Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop

e   Marlboro. Prosastücke, Postskriptum Hannover 1981   Die Verwirrung des Gemüts. Roman, List München 1983    Die blutige Trauer des Buchhalters Michael Dolfinger. Lamento/Roman, Herodot Göttingen 1986; Ausgabe Zweiter Hand: Dielmann 2000   Die Orgelpfeifen von Flandern, Novelle, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2001   Wolpertinger oder Das Blau. Roman, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2000   Eine Sizilische Reise, Fantastischer Bericht, Diemann Frankfurtmain 1995, dtv München 1997   Der Arndt-Komplex. Novellen, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1997   Thetis. Anderswelt. Fantastischer Roman, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1998 (Erster Band der Anderswelt-Trilogie)   In New York. Manhattan Roman, Schöffling Frankfurtmain 2000   Buenos Aires. Anderswelt. Kybernetischer Roman, Berlin Verlag Berlin 2001 (Zweiter Band der Anderswelt-Trilogie)   Inzest oder Die Entstehung der Welt. Der Anfang eines Romanes in Briefen, zus. mit Barbara Bongartz, Schreibheft Essen 2002   Meere. Roman, Marebuch Hamburg 2003 (Bis Okt. 2017 verboten)   Die Illusion ist das Fleisch auf den Dingen. Poetische Features, Elfenbein Berlin 2004   Die Niedertracht der Musik. Dreizehn Erzählungen, tisch7 Köln 2005   Dem Nahsten Orient/Très Proche Orient. Liebesgedichte, deutsch und französisch, Dielmann Frankfurtmain 2007    Meere. Roman, Letzte Fassung. Gesamtabdruck bei Volltext, Wien 2007.

Meere. Roman, „Persische Fassung“, Dielmann Frankfurtmain 2007    Aeolia.Gesang. Gedichtzyklus, mit den Stromboli-Bildern von Harald R. Gratz. Limitierte Auflage ohne ISBN, Galerie Jesse Bielefeld 2008   Kybernetischer Realismus. Heidelberger Vorlesungen, Manutius Heidelberg 2008   Der Engel Ordnungen. Gedichte. Dielmann Frankfurtmain 2009   Selzers Singen. Phantastische Geschichten, Kulturmaschinen Berlin 2010   Azreds Buch. Geschichten und Fiktionen, Kulturmaschinen Berlin 2010   Das bleibende Thier. Bamberger Elegien, Elfenbein Verlag Berlin 2011   Die Fenster von Sainte Chapelle. Reiseerzählung, Kulturmaschinen Berlin 2011   Kleine Theorie des Literarischen Bloggens. ETKBooks Bern 2011   Schöne Literatur muß grausam sein. Aufsätze und Reden I, Kulturmaschinen Berlin 2012   Isabella Maria Vergana. Erzählung. Verlag Die Dschungel in der Kindle-Edition Berlin 2013   Der Gräfenberg-Club. Sonderausgabe. Literaturquickie Hamburg 2013   Argo.Anderswelt. Epischer Roman, Elfenbein Berlin 2013 (Dritter Band der Anderswelt-Trilogie)   James Joyce: Giacomo Joyce. Mit den Übertragungen von Helmut Schulze und Alban Nikolai Herbst, etkBooks Bern 2013    Alban Nikolai Herbst: Traumschiff. Roman. mare 2015.   Meere. Roman, Marebuch Hamburg 2003 (Seit Okt. 2017 wieder frei)
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Konzerte

Fast immer etwas von Liebe. Kleine Bemerkung zu Bruno Maderna.

[Geschrieben für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung.
Erschienen am 6. September 2009.]

40532320Mit zwölf debütierte er als Dirigent an der Scala. Später, in den 50er und 60er Jahren, wurde er zu einer solchen Schlüsselfigur der Neuen Musik, daß es Wunder nimmt, wie er so vergessen sein kann. Doch bereits in den letzten Jahren seines kurzen Lebens war er als Dirigent bekannter denn als Komponist. Denn er unterwarf sich keiner Doktrin, durchbrach schon früh das serielle Dogma in Richtung Aleatorik, hatte eine musikalische Liebesbeziehung zur tonalen Tradition, synthetisierte - man kann sagen: im guten Sinn ein früher Postmoderner - elektronische und natürliche Klänge, hatte auch nicht die mindeste Scheu vor komponiertem Gefühl. Klangcollagen wie sein Venezianische Tagebuch sind bis heute eine Legende - scheuen Botschaften gleichend, denen keiner allzu laut den Laut geben will. Wer aber mit heutigen Komponisten redet und mit Dirigenten, der wird, kommt die Sprache auf ihn, fast immer etwas von Liebe spüren. Dennoch gibt es neben Dallapicolla, für den etwas Ähnliches gilt, kaum einen so selten aufgeführten Neutöner wie ihn; wer seine Arbeiten kennenlernen will, muß auf CDs zurückgreifen; einiges ist auch als mp3 übers Netz zu bekommen. Man kann das ideologische Naserümpfen direkt spüren, das ihn nach und nach aus dem Musikbetrieb hinausgeschoben hat. Es wäre jetzt seine Zeit – anstelle daß man sich das E-musikalische Kitschbedürfnis esoterisch von Philip Glass zuschmieren läßt. Das hat man bei Ricordi wohl gleichfalls gedacht und die „Grande Aulodia“ als CD wieder zugänglich gemacht – ein in Episoden geradezu erzähltes Konzert für Flöte und Oboe. Der Aulós (αὐλός) war eine Art doppelläufiger Schalmei: kompositorisch ein typischer Rückgriff Madernas, der über die Oboe einen vermeintlich alten Klang mit dem modernen der Querflöte mischt. Das läßt einen bisweilen schwebenden, fast überzeitlichen Ton entstehen, den in manchen „Szenen“ scharfe Perkussionspassagen dramatisieren... keine neue Einspielung, nein, aber die Radioaufnahme von 1970 klingt frisch wie je, frei von jeder Starre und erstaunlich unhistorisch. „Ich hasse es, konsequent zu sein, denn das ist tödlich“, hat Maderna gesagt. Die strengserielle Musik bekam das per Publikumsverdampfung zu spüren. Daß es sich bei Maderna gleich mitverdampfte, war, mit einem Wort, masochistisch.

