich großer, allerdings schlaffer Männerschwanz an; die verdicken Adernstränge unter der Haut werden von der eingerollten Minze gegeben, als Drüsen fungieren die rötlichen Leiber von Krabben.
Schließlich noch, alldies an einem einzigen Tag, besuchten wir eine niedrige Kapelle, die einen gedrungenen und so niedrigen Turm hatte, daß ich den Eindruck eines stumpfen, weil geschleiften Bergfrieds hatte. Der Turm war mit dem eigentlichen Gebäude auch gar nicht verbunden. Wenn es stimmt, daß Kirchentürme den Blick über das irdische Dasein erheben sollen, blieb dieser auf das wuchtigste mit der Erde verbunden, ja auf sie gepreßt
Die Kapelle ließ sich nur durch den Keller betreten. Vor ihr war in eine schräge, nicht sehr hohe Rampe eine Tür eingefügt, die aus zwei Klappen bestand, welche man zur Seite je umlegen mußte. Versperrt war sie mit einer von einem Sicherheitsschloß zusammengehaltenen Eisenkette. Jenny hatte den Schlüssel bei sich. Ein Gang führte mit Stufen hinab, gleich links gab es einen Lichtschalter. Wir folgten den seitlich angebrachten Neonröhren, deren Licht nicht deshalb so funzlig war, weil es flackerte, sondern es lagen fette Staubschlieren auf den Glaskörpern.
Der Weg führte drei Meter nach unten, dann kamen zehn horizontale Meter und der Aufgang. Jetzt die Tür, aus einem unangenehm ergrauten, ja vergilbten Holz, war nicht verschlossen. Daß sie nicht quietschte, als Jenny sie aufzog! Nein, sie glitt um die Angeln wie durch Öl. So traten wir ein.
Die Kapelle bestand aus einem einzigen, ziemlich hohen Schiff. Es war aber nicht, daß sie quasi leer war, daß es weder einen Altar gab noch Bänke. Die Wände waren völlig nackt, nur hier und da ließen sich Reste farbiger Fresken erkennen, die auf glatte, überm Rohputz erhabene Reliquien eines vergangenen Steins gemalt worden waren. Sondern was mich sprachlos machte, was mich erschreckte, was mich schwindelig machte, ja mir wurde fast übel, das war -: daß es riesige Fensterflächen gab, die sich viel höher hinaufstreckten, als man von außen sehen, als man von außen nur ahnen konnte. Aber all dieses Glas war blind. Wäre nicht von draußen ein ebenso graues Licht durch sie gefallen, wie es im Gang die Neonfunzeln aussendeten, ich hätte glauben müssen, man habe die Fenster vermauert. Allerdings war anzunehmen, daß man sie auf der Tagesseite zugeklebt hatte, vielleicht um ihnen eine letzte, aber doch sterbende Stabilität zu verleihen. Es konnte sein, daß die Scheiben so tief in den romanischen Bögen lagen, daß sich das von draußen nicht sehen ließ. Da nahm Jenny meine Hand.
„Eigentlich”, sagte sie, als sie meine Blicke gewahrte, „ist alles anders. Das leuchtet alles vor Farbe. Das Licht ist ein Wasser, ein Meer.”
Ich war so bedrückt, daß mir ihr schwärmerischer Ton nicht nur nicht auffiel; er paßte gar nicht zu ihr. Sondern erst drei Tage später begriff ich. Es war nicht an Jenny, sondern Melusine Barbys, meiner Leserin, Teil, daß das geschah.Le-mort-du-Canard


>>>> Les secrets de Paris 14
Les secrets de Paris 12 <<<<

Die Fenster von Sainte Chapelle. Aus der Überarbeitung fürs Buch (1). Les secrets de Paris (12).

[>>>> „Original”text im zweiten Absatz von 6.06 Uhr.]