Bruno Maderna
Grande Aulodia
Ricordi oggi
STR 57010
>>>> Klangbiennale des Hessischen Rundfunks.
21. und 22. November 2009.
Bruno Maderna gewidmet.

Liederspiele von der Liebe - Hamburger Laeisz-Halle 31.10.2009

"Hamburch hat echt Geschmack", kommentierte Thomas Quasthoff launig den Jubel des Publikums, das die Künstler auch nach der fünften Zugabe nicht von der Bühne gehen lassen wollte. Ebenso fühlten sicher Dorothea Röschmann, Angelika Kirchschlager, und Ian Bostridge, die in ihrer "Hommage à Schumann" Liederspiele von der Liebe gaben. Hier belebten Sänger der Spitzenklasse ein lange vergessenes Genre. Als Einspruch gegen die inhaltsleere Virtuosität zahlreicher deutscher Opern um 1800 vereinte die Gattung Ensembles. Das waren im Idealfall ein Sopran, ein Alt, Tenor und Bass, die in abwechselnder Besetzung vom Klavier, zu zwei oder vier Händen, begleitet wurden. Auf diese Weise wurden bekannte Lieder von einem roten Faden zur konzertanten Oper zusammengeschnürt, die an heimischen Musizierabenden beliebt gewesen ist. An diesem 31. Oktober nun standen Schumanns "Spanisches Liederspiel", sein "Minnespiel" sowie die "Spanischen Liebeslieder" auf dem Programm der Hamburger Laeisz-Halle. Man kann wirklich nur neugierig sein, was den Machern noch alles einfallen wird, wird der Bau der Elbphilharmonie endlich fertig sein.
Beglückend jedenfalls, wie die Sänger-Timbres miteinander verschmolzen. Traumhaft feingliedrig ausgestaltete Pianissimi wie die wunderbare szenische Interpretation loteten sämtliche Facetten des Liebeserlebens aus, zwar biedermeierlich innig, doch ohne Kitsch. Abermals gab Angelika Kirchschlager der Interaktion den Schwung, deren Erotik stilistisch punktgenau den Rahmen hielt. Dazu die beiden Pianisten; vor allem Julius Drakes fast überirdische Anschlagskulturist ist atemberaubend. Man wurde ganz sprachlos.

>>>>> Die Elbphilharmonie.

Skiprecords feiert Geburtstag in Hamburg

Das kleine, aber feine Jazzlabel >>>> Skiprecords feierte gerade in der Hamburger FABRIK Geburtstag. 10 Jahre haben es Bernd Skibbe und Sabine Bachmann geschafft, interessante Musik auf der ganzen Welt zu finden und ins Programm aufzunehmen. Mit gutem Gespür für Qualität und Trends im Jazz haben sie nun den Pianisten David Gazarov, den Altmeister des Swing Wolfgang Schlüter und das sensationelle Tingvall Trio auf die Bühne geholt. Das schwedisch-deutsch-kubanische Klavier-Trio war dann auch der Abräumer des Abends. "Vattensaga" heißt ihr neues Album - Stücke rund um das Wasser vom Bachrauschen bis zum Haialarm. Ein Trio, das live fast noch aufregender wirkt als auf Tonkonserve. Ein Konzert mit diesen drei hoch musikalischen und kreativen Männern sollte man unbedingt besuchen, wenn sie in der Nähe sind!
Rund 100 Produktionen sind bei SKIP erschienen. Weiter so!

Schönheit und Manier. Das Cuarteto Casals im Konzerthaus Berlin.

Wieder einmal dachte ich: Die Kunstform des Streichquartetts ist wahrscheinlich die höchste in der Musik. Sie trägt die Utopie und trägt sie aus: Hier gibt es keinen Führer mehr, sondern eine Gleichberechtigung der Stimmen, die freilich völlige Erwachsenheit voraussetzt, sie allerdings auch fordert. Durch Durchsichtigkeit. Keine transparentere Kunstform, keine individuell-innigere im Zusammenspiel. Die Temperamente müssen passen, müssen vor allem vertraut sein miteinander und sich gegenseitig heben und senken, anheben und auffangen, und schützen. Die demokratischste Form der Musik bedarf des Vertrauens. In der Politik tun wir uns klugerweise damit schwer. Aber die Kunst gibt ihr Raum. Beim vor zehn Jahren gegründeten >>>> Cuarteto Casals ist dieser Raum ein Ausdruck, der sich mit Klangschönheit verbindet und dabei etwas übermüpfig Wagendes durchaus nicht ausschließt: hier geht es eben nicht um Correctness. Hier geht es um Interpretation - insofern, als sie eine, vielleicht d i e Form der musikalischen Verlebendigung ist.
Ein spanisches Quartett, man hat keine Angst vor der Manier. Muß man auch nicht, denn sie ist es, die aus den Partituren die Tiefen herausholt und nicht „harmonisierend“ über sie hinwegspielt. Das führt selbst bei Mozerts Haydn-Hommage zu einer nahezu modernen Klangentwicklung während der Aufführung, als entstünde das Stück gerade erst. Die ganze Spiellust, die den Jazz auszeichnet, unverhoffte, scheinbare Freiheiten in der spontanen Entscheidung, als könnte man mal eben alles noch umwerfen und neu zusammensetzen, bricht los, ist aber selbstverständlich aufs Disziplinierteste gebunden. Wohl nirgendwo sonst wird die sichtbare Interaktion der Spieler zum Gestaltungsmoment eines Konzertabends, ja führt die Zuhörer in die Raffinessen, auch ins „Gemeinte“ eines Musikstücks hinein. Das klingt auf der Aufnahme viel akademischer als es tatsächlich ist. Die knappen zwei Stunden im kleinen Konzertsaal verfliegen wie nichts, man verflucht die Pause. Wozu eine Pause? Macht bloß weiter! Eine Glücksauschüttung spielt mit der nächsten.
Mozart spielt mit Haydn, Schostakowitsch mit Zigans Volksmusik, Haydn später - in der Zugabe aus dem Es-Dur-Quartett - mit Wiener Schrammerln; Beethoven spielt mit sich selbst und dehnt cavatinen-melosverloren die Zeit. Die späte Kammermusik Beethovens ist ohnedies ein Wunder, die späten Quartett galten einigen Musik„experten“ noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts als Verirrung, mißlungen, an die Taubheit verschuldet. Aber sie sind es, die den ganzen martialen Sinfonieschmock ertragen lassen („einen Beethoven ans Ohr kriegen und nach Polen einmarschieren“ formulierte Pynchon), ja sie von ihrer Martialik eigentlich befreien; man muß Zusammenhänge zu lesen (sie hören!) lernen. Vielleicht gilt Ähnliches für Schostakowitsch, dessen Sinfonien nun noch viel weniger auszuhalten sind als Beethovens – von dessen sechster und seiner fünfzehnten einmal abgesehen. Das Cuarteto Casals trägt die Brüchigkeit dieses ersten, eigentlich doch jugendlichen denkt man, Streichquartetts vor, ohne auch nur einen Moment die Schönheit eines breiten Klanges zu verraten, wie ich ihn zuletzt beim Alban-Berg-Quartett gehört habe und bei den vier Streichern Leonardos (was tun die jetzt? gibt's sie noch?). Und wie deutlich es hier wird, wessen „Erbe“ der nun schon längst verstorbene Alfred Schnittke angetreten hat! die politische Not zur synkretistischen Tugend umzudrehen und in die Form zu heben. Zu wünschen wäre, daß sich das Casals-Quartett nunmehr auch Neuer Musik zuwendet; begonnen haben die Musiker damit schon: im Frühjahr 2010 wird eine CD mit ungarischer „klassischer“ Moderne herauskommen, Bartók, Ligeti und Kurtág.
Der Ruhm des Cuarteto Casals lief ihm voraus: der kleine Saal des >>>> Konzerthauses war nahezu ausverkauft, es hagelte Bravi, wir hagelten mit. Geschickt hatten die Musiker zwei Reißer auf die Zugabe gesetzt. Haydns „Scherz“, vor allem aber Schostakovitschs überkandidelt-verschmitzte „Polka“ ließ solche Bravi schließlich zu, die bei Beethoven seiner Traurigkeit halber, hier der in B-Dur, so wenig angemessen gewesen wären, wie daß man nach einem Requiem klatscht. Aber auch dafür ist uns unterdessen der Sinn ja ans Profane verlorengegangen.

[Nächste Konzerte:
13. Oktober, Salzburg, Mozarteum.
15. Oktober, Barcelona, Auditori – Sala di Cambra.]
>>>> Einspielungen.