Zwischen der Métrostation und der Gare fand ich ein Internetcafé, worin ich meine Post erledigte. Vor allem mußte Prunier kontaktet werden, da der Zeitpunkt unseres Treffens zwar stand, noch aber nicht - nicht mehr - der Ort. Ich schrieb ihm also, ich riefe ihn an, sowie ich ihn wisse. Dann fiel mir auf, welch ein Unfug das war, daß ich hier schrieb. Ich hatte doch noch immer die SIM-Card des Gräfin. Wieso hatte ich sie nicht zu den Schlüsseln auf den Küchentisch gelegt? Mir war nicht einmal der Gedanke gekommen. Weshalb ich, für mich ganz unpassend schuldhaft, die schon nächste Mail formulierte, worin ich mich bei dem Gräfin entschuldigte: er bekomme die Card übermorgen, am Montag, zurück; es sei denn, schrieb ich, daß er mir die Auszeit für meine Geliebte nicht verüble und mich, wenn ich wieder allein sei, in seine Dienste zurücknehme. Mit war nicht wohl, als ich das schrieb. Aber ich wollte nicht unhöflich wirken. Von der Nacht mit Jenny schwieg ich. Sie geht ihn auch nichts an, dachte ich. Aber ich spürte, daß ich mich irrte. Freilich hätte er mir, um einen zweiten solchen Vorfall zu verhindern, einen anderen Chauffeur zuteilen können. Doch selbst das war nicht wahr, spürte ich. Jedenfalls hätte ich mich für dieses Wochenende umentschieden. Daß ich es vorausgeplant hatte, darüber schrieb ich ebenfalls nicht. Falls er nun aber zu ärgerlich sei, möge er mir eine Adresse schicken: dort schickte ich die SIM-Card dann hin. Mit dem Ausdruck meiner tiefsten Ergebenheit usw.: Ihr ANH
Der Brief war eine einzige Eierei. Imgrunde versuchte ich, auch vor mir selbst, zu verschleiern, welch eine Panik mich bei dem Abendessen im Tour d’argent erfaßt hatte und daß ich eigentlich versuchte, mich aus der ganzen Sache wieder herauszuziehen. Es ging hier um etwas nicht Geheures, der „Roman” war nichts als ein Vorwand. Ich sollte in etwas eingesponnen werden, in das sogar die Nacht mit Jenny plötzlich paßte: als wäre sie ein Kalkül der gräflichen Planung gewesen. Erstreckte sich Jennys Aufgabenkreis auf eine solche „Dienstleistung” auch? Das konnte ich mir nicht vorstellen. Dennoch, als ich auf Senden klickte, war mir schon weniger unwohl. Nur der Löwin war noch Rede zu stehen.
Le-mort-du-CanardIch zahlte und begab mich zur Gare.


>>>> Les secrets de Paris 13
Les secrets de Paris 11 <<<<

Le Cristal de Prunier: ANHs "Kristalle" auf Französisch.


>>>> D o r t in Jepeinslepassage.


Selzers-Singen-Titel2
(Pruniers erste Übersetzung aus >>>> "Selzers Singen".)

Paris Diary. Der dritte Seminartext. Von Jan Küveler. Zu kommentieren freigegeben.

Paris Diary

Montag, 10. August 2009
Lange geschlafen, leicht verkatert wie immer. Apfelsaft, Marzipanschokolade und Vanillejoghurt zum Frühstück. Einige Stunden auf den Computer gestarrt, Fahrrad gefahren. Truman Capotes Other Voices, Other Rooms sowie Kiplings A Story of Myself bei Shakespeare & Company gekauft. Sonnenschein.
Ach ja: Wim Wenders in wunderschönem kleinen Café auf der Île de la Cité gesehen. Er sah sehr wimwenderisch aus und beschäftigte sich mit einem MacBook Air. Als ich an ihm vorüberfuhr, ging mir durch den Kopf: wo ist Dein Kunstehrgeiz geblieben, Deine Leidenschaft, warum läßt Du Dich so gehen bzw. hängen? Damit meinte ich übrigens mich und nicht Wim. So, jetzt schnell einkaufen.

Dienstag, 11. August 2009
Heute tagsüber arbeiten wollen, aber nur an Schriften herumgedoktort. Ziemlich perfekt jetzt, die »dftype Rialto«, komplett mit Ligaturen und dem ganzen Wauwau. Dafür die Sonne verpaßt. Gräme ich mich? Ja. Habe allerdings auch ein erhebliches Talent zum Selbstgrämen..
Spaziergang zum Supermarkt, Monoprix. Der Lidl gleich um die Ecke ist besser. Shampoo gekauft, Pantene Pro V, das mir dank der Globalisierung rund um die Welt die Haare wäscht.
Tiefkühlkost zum Abendbrot, Battlestar Galactica bis spätnachts.

Freitag, 14. August 2009
Ich lebe von Lidl, Neckarsulm: Perlenbacher Lager und Vanilleeis halten mich am Leben. Draußen saisontypische Hitze. Irre zu denken, daß der Sommer bald wieder vorbei ist. Muß unbedingt sicherstellen, den nächsten, wenn irgend möglich, außerhalb von Städten zu verbringen.
Gleichmäßig unproduktiv. Lese mich langsam durch den Capote. Wohl morgen fertig. Scharfe Gedanken einer zarten Seele. Wie sagt er an einer Stelle: hm, komm gerade nicht drauf.

Freitag, 21. August 2009
Wahnsinnsmeldung. Stellte sich gerade heraus, daß der Investmentbanker Ryan Alexander Jenkins, der in der US-amerikanischen Show »Megan wants a millionaire« den Millionär spielt, seine Ex-Frau, das Playmate Jasmine Fiore, zerstückelt in einer Mülltonne zurückgelassen hat. Of­fi­ziell gilt er als Zeuge, hat sich durch sein promptes und nachhaltiges Verschwinden allerdings erheblich verdächtig gemacht.

[Siehe auch >>>> dort.]

 



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