"Die schöne Magelone" mit Thomas Quasthoff in Hamburg

"Die schöne Magelone" - eine wunderschöne Liebesgeschichte, ein Erzähstoff aus dem Frankreich des 15. Jahrhunderts. Nach Texten von Ludwig Tieck komponierte Johannes Brahms den gleichnamigen fünfzehnteiligen Liederzyklus, der einzige inhaltlich zusammenhängende Zyklus aus der Feder des Komponisten. Am 7. Oktober 2009 zelebrierten Bassbariton Thomas Quasthoff, Helmut Deutsch am Klavier und Brigitte Fassbaender als Erzählerin das Werk im Rahmen der Elbphilharmonie-Konzerte in der Hamburger Laeisz-Halle. Intensiv und eindringlich, feinsinnig, ohne störendes Beiwerk, gestalteten die Künstler. Quasthoffs Stimme, textverständlich bis in die letzte Silbe hinein, lotete alle Gefühlsnuancen aus, die das Stück erfordert. Betörend im Pianissimo, stimmgewaltig eruptiv im Fortissimo, geschmeidig, voluminös, so interpretiert der Sänger souverän, wie man ihn kennt. Obwohl zu diesem geschlossenen Oeuvre eigentlich keine Zugabe passt, verzichtete er nicht darauf, konnte es sich nicht verkneifen zu sagen, dass er nicht für die Kritiker singt, sondern alle gemeinsam Musik erleben wollen. Denn Kritiker hätten bestimmt etwas daran auszusetzen, dass er weiter singt. Andererseits hätten sie ebenfalls etwas daran auszusetzen, wenn er nicht mehr singen würde. Nach einem weiteren Brahms-Lied - mit Goethe-Text diesmal, ein "Sauflied", - gab es als absoluten Höhepunkt des Abends ein kleines Ständchen im Duett mit der berühmten Mezzo-Sopranistin Brigitte Fassbaender: Zeilen aus "Trennung" von Brahms, Text: schwäbisches Volkslied:
Da unten im Tale
Läuft's Wasser so trüb,
Und i kann dir's net sagen
I hab' di so lieb,
Sprichst allweil von Liebe,
Sprichst allweil von Treu',
Und a bissele Falschheit
Is wohl auch dabei.
Und wenn i dir's zehnmal sag,
Daß i di lieb und mag,
Und du willst nit verstehn,
Muß i halt weitergehn.
Für die Zeit, wo du gliebt mi hast,
Da dank i dir schön,
Und i wünsch, daß dir's anderswo
Besser mag gehn.
- Fassbaender, die sich mit nunmehr 70 Jahren immer noch für solche Anlässe ohne schlechtes Gewissen hergeben darf. Standing Ovations, tosender Applaus für ein außergewöhnliches Konzert!
Am 31. Oktober 2009 steht Thomas Quasthoff wieder im Rahmen der Elbphilharmonie-Konzerte in Hamburg auf dem Podium der Laeisz-Halle, dann mit den Kollegen Bostridge, Kirchschlager u.a.

[>>>> Elbphilharmonie Hamburg.]

„... und mit einer kleinen Hand“. Daniel Barenboim spielt Chopin für die Berliner Philharmoniker unter Asher Fisch (Konzert des 2. Oktobers 2009, Berliner Philharmonie).

[Geschrieben für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung.
Sanft gekürzt >>>> erschienen am 4. Oktober 2009. Hier ungekürzt.]

Hier wird nicht gemäkelt, auch wenn das beste Stück des Abends Lutoslawskis Streicherouvertüre von 1949 gewesen ist. Barenboims Schüler Asher Fisch, dem er zum Abschluß einen väterlich beglückten Wangenstreich versetzte, mußte sich nicht länger dirigentisch ziselieren wie bei dem raffinierten Jungpomp Szymanowskis zuvor. - Genug. Denn nun Chopin.
>>>> „...mit einer kleinen Hand“, schrieb Benn. Müßig, sich über orchestrale Schwächen zu erheben. Chopin ist Chopin, „artistische Überzeugung“ der Melancholie. Der 67jährige Barenboim, neben seiner >>>> Wagnerissomo-Zeit zur pianistischen Heimat zurückkehrt (entsinnen Sie sich seines jungen Mozarts noch?), hat Chopins süffige Brüchigkeiten derart in den Fingern, daß man die Tränen kriegt. Dabei überforderte, die Konzerte hintereinanderzuspielen, schon Jüngere. Ich merkte die Nervosität; der mächtige Mann war ein Junge. So spielte er auch, aus erster Verliebtheit, doch mit Wissen. Nicht die auftrumpfende Geste ist seines, sondern was in die Eingeweide geht. In den Pianissimi ist Barenboim vollendet Chopin: Innigkeit, Traurigkeit. Nähe. Die spielt für das Orchester mehr als für ein Publikum, dem Barenboim den gewohnten Heros gibt. Blicke legten sich zwischen ihn und den Solohornisten, rein an dem Dirigenten vorbei. Das Vorhaben ist für einen wie ihn auch riskant: ich lasse mich prüfen. Von den Musikern, Euch. Das hat Größe. Wir werden ihn „den großen alten Mann der Musik“ nennen werden. Hier war er großer weiser Junge der Musik: empfindlich, ängstlich, trotzig. Nahm die stehenden Ovationen halb verlegen, halb aber hochmütig an. Lieber den Oberarm des ersten Geigers berühren, seinen Protegé Fisch umarmen, immer, immer bei den Musikern sein. Das reicht bis in den Anschlag. Präzise trennt er die Töne, er hat einen Hang zur Punktierung, das chopinsche Perlenlaufen spielt er nur beiläufig mit: kein pianistischer Zirkusartist. Und wenn ich auch zu merken glaubte, er und das Orchester sparten anfangs Kraft (so zurückgenommen die Streicher, daß den Saal manchmal ein fein ununterscheidbarer Mischklang dimmte), so drehten sie im zweiten Konzert massiv auf. Als wäre dieses nicht genug, gab der erstaunliche Mann ein Nocturne hinzu: fürs Publikum. Blick zum Orchester, kleine Geste des Glücks, und er spielt noch einmal ihm vor von seiner kleinen Hand. Er mag arrogant sein, dieser Mann, doch kommt das von der Größe.


Leider hat Daniel Barenboim seine Zustimmung zur für den 4. Oktober geplanten live-Übertragung der dritten Aufführung des Konzertes nicht erteilt, die >>>> in der Digitalen Konzerthalle der Berliner Philharmoniker vorgesehen war; vermutlich wird das Konzert deshalb auch nicht ins Arvchiv aufgenommen sein. Was ein kleiner Jammer ist. Ich hätt, es hören zu dürfen, Ihnen gegönnt.
ANH.


Bernd Alois Zimmermann und Enno Poppe. Musikfest Berlin. Susanna Mälkki dirigiert die Junge Deutsche Philharmonie. Berlin zum 21. September 2009.

Die >>>> Junge Deutsche Philharmonie ist eines der besten Orchester Deutschlands, wenn nicht sogar Europas, und zwar nicht obwohl, sondern w e i l es (noch) keine Orchestermusiker sind, denen - sozial durchweg verständlicherweise - der Dienst vor die Kunst geht. Man kann das ein wenig mit dem Bayreuther Festspielorchester vergleichen, das die engagiertesten Instrumentalisten aus den Philharmonien zusammenruft, die es derzulande gibt. Hier statt abgearbeiteter Routine Spiellust, ja -leidenschaft, und das Verhältnis der Musiker zu ihrem jeweiligen Dirigenten ist eines der gemeinsamen Liebe. Gary Bertini, der später so, und teils zu Recht, geschmähte, hat mit diesem Orchester Referenzen vorgelegt, ich erinnere mich an eine Mahler VII, aus der man nur fassungslos hinausgehen konnte - so fassungslos, daß einem Leonard Bernsteins Satz aus der Erinnerung brannte, es sei unmöglich, eine Mahlersinfonie zu hören, ohne geläutert zu werden. Meinen Lesern, falls Sie das Orchester noch nicht kennen sollten, sei kurz erzählt, daß es sich aus Musikstudenten zusammensetzt, denen es nicht etwa die für ihr späteres Leben wichtige Professionalität vermittelt, sondern es ist ganz umgekehrt: sie bringen die Professionalität im Sinn eines heißen Willens zur Erarbeitung von Kunstwerken des Klanges schon mit, noch hat keine Routine das wegschmirgeln können. Hier pumpt noch das Blut durch die Musik. Dirigenten, die meisten, wissen es – und richten sich danach; es ist, so gesehen, ein Ritterschlag, wenn das Orchester sich einen wählt, es zu leiten.
Als ich nun vorgestern >>>> die finnische Dirigentin Susanna Mälkki dirigieren sah – innig vertraut mit den jungen Musikern, absolut sicher im Schlag -, konnte ich nicht umhin, Luft durch die Zähne zu ziehen und an Catos Satz zu denken: „Den Augenblick, sowie sie anfangen, euch gleich zu sein, werden sie eure Herren sein." Derart unangreibar ist ihre fachliche Präsenz in einer der letzten Bastionen von Männern, Machtmännern der brahmanischen Dirigentenkaste. Dann stellte ich mir vor, wie das aussähe, wäre sie im Pendant der Fracks, Hemdsschärpen und Fliegen aufgetreten, die „klassische“ Dirigenten meistens noch tragen, also im Abendkleid. Es hätte etwas Irres. So sehr bringt einem eine Dirigentin die Rollenklischees durcheinander. - All das waren aber nur plötzliche, sekundenschnelle innere Bilder. Tatsächlich trug sie, eine der Neuen Musik sehr Vertraute, schwarzen Rolli unter einem schwarzen geschlossenen Gehrock; die schmale Erscheinung wirkte streng, ein wenig zu streng, vielleicht, was mich dann wieder... nein, „ärgerte“ ist zuviel gesagt. Aber das „General“ eines Generalmusikdirektors blieb in ihr weiterverkörpert, ohne daß sie das doch ist oder sein müßte.
Wenn solche Assoziationsketten losgehn, schließt man besser die Augen und konzentriert sich auf die Musik. Na sowieso. Und hörte, wie in dem späten Haydn die kommende Sinfonik vorausklang, sogar schon etwas Robertschumannhaftes, dabei pikant ein ständiges Augenzwinkern – und die Lust, mit der die Musiker ein Geigengirren kurz verhalten lassen; eine Leichtigkeit ging durch die Ohren, daß man immer wieder grinsen mußte: die Form als ein Spiel, divertimento in seinem besten Sinn. Was den Musikern an Routine fehlt, eben, eben, gibt ihnen der Instinkt und der Wille. Die Stücke vibrieren, ob dieser Haydn, ob dann Zimmermann, sie werden >>>> aufgeladen - was auch einen Nachteil hat: der abschließende Schostokovitsch (Erste Sinfonie) bekam von dem Martialischen, das er eh leider hat, richtig erst Martialisches drauf, was für einen wie mich unerträglich ist, die Stampferei, die Helderei; hier wäre vielleicht eine Gebrochenheit, die des Alters ist, hier wäre Zweifel angebracht gewesen statt der temperamentvoll drauflosmusizierenden Jugendlichkeit.
Doch dann. Nobody knows the trouble I see: Bernd Alois Zimmermanns furchtbar schönes Trompetenkonzert von 1954, die Hereinnahme der Welt, als sich die serielle E-Musik gerade gegen die Welt restlos hermetisierte und langsam, aber überaus sicher ins Nichts schob, Zimmermanns Fernklänge (gestopfte Trompete, weniger gestopfte Trompete, Trompete, schließlich, zum Ende sich entfernend, wieder gestopft), so auch die müpfigen Klänge, an denen ein Spaziergänger vorbeigeht, der seinen tiefen Blues hat, und es ruft uns etwas (ruft's wirklich? projezieren wir?) - all das legte sich in den Saal und machte unmißverständlich klar, wo ein Leben ist in der Musik, daß sie es vom Boden aufnehmen muß und dann formen, anstelle nur immer in den Himmel der Abstraktionen zu schaun. Man kann in so dünner Luft nicht atmen, auch wenn sie, ja weil sie dort rein ist. Das bleibt die Wahrheit aller U-Musik, die Zimmermann in seiner E-Musik befreit, und uns.
Dann Enno Poppes Stück „Markt“ von 2009. Es beginnt mit einer Art Präludium, einem knappen wie suchenden, bisweilen clusterartigen Stück, dessen Struktur sehr schnell zu zerfallen scheint, das eben auch sehr plötzlich endet. Der zweite, wenn man so will, Satz baut über den eingefangenen Lauten geradezu Zitate auf, aber Zitate-als-Gesten, die sich immer nur andeuten, und zwar durchaus mal mit breitem, sozusagen „edlem“ Streicherstrich, der selber eigentlich Zitat ist, und über das sich eine Art zugleich immer aphoristisch bleibendes Thema legt, besonders prägnant zuerst in der Flöte, hier und da über Glissandi anderswo wieder aufgenommen und quer durchs Orchester vagierend, harsch von harten Glockenschlägen gespalten, das Schlagwerk drängt sich insgesamt vor, der Satz wird marschähnlich, bricht wieder auseinander, platzende Klangblasen, wirft sich neuerlich auf. Dieses Crescendo erinnert ungefähr an die gemeine Repetanz des ravelschen Boleros, man denkt: ich hab's ja, hab's ja begriffen, schließlich zerfällt der „Markt“ und mündet ins Pianissimo zurück – ein nicht unbedingt befriedigender Schluß, weil das Stück so rhetorisch wirkt, die A b s i c h t drängelt sich so vor, vor allem, wenn man "Markt" mit Zimmermanns durchlebt durchgeformtem Trompetenkonzert konfrontiert hört: „zu professionell“, ist mein Eindruck. Freilich läßt sich schön dazu sagen, vielleicht z u schön. Sicher aber nicht ohne musikalische Logik. Vielleicht sehnte ich mich gerade ihretwegen nach Yannis Xenakis' „Nekuia“ zurück, dessen trotz seiner harten, ja viel härteren Mathematik erschütternde Eindringlichkeit zwei Wochen vorher das Konzerthausorchester unter Zagrosek vorgeführt hatte. Man hat dann so ein Gefühl von Seife und Kunsthandwerken daraus.
Über den Schostakovitsch schließlich nicht mehr, als ich droben angedeutet habe: mir sträuben sich die Nackenhaare; es wäre schon deshalb ungerecht, etwas anderes zu schreiben, als daß das Orchester ihn mit Schmiß interpretiert hat. Man muß militärische Brillanz halt mögen. Den vielen Bravi zufolge, mochte das Publikum sie. Ich meinerseits wäre lieber nach dem Poppe gegangen. Oder hätte noch einmal Bernd Alois Zimmermann gehört, meinetwegen auch Haydn (feine dramaturgische Programmidee: Haydn: Sinfonie 104 / Zimmermann: Trompetenkonzert / Poppe: Markt / Haydn: Sinfonie 104; selbstverständlich k e i n e Pause).

...

bei der zugabe schiebt man ihm aus dem publikum zwei cds vor den wirklich sehr niedrig gestellten klavierhocker, die er mit geschlossenen augen zu studieren sucht.
beethoven habe ich mir von der mimik immer so wie mehldau am klavier vorgestellt. denkerstirn, augen geschlossen, die mundwinkel steil nach unten gestellt, kopf aus dem schultergraben gerissen. man denkt zwangsläufig darüber nach, dass der flügel dazu anhält, sich ekstatisch zu ihm zu verhalten, da man sich ihm nicht anschmiegen kann, wie beispielsweise einem cello, veranstalten nicht wenige pianisten schräge abstoßungs- oder unterwerfungschoreographien. dann stiebitzt sich noch jemand die setlist, aber mehldau stürmt hinaus und fordert freundlich zurück, was heute noch mal anliegt. an drei abenden dieses wochenende spielt er im sesc santana, für umgerechnet 4,50 euro pro karte und nicht nur damit ausverkauften plätzen, im norden sao paulos, hinterm marsfeld. das sesc scheint relativ neu zu sein. auf die fassade hat man rieseninsekten durch eine matritze gepaust. mit mehldau hatte ich meinen konzerteinstand in sao paulo. diesmal bin ich etwas enttäuscht, der meister hat masche angenommen. andererseits wird immer klarer, dass die zersetzung des pop hier völlig anderen gesetzlichkeiten folgt als bei the bad plus. ähnlich wie douglas gordon psycho auf 24 h dehnt, hat mehldau eine methode gefunden, die nick drakes day is done, brian wilsons god only knows, radioheads exit music gleichsam flutet, der pegel steigt und steigt, der mehldausche klangteppich flust alles seriell ein, dröselt, filzt, dröselt wieder. das publikum wagt keinen huster, es reißt alle begeistert von den sitzen, god only knows, "it s not the business of the gods to bake clay pots", dichtete marianne moore einmal, und doch vermisst man schon beinahe unseren mann aus havanna, irden und rhythmisch.

sp, sesc santana, 12.09.09

HUGS

fabian almazan kam über havanna, miami, ny city nach sp, one of these historically underrepresented people (hugs) für die er das lied komponierte, und spielte sich gelassen an der missglückten anmoderation von terence blanchard vorbei: and as you can see, he s so cute. indeed, but, you talkin' to me? i don t really care for cuteness, do i? i do. nur, wenn sie nicht in den flügel gefahren wäre, gehörte fabian almazan weiterhin zu den invisibly cute people aus irgendeinem homeland in havanna. auf seiner homepage dankt er für die free piano lessons. blanchards quintett stellt das neue album choices vor. die frage war, ob man überhaupt jemals die wahl habe. wie war nochmal die frage? war die frage nicht eher, ob man, wenn man keine wahl hat, doch zumindest einen ausweg gezeigt bekommen sollte? ja, ich glaube, so war die frage; alles andere ist jazz. great choice:

http://www.fabianalmazan.com/
http://www.terenceblanchard.com/

sp, sesc pompeia, 10.9.2009

Psalmen. Stravinskis Neunte von Bruckner unter Lothar Zagrosek. Konzerthausorchester. Konzerthaus Berlin, 4. September 2009.

Konzerthausorchester-Zagrosek-040909

Mutig das. Sowas hatte ich >>>> dort im Sinn. Nun passierte es. Wie nicht anders zu erwarten, war das Konzerthaus locker besetzt, man kann sich vorstellen, daß es einigem Publikum gegen den Strich ging, das geöffnete Pathosherz einem Stravinski zu öffnen, den man nicht da drinhaben will, wenn man vor allem sowieso schon über sechzig Minuten rührlos dagesessen hatte und sich die Rührung zur Pause anfeuchten will. Gab's nämlich nicht, eine Pause.
Gespielt wurde die Neunte und statt des unvollendeten vierten Satzes (deren Fragmente >>>> Harnoncourt aufs hinreißendste eingespielt und mündlich kommentiert hat) Stravinskis, kann man sagen, Konversions-Sinfonie, die sein Ausdruck (wieder?)gewonnener Gläubigkeit ist. Was auf den ersten Blick irritiert, ist tatsächlich von einiger musikalischen Innenlogik. Dem spätromantischen Gestus, der in der Neunten schroffer und zerrissener losbrüllt als je zuvor - darüber hinaus war nicht-elektronisch kaum hinauszugehen -, folgt eine intellektuelle sich aufs Mittelalter beziehende, dabei mit allen Wassern des Kontrapunktes und den Erfahrungen eines zwischen den beiden Kompositionen stattgehabten Weltkrieges gewaschene, eben nur scheinbar ernüchterte Sachlichkeit; die Chorpartien gehen ins Deklamatorische zurück: Sprechgesang fast, eben n i c h t nüchtern, sondern von einer musikalischen Religionsdemut, die das Kanonische zurückholt und dabei von rhythmisch ausfahrenden Partien kontrastiert wird. Das Kanonische meint hier ein Nicht-Individuelles und deshalb Nicht-Naives; es ist „sachlich“ („abstrakt“), weil das Leid des komponierenden Subjektes nicht mehr der persönliche Weltschmerz ist, der es etwa dem Atheisten Berlioz ermöglicht hat, eines der schönsten Requien zu schreiben, die wir haben: doch ihm wird Religion zum frei disponiblen Material. Indem der Wagnerianer Bruckner diesen Umstand nicht wahrnimmt, verrät er sie fast; Stravinski revidiert genau das. Ich möchte sagen: die unmittelbar auf Bruckner hin aufgeführte Psalmensinfonie läutert die Neunte und erlöst sie von dem Mißbrauch, um den sie ihren Hörer anfleht, der durch das Große Linzer Gefühl momentanerlöst werden will – um morgen dann wieder, derart abtestatet, Waffen in Richtung Sudan verschieben zu können und auch sonst dem Weltelend mit einiger Gleichgültigkeit zu begegnen. Stravinski korrigiert Bruckner. Indem nun beide Stücke direkt hintereinander aufgeführt werden, bekommt des alten Mannes endlicher Aufschrei sein Recht zurück; man hört zugleich die herzregenden Streicherpartien... meine Güte, was hat Zagrosek seine Streicher kultiviert! welch Seide mit einem Mal da ist – und bei den Flöten möchte ich fast von einem >>>> Careddu-Klang sprechen, den die Flötistin gerade hier, beim blechlastigen Bruckner, hinzutut: wirklich Windinstrument)... also man hört die Streicher, auf die die Herzen warten... doch bläst der Stravinski ihnen den metaphysischen Schmock aus den Bögen. Hätte man eine Pause zwischen die Stücke getan, wäre das kaum so zu spüren gewesen.
Zagrosek arbeitet diese Nähe-wider-den-Strich vor allem in den hartrhythmischen Partien heraus: es hat einige Ähnlichkeit, wie beide Komponisten gleichsam in alternierenden Modulen komponieren; das Modulartige an Bruckners Sinfonien wird jetzt nicht mehr als repetierter Stillstand empfunden („bei dem passiert nie was“ moserte ein Cellofreund einst), sondern wie zeitgenössische Kombinatorik. Noch Otto Klemperer hat es nicht lassen können, Bruckner grob zurechtzustreichen. Zagrosek setzt dagegen auf durchglühende Ausführung, zugleich auf Durchhörbarkeit, weshalb etwa die Windinstrumente die Nähe zu Mahlers Naturlauten fast schon vorhergeben (übrigens hört man im dritten Satz, plötzlich aufschreiend, Mahler IV voraus und wiederum bei Stravinski... jesses, das ist doch Ein Musikalisches Opfer??). Umgekehrt gibt der Bruckner Stravinskis Psalmensinfonie die kraftvolle Sinnlichkeit des Frühlingsopfers zurück - „einfach“ erstaunlich. Wenn es stimmt, daß Zagrosek seinen Vertrag nicht mehr verlängert hat, muß man darum mit den Zähnen knirschen: denn hiermit stünde das Konzerthausorchester zusammen mit den ja fortgesetzten >>>> Opernprojekten, am Anfang eines Profils, das zur Ära werden könnte und es ein- für allemal auch gegenüber Zuwendungen der Berliner Öffentlichen Hand zu einem unumgehbaren Faktor machte, die da bis jetzt skandalös knausert - vor allem, wenn man die Zahlen mit den Mitteln für Barenboims Staatskapelle vergleicht. Zagrosek hat begonnen, die Aufführungspraxis „bürgerlicher“ Konzerte zu reformieren. Man müßte darauf fiebern dürfen, wie es damit weitergeht.

Aber „fiebern“, naja, fiebern... is' ja nich'. Dagegen steht schon die Gewerkschaft..., sag'n wa's ma im Orcherstersmitgliedersdeutsch: „dagegen steht der Dienst“. Welch ein Unfug, daß hinzukommende Musiker, die in den ersten beiden Sätzen nix zu tun hatten, erst zum dritten Satz aufs Podium kamen! Die können's so fußspitzisch tun, wie sie wollen, poltern wird es doch. Ästhetisch platt ein Schlag ins Klo. Und warum müssen dreivier Blechbläser, bevor der Stravinski beginnt, der ja doch unmittelbar folgen sollte, noch umständlich Reise nach Jerusalem spielen? Verstocktheit von erwachsenen Kindern, die nicht wollen und das Familiengezacker zuschauenden Nachbarn petzen. Was bloß auf Kosten der Aufführung geht und letzen Endes selbstschädigend ist, denn verdammt nochmal, zugleich, wie herrlich können diese Musiker spielen! Das spätere Auftreten mag den Dienstregeln entsprechen, vielleicht auch tarifrechtliche Gründe haben. Aber es ist unkünstlerisch. Punkt.*

[*) Der letzte Absatz ist zu revidieren. Siehe >>>> d o r t.]

 



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